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Die Pilger

Der erste Pilger

Ich bin erkranket

An Liebespein,

Mögt’ nur genesen,

Wollst du mein seyn.

Dein lieblich Wesen,

Dein Lippenroth,

Hält mich gefangen

Bis an den Tod.

Mein Aug’ ist trübe,

Mein’ Jugend verdorrt,

Doch kenn’ ich noch Heilung,

Wohl weiß ich den Port.

Zu dem will ich wallen

Ob Länder und Meer,

Die Brust ist beklommen,

Das Herz ist mir schwer.

Ich greife zum Stabe,

Ich walle zum Meer;

Es brausen die Winde,

Es tobet das Meer.

Die Vöglein fliegen

So lustig voran,

Sie suchen den Frühling

Und treffen ihn an.

Es hält mich die Liebe,

Ich bliebe so gern,

Doch ziehet mich Sehnsucht

Zum Grabe des Herrn.

Lebt wohl dann ihr Augen

Von freundlichem Schein,

Mein Blick soll zum Himmel

Gerichtet nur seyn.

Mich sehnet, o süße

Geliebte, nach dir!

Doch wähl’ ich das Grab mir,

Des Heilands dafür.

Da kniee ich nieder

Voll bitterem Schmerz;

Da kann ich dich lassen,

Da bricht mir das Herz.

Die Heilung ist bitter,

Der Weg ist wohl weit;

Doch greif’ ich zum Stabe

Und ende mein Leid.

Der zweite Pilger

Ich scheide froh vom Vaterland

Und suche den geliebten Strand,

Wo Jesus Christus wallte;

Wo er in Demuth angethan

Des Erdenlebens schwere Bahn,

Mit stillem Sinne wallte.

Was ist die Herrlichkeit der Welt

Und alles, was dem Sinn gefällt?

Ich will ihm froh entsagen.

Die irrdische Kette fällt von mir,

Und Jesu! nur zu dir! zu dir!

Will ich mein Sehnen tragen.

Die Märterkrone winket mir

Und Seeligkeit wohl für und für,

Wenn ich vollendet habe.

O süße Buße! himmlisch Leid!

In frommer Einfalt Seligkeit,

Ihr wohnt am heiligen Grabe.

Der Kuß im Traume,

aus einem ungedruckten Romane

Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,

Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,

Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten

Daß neue Wonne meine Lippe saugt.

In Träume war solch Leben eingetaucht,

Drum leb’ ich, ewig Träume zu betrachten,

Kann aller andern Freuden Glanz verachten,

Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.

Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,

Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen

Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.

Drum birg dich Aug’ dem Glanze irr’dscher Sonnen!

Hüll’ dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen

Und heilt den Schmerz, wie Lethes1 kühle Fluthen.

1Lethe: in der griechischen Mythologie einer der Flüsse der Unterwelt und Personifikation des Vergessens.

VERLOHREN IST WEN LIEBE NICHT BEGLÜCKET
Aus: Melete1
Zueignung

Ich habe Dir in ernsten stillen Stunden,

Betrachtungsvoll in heil’ger Einsamkeit,

Die Blumen dieser und vergangner Zeit,

Die mir erblüht, zu einem Kranz gewunden.

Von Dir, ich weiß es, wird der Sinn empfunden,

Der in des Blüthenkelchs Verschwiegenheit

Nur sichtbar wird dem Auge, das geweiht

Im Farbenspiel den stillen Geist gefunden.

Es flechten Mädchen so im Orient

Den bunten Kranz; daß vielen er gefalle,

Wetteifern unter sich die Blumen alle.

Doch Einer ihren tiefern Sinn erkennt,

Ihm sind Symbole sie nur, äußre Zeichen;

Sie reden ihm, obgleich sie alle schweigen.

Adonis Tod

1.

Die Göttin sinkt in namenlosem Leide,

Den Jäger traf des Thieres wilde Wuth;

Die Rose trinkend von des Jünglings Blut,

Glänzt ferner nicht im weißen Liljenkleide.

Das Abendroth der kurzen Liebesfreude

Blickt traurig aus der Blume dunklen Gluth;

Adonis todt im Arm der Göttin ruht;

Das Schönste wird des kargen Hades Beute.

Verhaßt ist ihr des langen Lebens Dauer,

Das Götterlos wird ihrer Seele Trauer,

Die sehnsuchtskrank den süßen Gatten sucht.

Und still erblühet heißer Thränen Frucht;

Den stummen Schmerz verkünden Anemonen,

Den ew’gen Wunsch im Schattenreich zu wohnen.

2.

Den Liljenleib des Purpurs dunkler Schleier

Dem irren Blick der Göttin halb entzieht;

Der Trauer Bild, die Anemone, blüht

So weiß als roth zur stillen Todtenfeyer.

Erloschen ist in Ihm des Lebens Feuer,

Sein todtes Aug’ die Blume nimmer sieht. –

Doch plötzlich schmilzt der Göttin Leid im Lied,

Die Klage tönt, die Seele fühlt sich freier.

Ein Kranker, der des Liedes Sinn empfunden,

Durch Ihrer Töne Zauber soll gesunden. –

Der Andacht gerne Liebe sich vertraut.

Und glaubig einen Tempel er sich baut,

Auf daß er pflege in dem Heiligthume

Der Sehnsucht Kind die süße Wunderblume.

3. Adonis Todtenfeyer

Wehe! daß der Gott auf Erden

Sterblich mußt gebohren werden!

Alles Dasein, alles Leben

Ist mit ihm dem Tod gegeben.

Alles wandelt und vergehet,

Morgen sinkt was heute stehet;

Was jetzt schön und herrlich steiget,

Bald sich hin zum Staube neiget;

Dauer ist nicht zu erwerben,

Wandeln ist unsterblich Sterben.

Wehe! daß der Gott auf Erden

Sterblich mußt gebohren werden!

Alle sind dem Tod verfallen,

Sterben ist das Loos von allen.

Viele doch sind die nicht wissen,

Wie der Gott hat sterben müssen;

Blinde sind es, die nicht sehen,

Nicht den tiefen Schmerz verstehen,

Nicht der Göttin Klag und Sehnen,

Ihre ungezählten Thränen,

Daß der süße Leib des Schönen

Muß dem kargen Tode fröhnen.

Laßt die Klage uns erneuern!

Rufet zu geheimen Feyern,

Die Adonis heilig nennen,

Seine Gottheit anerkennen,

Die die Weihen sich erworben,

Denen auch der Gott gestorben.

Brecht die dunkle Anemone,

Sie, die ihre Blätterkrone

Sinnend still herunter beuget,

Leise sich zur Tiefe neiget,

Forschend ob der Gott auf Erden

Wieder soll gebohren werden!

Brechet Rosen; jede Blume

Sei verehrt im Heiligthume,

Forscht in ihren Kindermienen,

Denn es schläft der Gott in ihnen;

Uns ist er durch sie erstanden

Aus des dumpfen Grabes Banden.

Wie sie leis hervor sich drängen,

Und des Hügels Decke sprengen,

Ringet aus des Grabes Engen

Sich empor verschloßnes Leben;

Tod den Raub muß wiedergeben,

Leben wiederkehrt zum Leben.

Also ist der Gott erstanden

Aus des dumpfen Grabes Banden.

Gebet an den Schuzheiligen

Den Königen aus Morgenlanden

Ging einst ein hell Gestirn voran,

Und führte treu sie ferne Pfade

Bis sie das Haus des Heilands sahn.

So leuchte über meinem Leben,

Laß glaubensvoll nach dir mich schaun,

In Qualen, Tod und in Gefahren

Laß mich auf deine Liebe traun.

Mein Auge hab’ ich abgewendet

Von allem was die Erde giebt,

Und über Alles was sie bietet

Hab’ ich dich, Trost und Heil, geliebt.

Dir leb’ ich, und dir werd’ ich sterben,

Drum lasse meine Seele nicht,

Und sende in des Lebens Dunkel

Mir deiner Liebe tröstlich Licht.

O, leuchte über meinem Leben!

Ein Morgenstern der Heimath mir,

Und führe mich den Weg zum Frieden,

Denn Gottes Friede ist in dir.

Laß nichts die tiefe Andacht stören,

Das fromme Lieben, das dich meint,

Das, ob auch Zeit und Welt uns trennen,

Mich ewig doch mit dir vereint.

Da du erbarmend mich erkohren,

Verlasse meine Seele nicht,

O Trost und Freude! Quell des Heiles!

Laß mich nicht einsam, liebes Licht!

 

Die Malabarischen Witwen 2

Zum Flammentode gehn an Indusstranden

Mit dem Gemahl, in Jugendherrlichkeit,

Die Frauen, ohne Zagen, ohne Leid,

Geschmücket festlich, wie in Brautgewanden.

Die Sitte hat der Liebe Sinn verstanden,

Sie von der Trennung harter Schmach befreit

Zu ihrem Priester selbst den Tod geweiht,

Unsterblichkeit gegeben ihren Banden.

Nicht Trennung ferner solchem Bunde droht,

Denn die vorhin entzweiten Liebesflammen

In einer schlagen brünstig sie zusammen.

Zur süßen Liebesfeyer wird der Tod,

Vereinet die getrennten Elemente,

Zum Lebensgipfel wird des Daseins Ende.

Die Einzige

Wie ist ganz mein Sinn befangen,

Einer, Einer anzuhangen;

Diese Eine zu umpfangen

Treibt mich einzig nur Verlangen;

Freude kann mir nur gewähren,

Heimlich diesen Wunsch zu nähren,

Mich in Träumen zu bethören,

Mich in Sehnen zu verzehren,

Was mich tödtet zu gebähren.

Widerstand will mir nicht frommen,

Fliehen muß ich neu zu kommen,

Zürnen nur, mich zu versöhnen,

Kann mich Ihrer nicht entwöhnen,

Muß im lauten Jubel stöhnen;

In den Becher fallen Thränen,

Ich versink in träumrisch Wähnen;

Höre nicht der Töne Reigen,

Wie sie auf und nieder steigen,

Wogend schwellen Well’ in Welle;

Sehe nicht der Farben Helle

Strömen aus des Lichtes Quelle.

Mich begrüßen Frühlingslüfte,

Küssen leise Blumendüfte,

Doch das all ist mir verlohren,

Ist für mich wie nicht gebohren,

Denn mein Geist ist eng umpfangen

Von dem einzigen Verlangen

Eine, Eine zu erlangen.

Hungrig in der Zahl der Gäste

Siz ich bei dem Freudenfeste,

Das Natur der Erde spendet;

Frage heimlich ob’s bald endet?

Ob ich aus der Gäste Reigen

Dürf’ dem eklen Mahl entweichen,

Das verschwendrisch Andre nähret:

Mir nicht einen Wunsch gewähret?

Eines nur mein Sinn begehret,

Eine Sehnsucht mich verzehret;

Eng ist meine Welt befangen,

Nur vom einzigen Verlangen

Was ich liebe zu erlangen.

Die eine Klage

Wer die tiefste aller Wunden

Hat in Geist und Sinn empfunden

Bittrer Trennung Schmerz;

Wer geliebt was er verlohren,

Lassen muß was er erkohren,

Das geliebte Herz,

Der versteht in Lust die Thränen

Und der Liebe ewig Sehnen

Eins in Zwei zu sein,

Eins im Andern sich zu finden,

Daß der Zweiheit Gränzen schwinden

Und des Daseins Pein.

Wer so ganz in Herz und Sinnen

Konnt’ ein Wesen liebgewinnen

O! den tröstet’s nicht

Daß für Freuden, die verlohren,

Neue werden neu gebohren:

Jene sind’s doch nicht.

Das geliebte, süße Leben,

Dieses Nehmen und dies Geben,

Wort und Sinn und Blick,

Dieses Suchen und dies Finden,

Dieses Denken und Empfinden

Giebt kein Gott zurück.

Aegypten

Blau ist meines Himmels Bogen,

Ist von Regen nie umzogen,

Ist von Wolken nicht umspielt,

Nie vom Abendthau gekühlt.

Meine Bäche fließen träge

Oft verschlungen auf dem Wege,

Von der durst’gen Steppen Sand,

Bei des langen Mittags Brand.

Meine Sonn’ ein gierig Feuer,

Nie gedämpft durch Nebelschleier,

Dringt durch Mark mir und Gebein

In das tiefste Leben ein.

Schwer entschlummert sind die Kräfte,

Aufgezehrt die Lebenssäfte;

Eingelullt in Fiebertraum

Fühl’ ich noch mein Dasein kaum.

Der Nil

Aber ich stürze von Bergen hernieder,

Wo mich der Regen des Himmels gekühlt,

Tränke erbarmend die lechzenden Brüder

Daß sich ihr brennendes Bette erfüllt.

Jauchzend begrüßen mich alle die Quellen;

Kühlend umfange ich, Erde, auch dich;

Leben erschwellt mir die Tropfen, die Wellen,

Leben dir spendend umarme ich dich.

Theueres Land du! Gebährerin Erde!

Nimm nun den Sohn auch den liebenden auf,

Du, die in Klüften gebahr mich und nährte,

Nimm jetzt, o Mutter! den Sehnenden auf.

Eine persische Erzählung

Rasend am Altar des Feuers

Ormuzd3 Priester war geworden;

Aber als der Morgen helle

Gülden aus dem Osten blickte,

Kehrte Ruh in seine Seele.

Laut rief er dem Opferknaben:

„Siehe wie der Morgen pranget.

Licht hat endlich obgesieget,

Siegend werden nie zur Erde

Wieder sich die Schatten senken.“

Trost erfüllet sprachs der Alte,

Kniete nieder am Altare,

Betend auf zum Gott des Lichtes

Preißend ihn, des frohen Sieges,

Angethan in hellen Kleidern

Zwölf der Stunden täglich feiern.

Aber als die Zwölf im Weste

Trübe sich begunt zu färben,

Leis verglomm im Abendstrahle,

Ormuzd Priester ward da stille,

Sorgend blickt er auf zum Himmel

Forschend was die Zeit gewähre. –

Dunkel kam heran geschritten,

Zagend streift es, blaß und ängstlich,

Muthig ward’s dann, dehnt sich mächtig,

Wuchs und deckt mit Riesengliedern

Siegreich bald die niedren Thäler,

Reiht sich um den Stern des Tages,

Drängt ihn hastig hin zum Weste. –

Ormuzd Priester rief der Sonne,

Tapfer sich im Kampf zu zeigen,

Heftig rief er, Wahnsinn betend.

Aber das Gestirn des Lichtes

Bettet sich im Weste stille.

Rasend, zitternd, sah’s der Alte

Raffte sich empor vom Boden

Eilte nach dem nahen Meere. –

Glänzend aus der Fluthen Spiegel

Luna kam heraufgeschritten;

Feucht ihr Haar, vom Meer noch träuflend,

Thaubeglänzet ihre Wange,

Blickte sie zur Erde nieder.

Da ergrimmte Ormuzd Priester,

Nahm den Bogen, nahm die Pfeile,

Eilte zu des Felsen Gipfel,

Achtet nicht der schroffen Höhe,

Drunten nicht des Meeres Brausen,

Nimmt der Pfeile schärfsten, zielet

Hoch zum Mond, dem Herz der Nächte;

Schwirrend reißt ihn da die Senne

Seines Bogens hin zur Tiefe,

Sterbend büßt er sein Erkühnen. –

Mitleidsvoll ihm Mitra4 lächlet;

Aber gütig nimmt das Dunkel

Auf in seinem heil’gen Schooße

Freundlich den verirrten Kranken,

Daß im Arm der Mitternächte

Schweren Wahnsinns er genese.

Der Caucasus

Mir zu Häupten Wolken wandeln,

Mir zur Seite Luft verwehet,

Wellen mir den Fuß umspielen,

Thürmen sich und brausen, sinken. –

Meine Schläfe, Jahr’ umgauklen,

Sommer, Frühling, Winter kamen,

Frühling mich nicht grün bekleidet,

Sommer hat mich nicht entzündet,

Winter nicht mein Haupt gewandelt.

Hoch mein Gipfel über Wolken

Eingetaucht im ew’gen Äther

Freuet sich des steten Lebens.

Überall Liebe

Kann ich im Herzen heiße Wünsche tragen?

Dabei des Lebens Blüthenkränze sehn,

Und unbekränzt daran vorüber gehn

Und muß ich traurend nicht in mir verzagen?

Soll frevelnd ich dem liebsten Wunsch entsagen?

Soll muthig ich zum Schattenreiche gehn?

Um andre Freuden andre Götter flehn,

Nach neuen Wonnen bei den Todten fragen?

Ich stieg hinab, doch auch in Plutons Reichen,

Im Schooß der Nächte, brennt der Liebe Glut

Daß sehnend Schatten sich zu Schatten neigen.

Verlohren ist wen Liebe nicht beglücket,

Und stieg er auch hinab zur styg’schen Flut,

Im Glanz der Himmel blieb er unentzücket.

Der Gefangene und der Sänger

Ich wallte mit leichtem und lustigem Sinn

Und singend am Kerker vorüber;

Da schallt aus der Tiefe, da schallt aus dem Thurm

Mir Stimme des Freundes herüber. –

„Ach Sänger! verweile, mich tröstet dein Lied,

Es steigt zum Gefangnen herunter,

Ihm macht es gesellig die einsame Zeit,

Das krankende Herz ihm gesunder.“

Ich horchte der Stimme, gehorchte ihr bald,

Zum Kerker hin wandt’ ich die Schritte,

Gern sprach ich die freundlichsten Worte hinab,

Begegnete jeglicher Bitte.

Da war dem Gefangenen freier der Sinn,

Gesellig die einsamen Stunden. –

„Gern gäb ich dir Lieber! so rief er: die Hand,

Doch ist sie von Banden umwunden.

Gern käm’ ich Geliebter! gern käm’ ich herauf

Am Herzen dich treulich zu herzen;

Doch trennen mich Mauern und Riegel von dir,

O fühl’ des Gefangenen Schmerzen.

Es ziehet mich mancherlei Sehnsucht zu dir;

Doch Ketten umfangen mein Leben,

Drum gehe mein Lieber und laß mich allein,

Ich Armer ich kann dir nichts geben.“ –

Da ward mir so weich und so wehe ums Herz,

Ich konnte den Lieben nicht lassen.

Am Kerker nun lausch’ ich von Frührothes Schein

Bis Abends die Farben erblassen.

Und harren dort werd’ ich die Jahre hindurch,

Und sollt’ ich drob selber erblassen.

Es ist mir so weich und so sehnend ums Herz

Ich kann den Geliebten nicht lassen.

Briefe zweier Freunde

An Eusebio

Vergib, o Freund! daß ich mit kind’scher Sprache,

Aus deines Herzens tiefem Heiligthume,

Akkorde leise nachzulallen wage,

Beim Höchsten aber schülerhaft verstumme.

Und reden möcht’ ich doch zu deinem Ruhme,

Vergib der Kühnheit, daß ich nicht verzage.

Den Sommer mein’ ich mit der Einen Blume,

Und Einen Strahl entwand ich nur dem Tage.

Doch die Natur in ihrer heil’gen Fülle

Sie offenbart sich ganz in jedem Handeln,

Das höchste Leben in der tiefsten Stille.

Erhascht’ ich einen Zug aus deinem Bilde,

Wie reichlich auch Gedanken in dir wandeln,

So bist du’s ganz in deiner frommen Milde.

An Eusebio

Mit Freude denk’ ich oft zurück an den Tag, an welchem wir uns zuerst fanden, als ich dir mit einer ehrfurchtsvollen Verlegenheit entgegentrat wie ein lehrbegieriger Laye dem Hohenpriester. Ich hatte es mir vorgesetzt, dir wo möglich zu gefallen, und das Bewustseyn meines eig’nen Werthes wäre mir in seinen Grundfesten erschüttert worden, hättest du dich gleichgültig von mir abgewendet; wie es mir aber gelang, dich mit solchem Maaße für mich zu gewinnen, begreife ich noch nicht; mein eigner Geist muß bei jener Unterredung zwiefach über mir gewesen seyn. Mit ihr ist mir ein neues Leben aufgegangen, denn erst in dir habe ich jene wahrhafte Erhebung zu den höchsten Anschauungen, in welchen alles Weltliche als ein wesenloser Traum verschwindet, als einen herrschenden Zustand gefunden; in dir haben mir die höchsten Ideen auch eine irrdische Realität erlangt. Wir andern Sterblichen müssen erst fasten und uns leiblich und geistig zubereiten, wenn wir zum Mahle des Herrn gehen wollen, du empfängst den Gott täglich ohne diese Anstalten.

 

Mir, o Freund! sind die himmlischen Mächte nicht so günstig, und oft bin ich mißmuthig, und weis nicht über wen ich es am meisten seyn soll, ob über mich selbst, oder über diese Zeit, denn auch sie ist arm an begeisternden Anschauungen für den Künstler jeder Art; alles Große und Gewaltige hat sich an eine unendliche Masse, unter der es beinah verschwindet, ausgetheilt. Unselige Gerechtigkeit des Schicksals! damit Keiner prasse und Keiner hungere, müssen wir uns alle in nüchterner Dürftigkeit behelfen. Ist es da auch noch ein Wunder, wenn die Ökonomie in jedem Sinn und in allen Dingen zu einer so beträchtlichen Tugend herangewachsen ist. Diese Erbärmlichkeit des Lebens, laß es uns gestehen, ist mit dem Protestantismus aufgekommen. Sie werden alle zum Kelch hinzugelassen, die Layen wie die Geweihten, darum kann Niemand genugsam trinken um des Gottes voll zu werden, der Tropfen aber ist Keinem genug; da wissen sie denn nicht was ihnen fehlt, und gerathen in ein Disputiren und Protestiren darüber. – Doch was sage ich dir das! angeschaut im Fremden hast du diese Zeitübel wohl schon oft, aber sie können dich nicht so berühren, da du sie nur als Gegensaz mit deiner eigensten Natur sehen kannst, und kein Gegensaz durch sie in dich selbst gekommen ist. Genug also von dem aufgeblasenen Jahrhundert, an dessen Thorheiten noch ferne Zeiten erkranken werden. Rückwärts in schönre Tage laß uns blicken, die gewesen. Vielleicht sind wir eben jetzt auf einer Bildungsstufe angelangt, wo unser höchstes und würdigstes Bestreben sich dahin richten sollte, die großen Kunstmeister der Vorwelt zu verstehen, und mit dem Reichthum und der Fülle ihrer poesiereichen Darstellungen unser dürftiges Leben zu befruchten. Denn, abgeschlossen sind wir durch enge Verhältnisse von der Natur, durch engere Begriffe vom wahren Lebensgenuß, durch unsere Staatsformen von aller Thätigkeit im Großen. So fest umschlossen ringsum, bleibt uns nur übrig den Blick hinauf zu richten zum Himmel, oder brütend in uns selbst zu wenden. Sind nicht beinahe alle Arten der neuern Poesie durch diese unsere Stellung bestimmt? Liniengestalten entweder, die körperlos hinaufstreben im unendlichen Raum zu zerfließen, oder bleiche, lichtscheue Erdgeister, die wir grübelnd aus der Tiefe unsers Wesens herauf beschwören; aber nirgends kräftige, markige Gestalten. Der Höhe dürfen wir uns rühmen und der Tiefe, aber behagliche Ausdehnung fehlt uns durchaus. Wie Shakespeare’s Julius Cäsar möcht’ ich rufen: „Bringt fette Leute zu mir, und die ruhig schlafen, ich fürchte diesen hagern Cassius.“ – Da ich nun selbst nicht über die Schranken meiner Zeit hinaus reiche, dünkt es dir nicht besser für mich, den Weg eigner poetischer Produktion zu verlassen, und ein ernsthaftes Studium der Poeten der Vorzeit und besonders des Mittelalters zu beginnen? Ich weis zwar, daß es mir Mühe kosten wird, ich werde gleichsam einen Zweig aus meiner Natur herausschneiden müssen, denn ich schaue mich am fröhlichsten in einem Produkt meines Geistes an, und habe nur wahrhaftes Bewustseyn durch dieses Hervorgebrachte; aber um Etwas desto gewisser zu gewinnen, muß man stets ein Anderes aufgeben, das ist ein allgemeines Schicksal, und es soll mich nicht erschrecken. Eins aber hat mir stets das innerste Gemüth schmerzlich angegriffen, es ist dies: daß hinter jedem Gipfel sich der Abhang verbirgt; dieser Gedanke macht mir die Freude bleich in ihrer frischesten Jugend, und mischt in all mein Leben eine unnennbare Wehmuth; darum erfreut mich jeder Anfang mehr als das Vollendete, und nichts berührt mich so tief als das Abendroth; mit ihm möcht’ ich jeden Abend versinken in der gleichen Nacht, um nicht sein Verlöschen zu überleben. Glückliche! denen vergönnt ist zu sterben in der Blüthe der Freude, die aufstehen dürfen vom Mahle des Lebens, ehe die Kerzen bleich werden und der Wein sparsamer perlt. Eusebio! wenn mir auch dereinst das freundliche Licht deines Lebens erlöschen sollte, o! dann nimm mich gütig mit, wie der göttliche Pollux den sterblichen Bruder, und laß mich gemeinsam mit dir in den Orkus gehen und mit dir zu den unsterblichen Göttern, denn nicht möcht’ ich leben ohne dich, der du meiner Gedanken und Empfindungen liebster Inhalt bist, um den sich alle Formen und Blüthen meines Seyns herumwinden, wie das labyrintische Geäder um das Herz, das sie all’ erfüllt und durchglüht.

Fragmente aus Eusebio’s Antwort

– Gestalt hat nur für uns, was wir überschauen können; von dieser Zeit aber sind wir umpfangen, wie Embryonen von dem Leibe der Mutter, was können wir also von ihr Bedeutendes sagen? Wir sehen einzelne Symptome, hören Einen Pulsschlag des Jahrhunderts, und wollen daraus schließen, es sey erkrankt. Eben diese uns bedenklich scheinenden Anzeigen gehören vielleicht zu der individuellen Gesundheit dieser Zeit. Jede Individualität aber ist ein Abgrund von Abweichungen, eine Nacht, die nur sparsam von dem Licht allgemeiner Begriffe erleuchtet wird. Darum Freund! weil wir nur wenige Züge von dem unermeßlichen Teppich sehen, an welchem der Erdgeist die Zeiten hindurch webt, darum laß uns bescheiden seyn. Es gibt eine Ergebung, in der allein Seligkeit und Vollkommenheit und Friede ist, eine Art der Betrachtung, welche ich Auflösung im Göttlichen nennen möchte; dahin zu kommen laß uns trachten, und nicht klagen um die Schicksale des Universums. Damit du aber deutlicher siehst, was ich damit meine, so sende ich dir hiermit einige Bücher über die Religion der Hindu. Die Wunder uralter Weisheit, in geheimnißvollen Symbolen niedergelegt, werden dein Gemüth berühren, es wird Augenblicke geben, in welchen du dich entkleidet fühlst von dieser persönlichen Einzelheit und Armuth, und wieder hingegeben dem großen Ganzen; wo du es mehr als nur denkst, daß alles was jetzt Sonne und Mond ist, und Blume und Edelstein, und Äther und Meer, ein Einziges ist, ein Heiliges, das in seinen Tiefen ruht ohne Aufhören, selig in sich selbst, sich selbst ewig umpfangend, ohne Wunsch nach dem Thun und Leiden der Zweiheit, die seine Oberfläche bewegt. In solchen Augenblicken, wo wir uns nicht mehr besinnen können, weil das, was das einzle und irrdische Bewustseyn weckt, dem äußern Sinn verschwunden ist unter der Herrschaft der Betrachtung des Innern; in solchen Augenblicken versteh’ ich den Tod, der Religion Geheimniß, das Opfer des Sohnes und der Liebe unendliches Sehnen. Ist es nicht ein Winken der Natur, aus der Einzelheit in die gemeinschaftliche Allheit zurück zu kehren, zu lassen das getheilte Leben, in welchem die Wesen Etwas für sich seyn wollen und doch nicht können? Ich erblicke die rechte Verdammniß in dem selbstsüchtigen Stolz, der nicht ruhen konnte in dem Schooß des Ewigen, sondern ihn verlassend seine Armuth und Blöße decken wollte mit der Mannigfaltigkeit der Gestalten, und Baum wurde und Stein und Metall und Thier und der begehrliche Mensch.

Ja, auch das o Freund! was sie alle nicht ohne Murren und Zweifeln betrachten mögen; das trübere Alter, ich verstehe seinen höheren Sinn jetzt. Entwicklen soll sich im Lauf der Jahre das persönliche Leben, sich ergötzen im für sich seyn, seinen Triumpf feiern in der Blüthe der Jugend; aber absterben sollen wir im Alter dieser Einzelheit, darum schwinden die Sinne, bleicher wird das Gedächtniß, schwächer die Begierde, und des Daseyns fröhlicher Muth trübt sich in Ahndungen der nahen Auflösung. – Es sind die äußeren Sinne, die uns mannigfaltige Grade unsers Gegensatzes mit der fremden Welt deutlich machen, wenn aber die Scheidewand der Persönlichkeit zerfällt, mögen sie immerhin erlöschen; denn es bedarf des Auges nicht, unser Inneres und was mit ihm Eins ist zu schauen; auch ohne Ohr können wir die Melodie des ewigen Geistes vernehmen; und das Gedächtniß ist für die Vergangenheit, es ist das Organ des Wissens von uns selbst im Wechsel der Zeiten. Wo aber nicht Zeit ist, nicht Vergangnes noch Künftiges, sondern ewige Gegenwart, da bedarfs der Erinnerung nicht. Was uns also abstirbt im Alter ist die Vollkommenheit unsers Verhältnisses zur Aussenwelt; abgelebt mögen also die wohl im Alter zu nennen seyn, die von nichts wusten als diesem Verhältniß. – So fürchte ich höhere Jahre nicht, und der Tod ist mir willkommen; und zu dieser Ruhe der Betrachtung in allen Dingen zu gelangen, sey das Ziel unseres Strebens. – Deutlich liegt deine Bahn vor mir, Geliebtester! denn erkannt habe ich dich vom ersten Augenblick unserer Annäherung, die, das Bewußtseyn wird mir immer bleiben, von Gott gefügt war; nie habe ich so das Angesicht eines Menschen zum erstenmal angesehen, nie solch Gefühl bei einer menschlichen Stimme gehabt; und dies Göttliche und Nothwendige ist mir immer geblieben im Gedanken an dich; und so weis ich auch was nothwendig ist in dir und für dich, und wie du ganz solltest leben in der Natur, der Poesie und einer göttlichen Weisheit. Ich weiß, daß es dir nicht geziemt dir so ängstliche Studien vorzuschreiben. Die großen Kunstmeister der Vorwelt sind freilich da, um gelesen und verstanden zu werden, aber, wenn von Kunst-Schulen die Frage ist, so sage ich, sie sind da gewesen jene Meister, eben deswegen sollen sie nicht noch einmal wiedergeboren werden; die unendliche Natur will sich stets neu offenbaren in der unendlichen Zeit. In der Fülle der Jahrhunderte ist Brahma oftmals erschienen, aber in immer neuen Verwandlungen; dieselbe Gestalt hat er nie wieder gewählt. So thue und dichte doch Jeder das wozu er berufen ist, wozu der Geist ihn treibt, und versage sich keinen Gesang als den mißklingenden. Doch zag’ ich im Ernste nicht für dich, die sterbende Kraft wird den, welchen sie bewohnt, nicht ruhen lassen; es wird ihm oft wehe und bange werden ums Herz, bis die neugeborne Idee gestillet hat des Gebährens Schmerz und Sehnsucht.

– Gestern lebte ich ein paar selige Stunden recht über der Erde, ich hatte einen Berg erstiegen, an dessen Umgebungen jede Spur menschlichen Anbaus zu Zweck und Nutzen verschwand; es ward mir wohl und heiter. Zwei herrliche Reiher schwebend über mir badeten ihre sorgenfreie Brust in blauer Himmelsluft. Ach! wer doch auch schon so dem Himmel angehörte, dachte ich da; und klein schien mir alles Irrdische. In solchen Augenblicken behält nur das Ewige Werth, der schaffende Genius und das heilige Gemüth; da dacht’ ich dein, wie immer, wenn die Natur mich berührt; oft gab ich dem Flusse, wenn der Sonne letzte Strahlen ihn erhellen, Gedanken an dich mit, als würden seine Wellen sie zu dir tragen und dein Haupt umspielen. Leb wohl, in meinen besten Stunden bin ich stets bei dir. –

An Eusebio

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