Call me Baby

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Kapitel 5

-Niklas-

»Hey, Alter, wo hast du dich denn so lange rumgetrieben?«, ruft Max mir aus dem Wohnzimmer aus zu, als ich die Wohnungstür aufschließe. Es ist bereits kurz vor Mitternacht. Dabei kam mir die Zeit mit Tobias gar nicht so lange vor.

»Ich musste da so eine Sache klären«, entgegne ich, als ich meine Schuhe abstreife und die Jacke an die Garderobe hänge. Dann gehe ich zu ihm rüber. Max ist Krankenpfleger und hat immer wechselnde Schichten im Krankenhaus. Wenn er von seiner Spätschicht gegen halb elf nach Hause kommt, sieht er immer noch eine Weile fern, um runterzukommen. Direkt einschlafen kann er nie.

»Um diese Uhrzeit kann es sich nur um einen Mann handeln, mit dem du dich getroffen hast«, meint mein Kumpel mit einem Grinsen. Dann wird sein Blick wieder ernst. »War es Kevin?«

Seufzend schüttele ich den Kopf. Kevin reagiert nicht auf meine Nachrichten und mittlerweile habe ich es aufgegeben, ihm zu schreiben. Vielleicht brauchen wir beide einfach mehr Zeit, um gründlich über unsere Beziehung – oder vielmehr unsere Trennung – nachzudenken. Trotzdem vermisse ich ihn so schrecklich, fühle mich jede Nacht furchtbar einsam allein in meinem Bett.

Nachdem wir uns damals über unsere Gefühle klar wurden, stand schnell fest, dass er zu Max und mir in die WG ziehen würde. Ein Zimmer war frei und da wir sowieso fast ausschließlich zusammen waren, bot sich das Ganze an. Obwohl Kevin sein eigenes Zimmer bekam, schliefen wir jede Nacht bei mir. Sein Zimmer bewohnte er nur sporadisch und nutzte es eher als Abstellkammer für sein Zeug.

»Nein. Er heißt Tobias«, sage ich möglichst beiläufig, während ich an Max vorbei in unsere Wohnküche gehe und den Kühlschrank öffne. »Auch ein Bier?«, frage ich meinen Kumpel, der immer noch auf dem Sofa hockt und durch die Sender zappt.

»Klar.«

Ich nehme zwei Flaschen Becks heraus, öffne sie und gehe zu ihm zurück.

»Jetzt erzähl mal von deinem Date«, fordert mich Max neugierig auf, als ich mich neben ihm aufs Sofa fallen lasse. »Wie war er so? Wo habt ihr euch kennengelernt? Ich hatte wirklich gedacht, du würdest Kevin noch ewig hinterhertrauern, so, wie es zu Beginn aussah.«

»Es war kein Date«, murmele ich und nippe an meinem Bier. Zumindest nicht im klassischen Sinne. Aber das war es mit Kevin damals ja auch nicht. Eigentlich wollte ich bloß mein schlechtes Gewissen beruhigen und mich bei Tobias entschuldigen. Dass er mich wie aus heiterem Himmel in dieser Kneipe geküsst hat, hat mich völlig überrascht und mich all meine guten Vorsätze vergessen lassen. Tobias’ Verhalten vorhin hat mich zu sehr an meinen Ex erinnert … Bei meiner ersten Begegnung mit Kevin ging alles ebenso schnell. Nicht, dass Tobi irgendwelche charakterlichen Ähnlichkeiten zu Kevin aufweisen würde, das kann ich kaum beurteilen, da ich ihn nicht kenne. Doch diese ganze Situation … Dass er mich mitgenommen hat und dass ich mich einfach nicht zurückhalten konnte und seinen Kuss ebenso leidenschaftlich erwidert habe … Viel hätte nicht gefehlt und ich wäre tatsächlich mit Tobias im Bett gelandet. Diese Anziehung war sofort da, genau wie bei Kevin. Ihm konnte ich mich bei unserem ersten Treffen damals vor zwei Jahren ebenso wenig entziehen wie Tobias vorhin.

Diese leidenschaftliche Art ähnelt der von Kevin. Genau wie sein Äußeres, vor allem der etwas verträumte Blick aus seinen blauen Augen. Tobias ist ein Stück kleiner als ich und von der Statur auch eher schmal, genau wie Kevin.

Seufzend lehne ich den Kopf nach hinten gegen die Rückenlehne des Sofas. Max rückt näher an mich heran.

»Kein Date? Und trotzdem kommst du so spät heim?« Sein Blick sagt mir, dass er mir diese Geschichte nicht so recht abkaufen will. Aber was soll ich ihm sagen? Dass ich kurz davor war, mich auf einen One-Night-Stand einzulassen? Er weiß genau, wie es um meine Gefühle steht.

»Es war … na ja … wir haben nur geredet.«

Mein Kumpel hebt fragend eine Augenbraue. »Nur geredet?«

»Na gut, vielleicht ein bisschen mehr. Aber nicht das, was du jetzt denkst. Es ist nicht zum Sex gekommen. Vielleicht … vielleicht sehen wir uns wieder.« Mit den Händen streiche ich mir übers Gesicht und durch die Haare. Mit Kevin habe ich noch nicht wirklich abgeschlossen, obwohl wir schon seit fast zwei Monaten getrennte Wege gehen. Immer noch ist er zu präsent in meinem Kopf. Für ihn war die Trennung die einzige Chance, mich nicht länger zu verletzen. Oder sich selbst. Doch hat er mich überhaupt gefragt, was ich von seiner Schnapsidee halte? Nein! Sex ist doch nicht das Einzige, was eine Beziehung ausmacht! Zumindest nicht für mich. Sicher hätten wir besser auf unsere sexuellen Bedürfnisse eingehen können, wenn wir nur mehr miteinander geredet hätten … Wir hätten unsere Bedürfnisse klar formulieren sollen, statt aneinander vorbeizureden oder zu schweigen. Es war nicht nur seine Schuld, dass das, was wir hatten, in die Brüche gegangen ist. Ich habe einfach zu spät reagiert, statt von vornherein meine Wünsche zu äußern. Obwohl wir getrennt sind, ist Kevin immer noch in meinem Herzen und ich bereue wirklich, wie es mit uns zu Ende gegangen ist.

»Ach Niklas, das wird schon wieder. Glaub mir. Ehe du dich versiehst, vergisst du Kevin«, sagt Max und legt mir seine Hand aufs Knie. »Ich würde es dir echt gönnen. Eine neue Liebe, meine ich.«

Keine Ahnung, ob er recht hat, doch so schnell werde ich Kevin wohl nicht vergessen können, da er einfach viel zu tief in meinem Herzen festsitzt. Auch wenn die Begegnung mit Tobias dieses Gefühl für einen kurzen Moment überlagert hat.

»Niklas?« Max reißt mich aus meinen Gedanken. Ich drehe den Kopf zu ihm und sehe ihn fragend an. Seine Augen funkeln neugierig.

»Wer ist denn nun dieser geheimnisvolle Tobias? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen. Du weißt ganz genau, dass ich das nicht leiden kann. Ich werde die ganze Nacht kein Auge zu tun, wenn du mich noch weiter im Dunkeln tappen lässt.«

Ein Lächeln stiehlt sich in mein Gesicht, als ich meinen Kumpel ansehe. Max ist Single aus Überzeugung und nutzt solche Dienste recht häufig. Sie geben ihm den nötigen Kick, wenn mal gerade niemand in der Nähe ist, dem er seinen Hintern entgegenstrecken kann. Einmal hatten wir Sex. Es ist verdammt lange her und wir waren beide ziemlich betrunken. Doch es hat mir kaum etwas bedeutet, Max ebenso wenig. Schnell rein und raus, keine Küsse, kein Kuscheln. Danach lief nichts mehr zwischen uns. Wir waren uns einig, dass wir kaum eine Beziehung miteinander führen können, denn Max ist mein bester Freund.

»Diese Telefonsexsache neulich. Na ja … anscheinend hatte ich mich verwählt und …«

Seine Augen werden größer. »Du hast also nicht mit Fabio …? An wen bist du denn dann geraten?«

Ich schüttele den Kopf.

»Tobias«, gestehe ich ihm. » Es war nicht Fabio, sondern Tobias, mit dem ich gesprochen habe.« Mein Kumpel starrt mich noch einen Moment lang fassungslos an, bis seine Mundwinkel zucken und er in Gelächter ausbricht.

»Krass! Du hast tatsächlich mit einem wildfremden Kerl … O Gott, Niklas! Der Arme ist sicher vor Scham im Boden versunken. Sorry, Mann. Ich weiß, es ist nicht lustig, aber … Ich stelle mir das gerade vor und …«

Ich boxe Max gegen den Oberarm. »War wirklich nicht besonders lustig, dieser Irrtum«, gebe ich verstimmt zu. Max hat mir diese Nummer gegeben, die ich dämlicher Idiot vor Aufregung nicht mal vernünftig in mein Handy eintippen konnte.

Die Begegnung mit Tobias heute Abend hat mich wirklich überrascht. Sofort spürte ich dieses seltsame Kribbeln in der Magengegend, das ist schon lange vermisst hatte. Vor allem, als er mich aus heiterem Himmel geküsst hat.

»Na ja, sieh es doch mal positiv: Der Kerl hat echt Mumm, wenn er sich nach diesem Missverständnis immer noch mit dir treffen will. Würde sicher nicht jeder tun. Das war dann wohl ein Wink des Schicksals, dass du bei diesem Tobias gelandet bist. Und jetzt komm, lass uns schlafen gehen. Ich für meinen Teil bin verdammt müde.« Max zwinkert mir zu und schaltet den Fernseher aus.

Ich erhebe mich von der Couch und gehe ich mein Schlafzimmer. Dort entkleide ich mich und mache es mir in meinem Bett gemütlich. Doch schlafen kann ich jetzt einfach nicht. Zu viel geht in meinem Kopf herum, obwohl es schon ziemlich spät ist und ich es sicherlich morgen früh bereuen werde, so spät schlafen gegangen zu sein. Seufzend drehe ich mich auf den Rücken und verschränke die Arme hinterm Kopf. Die Augen fest auf die Zimmerdecke gerichtet, versuche ich in der Dunkelheit die Flecken zu zählen, die kleine Sterne dort hinterlassen haben. Vor uns hat hier eine alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter gelebt, die zu ihrem neuen Freund gezogen ist Es hat mich wirklich viel Mühe gekostet, diese Sterne von der Decke zu kratzen, was leider nicht vollständig geklappt hat. Jetzt nutze ich die Klebereste immer, wenn ich nachdenken muss. Dann zähle ich sie und versuche so ein bisschen runter zu kommen, meinen Kopf freizumachen. Doch heute Nacht gelingt es mir nicht.

Meine Gedanken kreisen immer wieder um meine Begegnung mit Tobias … Verrückt, wie schnell er mich in seinen Bann gezogen hat. Ich konnte kaum an mich halten, musste einfach mit den Händen durch sein weiches Haar streichen, das vorne etwas zu lang ist und ihm frech in die Augen fiel. Ich war verdammt geil auf ihn und auch Tobias sah nicht so aus, als wollte er noch einen Rückzieher machen. Hätte sein Handy nicht geklingelt, dann wäre es passiert.

Doch mit dieser spontanen Unterbrechung kam die Ernüchterung. Vor allem dann, als er den Namen Kevin erwähnte. Mag sein, dass er auch jemanden mit diesem Namen kennt, immerhin gibt es in einer Stadt wie Berlin hunderte, die so heißen. Trotzdem hat mich der Name kurz ins Wanken gebracht, weil er mich an meinen Ex-Freund erinnert hat. Und dann bin ich gegangen.

 

Im Nachhinein war es nicht gerade nett von mir, Tobias einfach ohne eine weitere Erklärung stehen zu lassen, doch irgendwie schien es mir plötzlich falsch, mit ihm zu schlafen. Ich war zwar noch nie ein Kind von Traurigkeit, hatte früher nicht selten unverbindlichen Sex, bevor ich auf Kevin traf. Doch seit unserer gescheiterten Beziehung hatte ich keinen einzigen One-Night-Stand mehr und bis auf den Telefonsex kaum Bedürfnis danach.

Es wäre ein Fehler, Tobias dafür zu benutzen, mir einfach Erleichterung zu verschaffen. Dafür habe ich auch noch meine rechte Hand, die mir bisher gute Dienste geleistet hat. Tobias hingegen gefällt mir, auch wenn mir noch nicht ganz klar ist, was mich an ihm so fasziniert. Es war ein Funke, der von ihm auf mich überging. Bereits bei unseren Telefonaten hatte ich dieses seltsame Gefühl, dass da irgendwie mehr ist, was sich dann bei unserem Treffen verstärkte. Genau aus diesem Grund will ich es nicht noch einmal so überstürzen und den gleichen Fehler machen wie in meiner letzten Beziehung. Falls Tobias nach meinem Abgang immer noch Interesse an einem Treffen hat, wäre es mir lieber, ihn vorher ein wenig näher kennenzulernen, statt gleich mit ihm ins Bett zu gehen. Die Sache mit Kevin bin ich zu Beginn ganz falsch angegangen, habe zuerst mit dem Schwanz, statt mit dem Kopf gedacht und mir die Finger verbrannt. Das will ich nicht noch einmal riskieren.

Seufzend drehe ich mich auf die Seite und ziehe mir die Decke über den Kopf. Erneut ist es die Erinnerung an Kevin, die mich in den Schlaf begleitet.

Kapitel 6

-Niklas-

Zwei Jahre zuvor

»Schatz, du musst dir unbedingt ansehen, was ich gekauft habe!«, rief Kevin bereits durch den Flur, nachdem er die Wohnungstür aufgeschlossen hatte. Max war noch nicht zu Hause und ich gerade mit der Zubereitung des Abendessens beschäftigt. Eigentlich hatte Kevin schon viel eher zurück sein wollen, um mir zu helfen. Vermutlich hatte er sich wieder mal nach Feierabend mit seinen Kollegen verquatscht.

Ich trocknete mir die Hände am Handtuch ab und kam zu ihm in den Flur.

»Was ist es denn?«, fragte ich ihn neugierig, nachdem er mir einen kurzen Begrüßungskuss gegeben hatte. Wir wohnten nun schon seit gut einem Monat zusammen, weil in der WG noch ein Zimmer frei geworden war. Meinen Vorschlag, bei Max und mir einzuziehen, hatte Kevin sofort angenommen, nachdem wir einige Dates hatten. Normalerweise hätte ich die Sache nicht so überstürzt, doch mein Freund hatte öfter erwähnt, dass er seinem Bruder nicht länger zur Last fallen wollte, sodass sich diese Möglichkeit einfach anbot.

»Komm. Dafür musst du kurz mit rauskommen«, sagte er mit einem Funkeln in den Augen. Kevin konnte sich immer so sehr für Dinge begeistern wie ein kleines Kind. Das gefiel mir an ihm. Überhaupt hatte ich sehr schnell mein Herz an diesen Kerl verloren, was ich selbst ein wenig erschreckend fand. Meine vorherigen Beziehungen hatte ich langsamer angehen lassen, statt einfach kopfüber ins kalte Wasser zu springen. Ich zog mir Jacke und Schuhe über, dann folgte ich ihm die Treppe hinunter in den Hof. Bereits von Weitem konnte ich sehen, was seine Begeisterung hervorrief.

Es war ein schwarzes Motorrad. Ich verstand nicht viel von Autos und Motorrädern, doch Kevin war als Kfz-Mechaniker Feuer und Flamme. Für mich waren Fahrzeuge lediglich ein Mittel, um schnell von A nach B zu kommen.

»Sieht gut aus«, meinte ich, nachdem ich die Maschine umrundet hatte. Mein Freund runzelte die Stirn.

»Gut? Die Maschine ist der Hammer. Ein Glück, dass mein Chef sie von einem Kunden in Zahlung genommen hatte. Sie war nach einem Unfall ziemlich hinüber, doch ich habe sie repariert und zu einem echt fairen Preis abkaufen können. Wenn du willst, können wir jetzt gleich eine kleine Spritztour machen!«

»Ach, lass mal. Ich bin nicht so der Fan von schnellen Fahrzeugen.«

Ein enttäuschter Ausdruck zeigte sich auf Kevins Gesicht. »Ich würde auch extra langsam fahren, damit du keine Angst zu haben brauchst …«

»Schon gut. Du kannst ja vielleicht Max fragen, ob er eine Runde mit dir dreht. Er ist doch für jeden Spaß zu haben«, entgegnete ich mit einem entschuldigenden Lächeln und strich Kevin kurz über die stoppelige Wange. »Wir sollten besser wieder raufgehen. Ich habe die Lasagne noch im Ofen und will ungern, dass unser Abendessen ungenießbar wird.«

Schweigend folgte mir mein Freund zurück in die Wohnung. Es tat mir zwar leid, dass ich seine Begeisterung für dieses Motorrad nicht teilen konnte, aber das war wirklich nicht meine Welt. Kevin konnte am Wochenende stundenlang an irgendwelchen Autos herumbasteln, weil es ihm auf der Arbeit einfach nicht genug war. Er schraubte für sein Leben gern an allem herum, das einen Motor hatte. So hatte er auch meinen alten Golf wieder zum Laufen gebracht, obwohl ich ihn bereits abgeschrieben und nach einem neuen Auto gesucht hatte.

Ich hingegen nutzte meine Freizeit lieber mit einem guten Buch auf dem Sofa, denn ich liebte die Ruhe um mich herum, wenn ich in eine spannende Geschichte eintauchte. Nicht selten kam es jedoch vor, dass sich mein Freund zu mir ins Wohnzimmer gesellte und den Fernseher einschaltete, weil gerade ein Fußballspiel lief, das er ungern verpassen wollte. Ich konnte mit diesem Sport sehr wenig anfangen, obwohl ich gern ins Fitnessstudio ging. Doch für Fußball konnte ich mich nur schwer begeistern. Trotzdem war es irgendwie süß, wie mein Freund seinen Lieblingsverein anfeuerte. Als er einmal Karten für ein Heimspiel hatte, begleitete ihn Max.

»Schmeckt gut«, meinte Kevin kauend, nachdem wir uns am Küchentisch gegenübersaßen und die Lasagne aßen. »Sorry, dass ich dir nicht bei der Zubereitung geholfen habe. Ich habe einfach die Zeit vergessen.«

»Schon okay. Dann eben beim nächsten Mal.« Ich wusste zwar, dass er auch beim nächsten Mal eine Ausrede haben würde, aber das war nicht weiter schlimm. Ich kannte es bereits von Max, allein in der Küche zu stehen und für das Abendessen zu sorgen. Dafür erledigte Kevin immer die Einkäufe und den Abwasch.

»Sag mal, willst du später mit mir ausgehen? Vielleicht in einen Club und ein bisschen tanzen? Schließlich ist Freitag und wir sind schon ewig nicht mehr feiern gewesen«, schlug er vor, nachdem er seinen leeren Teller von sich geschoben hatte. Ich legte mein Besteck ebenfalls zur Seite.

»Muss das heute sein? Ich hatte dir doch bereits gesagt, dass ich morgen früh zu meinen Eltern fahre, um meinem Vater mit der Gartenarbeit zu helfen. Da wäre ich gerne ausgeschlafen für die lange Autofahrt.«

»Oh, war das schon morgen? Das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm«, sagte er mit gesenktem Kopf. »Dann vielleicht morgen Abend?«

»Da gehe ich mit einer Kollegin ins Theater. Du weißt doch, sie hatte mir Karten angeboten und weil du keine Lust hast, mich zu begleiten, kommt sie nun selbst mit.«

Kevin grinste schief und kratze sich am Hinterkopf. »Na ja, du willst ja auch nicht, dass ich einfach mitten in der Vorstellung einschlafe und die Zuschauer mit meinem Schnarchen störe, oder? Hast du etwas dagegen, wenn ich Max frage, ob er mich in den Club begleiten würde?«

Ich schüttelte den Kopf. Es machte mir wenig aus, wenn mein Freund allein oder mit unserem Mitbewohner feiern ging. Ich vertraute beiden und wusste, dass Kevin mir treu war.

»Was ist mit mir?«, kam es von der Tür. Max stand im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt und grinste uns an. Dann fiel sein Blick auf die Lasagne in der Auflaufform auf dem Küchentisch. »Wow, du hast gekocht! Ich bin am Verhungern!« Mit diesen Worten schnappte er sich einen Teller aus dem Schrank und setzte sich zu uns.

Es war im Nachhinein betrachtet sowieso ein Wunder, dass Kevin und ich ein Paar wurden. Wir passten eigentlich nicht zusammen, meinte Max immer wieder. Womit er recht hatte, denn wir waren wirklich zu unterschiedlich, was unsere Interessen und Vorlieben betraf. Zogen sich Gegensätze nicht bekanntlich an? Auch wenn wir kaum gemeinsame Hobbys hatten, konnten wir nicht ohne einander sein. Spätestens, wenn er nach einer Party am frühen Morgen in mein Bett kroch, waren die Unterschiede unerheblich. Dann waren wir bloß zwei Männer, die in feuriger Leidenschaft vergingen. Nach einem leise geflüsterten ich liebe dich war die Welt für mich in Ordnung. Der Sex verband uns, auch wenn die Art, wie wir uns liebten, anders war, als ich es aus meinen früheren Beziehungen kannte. Kevin mochte es wild und stürmisch, ich hingegen konnte nach einem Blowjob lange mit meinem Partner kuscheln, bis ich in seinem Arm einschlief. Kevin hingegen wollte immer aufs Ganze gehen. Ich mochte es, mich von ihm nehmen zu lassen und es machte mir nur selten etwas aus, wenn er mich dominierte. Manchmal hätte ich schon gern die Rollen getauscht, denn auch ich war gern mal Top, aber sobald ich diesbezüglich eine Andeutung machte, ließ er sich nicht darauf ein, weshalb es bei der ursprünglichen Rollenverteilung blieb …

An diesem Abend ging ich schon früh ins Bett, nachdem Kevin und Max in den Club aufbrachen. Immerhin hatte ich meinen Wecker auf halb sieben in der Früh gestellt, um so zeitig wie möglich zu meinen Eltern aufzubrechen. Ich schlief schnell ein, erwachte jedoch wieder, als jemand die Bettdecke anhob und sich hinter mich schob. Müde lächelte ich. Kevin war bereits zurück.

»Habe dich vermisst«, nuschelte er leise und küsste dabei meinen Nacken. Diese zärtliche Geste ließ mich erschaudern. Obwohl ich kaum die Augen offenhalten konnte, reagierte mein Körper sofort auf Kevin. Die Party war ja wirklich schnell vorbei, womit ich nicht gerechnet hatte.

»Das nächste Mal komme ich mit, versprochen«, murmelte ich leise und wollte mich zu ihm umdrehen, doch er umklammerte meine Taille und presste sich an meinen Rücken, sodass ich an Ort und Stelle liegen blieb. Seine Erektion drückte fest gegen meinen Hintern. Ich ahnte, was er vorhatte, denn seine Hand hatte sich bereits vorne in meine Boxershorts geschoben, um meinen Schwanz zu massieren. Da ich jedoch noch immer im Halbschlaf war, wurde ich nicht so schnell geil. Sacht zog ich seine Hand weg.

»Wollen wir das auf morgen verschieben? Ich möchte wirklich schlafen.« Kevin brummte etwas Unverständliches, bestand jedoch nicht weiter auf Sex. Nach einem weiteren kurzen Kuss in meinen Nacken, drehte er sich auf den Rücken und blieb reglos liegen. Einige Herzschläge lang lauschte ich in die Stille meines Zimmers, bis ich sein Schnarchen vernahm. Schmunzelnd drehte ich mich zu ihm, bettete meinen Kopf auf seine Brust und schlief kurz darauf ebenfalls ein.