Call me Baby

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Kapitel 7

-Tobias-

Samstagabend. Heute habe ich mich extra gestylt, weil ich mich mit Kevin verabredet habe. Ein wenig unwohl fühle ich mich schon in dem eng anliegenden Outfit, doch in den obligatorischen Jeans und dem Kapuzenpulli kann ich ja wohl kaum zu einem Date gehen. Es reicht schon, dass ich bei dem Treffen mit Niklas so unvorteilhaft angezogen war.

Nervös trete ich von einem Fuß auf den anderen, denn ich bin lange nicht mehr in einem Club gewesen. In letzter Zeit bin ich einfach nicht mehr ich selbst. Angefangen mit der Telefonsexnummer, die mir – seitdem ich Niklas getroffen habe – noch weniger aus dem Kopf geht als zuvor.

Niklas hat sich seit unserem Treffen am Donnerstag nicht mehr bei mir gemeldet. Dieses Gefühl, nicht zu wissen, woran ich bei ihm nun bin, gefällt mir ganz und gar nicht. Es macht mich irgendwie nervös. War ich zu voreilig? Hat es ihn vielleicht doch abgeschreckt, dass ich so rangegangen bin? Doch er hat mich genauso leidenschaftlich zurück geküsst, also sollte ich mir da wohl weniger Gedanken machen.

Heute jedoch habe ich Kevins Einladung, mit ihm feiern zu gehen, angenommen, um nicht weiter an Niklas denken zu müssen. Kevin und ich haben vor ein paar Tagen noch mal miteinander telefoniert und dieses Treffen ausgemacht, um uns etwas besser kennenzulernen. Zwar habe ich ihm für den Anfang ein Treffen in einem netten Café vorgeschlagen, doch er wollte lieber feiern gehen, weil das seiner Meinung nach irgendwie unverbindlicher und lockerer ist.

Endlich erblicke ich Kevin auf der anderen Straßenseite.

»Hey, Tobias«, grüßt er mit einem Lächeln, als er vor mir steht. Kevin sieht richtig gut aus. Die schwarze Jeans sitzt eng an seinen Beinen, betont die straffen Muskeln. Dazu trägt er ein hautenges Hemd, das unter der geöffneten Lederjacke zum Vorschein kommt.

»Mensch, du hast dich ja rausgeputzt. Steht dir«, kommentiert Kevin mein Outfit mit einem anerkennenden Blick. Mir werden selten Komplimente über mein Aussehen gemacht. Und dann auch nicht gleich von zwei so attraktiven Männern binnen weniger Tage.

»Danke«, entgegne ich verlegen. Kevin schnappt mich am Arm.

»Wollen wir dann mal rein?« Ohne meine Antwort abzuwarten, schiebt er mich bereits in die Schlange der wartenden Clubbesucher. Wir geben unsere Jacken an der Garderobe ab und drängen uns durch die Menge zur nächstgelegenen Bar.

»Was willst du trinken?«, fragt Kevin mich über den Lärm der Musik hinweg und macht eine Geste mit der Hand, die ein Getränk symbolisieren soll. Ich verstehe ihn nur sehr schlecht wegen der lauten Musik, doch die Handbewegung ist eindeutig. Also beuge ich mich einfach über die Theke vor und bestelle uns zwei Bier.

»Du willst es wohl langsam angehen lassen«, meint Kevin mit einem Schmunzeln, als ich ihm eine der Flaschen reiche, und nimmt einen großen Schluck. Nun ist er mir so nah, dass ich ihn besser verstehen kann. Sein warmer Atem streift meine Wange und hinterlässt ein angenehmes Kribbeln in meinem Magen. Sein Aftershave steigt mir in die Nase. Das Gefühl von letzter Woche ist wieder da. Ich habe mich bereits auf der Geburtstagsparty sehr wohl in seiner Nähe gefühlt, obwohl ich ihn dort gerade erst kennengelernt hatte.

Es dauert nicht lange, bis wir unsere Flaschen geleert haben. Ich entspanne mich immer mehr in Kevins Gegenwart. Die Musik ist klasse mir und tut ihr Übriges, damit es mir in diesem Club gefällt, in dem ich bisher nicht gewesen bin. Kevin erzählt mir ein bisschen von seiner Arbeit, während ich bloß auf seine vollen Lippen starre. Bisher hat er noch keinen Versuch unternommen, mir näher zu kommen. Habe ich sein Interesse vom letzten Mal falsch gedeutet und er will vielleicht nur mit mir befreundet sein?

»Scheint dich nicht wirklich zu interessieren, wie ich die Honda getunt habe, was?« Kevin grinst mich an. Tatsächlich habe ich nur die Hälfte von dem verstanden, was er mir gerade erzählt hat. Es hatte irgendwas mit dem Umbau eines Motorrads zu tun.

»Sorry«, entgegne ich achselzuckend.

»Schon gut. Mein Ex-Freund hat sich auch nicht so sehr für meine Arbeit interessiert. Das macht mir nichts. Lass uns lieber noch etwas trinken.« Er winkt lässig ab und bestellt beim Barkeeper Wodka für uns beide, sowie ein Glas Cola. Als die Gläser vor uns stehen, reicht er mir eins davon.

»Prost.« Wir stoßen an und trinken. Der Wodka brennt in meiner Kehle. Schnell nehme ich einen Schluck Cola hinterher, ehe ich das Glas an Kevin weiterreiche. Er bestellt noch eine Runde, während ich mich verstohlen im Mainroom umsehe. Ich war schon lange nicht mehr tanzen und in einer Schwulendisco schon gar nicht, da ich nicht allein herkommen wollte. Meine Freunde aus der Uni akzeptieren mich zwar genau so, wie ich bin, in einen Schwulenclub wollten sie mich jedoch noch nie begleiten.

Mein Blick schweift über die Tanzfläche zu den teilweise halbnackten Männern, die sich engumschlungen im Takt der Musik wiegen.

»Bist du eigentlich oft hier?«, frage ich Kevin nach einer Weile. Er wendet sich mir zu, ein weiteres Glas Wodka in der Hand.

»Früher schon, in letzter Zeit eher weniger. Hier habe ich damals meinen Ex-Freund kennengelernt …« Eine peinliche Stille tritt ein, in der ich nicht weiß, was ich sagen soll. Kevin scheint noch an dem Mann zu hängen. Das zeigt mir sein trauriger Blick, den er wieder in die Ferne richtet. Dann kippt er den Wodka hinunter und springt vom Hocker.

»Ach, ich sollte nicht länger an die alten Geschichten denken, wenn ich doch so eine tolle Begleitung habe heute Abend. Wir sollten uns ein wenig amüsieren, dafür sind wir schließlich hier.« Er zwinkert mir zu und reicht mir seine Hand. »Tobi, tanzt du mit mir?«

Nickend ergreife ich die mir dargebotene Hand und lasse mich von ihm in Richtung der Tanzfläche führen. Der Beat der Musik durchdringt mich, lässt mein Herz im selben Rhythmus schlagen. Kevin legt seine Hände an meine Hüften und zieht mich ein wenig zu sich heran. Wie von selbst schmiege ich mich an seinen warmen Körper, fühle die Muskeln unter dem Hemd und ein schnell schlagendes Herz. Seins – oder ist es mein eigenes, das heftig gegen den Brustkorb hämmert, dass es in meinen Ohren dröhnt? Egal. Es fühlt sich gut an, mit ihm hier zu sein.

Kevin zieht mich noch etwas näher, als ein neuer Song gespielt wird. Der Beat ist wild und auch Kevin bewegt sich schnell. Sein Knie zwischen meine Beine geschoben, drängt er sich gegen mich, wirbelt mich herum, ohne sich dabei nur wenige Zentimeter von mir zu lösen. Ich schließe die Augen, genieße für einen Augenblick seine Nähe. Ich fühle mich wohl in seinen Armen, das lässt sich nicht leugnen. Unablässig streicheln seine Hände über meinen Rücken, jagen wohlige Schauer durch meinen Körper. Ich weiß nicht, ob es am Alkohol oder an der Musik liegt, doch Kevins Nähe gefällt mir immer besser, je länger wir uns engumschlungen zum Rhythmus der Musik bewegen. Ohne groß darüber nachzudenken, strecke ich mich ein wenig und presse meinen Mund auf Kevins Lippen. Sie sind weich und so ganz anders als die von Niklas … Sofort erwidert er meinen Kuss. Zwar erst zögerlich, doch dann ist da seine Zunge, die sich zwischen meine Lippen schiebt und neugierig meinen Mund erkundet.

»Oh … wow … Tobi«, keucht Kevin atemlos, als wir uns wieder voneinander lösen. Er klingt genauso überrascht. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du den ersten Schritt machst. Normalerweise bin ich es, der da etwas ungestüm rangeht.« Sein Lächeln nimmt mich gefangen. Er sieht gerade unglaublich gut aus, wie das bunte Discolicht auf seinem Gesicht tanzt. Liegt es am Alkohol, oder warum schlägt mein Herz immer schneller, je länger ich in Kevins blaue Augen sehe?

Abermals senkt er den Kopf, küsst mich nun von sich aus. Ich gebe mich der Leidenschaft hin, die meinen Körper wie eine Welle umspült. Seine Zunge erforscht meinen Mund, seine Zähne necken leicht meine Unterlippe. Seine Hände liegen erneut locker auf meiner Hüfte, seine Lippen wandern über meinen Kiefer und bahnen sich einen Weg über die empfindliche Haut meines Halses. Ich erschaudere, lege den Kopf etwas schief, damit noch mehr Haut freigelegt wird. Ein Keuchen entfährt mir, als er sanft in meinen Hals beißt. Das Blut sammelt sich zwischen meinen Beinen, was Kevin wegen der engen Umarmung sicher nicht entgeht.

»Das gefällt dir wohl«, flüstert er ganz dich an meinem Ohr.

»Mh …«

Kevins Hände schieben sich unter mein Shirt, streicheln meinen nackten Rücken, während ich mich an ihn klammere und versuche, mein wild pochendes Herz zu beruhigen. Mir wird noch heißer als zuvor. Und das liegt ganz sicher nicht an den vielen Menschen, die sich hier auf der Tanzfläche von allen Seiten an uns drängen. Kevins Hände wandern weiter hinab, legen sich nun besitzergreifend auf meinen Hintern. Er schmiegt sich nun seinerseits an mich und ich kann deutlich spüren, dass er mindestens so erregt ist wie ich. Seine Augen funkeln verlangend. Ich schließe meine, und sogleich sind da erneut Kevins Lippen auf meinem Mund. Seine flinke Zunge dringt zielsicher zwischen meine Lippen und raubt mir den Atem. Meine Knie zittern, werden zu Wackelpudding. Würde Kevin mich nicht festhalten, ich wäre sicher zu Boden gesunken. Ich blende meine Umgebung völlig aus und erwidere den Kuss mit derselben Intensität. Schlinge die Arme um seinen Hals, will ihm noch näher sein als ich es jetzt bin. Mir wird ganz schwindelig und das Verlangen übernimmt die Kontrolle über meinen Körper. In diesem Moment ist mir völlig egal, dass wir in einem überfüllten Club sind. Ich will nur noch Kevins Nähe spüren.

Kevins Kuss ist fordernd. Er drängt mich immer weiter zurück durch die Menschenmenge, ohne sich von mir zu lösen. Ich stolpere rückwärts, rempele jemanden mit der Schulter an, doch das ist mir ganz egal. Dann spüre ich auch schon eine Wand im Rücken. Kevin presst mich hart dagegen, schiebt sein Knie erneut zwischen meine Beine, wie er es auch schon beim Tanzen getan hat. In meinem Kopf fahren die Gedanken Achterbahn. Ich kann in diesem Moment an nichts Anderes mehr denken als an Sex. Genauso habe ich mich nach dem Kuss mit Niklas vor zwei Tagen gefühlt. Warum zur Hölle denke ich in letzter Zeit ständig nur an Sex? In all den Jahren davor hat sich meine Libido nur selten gemeldet, nur um jetzt völlig verrückt zu spielen.

 

Dieser Anziehungskraft zwischen uns kann ich einfach nicht widerstehen. Verdammt, Kevin macht mich gerade tierisch an. Wenn er jetzt mit mir im Darkroom verschwinden wollte, ich würde nicht nein sagen.

Doch zu meiner Enttäuschung löst Kevin den Kuss. Atemlos sehen wir uns in die Augen. Sein Blick ist dunkel und voller Verlangen. Ich versuche in ihm zu lesen, will wissen, was gerade in seinem Kopf vorgeht, doch mein Hirn ist zu benebelt vom Alkohol und meiner eigenen Erregung. Dann blinzelt er, bringt etwas Abstand zwischen uns und fährt sich mit den Händen durch die perfekt gestylten Haare. Nun kann ich neben dem Verlangen auch noch etwas Anderes in seinem Blick erkennen. Unsicherheit und Schmerz. Ähnlich wie bei Niklas, als er mich nach dem Kuss plötzlich allein im Flur hat stehen lassen.

»Tobi … ich … Sorry, ich wollte nicht so über dich herfallen«, entschuldigt sich Kevin. Verständnislos sehe ich ihn an. Ich war doch derjenige, der ihn zuerst geküsst hat. Erst ist er total scharf auf mich und dann macht er einen Rückzieher? Habe ich etwas falsch gemacht? Die Enttäuschung scheint mir buchstäblich ins Gesicht geschrieben zu sein, denn nun lächelt mich Kevin warm an. Die Musik um uns herum dringt nur noch gedämpft zu mir, sodass mir jetzt erst auffällt, wie Kevin mich in die Nähe des Ausgangs manövriert hat.

»Weißt du, Tobi, ich bin gerne mit dir zusammen. Dass du mich heiß machst, muss ich wohl nicht extra betonen. Doch ich sollte es dieses Mal lieber etwas langsamer angehen lassen und nicht gleich mit dir ins Bett steigen. Ich will dieses Mal kein Risiko eingehen und dich erst kennenlernen. Den Fehler, es zu überstürzen, möchte ich nicht noch einmal machen«, gesteht er mir und muss über seine eigenen Worte schmunzeln. »Gott, habe ich das gerade wirklich gesagt? Nicht zu fassen … Wollen wir es versuchen, Tobi? Wir könnten uns ja ganz unverbindlich treffen und dann schauen, wohin uns die Reise führt. Was hältst du davon?«

Ich kann nichts weiter tun, als stumm zu nicken. In meinem Kopf herrscht auf einmal ein völliges Durcheinander, denn sein Geständnis kommt mir irgendwie bekannt vor. Kevin scheint mich ehrlich zu mögen und auch er gefällt mir wirklich gut, das lässt sich nicht leugnen. Doch was ist mit Niklas?

***

Als ich am nächsten Morgen erwache, geht es mir nicht so schlecht, wie ich befürchtet hatte. Außerdem liege ich allein in meinem eigenen Bett, worüber ich dennoch ein wenig enttäuscht bin. Kevin wollte nicht bleiben, nachdem er mich in aller Frühe nach Hause begleitet hat. Nach seinem Rückzieher gestern haben wir noch einiges an Alkohol getrunken und weiter miteinander getanzt, doch er hat mich nicht mehr so nah an sich herangelassen. Ob er immer noch so sehr an seiner alten Beziehung zu knabbern hat? Er hatte ja bereits angedeutet, dass da einiges schief gelaufen ist …

Träge schlage ich die Bettdecke zurück und setze mich auf, vergrabe das Gesicht in den Händen. Es ist einfach noch viel zu früh am Morgen, als dass ich mir über meine Männergeschichten den Kopf zerbrechen sollte. Ich muss über mich selbst lachen. Männergeschichten … Ich meine, ich habe mich mit Niklas nur zufällig auf ein Bier getroffen und war mit Kevin tanzen. Außerdem habe ich beide geküsst, konnte einfach nicht anders, als es zu tun. Und ich bereue es nicht, denn die Küsse waren einfach unglaublich! Wenn ich mich entscheiden müsste, wer von den beiden besser küsst, ich könnte es nicht. Es war so anders als mit meinem Ex Patrick damals, für den ich bloß eine schnelle Nummer für zwischendurch gewesen bin. Ich war total verknallt, er hingegen wollte bloß seinen Spaß. Selbst mit meinem Schulfreund Daniel war es damals ganz anders. Wir haben ein wenig herumexperimentiert, als wir noch zur Schule gingen, ohne uns ernsthaft Gedanken über eine Beziehung zu machen. Zumindest, was Daniel betraf, der mir zu Beginn noch weißmachen wollte, nicht schwul oder bi zu sein. Doch welcher Mann lässt sich von seinem Kumpel den Schwanz lutschen, wenn er ausschließlich an Frauen interessiert ist? Mein erster Sex mit Daniel war zwar schön – genauso wie die anderen Male, wenn wir zusammen waren – aber solche Gefühle wie bei dem Kuss gestern hatte ich nie!

Seufzend schüttele ich den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Dann schleppe ich mich ins Badezimmer. Eine ausgiebige Dusche und ein schöner schwarzer Kaffee sind jetzt genau das Richtige. Erst danach kann ich mich wieder tiefsinnigeren Grübeleien, die mein Gefühlschaos betreffen, widmen.

Müde betrachte ich mein Spiegelbild im Badezimmerspiegel. Kein berauschender Anblick. Die Augen sind gerötet und dunkle Ringe zeichnen sich deutlich auf meiner hellen Haut ab. Die braunen Haare stehen mir so wirr vom Kopf ab, als hätte ich aus Versehen in eine Steckdose gefasst. Hätte gestern wohl doch nicht so viel Gel benutzen sollen. Um etwas zu mir zu kommen, beuge ich mich über das Waschbecken und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Dann putze ich mir die Zähne, um den ekligen Geschmack auf meiner Zunge loszuwerden.

Träge schäle ich mich aus meinen Klamotten und steige in die Dusche. Der erste Schwall Wasser ist eiskalt und macht mich richtig wach, bevor es sich zu einer angenehmen Temperatur erwärmt. Das gleiche Spiel jeden Morgen. Aber ich bin es bereits gewohnt, schließlich wohne ich hier schon, seitdem ich mit dem Studium begonnen habe.

Warm prasselt das Wasser auf meinen Körper. Ich schließe die Augen und genieße für eine Weile dieses Gefühl, bevor ich nach dem Duschgel greife, um mich einzuseifen. Langsam verteile ich den Schaum auf meinem Körper. Der Duft von Zitrone umgibt mich. Als meine Hände über meinen Bauch wandern, beginnt es in meinem Inneren zu kribbeln. Das Blut rauscht durch meine Adern und sammelt sich in meiner Körpermitte. Die Erinnerung an Kevins Küsse kommt zurück und erregt mich unweigerlich aufs Neue. Ich streichele tiefer und berühre meinen Schwanz, der sich bereits zu voller Größe aufgerichtet hat und nach Aufmerksamkeit verlangt. Keuchend umschließe ich den Schaft und massiere ihn mit festem Griff. Mit dem Rücken lehne ich mich gegen die Wand. Die kühlen Fliesen bilden einen Kontrast zu meiner erhitzten Haut.

Mit geschlossenen Augen stehe ich da, lasse das warme Wasser auf mich niederprasseln und streichele mich mit gezielten Bewegungen dem Höhepunkt entgegen. Vor meinem inneren Auge taucht erneut Kevins Gesicht mit seinem einnehmenden Lächeln auf. Für einen Moment gebe ich mich diesem Gefühl hin, das sich bei dem Gedanken an ihn in meinem Körper ausbreitet. Es ist fast so, als würde ich erneut seine Berührungen und Küsse von gestern Nacht spüren können.

Mein Keuchen wird lauter, der Puls beschleunigt sich. Lange wird es nicht mehr dauern, das steht fest. Ich stelle mir vor, dass es nicht meine Hand ist, die meinen Schwanz verwöhnt, sondern Kevins.

Ich stöhne und meine Hand wird schneller. Mir knicken die Beine ein und ich muss mich mit der freien Hand an der Glasfront vor mir abstützen. Je näher ich dem Höhepunkt komme, desto mehr verändert sich das Bild in meinem Kopf. Plötzlich ist da nicht nur Kevin. Jetzt taucht auch noch Niklas in meinen Gedanken auf. O Gott! In meiner Vorstellung ist es nicht einer der beiden, der mich zum Höhepunkt bringt, sondern beide gleichzeitig! Die Gedanken manifestieren sich und werden so real, dass ich mich kaum noch beherrschen kann. Während ich mir vorstelle, wie Kevin mir einen bläst, sind Niklas’ Finger in meinem Arsch und verwöhnen mich.

Ich komme so heftig, dass meine Knie endgültig nachgeben und ich auf alle Viere sinke. Mein Herz hämmert so wild gegen meinen Brustkorb, dass ich schon glaube, es will herausspringen. Eine Weile verharre ich in dieser Position, versuche meine Atmung in den Griff zu bekommen und das Gedankenkarussell in meinem Kopf zu ordnen. Verwirrt starre ich auf die beschlagene Duschwand. Das, was eben in meinem Kopf vorging – es war wie ein Film, als wären diese Bilder nicht real. Doch leider kann ich nicht leugnen, dass ich gerade an zwei Männer gleichzeitig gedacht habe, während ich mich selbst befriedigt habe. So etwas ist mir bisher noch nie passiert. Ich habe mir noch nie vorgestellt, mit zwei Männern intim zu sein, weil diese Möglichkeit für mich bisher nie in Betracht gekommen ist. Es war für mich einfach unvorstellbar, gleichzeitig zwei Männer zu begehren. Doch jetzt … Seitdem ich Niklas und Kevin kenne, passiert mir genau das. Ich finde beide extrem anziehend und sexy. Ungläubig schüttele ich den Kopf, weil ich nicht begreifen kann, dass dieser Gedanke sich tatsächlich in meinem Hirn festgesetzt hat.

Nur sehr langsam rappele ich mich wieder auf, drehe das Wasser ab und steige aus der Dusche. Kaffee. Ich brauche dringend Kaffee. In Gedanken bediene ich bereits die Kaffeemaschine. Mit einem weichen Handtuch trockne ich mich ab, dann wickele ich es mir um die Hüften und begebe mich ins Schlafzimmer. Als ich das Tuch gerade lösen will, klingelt es an der Tür. Hastig krame ich nach Shorts und meiner Jogginghose, um sie schnell überzuziehen, schließlich will ich nicht nackt die Tür öffnen.

Mein Besucher ist ziemlich hartnäckig, denn das Klingeln hört nicht auf.

»Ja doch!« Genervt eile ich zur Wohnungstür und reiße sie schwungvoll auf. Ehe ich meinen Besucher genauer betrachten kann, fliegt er mir um den Hals, sodass ich beinahe das Gleichgewicht verliere und einige Schritte rückwärts taumele.

»Tobi, ich habe dich so vermisst!«, erklingt eine mir wohlbekannte Stimme ganz dicht an meinem Ohr. Meine Nackenhärchen stellen sich auf und ich bekomme eine Gänsehaut. Ist das etwa Daniel? Vorsichtig schiebe ich ihn von mir, um ihn genauer zu mustern. Tatsächlich. Daniel sieht freudestrahlend auf mich herunter. Er ist einen halben Kopf größer als ich, muskulöser und überhaupt viel attraktiver mit seinem rotblonden Haar und den unglaublich schönen grünen Augen. Wohl einer der Gründe, warum ich damals so sehr in ihn verknallt war.

»Was … was machst du denn hier?«, stammele ich überrascht. Ich kann nicht glauben, dass er wirklich vor mir steht. Unsere Wege haben sich nach dem Abitur getrennt. Daniel ist in die weite Welt hinaus gezogen, während ich mit dem Studium begonnen habe. Seitdem haben wir uns weder gesehen noch miteinander gesprochen. Zu tief saß der Schmerz, als er mich mit der Begründung verließ, dass es mit mir zwar schön war, er dennoch mehr auf Frauen stehe.

»Hey, begrüßt man so etwa einen alten Freund?« Fragend hebt Daniel eine Augenbraue und mustert mich genau. Sein Blick wandert über meinen Körper. »Aber … wirklich nette Aussicht.«

Jetzt erst wird mir klar, dass ich noch gar kein Shirt trage. Ich lasse Daniel einfach im Flur stehen und eile in mein Schlafzimmer zurück, um mich zu Ende anzukleiden.

»Mach’s dir doch im Wohnzimmer bequem. Ich komme gleich«, rufe ich ihm zu, während ich ein verwaschenes Shirt aus dem Schrank hole und es mir hastig über den Kopf ziehe. Daniels Schritte verklingen auf den Holzdielen, als er an meinem Zimmer vorbei in Richtung Wohnzimmer geht. Es ist quasi nicht zu verfehlen, da das Wohnzimmer direkt an den Flur grenzt. Mein Schlafzimmer geht rechts vom Flur ab. Daneben sind das Bad und auf der gegenüberliegenden Seite die Küche. Wirklich überschaubar.

Kurz schaue ich noch mal in den Spiegel, fahre mir mit den Händen durchs Haar, dann gehe ich zu Daniel zurück, der es sich mittlerweile auf dem Sofa bequem gemacht hat.

»Möchtest du auch einen Kaffee?«, frage ich ihn. Als mein alter Kumpel nickt, begebe ich mich in die kleine Küche und setze den Kaffee auf. Es dauert eine Weile, bis die dunkle Flüssigkeit in die Kanne läuft. In der Zwischenzeit hole ich zwei Tassen aus dem Schrank über der Spüle, fülle zwei Löffel Zucker in die von Daniel und gieße ein wenig Milch hinein. Seltsam, dass ich mich noch so genau daran erinnern kann, wie er seinen Kaffee am liebsten mag. Ich trinke das Zeug ausschließlich schwarz, damit es die volle Wirkung entfalten kann. Den täglichen Koffeinkick brauche ich dringend, um am Morgen überhaupt in Fahrt zu kommen.

»Willst du auch was frühstücken?«

Aus dem Wohnzimmer kann ich Daniels Lachen hören. »Frühstücken? Es ist fast halb zwei. Ich weiß ja nicht, was du bis jetzt getrieben hast, aber ich für meinen Teil hatte bereits Mittagessen.«

 

Der Kaffee ist fertig. Ich gieße ihn in die Tassen, dann schmiere ich mir schnell eine Scheibe Brot mit Nutella. Das muss erst mal reichen. Mit dem Brot zwischen den Zähnen und den beiden Tassen in den Händen gehe ich rüber ins Wohnzimmer, stelle seine Tasse vor ihm auf dem Couchtisch ab und setzte mich neben ihn. Eigenartig wie ruhig ich auf einmal in seiner Gegenwart bin, obwohl wir uns ewig nicht mehr gesehen haben. Es gab Zeiten, da konnte ich kaum atmen, wenn er mir so nah war. Mit jeder Faser habe ich mich damals nach ihm verzehrt, darum gebetet, er möge mich berühren. Und jetzt? Ich sehe ihn an, nippe an meinem Kaffee und kaue an dem Nutellabrot. Nichts. Kein Herzklopfen. Nicht mal ein klitzekleines bisschen.

»Was machst du hier? Und woher hast du überhaupt meine Adresse?«, frage ich neugierig. Ich kann mich nicht erinnern, sie ihm gegeben zu haben, als er mit dem Work-and-Travel begonnen hatte.

»Hab bei deiner Mutter angerufen und ihr gesagt, wie sehr ich dich vermisse. Anscheinend dachte sie, ich wäre einer deiner Verflossenen …«

»Was du ja auch bist«, werfe ich ein. Wir waren nicht richtig zusammen, eher war die Sache zwischen uns ein Experiment, obwohl ich tiefere Gefühle für meinen besten Freund gehegt habe, als ich mir eingestehen wollte.

»… und dann hat sie nur allzu gerne deine Adresse herausgerückt. Tadaaa – hier bin ich also«, schließt er seinen Bericht ab, ohne auf meinen Kommentar einzugehen. Schmunzelnd schüttele ich den Kopf. Es ist kein Geheimnis, dass ich schwul bin. Und meine Mutter hat darin auch noch nie ein großes Problem gesehen. Dass ich keine Mädchen mit nach Hause brachte, sondern eher von Jungs schwärmte, änderte nichts an ihrer Liebe. Ich bin wirklich froh, dass sie so verständnisvoll ist. Es gibt weitaus mehr Männer, die wegen ihrer Homosexualität von ihren Familien verstoßen werden oder sich aus Angst vor der Reaktion der Gesellschaft nie outen.

Zwar liebe ich meine Mutter, doch nach meiner Trennung von Daniel vor drei Jahren, versuchte sie mich oft genug an den Mann zu bringen. Sie tat es ganz unauffällig, wie sie glaubte, doch das ging mir auf die Nerven. Immer wieder fragte sie mich über meine Gefühle aus, ob ich denn nicht schon jemand Neues kennengelernt hätte oder zeigte mir Kontaktanzeigen von netten Männern aus dem Internet. Eine ihrer zahlreichen Freundinnen hatte auch einen schwulen Sohn, ein paar Jahre jünger als ich, mit dem sie mich zu gern verkuppelt hätte. Zu ihrem Pech ging ich nie darauf ein. Ich hatte nun mal Liebeskummer, na und? Das ist doch normal bei einem Jugendlichen. Früher oder später hätte ich mich wieder neu verliebt …

Ja … verliebt. Bin ich das vielleicht jetzt schon? Fühle ich deshalb nichts mehr in Daniels Nähe? Schweigend trinke ich meinen Kaffee, während mir mein Ex-Freund aus Jugendzeiten haarklein erzählt, was er in den letzten Jahren in Australien erlebt hat. Dass er überhaupt herkommt und so tut, als sei nichts gewesen, ärgert mich ein wenig. Schließlich hat er mich damals ohne große Erklärung verlassen. Er hätte sich ruhig ein paar Mal melden können. Dennoch kann ich mich seinem Charme auch jetzt nicht entziehen und ihm nicht wirklich böse sein, weil er nicht auf meine Mails geantwortet hatte, die ich ihm noch kurz nach seiner Abreise geschrieben habe.

In der Schule waren wir gute Freunde gewesen, bis ich irgendwann merkte, wie es für mich mehr wurde. Er war der erste Mann, der in mir diese unerfüllte Sehnsucht weckte. Daniel, der Weiberheld. Der Mädchenschwarm, der jeden Tag mit einer anderen knutschend auf dem Schulhof stand. Es war eher ein Zufall, dass ich ihm meine Gefühle gestand. Auf einer Party, auf der wir beide eingeladen waren. Ich war gerade zwanzig geworden. Schon damals vertrug ich nicht viel Alkohol. Wahrscheinlich hätte ich für immer geschwiegen und mich nie getraut, meine Gefühle zu offenbaren, wenn der Alkohol meine Zunge nicht gelockert hätte. Dann wäre ich vermutlich noch bis heute Jungfrau auf diesem Gebiet …

Daniel reagierte ganz anders als befürchtet. Er stieß mich nicht von sich, grinste bloß und meinte, wir könnten es ja versuchen. Mädchen wären auf Dauer langweilig und viel zu kompliziert.

Noch am selben Abend verlor ich an ihn meine Unschuld.

»Hast du mich gar nicht vermisst?«, fragt Daniel in die Stille hinein, die zwischen uns entstanden ist. »So, wie du mir zuhörst, sieht es nicht wirklich danach aus.«

»Klar … immerhin war ich damals total in dich verknallt«, gestehe ich ohne Umschweife. »Als du dich von mir mit der Begründung, Mädchen seien eher dein Ding, getrennt hast und einfach nach Australien verschwunden bist, brach es mir das Herz, Mann.« Statt wütend zu werden, schenke ich ihm ein schiefes Lächeln, denn ich bin längst über ihn hinweg.

Mein ehemaliger Kumpel sieht mich reumütig an. »Sorry«, murmelt er verlegen, »aber es war nun mal doch nicht das Richtige für mich. Und nach Australien wollte ich immer schon …«

Ich muss lachen. Bei seinem Anblick fühle ich keine Liebe mehr, sondern einfach kumpelhafte Zuneigung. Ich habe ihn wirklich vermisst, wenn auch auf eine andere Art. Gefühle ändern sich. Doch eine schöne Erinnerung wird die Zeit mit ihm trotzdem bleiben. Daniel zieht beleidigt seine Unterlippe zwischen die Zähne und kaut drauf herum, ohne mich anzusehen.

»Du warst der Einzige, ehrlich. Sonst waren es immer nur Frauen«, teilt er mir ein wenig verlegen mit.

»Da fühle ich mich aber geschmeichelt«, erwidere ich und lege meine Hand auf seinen Oberschenkel. »Lass uns nicht mehr über früher reden. Warum bist du hier? Nur Sehnsucht kann es wohl kaum gewesen sein.«

Daniel lächelt erleichtert. »Ich bin vor kurzem hergezogen, um zu studieren. Und da habe ich mir gedacht, es wäre doch toll, wenn wir wieder ein wenig mehr Zeit miteinander verbringen könnten. So wie früher.«

»Solange mein Hintern verschont bleibt«, scherze ich.

Daniel hebt abwehrend die Hände. »Keine Sorge. Du hast vor mir nichts zu befürchten. Ich stehe zurzeit ausschließlich auf Frauen. Außer du willst es natürlich … Ich konnte dir doch noch nie einen Wunsch abschlagen.«

Lachend boxe ich ihm gegen die Schulter. »Spinner! Sagtest du nicht eben, du stehst nur auf Frauen? Siehst du hier irgendwo Brüste?« Ich deute an mir herunter und Daniel lacht nun ebenfalls. Es tut gut, sich wieder mit ihm zu unterhalten und herumzualbern, ohne dass irgendwelche Gefühle im Weg sind. So wie in alten Zeiten.

Ich trinke meinen Kaffee aus und vertilge den letzten Bissen Brot. Langsam geht es mir besser. Die Kopfschmerzen haben deutlich nachgelassen. Daniel lehnt sich zurück und betrachtet mich, als ich aufstehe und die Tassen in die Küche bringe.

»Ich war echt ein Idiot damals … Dieser Hintern!«, ruft er mir hinterher.

Kopfschüttelnd räume ich die Tassen in die Spülmaschine, ehe ich zu ihm zurückkehre. Mit vor der Brust verschränkten Armen bleibe ich im Türrahmen stehen, lehne mich lässig dagegen und grinse Daniel an.

»Bereust du es? Deine Einsicht kommt eindeutig zu spät.«

»Ach, hast du etwa jemanden am Start?« Daniel grinst zurück und wackelt mit den Augenbrauen. Für einen kurzen Moment kehrt meine Unsicherheit und Verwirrung zurück. Ja … habe ich jemanden? In mir herrscht seit gestern Abend ein einziges Durcheinander. Kevin hat mir gestanden, dass er es sich mit mir durchaus vorstellen kann. Aber ich? Und was ist mit Niklas? Ich antworte nicht.

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