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Kunstprojekt (Mumin-)Buch

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Das Storyboard als Form erinnert stark an Janssons Comics. Damit belegt es die Fähigkeit Janssons, ihre Talente in den unterschiedlichen künstlerischen Bereichen zu einem potenten Ganzen an kreativer Schaffenskraft zu bündeln. Diese Art von Vorarbeit zeugt weiter von einem äusserst szenischen Denken der Künstlerin. Damit einher geht auch hier ein stark visuelles Denken, das sich auf dem Papier mehr und mehr mit schriftlichen Anmerkungen mischt. Besteht die erste Zeile weitgehend aus Symbolen, ist das Verhältnis von Wort und Bild in der zweiten Zeile stark durchmischt. In der dritten Zeile schliesslich finden sich ausschliesslich schriftliche Anmerkungen.

b) Listen und Schemata

Weiter finden sich im ungedruckten Material ausführliche Anmerkungen und Fragen zu einzelnen Formulierungen, Hinweise zu geplanten Änderungen am Text, zu Fakten, die erneut überprüft werden müssen, oder Gedanken zu ganz spezifischen Handlungsmomenten. Die Anmerkungen dienen letztlich der faktischen Korrektheit und inhaltlichen Stringenz. Gestaltet wie Checklisten sind relevante Punkte untereinander übersichtlich und praktisch zum Abarbeiten aufgelistet. Die Checklisten sind ausserdem sehr ausführlich und können mehrere A4-Seiten umfassen. Thematisch lassen sich dabei unterschiedliche Schwerpunkte ausmachen. Das folgende Beispiel stammt aus den Arbeiten zu Pappan och havet. Die Aufzeichnungen sind Ausdruck einer intensiven Auseinandersetzung mit ihrer Arbeit. Jansson interpretiert und reflektiert auf diese Weise ihr Tun. Dabei zeigt sie sich äusserst selbstkritisch und zieht das, was sie tut, konstant in Zweifel. Auf dem Papier zeigt sich dies in aller Deutlichkeit in regelrechten Zwiegesprächen mit sich selbst, indem sie Dinge explizit in Frage stellt, dann aber umgehend eine Antwort – Ja oder Nein – nachreicht:

 Mamman flyttar ut ur sin väggmålning därför att pappan tar itu med sina ansvar igen. Eller för att han behöver henne? Nej. Bara därför att han blir glad igen.

 Se till att havet verkligen omtalas som en levande varelse sen pappan kommit underfund med det.

 Försvinner pappans skräck för eldsvåda när han kommit till ön? Jo.

 Får pappan röka pipa också senare.

 “ svalorna fara söderut. Tranor.

 Mårrans köld-dimma nånstans senare.

 Försöker de aldrig bada?

 m. ber p. om att få vara med om nånting, men avvisas. I början.

 Mårran måste väl stanna på ön när hon inte kan göra is längre?

 My mera prat!

 När blommar ljungen?

 Ska jag stryka ‘kattsvansen’?

 Behövs det en avledande My-replik i slutets patos?

 Bör trädgårdens tunga yppighet betonas i början?

 Drickvatten-potten?

 Hur många gånger ‘faller ljuset ut över golvet’ eller marken!

 Klippgranarna ska också kräla omkring.

 Borde sjöhästarna prata mindre. Inte håna, bara skratta?

 Studera hur man tänder en fyr med gas.

 Ta in pappans förtjusning när det äntligen börjar blåsa. Vindfunderingar.

 Låt mamman alltid kalla stormlyktan ‘lampan’.

 Gör måsen i pusslet grå.

 Antyd en gång till att p. har fyrvaktarens hatt.

 bortkomling

 vindvända

 Mårran går förbi den tomma glaskulan i kap. 1.1

 Mama kommt aus ihrem Wandbild wieder hinaus, weil Pappan seine Verantwortungen wieder wahr nimmt. Oder weil er sie braucht? Nein. Nur, um wieder glücklich zu werden.

 Darauf achten, dass das Meer wirklich wie eine Sache beschrieben wird, seit Pappan es versteht.

 Verschwindet Pappans Angst vor Flammen wenn er zur Insel kommt? Ja.

 Darf Pappan auch später Pfeife rauchen.

 [Dürfen] die Schwalben nach Süden reisen. Kraniche.

 Mårrans Kaltnebel irgendwo später.

 Versuchen sie nie, zu baden?

 m. bittet p. darum, bei etwas dabei zu sein, wird aber abgewiesen. Am Anfang.

 Mårran muss wohl auf der Insel bleiben, wenn sie kein Eis mehr machen kann?

 My mehr Geschwätz!

 Wann blüht das Dickicht?

 Soll ich den ‘Katzenschwanz’ streichen?

 Braucht es eine ableitende Mü-Replik im Pathos des Schlusses?

 Muss die schwere Üppigkeit des Gartens am Anfang betont werden.

 Trinkwasser-Eimer?

 Wie oft ‘fällt das Licht über den Boden’ oder die Erde?

 Die Felsen-Tannen müssen auch herumkriechen

 Sollten die Seepferde weniger sprechen. Nicht verhöhnen, nur lachen?

 Studieren, wie man das Licht eines Leuchtturms mit Gas entfacht.

 Pappans Entzücken darüber, dass es endlich windet, miteinbringen. Windüberlegungen.

 Lass Mama die Sturmleuchte immer ‘Lampe’ nennen.

 Mach die Möwe im Puzzle grau.

 Erneut andeuten, dass p. den Hut des Leuchtturmwärters trägt.

 Der Verschollene

 Windänderung

 Mårran geht an der leeren Glaskugel vorbei in Kap. 1.

Mit der wachsenden Psychologisierung ihrer Erzählungen nimmt diese selbstreflexive Kommentierung stetig zu. Für Sent i november existiert sogar ein ganzes Heft, das ausschliesslich Anmerkungen, Interpretationen und Reflexionen zum Buch enthält. Dabei nehmen Janssons Gedanken zur Erzählung die Form eines Interpretationsschlüssels zum jeweiligen Werk an. Mehr noch, daraus entwickelt sich eine regelrechte Parallelerzählung. Interessanterweise lässt sich daran beobachten, wie diese Dokumente mehr und mehr auch zum Zeugnis eines Ablösungsprozesses werden, indem Janssons ambivalenter werdendes Verhältnis zu ihren Figuren und Geschichten deutlich wird. Dieses gipfelt schliesslich in einer regelrechten Ablehnung. „Trött på dem“ „Ich bin ihrer müde“ schreibt sie etwa darin über die Mumins.2

In den Vorarbeiten zu Pappan och havet findet sich eine weitere Art der gedanklichen Strukturierungshilfe. Jansson erstellt einen eigenen Mondkalender, in dem sie die gesammelten Informationen in einem grafischen Schema verarbeitet (Abb. 6). In Pappan och havet kommen Naturdarstellungen als Spiegel von Gemütszuständen der Figuren grosse Bedeutung zu, somit sind sie zentrale inhaltliche Handlungselemente. Entsprechend ausführlich sind deshalb auch Recherchearbeiten zu diesem Thema, um die faktische Korrektheit sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund entstand wohl der Mondkalender. Jansson verwendet im Kalender Symbole. Diese werden in einer Legende oberhalb des gezeichneten Kalenders erklärt. Bei den Symbolen, welche die unterschiedlichen Stadien des Mondzyklus’ bezeichnen, handelt es sich um Kreise und Halbkreise. Auf die Legende folgt eine Aufzählung der Sternzeichen, ebenfalls mit entsprechenden Symbolen. Der Kalender befindet sich auf einem weissen Blatt in Hochformat. Der Text verläuft in Schreibschrift mit dunkler Tinte von links nach rechts und in zwei Spalten von oben nach unten. Dies wird durch den Strich in der Mitte der beiden Spalten verdeutlicht. Die einzelnen Spalten sind wiederum in drei Blöcke unterteilt, die mit einer Jahreszahl markiert sind. Die Blöcke bestehen immer aus drei Zeilen, die stets die gleichen Monate bezeichnen: August, September und Oktober. Danach sind Angaben zu Leer- beziehungsweise Vollmond im jeweiligen Monat notiert. Schliesslich folgt eine numerische Angabe zum genauen Tag. Bei der Darstellung wird die volle Seitenbreite ausgenutzt. Es sind keine Streichungen, Korrekturen oder Einschübe ersichtlich.

Abb. 6:

Konzeptarbeit Pappan och havet. Detail.

Transkription Abbildung 6:

Det är alltid 14 dar mellan ny och fullmåne och återigen mellan

fullmåne och nedan.

I almanackan: nymåne första, sista kvarteret.

fullmåne Två himlakroppars sammankomst.

Solen, Merkurius, Venus, Mars, Jupiter, Saturnus,

Väduren, Oxen, Tvillingarna, Kräftar, Lejonet,

Jungfrun, Vågen, Skorpionen, Skytten, Stenbocken,

Vattumannen. Fiskarana.

Es sind immer 14 Tage zwischen Neu- und Vollmond und wieder zwischen

Vollmond und abnehmendem Mond.

Im Kalender: Neumond erstes, letztes Quartal

Vollmond Zusammenkunft zweier Himmelskörper

Sonne, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn,

Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe,

Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock

Wassermann, Fische.

c) Figurengestaltung

Das Figurenkabinett der Muminwelt ist gross. Laut Boel Westin handelt es sich um ungefähr 60 verschiedene Charaktere. Zudem beschreibt sie das Figurenkabinett als expansiv. Mit dem Fortschreiten der Muminreihe werden fortlaufend neue Charaktere eingeführt. Noch im letzten Muminbuch, Sent i november, wird etwa Onkelskruttet als Figur introduziert. Neue Figuren werden teilweise auch erst in einem anderen Medium, etwa dem Bilderbuch, „ausprobiert“, bevor sie dann den Weg ins Muminbuch finden. So geschehen etwa bei Filifjonkan, die zuerst im Bilderbuch Hur gick det sen? erscheint und später in der Muminreihe ihren ersten Auftritt in Farlig midsommar hat. Die Figuren sind immer eng miteinander verbunden. Westin weist in ihrer Abhandlung auf eine Art Stammbaum hin, der sich in einem Arbeitsbuch Janssons findet und einen Überblick gibt über die Beziehungen der Figuren im Mumintal. Die Muminbücher unterscheiden sich stark, was die Grösse des verwendeten Figurenrepertoires betrifft. So ist dieses bei Pappan och havet etwa auffallend stark reduziert. Den Kern bildet jedoch immer die Muminfamilie. Um sie schart sich eine heterogene Gruppe von Charakteren, die stark dazu beiträgt, dass die Muminbücher immer wieder von Neuem zu überraschen vermögen. Auch Westin sieht im stetigen Wechsel des sozialen Umfelds der Familie eine Stärke: „Växlingen av figurer illustrerar det sammansatta; muminvärlden är dynamisk, den är stadd i ständig förändring.“1 „Das Wechseln der Figuren illustriert das Zusammengesetzte; die Muminwelt ist dynamisch und befindet sich in ständiger Veränderung.“

 

Die allgemeinen Betrachtungen zum Figurengewimmel im Mumintal lassen bereits vermuten, welch hohen Stellenwert die Figurengestaltung in der Konzeption der Erzählung einnimmt. Janssons Charaktere sind stark stereotypisiert. Die Figuren verfügen allein aufgrund ihrer Handlungsart über einen grossen Wiedererkennungswert. So repräsentieren etwa unterschiedliche Figuren ganz verschiedene Lebenseinstellungen. Darin erkennt Westin Parallelen zur commedia dell’arte.2 Dies macht die Figurenkonzeption ebenfalls zu einem elementaren Baustein der inhaltlichen Planung des Narrativs. Entsprechend offenbart sich in den planerischen Arbeiten eine wohlüberlegte Figurengestaltung, die auf mehreren Ebenen stattfindet. Einerseits geschieht dies ganz explizit durch Anmerkungen zu den Figuren und deren Charaktereigenschaften, die sich unter den konzeptionellen Schriften für Farlig Midsommar finden. Ähnlich wie in einem Theaterstück existiert eine Aufstellung des beachtlichen Figurenrepertoires. In der edierten Version ist die Aufstellung jedoch nicht abgedruckt. Das macht ihre Funktion als Arbeitshilfe deutlich. In der Aufstellung sind die Namen der einzelnen Figuren untereinander notiert und mit einigen Adjektiven versehen, die die jeweiligen Charakterzüge beschreiben. Hingegen finden sich keine Beschreibungen des äusseren Erscheinungsbildes. Dieses ist gänzlich den zeichnerischen Fertigkeiten Janssons überlassen:

Mymlan, svag för My som hon uppfostrar fel ibland

undergångsbetonad och sensuell, strängt o.s.v.

My frågvis, orädd, taktlös. (omedv.)

Mamman = Ham.

Sniff, feg, egoistisk, pubertet.

Mumin omedv. naturlyriker, normal, lugn, barnsligt moders-

bunden. beundr. Snusm. känslobet.

Sn.fröken kokett, romantisk, ibland sjal intuitiv klok på ett kvinligt sätt.

M.p. pojkaktig, tillkämpad ansvarsmedveten,

stolt över sin händighet,

Snusm. vagabond, hemtrevligt manlig.

Gafsan logisk, omständlig, beskyddande. nej.

Homsan minderv.komplex, självkoncentrerad, lättsårad,

misstänksam, patetisk, skuldkänslor. nej misan

Emma gammal, arg, reumatisk, tänker bara pa teater.

Filifjonkan traditionsbunden, råddig, docerande, naiv.3

Mymlan, eine Schwäche für My, die sie manchmal falsch erzieht

untergangsbetont und sensuell, streng usw.

My wissbegierig, furchtlos, taktlos (unbew.)

Mamman = Ham

Sniff, feig, egoistisch, Pubertät.

Mumin unbew. Naturlyriker, normal, ruhig, kindlich muttergebunden. Bewundert

Snusm. gefühlsbetont.

Sn.fröken kokett, romantisch, manchmal sjal intuitiv klug auf eine weibliche Weise.

M.p. jungenhaft, erzwungen pflichtbewusst, stolz auf sein Geschick.

Snusm. Vagabund, gemütlich, männlich.

Gafsan logisch, umständlich, beschützerisch. nein.

Homsan Minderwertigkeitskomplex, selbstzentriert, leicht verletzlich,

misstrauisch, pathetisch, Schuldgefühle. Nein Misan

Emma alt, wütend, rheumatisch, denkt nur an das Theater.

Filifjonkan traditionsgebunden, wirr, dozierend, naiv.

Nicht alle der aufgeführten Figuren kommen in dem Buch auch tatsächlich vor, so etwa Gafsan. Auffallend ist weiter, mit welcher Deutlichkeit Jansson ihre Mutter (Ham) in die Figurenwelt einarbeitet. Hervorzuheben sind ausserdem auch hier die künstlerischen Zwiegespräche, die Jansson mit sich selbst führt und die sich auf dem Papier materialisieren. Davon zeugt etwa das „Nein“, welches sich mehrmals nach der Auflistung der Adjektive findet.

Neben diesen ganz expliziten Anmerkungen zu den Charaktereigenschaften der einzelnen Figuren werden deren Eigenheiten andererseits ebenfalls durch die verwendete Sprache verdeutlicht. Besonders aussagekräftig die Charakterisierung der Figuren betreffend sind Registerwahl und Orthografie. Wann spricht wer wie? – das ist eine wichtige Frage, mit der sich Jansson während der Vorbereitungen eingehend auseinandersetzt. Beispielsweise in Muminpappans memoarer. Ihre Ausführungen diesbezüglich reichen bis ins kleinste Detail, respektive bis hin zu einzelnen Worten. So räsoniert sie darüber, ob man Pappans Sprache modernisieren sollte. Oder sie erwähnt explizit, dass die Familie in Umgangssprache spricht, wenn sie sich über Pappans Buch unterhalten. Weiter wird ebenfalls die Gross- oder Kleinschreibung der Namen der einzelnen Figuren definiert. So manifestieren sich im ungedruckten Material eine Art janssonsche Regeln zur Standardisierung der Schreibweise. All die erwähnten Punkte sind im folgenden Beispiel ersichtlich:

Kung med stor begynnelsebokstav, utom när han

talar om sig själv eller när pappan är arg på

honom, då blir det liten.

I alla presens-avsnitt dvs när pappans familj

kommenterar memoirerna är det rent talspråk

med ska, sa, nånting, lessen osv.

Samma sak i alla repliker som inte sägs av

pappan i memoirerna.

Genomgående ‘upp’, utom i Rådd-djurets, My’s och

klippdassens repliker där det är opp.

(borde pappans skall någonting o.s.v. moderniseras?)4

König mit grossem Anfangsbuchstaben, ausser wenn er

mit sich selbst spricht oder wenn Pappan wütend auf

ihn ist, dann ist er klein.

In allen Präsensabschnitten, das heisst, wenn Pappans Familie

die Memoiren kommentiert, ist es reine Umgangssprache

mit ska, sa, nånting, lessen usw.

Dasselbe in allen Repliken, die nicht von Pappan geäussert werden

in den Memoiren.

Durchgehend ‘upp’ ausser in Rådd-djurets, Mys und

klippdassens Repliken, wo es opp ist.

(müsste man Pappans skall någonting usw. modernisieren?)

Jansson pflegte mit ihrem Umfeld einen regen Austausch über ihre Arbeit. So auch betreffend die Figurengestaltung. Ihr Bruder Lasse äussert sich in einem Brief, in dem er seine Rückmeldung zu Sent i november formuliert, wie folgt zu Mymlan:

Kunde kanske Mymlan bli en sorts mamma för Toft? Det vänter man sig lite när hon börjar kamma honom. Varför kunde inte hon stanna kvar? Hon kunde även i övrigt göras gladare och mera tydlig i konturerna.5

Könnte Mymlan für Toft vielleicht zu einer Art Mama werden? Das erwartet man beinahe, wenn sie ihn zu kämmen beginnt. Weshalb konnte sie nicht bleiben? Überhaupt könnte man sie fröhlicher und deutlicher in den Konturen machen.

2.2.2. Konzeptionelle Arbeiten: Buchgestaltung
a) Aufzeichnungen zu den Illustrationen

Zahlreiche Notizen konzeptioneller Art sind Aufzeichnungen betreffend Art und Positionierung der Illustrationen. Die Aufstellungen können mehrere A4-Seiten umfassen. Um die Form der Illustrationen zu kennzeichnen, entwickelt Jansson ein eigenes Codierungssystem. Sie verwendet Rechtecke, Quadrate und Kreise als Symbole für die Form der einzelnen Illustrationen. Handelt es sich um Illustrationen mit dunklem Hintergrund, sind die Formen zusätzlich schwarz ausgemalt. Weiter scheint es, als gäben die beschriebenen Symbole auch Hinweise auf die angedachte Grösse der Illustrationen, indem sie entsprechend grösser oder kleiner gemalt werden oder mit einem „H“ für „helsida“ „ganze Seite“ gekennzeichnet sind. Ebenfalls wird die Art der Illustration, etwa Vignette oder „klick“ definiert. Neben der motivischen und technischen Beschreibung der einzelnen Illustrationen finden sich viele persönliche Angaben zur Konzeption, die offensichtlich an sie selbst als Buchgestalterin gerichtet sind, was die Aufstellung noch spannender macht. Denn genau dieser Dialog mit sich selbst gewährt tiefe Einblicke in ganz persönliche Gedanken betreffend die Buchgestaltung. Jansson erwähnt etwa die einfache Technik, die bei einer bestimmten Illustration verwendet werden soll, welche Motive zur Auflockerung allenfalls noch hinzugefügt werden sollen. All dies zeigt das folgende Beispiel aus Pappan och havet (Abb. 7).

Abb. 7:

Konzeptarbeit Pappan och havet. Detail.

Transkription Abbildung 7:

-Slutvignett, fyrmodellen. Uppig med en liten pappa.

-vignett, kanske dalen, om varje kap. får landskapsvignett.

-helsida av pappa i trädgården med glaskulan

-halvsida av Mårran (utan fönster, kölddimma ? bland träd o blommor)

-glada småklickar i enkel teknik, T.ex. My (äter sardiner eller är bara glad. Senare.)

-Schlussvignette, Leuchtturmmodell. Auflockern mit einem kleinen Pappa.

-Vignette, vielleicht das Tal, wenn jedes Kapitel eine Landschaftsvignette

bekommt.

-ganze Seite von Pappan im Garten mit der Glaskugel

-halbe Seite mit Mårran (ohne Fenster, Kältenebel? zwischen Bäumen und

Blumen)

-fröhliche kleine „Klicks“ in einfacher Technik, z.B. My. (isst Sardinen oder ist einfach glücklich. Später.)

Teilweise widmet Jansson den Notizen zu den Illustrationen gar ein eigenes Notizheft, so etwa für Sent i november (Abb. 8): Genauer handelt es sich um ein Tagebuch oder eine Agenda. Die Aufzeichnungen sind mit Bleistift getätigt und enthalten keine Streichungen und Einfügungen, wirken daher keineswegs wie Entwürfe, sondern eher bereits wie eine Reinschrift. Beides sind Belege für den hohen Stellenwert, den Jansson diesen Aufzeichnungen respektive den Illustrationen als zentrale Gestaltungselemente des Buchs und der Erzählung beimisst. Die Aufstellungen laufen vertikal von oben nach unten und sind in Kapitel unterteilt, die voneinander abgesetzt sind. Optisch ist das Blatt dadurch in verschiedene Blöcke unterteilt, die die diversen Bausteine beziehungsweise Kapitel der Erzählung darstellen. Jede geplante Illustration ist einzeln aufgeführt. Stichwortartig sind die Motive vermerkt. Ausserdem ist auch hier mit Hilfe von Kreisen, Rechtecken oder Quadraten die angedachte Form aufgeführt. Schliesslich folgen ebenfalls die Seitenzahlen.

Abb. 8:

Konzeptarbeit Sent i november

Transkription Abbildung 8:

Illustrationer

21 inledningsvignetter

21 slutvignetter, ungefär?

Vignett i början, och vid dedikationer?

Karta, helsida, kanske den enda.

1. • Snusm. vandrande.

• Husen i den mörka viken?

?Onkelskruttets hus under skogen […] eller […]

2. • Hemulens båt

• Toft i sommardalen

• Toft i tågrullen

3. • Filifjonkisk symbol

• Filifjonkan på sitt hustak

• Filifjonkan utanför sitt stängda fönster?

? eller balancerande på kanten

Illustrationen

21 Einleitungsvignetten

21 Schlussvignetten, ungefähr?

Vignette am Anfang und bei Widmungen?

Karte, ganze Seite, vielleicht die einzige.

1. • Snusm. wandernd.

• Häuser in der dunkeln Bucht?

?Onkelskruttets Haus unter dem Wald […] oder […]

2. • Hemulens Boot

• Toft im Sommertal

• Toft in der Seilrolle

3. • Filifjonkisches Symbol

• Filifjonkan auf ihrem Hausdach

• Filifjonkan vor ihrem geschlossenen Fenster

?oder balancierend auf dem (Fenster)Rahmen

Zu Beginn wird gar zusammengefasst, wie viele Einleitungs- und Schlussvignetten geplant sind. Darunter wird festgehalten, wann Vignetten eingesetzt werden: am Anfang und bei Widmungen. Weiter finden sich Anmerkungen zur geplanten Karte. Dass Jansson diese Aufzeichnungen in einem separaten Heft festhält, ist ein Ritual der Bewusstmachung der Relevanz derselben.

 

Während sich die präsentierte Aufstellung quasi mit der Mikrostruktur beschäftigt, also mit den geplanten Illustrationen in den einzelnen Kapiteln, findet sich in den Vorarbeiten zu Pappan och havet ein Dokument, welches die Makroperspektive einnimmt. Es handelt sich um eine visuell gestaltete Übersicht über die Verteilung der Illustrationen im ganzen Buch, ist also eine Art „Illustrationsspiegel“ (Abb. 9). Dabei ist jede Seitennummer einzeln aufgeführt, jeweils in Dreiergruppen. Oberhalb der einzelnen Nummern finden sich Kreise, die dunkel markiert sind, wenn sich auf der jeweiligen Seite Illustrationen befinden. Die Anzahl Illustrationen in den einzelnen Kapiteln variiert. Teilweise finden sich ebenfalls Hinweise auf die Form, etwa mit einem Quadrat, oder der Grösse mit einem „H“. Aus der Aufstellung lässt sich beispielsweise ablesen, dass sich auf der ersten Seite jeden Kapitels eine Illustration befindet. Generell wird bei diesem Beispiel durch die exakte Anordnung der verschiedenen Komponenten deutlich, dass es sich um eine diagrammatische Darstellung mit einer strengen Syntax handelt. „Das heisst, es gibt sehr klare Regeln für deren korrekte Erstellung und Lesung.“1

Abb. 9:

Konzeptarbeit Pappan och havet. Detail.