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Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

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Zu Beginn der sechsten Szene tritt der interessierte, angebliche neue Mann monologisierend auf (vv. 249–258). In Wahrheit ist es der Ehemann, der seine Frau sucht. Die ersten beiden Verse identifizieren die Figur:


Mein Fraw die ist heut gen marck gangen
250 Mit jrer Meyd, vnd thun vmbprangen.
Nun hat die Vhr schon neun geschlagen,
Wo thun sien tag im korb vmbtragen?
Ich meyn, sie hab der Teuffel hin,
Biß her ich noch vngessen bin,
255 Vnd ist noch kein funck Fewrs im Hauß,
Bin gleich vor zorn gelauffen auß;
Ich wil jr den Peter puff singen,
Thu ich sie heym zu Hause bringen.

Mit dem Dialog zwischen der Frau und der Magd, der einzig den Einkauf zum Thema hatte, sowie die ausführliche Beschreibung der Frau durch die Kupplerin stellt Sachs sicher, dass an dieser Stelle eine kurze Replik zur Identifikation der Figur ausreicht. Die analeptische Konstruktion über die verstrichene Zeit unterstützt diesen Ansatz. In logischer Folge wird deutlich, warum die Kupplerin den Ehemann trifft. Das in der Vorlage allein vom Zufall bestimmte Zusammentreffen von Kupplerin und Ehemann ersetzt Sachs durch die o.g. Konstruktion, die maßgeblich der Konfliktentwicklung dient.

Wie die Exposition des Fastnachtspiels setzt sich die Hinführung zur Peripetie aus einer Kette von drei Monologen zusammen. Den dritten Monolog der Kette, der auch der letzte des Fastnachtspiels ist, gestaltet Sachs wieder in Parallelität zu den vorhergehenden Zutrittsmonologen der Kupplerin. Auch hier kommt die Kupplerin zu dem bereits aufgetretenen Ehemann und liefert eine teichoskopische Beschreibung des von ihr ‚Auserwählten‘ (vv. 259–264):


Dort geht ein mann artlich gebutzt,
260 Der stets hin vnd herwider gutzt,
Samb er nach schoͤnen Frawen sech.
Ich wiln anredn mit worten spech,
Ob ich den in den kluppen brecht,
So stuͤnd der handel wol vnd recht.

Wie schon in der zweiten Teichoskopie ergibt sich aus der Beschreibung des Ehemannes eine Fremdcharakterisierung, aufgrund derer sich die Kupplerin entschließt, den Mann anzusprechen. Anders als im Fall der Frau verfügen die Rezipienten indes über den Informationsvorsprung, dass der Ehemann nicht nach Frauen Ausschau hält, sondern seine Ehefrau sucht. Dem Monolog kommt wesentlich die Funktion zu, dass die Kupplerin den für die Handlung entscheidenden Entschluss fasst, den Mann anzusprechen, der schließlich zum Höhepunkt, dem Zusammentreffen zwischen Ehefrau und Ehemann, führt.

In der Vorlage ist dieser Vorgang mit sieben Versen erheblich kürzer dargestellt. Dass die Kupplerin den Domherrn nicht finden kann, macht die Regieanweisung „Nu lauft die Kupplerin und sucht den Thumherrn und fand sein nicht pald.“ (S. 280 v. 1) deutlich. Fünf Verse später folgt die Information, dass es sich um den Ehemann der Frau handelt. Die Magd schaut aus dem Fenster und sagt „O frau, sie bringt furwar euren man.“ (S. 280 v. 7).

Wie schon der Handlungsumschwung und die Konfliktentwicklung aufgrund der Absage des Domherrn nicht in einen Monolog gefasst sind, so wird auch der zweite Umschwung, die ‚rettende Idee‘ für die Ehefrau, in der Bearbeitung nicht durch einen Monolog vermittelt. Sie erfolgt im Dialog der Frau mit der Magd, indem die Magd wie auch in der Vorlage der Frau rät, auf den Ehemann loszugehen und ihm Vorwürfe zu machen. Es ist demnach keine Ausnahme, dass in diesem Fastnachtspiel Monologe nicht direkt am aktionalen Punkt der Situationsveränderung, dem Ablauf der Handlung positioniert sind, sondern davor oder danach. Die Monologfunktion lässt sich hier eher der motivierenden Handlungsvorbereitung und Situationsentwicklung zuordnen.

Der Beginn ist durch drei aufeinanderfolgende Monologe geprägt, von denen die beiden ersten wesentlich der Figurenzeichnung dienen. Sie stellen, teilweise analeptisch konstruiert, enthüllend Motive und Absichten heraus und entwickeln so die figurenperspektivische Sicht für die Handlung.

Im Gegensatz zum vorreformatorischen Fastnachtspiel vermitteln hier die Monologe die Handlungsmotive der Figuren. Die Enthüllungen von Absichten, Selbstcharakterisierungen und die Darstellungen von Affekten basieren auf Stereotypen wie etwa ‚der seiner Ehefrau überdrüssige Mann‘, ‚die flatterhafte junge Frau‘ und ‚die verschlagene Kupplerin‘. Die dargestellten Motivationen dienen nicht komplexeren Figurenkonstruktionen,20 sondern der Handlungsbegründung.

Es stellt sich die Frage, weshalb Sachs Handlungsmotivierungen einfügte, obwohl die Vorlage die Handlung bereits verständlich darstellt. Ein mögliches Unverständnis seiner Rezipienten scheint als Begründung allein auch deshalb wenig plausibel, weil es hierfür keinerlei Belege gibt. Vielmehr ging es Sachs um den kausalen Aufbau der Spielrealität. Nicht der Zufall sollte Handlungsauslöser sein, sondern intentionale Entscheidungen der jeweiligen Figuren. Dieser Funktion lassen sich acht der zehn Monologe zuordnen.

Mit Ausnahme der Schlussszene, die rein dialogisch ist, bilden die Monologe im strukturellen Gefüge regelmäßig den Anfang oder das Ende einer Szene. Einen abgesetzten Schlussmonolog gibt es nicht. Monologe führen Zeitsprünge, Ortswechsel sowie Veränderungen der Figurenkonstellation ein. Da die letzte Szene auch hier eine Ausnahme bildet, ist davon auszugehen, dass Sachs grundsätzlich die Monologe zur strukturellen Gliederung funktionalisiert, zugleich aber Ausnahmen zulässt. Die drei Zutrittsmonologe inmitten der Szene dienen der teichoskopischen Beschreibung der auserwählten Personen und der Ankündigung, sie ansprechen zu wollen. Durch das Zurückgreifen auf denselben Monologtyp in der jeweils parallel gestalteten Situation – Kupplerin sieht ein potenzielles ‚Opfer‘ – werden den Rezipienten indes auch die Unterschiede in der Menschenkenntnis der Kupplerin vermittelt: Der Blick auf den Domherrn ist hier bestätigend, der auf die Ehefrau zweifelnd, denn es bedarf noch der Überredung durch die Magd, und hinsichtlich des Ehemanns wird ihre Menschenkenntnis ad absurdum geführt.

Sachs setzt bis auf den Überbrückungsmonolog alle strukturell-gliedernden Monologtypen ein. Neben der handlungsbezogenen und strukturierenden Funktion dienen einige Monologe hauptsächlich dazu, die Komik des Spiels zu verstärken bzw. Komikeffekte in das Fastnachtspiel zu integrieren, die es in der Vorlage nicht gibt.

Besonders deutlich ist dies an den letzten beiden Monologen der Kupplerin (vv. 241–248; vv. 259–264) zu sehen. Die Panik der Kupplerin „Potz Leber Hunr, wo muß ich nauß?“ (v. 241) bringt die Komik der Verzweiflung ins Spiel, erzeugt über das nun zentrale Handlungsproblem, einen neuen Mann finden zu müssen. Im Gegensatz zur Vorlage, in der die Komik durch verbale Attacken des anderen und Prügelszenen entsteht,21 greift Sachs auf Sprachkomik zurück, die die eigene Person und nicht mehr den Dialogpartner betrifft.

Als zweites Beispiel kann der Monolog der Kupplerin in der sechsten Szene (vv. 259–264) dienen. Darin ermöglicht das mehrperspektivische Wissen die Entstehung von Komik: Da die Rezipienten über einen Informationsvorsprung verfügen, der sie wissen lässt, dass es sich um den Ehemann der Frau handelt, den die Kupplerin sieht, weckt ihre Interpretation der Handlung des Hin- und Herschauens vor allem die Spannung der Rezipienten auf die Auflösung dieses Irrtums und auf die Bloßstellung der Intrigantin.22 Die noch zuvor in der Beschreibung des Domherrn und teilweise der Frau treffende Menschenkenntnis der Kupplerin versagt nun.

Neben der Vermittlung von Figurenperspektiven, die dem logischen Handlungsaufbau dienen, liegt die Funktion einzelner Monologe zudem in der Entwicklung bzw. Verstärkung von Komik. Der Handlungsgang ist auf das ‚Spiel mit der Intrige‘ bzw. des ‚betrogenen Betrügers‘23 ausgerichtet und etabliert dadurch im Gegensatz zum vorreformatorischen Fastnachtspiel eine neue Form der Komik.

Der durch den Monolog vermittelte dramaturgische Anspruch von Sachs liegt vor allem in der Handlungsmotivierung. Sind die Figuren auch nicht weniger gut oder schlecht gezeichnet als in der Vorlage, erscheint ihr Handeln gleichwohl wesentlich kausal begründet. Die Handlungslogik ist hier immer zugleich Verständnishilfe für die Rezipienten, weil die monologisierenden Figuren selbst das Verständnis der Handlung mittels Erläuterungen und Kommentierungen des eigenen und fremden Handelns fördern. Für die Komik der Intrige ist dies eine notwendige Vorausetzung.

 

Die von Sachs ausgeführten dramaturgischen Änderungen lassen schließlich danach fragen, wie er zur Beherrschung der vorgestellten dramatischen Technik gelangen konnte. Eine Analyse der Monologe in den Tragedis und Comedis aus den Jahren 1527–1549 und deren Vorlagen soll hierauf Antworten geben.

Teil B: Poetologiehistorische Untersuchung

Von 1517–1549 dichtete Hans Sachs insgesamt 19 Fastnachtspiele, von denen bereits einige kurze Monologe aufweisen. Funktionalisierungen, wie in der Typologie dargestellt, finden sich wiederkehrend erst in den Fastnachtspielen ab 1550. Von den insgesamt 347 Monologen lassen sich nur sieben in Fastnachtspielen vor 1550 nachweisen.

Neben dem Fastnachtspiel erweiterte Sachs sein Werk um zwei ‚neue‘ dramatische Gattungen, die Tragedis und Comedis, die er ab 1527 zu dichten begann. In diesen 28 Schauspielen finden sich Monologe bereits in großer Zahl, zeitlich gesehen also vor ihrer extensiven Verwendung in den Fastnachtspielen. Die Tragedis und Comedis sind nach Vorlagen gedichtet, bei denen es sich bis 1536 vor allem um neulateinische und antike handelt, nach der Schaffenspause von neun Jahren ab 1545 vor allem um das Dekameron. Ihre enorme Bedeutung für die Entwicklung der Dramen- und Monologtechnik von Sachs zeigt sich anhand der folgenden Nachzeichnung des poetologischen Aneignungsprozesses.

In einem ersten Schritt ist hierfür auf die Bedeutung der Begriffe Tragödie und Komödie, wie sie in der Frühen Neuzeit galten, einzugehen, um das poetologische Verständnis der neulateinischen Dichter zu verdeutlichen. Danach wird gefragt, inwiefern das zeitgenössische Begriffsverständnis von Komödie und Tragödie für Sachs eine Brückenfunktion für die Entwicklung seines eigenen Dramenverständnisses bereit stellte, mithin sein Gattungsverständnis in den vorfindlichen Konturen als Ausdruck einer produktiven Rezeption der Angebote der humanistischen Gelehrtenkultur literarhistorisch zu begreifen ist.

In einem zweiten Schritt ist die in den Fastnachtspielen verwendete Monologtechnik auf ihren möglichen poetologischen Aneignungsprozess durch Sachs zu befragen. Hierfür erfolgt unter Verwendung der Monologtypologie, die anhand der Fastnachtspiele erstellt wurde, eine Durchsicht der zeitlich vorgelagerten Schauspiele. Auf diese Weise lässt sich darstellen, inwieweit die von Sachs in den Fastnachtspielen verwendete autokommunikative Gedankenrede mit seiner Rezeption und Auseinandersetzung in den Bearbeitungen von Vorlagen der Tragedis und Comedis korrespondiert.

Zu fragen ist insbesondere, inwiefern sich Sachs Varianten des Monologs aus den Vorlagen aneignete und nachbildete oder darüber hinaus eigenständige Formen an neuen Stellen oder in modifizierter Form in seine Bearbeitungen einfügte. Diese Nachzeichnung eines poetologischen Entwicklungsprozesses als Tiefenanalyse, der Aufnahme und Verständnis ebenso umfasst wie Anwendungen und Modifikationen, erfolgt chronologisch. Es werden zunächst die Werke aus den Jahren 1527–1536 betrachtet, die auf antiken und neulateinischen Quellen beruhen. Anschließend werden für den Zeitraum 1545–1549 die Rezeption und Nachdichtung des Dekameron und die Menaechmi-Bearbeitung betrachtet.

Um einer Antwort auf die Frage näher zu kommen, wie sich der poetologische Aneignungsprozess für die nachgewiesenen Monologtechniken der Fastnachtspiele darstellt, wird im dritten Schritt die Übertragung von Dekameron-Novellen in dramatische Texte analysiert. Weiterführend wird untersucht, inwiefern die Übertragung der Erzählinstanz in dramatische Figurenrede Grundlagen für den Einsatz des Monologes bereit gestellt hat.

Zu fragen ist insbesondere nach einer Funktionalisierung der autokommunikativen Gedankenrede für eine dramaturgisch schlüssige Präsentation von Handlungssituation und Handlungsgang, die es Sachs ermöglichte, einen Handlungsaufbau nach „anfang, mittel und endt“ zu strukturieren. Dieser vierte Schritt führt den Bogen der Untersuchung über die in der Typologie benannten strukturellen und handlungsbezogenen Kategorien hinaus. Mit der Analyse des Monechmo wird schließlich die Aneignung von Elementen zur Präsentation von Komik und die Entwicklung der schwankhaften Handlungskonstruktion in den Fastnachtspielen verdeutlicht.

Diese „poetologiehistorische“ Untersuchung sieht Sachs als einen Autor, der rezipierend und produzierend in einem literarhistorischen Produktions- und Bildungsprozess stand. Der Monolog fungiert in dieser analytischen Sicht- und Vorgehensweise als ein Gelenkstück für die Entwicklung der Dramentechnik und für das Verständnis von Schauspielen als Tragödie bzw. Komödie.

1 Gattungsverständnis in der humanistischen Gelehrtenkultur
1.1 Komödie

Das Verständnis von Komödien ging in der Frühen Neuzeit maßgeblich auf Auseinandersetzungen mit Dramen von Terenz zurück, der mit der Wiederentdeckung des Kommentars von Aelius Donatus1 1433 in Italien und spätestens 1456 in Deutschland ins Zentrum des gelehrten Interesses rückte. Als Peter Luder 1456 an der Universität Heidelberg seine Inauguralrede hielt, hob er den didaktischen Wert der Poesie im Allgemeinen und den der Komödien des Terenz im Besonderen hervor.2 Seine ein Jahr später gehaltene Terenz-Vorlesung, in der er gleichfalls den didaktischen Nutzen betont, war so erfolgreich, dass er sie in Erfurt und Leipzig wiederholte.

Luder, wie auch Donat in De Comoedia, stützt seine Argumentation auf Ciceros Lob der Komödie als Spiegel der Sitten und Charaktere.3 Donat führt aus:

Die Komödie ist eine Geschichte, die verschiedene Darstellungen von Leidenschaften von Bürgern und Privatleuten beinhaltet, aus denen man lernt, was im Leben nützlich und andererseits zu meiden sei. […] Cicero sagt, die Komödie sei eine Nachahmung des Lebens, ein Spiegel des Alltags, ein Abbild der Wahrheit.4

Der von Donat formulierte Anspruch an die Komödie, ein Spiegel der Sitten zu sein, war das Hauptargument für Luther und Melanchthon, das Theaterspiel im Verlauf der Reformation zu legitimieren, ermöglicht es doch eine Nachahmung des Lebens und, bei entsprechender Lesart, die Vermittlung moraldidaktischer Inhalte. Neben solcherart Vermittlung trat die universitäre Grammatik- und Rhetorikschulung, eignen sich Komödien doch bestens für die lateinische Sprachausbildung.5

Der didaktische Ansatz im Zugang zum Drama fand schließlich ab dem 15. Jahrhundert seine Umsetzung in der Dramenproduktion. Er war in der Frühen Neuzeit ein wesentlicher Zweck der Dramendichtung. Vor diesem Hintergrund sind auch die Werke von Sachs als Teil eines literarhistorischen Gesamtprozesses zu sehen.

Die Komödie nahm möglicherweise gegenüber der Tragödie in der Frühen Neuzeit eine bevorzugte Stellung ein, weil die Rede vom Drama als Spiegel der Sitten, das eine Besserung des Menschen bewirke, nur die Komödie betrifft. Die Ausnahmestellung von Terenz unter den antiken Dramendichtern spiegelt sich nicht nur bei Donat und Luder, sondern auch im ersten Druck eines antiken Autors und der ersten deutschen Übersetzung wider: 1470 wurde in Straßburg eine Terenzausgabe gedruckt und 1486 übersetzte Hans Neidhart den Eunuchus ins Deutsche. Die mit Anmerkungen versehene Übersetzung wurde ohne große Veränderung, insbesondere ohne Versifikation, sondern unter Beibehaltung der Prosa in die Grüninger-Ausgabe von 1499 übernommen.6

Die Besonderheit von Neidharts Übersetzung ist die ausführliche Kommentierung des Stückes, die auch dramentheoretische Aussagen zum Aufbau von Komödien liefert. Dies ist hervorzuheben, da Neidharts Text mit Sicherheit Sachs bekannt war und als Vorlage für seine Comedi Von der bulerin Thais und iren zweyen bulern, dem ritter Thraso und Phoedria diente.7

Neidhart stellt seinen Erläuterungen zur Komödie ein Vorwort und ein doppeltes argumentum voran. Er gibt nicht nur für die Komödie im Allgemeinen, sondern auch für ihre einzelnen Bestandteile sowie für das argumentum Erläuterungen. Um die Lektüre des Dramas zu erleichtern, geht er zu einer Erklärung des Begriffes comoedia über, den er als dem Leser unbekannt einstuft, denn es bestehe eine „grosse notturfft“, ihn zu erklären.

Ähnlich wie schon Donat bezieht sich Neidhart auf Ciceros Lob der Komödie als Spiegel der Sitten und der Wahrheit und hebt in gleicher Weise den didaktischen Nutzen hervor. Mit der etymologischen Erläuterung des Wortes comoedia ordnet er die Figuren dem mittleren Stand zu. Die Komödie sei in vier Teile gegliedert: (a) der Vorrede („Methaplasmus“) folgen (b) der Anfang und eine Aufzählung der Verwicklungen, so dass das Volk neugierig werde („Prothesis“), woraufhin (c) die Konflikte sich so zuspitzten, dass alle betrübt seien („Epenthesis“), aber am Ende (d) die Betrübnis sich zu einem glücklichen Ausgang wende („Paragoge“). Diese vier Teile werden in fünf Akten untergebracht.8

Im weiteren Verlauf der Kommentierung findet sich eine Differenzierung zwischen Dialog und Monolog, indem Neidhart darauf verweist, dass „man verstan soll welche person in ainer yeden geschicht rede. Es seie das ir lützel oder vil darinn mit ainander reden. Oder es rede ain person mit ir selb.“9 Wie ein Monolog gestaltet sein sollte, erörtert er nicht.

Da eine didaktische Dichtungsintention für nahezu alle frühhumanistischen Dichter zutrifft, ist es keine Überraschung, dass Albrecht von Eybs Abhandlung zur Komödie, die er zwar 1472 und damit vor Neidhart geschrieben hat, die aber erst 1511 gedruckt wurde, ebenfalls im Zusammenhang mit einer Tugendlehre steht. Die Übertragung der Komödien Menaechmi und Bacchides von Plautus und die damit einhergehenden allgemeinen Äußerungen zur Komödie wurden dem Spiegel der Sitten, einer Tugend- und Ständelehre, angefügt und dienen als Beispiele für „falsches Handeln“, d.h. die Plautus-Übertragungen erschienen nicht unabhängig, sondern in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Spiegel der Sitten.10

Eyb wollte keine Übersetzungen antiker Dramen leisten, weshalb er, ähnlich wie Sachs, die Handlung nicht nur christianisierte, sondern auch antike Namen, Sprichwörter und Amtsbezeichnungen durch frühneuzeitliche ersetzte.11

Mit dem Spiegel der Sitten und Neidharts Übersetzung und Kommentierung des Eunuchus liegen zwei Texte vor, die Sachs als Vorlage nutzte und in denen sich theoretische Ausführungen zum Aufbau der Komödie finden. Beide schließen aus der Etymologie auf das Personal der Komödie, wenngleich Eyb daraus eine Ständeklausel ableitet und die Struktur weniger ausführlich als Neidhart beschreibt: Am Beginn und in der Mitte ist sie traurig und zum Ende wendet sie sich ins Positive. Stuplich bemerkt dazu: „Der didaktische Nutzen der Komödie liegt nun darin, daß diese ‚widerwertikait‘ und die ‚verkerten sitten der menschen‘ spielerisch entlarvt und damit angeprangert werden.“12

Der von Eyb ins Deutsche übertragene Plautus ist neben Terenz der zweite wichtige Dichter der Palliata, wenngleich er hinter diesem – vor allem im Schulunterricht – weit zurückstand. Auch für Sachs, der eine der vier Nürnberger Lateinschulen von 1501–1509 besucht hat, dürfte Terenz schon im Schulunterricht präsent gewesen sein.13 So könnte er, wenn auch nicht explizit Dramentechniken, zumindest Latein mit Dramen von Terenz erlernt haben.14