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Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels

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Zum gegebenen Zeitpunkt ist als Konflikt angedeutet, dass Engelhart die Nacht mit Rosimunda verbringen will, ihr aber nicht eheliche Ehre garantieren kann. Durch diese Andeutung bereitet der Monolog auf eine Handlungslogik vor, die zu einem typischen, aus Buhlerei und Kupplerei entstehenden Konflikt zu führen scheint.

Durch den Szeneneinschnitt dient der Monolog handlungsbezogen dem Schauplatzwechsel. Die Magd hatte in der vorangehenden Szene angekündigt, sich zu Engelhart zu begeben; sein Auftritt vermittelt indirekt den Ortswechsel. Während diese Funktion gegenüber der Entüllung sekundär ist, ist es im szenenbeschließenden reflektierenden Abgangsmonolog Engelharts (vv. 113–115) genau umgekehrt:


Das Gluͤck mir nie so hell erschein;
Ich frew mich zu reden mit der,
115 Zu der steht meins Hertzen beger.

Die Funktion besteht allein darin, eine Zeitaussparung anzudeuten und den Wiederauftritt der Magd zu Beginn der dritten Szene zu ermöglichen. Ihr Auftrittsmonolog (vv. 116–131) liefert einen Bericht über Rosimundas Treffen mit Engelhart in der Kirche, das die Magd arrangiert hatte. Sie legt ihre Absicht offen, aus der Verkupplung Gewinn schlagen zu wollen:


Mein Fraw dahin gen Kirchen tritt
Vnd doch von betens wegen nit,
Sonder daß vberkommen kan
Ein Bulen oder ein Ehmann.
120 Gschech welches woͤl, sol mir darinnen
Mein Spieß, ob Gott wil, nit abbrinnen.
Ich hoff, es werd mir armen Annen
Daruon ein strich auch durch die Pfannen;
Ich hab schon auff die sach ein Thaler,
125 Der Junckherr wirt auch seyn mein zaler
Vmb ein Peltz auff das Newe Jar.
Darumb kein muͤh noch fleiß ich spar,
Dem Junckherrn zu gehn auff dem Seyl,
Villeicht wird darauß gluͤck vnd heyl.
130 Dort kombt mein Fraw wider zu Hauß,
Hat jr sach bald gerichtet auß.

Handlungsbezogen wird eine Ellipse der Szenenpause analeptisch vermittelt, in der ein Ortswechsel stattgefunden hat und Zeit vergangen ist, denn das Treffen zwischen Engelhart und Rosimunda ist anberaumt und findet während des Monologs verdeckt statt. Um dies zu veranschaulichen, nutzt Sachs die Teichoskopie: Die Magd schildert eingangs kurz, wie Rosimunda zur Kirche geht, und am Ende ihrer Rede, wie die Herrin zurückkehrt. Damit ist das Treffen als eigenständige Szene eingespart und die Handlung schneller zum Konflikt geführt. Dass es Rosimunda während des Monologs tatsächlich möglich gewesen wäre, in die Kirche zu gehen und dort Engelhart zu treffen, ist auszuschließen. Insofern dient Sachs dieser Auftrittsmonolog der Zeitraffung. Diese Funktion ordnet er in den meisten Fällen dem Überbrückungsmonolog zu. Figurenbezogen wird das Anliegen der Magd deutlich, aus der Verkupplung materiellen Gewinn zu erlangen.

In den ersten Monologen der drei Figuren hat Sachs die handlungsleitenden Intentionen sichtbar gemacht. Rosimunda möchte ihre eheliche Ehre wahren. Nur unter dieser Bedingung will sie einen Mann zur Nacht treffen. Engelhart dagegen kann Rosimunda nicht heiraten, möchte aber um jeden Preis eine Liebschaft mit ihr. Die Magd wiederum erhofft sich einen neuen Pelz und verkuppelt deshalb Rosimunda mit Engelhart. Die Monologe machen das Konfliktpotenzial deutlich, das in der stereotypen Figurenkonzeption liegt: Die einsame Witwe trifft auf den jungen Herrn; beide sind grundsätzlich für eine Liebschaft offen; die Magd tritt als Gelegenheitskupplerin auf und treibt die Liebschaft voran.

Im Verlauf der dritten Szene findet die Aufarbeitung des Treffens zwischen Engelhart und Rosimunda statt, die als Dialog zwischen der Magd und Rosimunda gestaltet ist. Rosimunda berichtet, dass Engelhart ihr ewige Treue geschworen, nicht aber die Ehe angetragen habe. Er wolle dennoch bei ihr schlafen, habe sogar 20 Dukaten angeboten; auf all dies könne sie sich keinen Reim machen. Auf den Rat der Magd hin will sie sich auf das Abenteuer einlassen, sofern es heimlich geschehe. Im Abgangsmonolog (vv. 170–177) wiederholt Rosimunda ihren Wunsch auf Wahrung ihrer Ehre:


170 Nun ich wag die gefehrlich that.
Gluͤck, hilff du, daß es wol gerhat!
Der Gsell ist je Ehrbar vnd frumb
Vnd hat ein gut lob vmb vnd vmb
In Teutschen vnd in Welschen Landen,
175 Hoff je, er mach mich nit zu schanden.
Ich wil gen warten auff die ding,
Was mein meyd fuͤr gut bottschafft bring.

Durch die zunehmende Angst Rosimundas vor einem möglichen Ehrverlust arbeitet Sachs die Figurenzeichnung weiter aus. Zugleich bestätigt er nochmals den Informationsvorsprung der Zuschauer. Doch schon den folgenden Monolog setzt Sachs dramaturgisch so geschickt, dass dieser den Informationsvorsprung zunächst erschüttert.

Nach Rosimundas Abgangsmonolog bekommt Engelhart mit einem vergleichsweise langen Auftritt-Abgangs-Monolog (vv. 178–211) eine eigene Szene. Klagend („Ach du walzent unstetes Glück“, v. 178) berichtet er, dass er mit seinem Herrn am nächsten Tag in „das Welschland“ (v. 190) reisen muss. Er kann sich deshalb nicht, wie verabredet, mit Rosimunda treffen und fürchtet, vor ihr als ehrloser Maulheld dazustehen und nicht nur die Angebetete, sondern auch das investierte Geld zu verlieren. Er wartet auf die Magd, weil er ihr die Umstände seiner Verhinderung erklären möchte, muss aber unverrichteter Dinge gehen:


Ach du waltzent vnstetes Gluͤck,
Wie wendst du mir so bald den ruͤck!
180 Mir ist zu gsagt, vnd bin gewert
Alls was mein Hertz lang hat begert,
Heint vmb drey solt ich zu der zarten
Kommen, allda sie mein woͤll warten.
Nun geht mir all mein freud zu grund;
185 Wann jetzung ist zu diser stund
Mein Herr kommen von Augspurg her
Vnd ist sein meynung vnd beger,
Ich sol jm heint gantz Rechnung thon;
Wann morgen fruͤ muß ich daruon
190 Mit jhm reitten in das Welschland.
Ach Gluͤck, wie machest mich zu schand
Gen der Hertz allerliebsten mein!
Sie wird gedencken, ich werd sein
Ein Gsell von worten, falschem Hertzen,
195 Nun thu ich auff einmal verschertzen
All jr lieb, gunst vnd huld verlieren;
Was ich mit diensten vnd hofieren,
Mit grossem kost zu wegen bracht,
Geht alls dahin auff dise Nacht.
200 Gsih jr auch etwann nimmermehr.
Das krenckt mich herzlich also sehr.
Ach, daß doch gieng jr Meyd herauß
Wie ander abendt, auß dem Hauß,
Daß ich jr mein vnschuld zeygt an,
205 Warumb ich heint nicht kommen kan,
Und von der Frawn mir vrlaub noͤmb,
Biß ich mit gluͤck herwider koͤmb,
Daß vnser lieb sein blieb auffricht.
Nun ich kan lenger warten nicht;
210 Wann ich muß bey meim Herren sein
Und legen jm die Rechnung mein.

Trotz der affektiven Bekundung, Rosimunda weiterhin zu lieben, bildet der Monolog den ersten Wendepunkt in der Handlung, der einige bemerkenswerte Merkmale aufweist. Der Abgang Engelharts erschüttert die gesamte bisher aufgebaute Handlungslogik, da nun mit dem Buhler eine Hauptfigur für das Spiel um die Buhlerei fehlt. Dies erinnert zwar an die Absage des Domherrn im Fastnachtspiel G 57, doch die Information über die veränderte Situation fehlt. Dieser Bruch macht eine Vermittlung über den Monolog erforderlich, die in dieser Form in anderen Fastnachtspielen nicht notwendig war. Auch die Erwartungshaltung der Rezipienten läuft mit dem Aufbrechen des traditionell-typischen Handlungsgangs ins Leere. Es kommt mithin zu einer Situationsveränderung, die mehrfache Diskrepanzen für den Informiertheitsgrad schafft, aber immer noch einen Vorsprung der Rezipienten aufrecht erhält. Bemerkenswert ist, dass die Informationslücke, die Technik eines gap of communication, für die zentrale Handlungssequenz des Spiels die Grundlage bildet.

 

Es folgen nun weitere sieben Monologe aufeinander, die zweimal durch Ansprachen der Magd an Conrad, ihr zu folgen, unterbrochen sind, insgesamt aber das Verwechslungsspiel bilden. Nach dem Abgang Engelharts erscheint zunächst die Magd mit einem weiteren Auftritt-Abgangs-Monolog (vv. 212–217):


Nun die Glock wird drey schlagen schir,
Mein Fraw hat heut befolhen mir,
Daß ich da in dem Thennen wart
215 Auff vnsern Junckherrn Engelhart,
Vnd so bald ich jn draussen spuͤr,
So wil ich oͤffnen jm die Thuͤr.

Der Monolog zeigt nicht nur an, dass Zeit vergangen und mittlerweile die Nacht weit fortgeschritten ist, sondern vor allem, dass die vereinbarte Uhrzeit („Nun die Glock wird drey schlagen schir“, v. 212) für das Treffen gekommen ist. Die Magd berichtet über den Auftrag der Herrin, den sie zeitgleich ausführt: Sie ist, wie befohlen, auf dem Posten im Hausflur, um Engelhart durch die Hintertür ins Haus zu lassen, sobald dieser sich draußen bemerkbar macht.

Der zuvor reduzierte Informationsvorsprung der Rezipienten wird nun, stärker als zuvor, wieder hergestellt. Die Unkenntnis der Figuren über die Situationsveränderung ist offensichtlich. Die Kürze des Auftritts der Magd reicht aus, um diesen Effekt zu erzielen und den wichtigen Übergang zum zweiten Wendepunkt zu schaffen, der durch den unvermittelten Auftritt des Bettlers Conrad erfolgt.

Sein Auftrittsmonolog (vv. 218–245) dient der Vorstellung der Person. Es handelt sich um eine typische Selbstcharakterisierung, die die Figur ohne Namensnennung als Bettler identifiziert:


Es ist mir heut gleich wol gelungen,
Ich hab vil Partecken ersungen;
220 Auch ist mir wordn drey Hellr darbey
Vnd ein kalt stuͤck fleisch oder zwey
Vnd ein Hasen mit sawren Krawt,
Das wil ich schmieren in mein Hawt;
Wo mir dasselb nit wil erklecken,
225 Keil ich darzu nein vier Partecken
Vnd thu darnach zum Brunnen gehn,
Thu darauff ein trunck oder zwen,
So wird mir denn im Bauch dest baß.
Denn schleuff ich in das leer Weinfaß,
230 Darinn find ich ein stro allwegen,
Lig sicher drinn vor Wind vnd Regen,
Hab drinnen weder Ratzn noch Meuß.
Doch peyning mich die Haderleuß,
Der hab ich drinnen manche Rott
235 Gemustert vnd kuͤtzelt zu todt.
Die Kammer fuͤgt mir wol vnd eben,
Drauß darff ich kein schlaffpfennig geben,
Hab nun darinn gehaust fuͤrwar
All nacht, fast auff ein halbes Jar.
240 Int Schul so geh ich bey dem tag
Vnd den Leuten vmb lohn Holtz trag,
Lauff auch herumb nach den Partecken
Die gantz Statt auß, all winckl vnd ecken,
Darmit ich mein Nahrung erjag.
245 Das ist mein Kauffmanschatz all tag.

Die externe Analepse dient der Beschreibung der bisherigen Tätigkeiten im Tagesverlauf, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet und fortwährend mit „Haderleuß“ kämpft. Zur Bekräftigung der Identifikation dient der „Parteckensack“ als Requisit.11

Der Monolog führt die Figur der Verwechslungshandlung ein, wenn Conrad beschreibt, wie er schon seit einem halben Jahr in einem leeren Weinfass wohnt und sich nun auch wieder in das Fass legen will. Sachs hat den Verweis auf das Fass zuvor mehrfach in die Dialoge zum Ablauf des Treffens eingebaut, so dass die Rezipienten eine Ahnung von der sich anbahnenden Verwechslung bekommen können. Damit wird die Komik wie in der Menaechmi-Bearbeitung und den bereits analysierten Fastnachtspielen unterstützt und die Spannung auf die Frage gelenkt, ob die Magd den Bettler für Engelhart hält. Der vorläufige Höhepunkt folgt im anschließenden Monolog (vv. 246–249), in dem die Magd über die Stimme vor der Tür reflektiert. Hier hält sie Conrad für Engelhart:


Ich hoͤr was vor der Thuͤr vmbzaufen,
Ich glaub, der Junckherr sey schon drausen.
Er ists vnd wider sich selbst redt,
Schir ich jhn vberhoͤret hett.

Indem die Magd erklärt, eine Stimme vor der Tür zu hören, spielt sie in ihrem Monolog auf die Rede des Bettlers an. Sachs lässt hier also, simultan präsentiert, einen Monolog auf einen anderen bzw. auf das von diesem verursachte Geräusch Bezug nehmen, um damit die Verwechslung deutlich zu machen. Die Rezipienten haben durch ihre überlegene Position in der Informationsstruktur den Überblick über die Missverständnisse, sodass die wiedergegebenen Gedanken komisch wirken.

Nachdem die Magd den Bettler Conrad in das Haus geführt hat, lässt sie ihn allein und er reflektiert in einem Überbrückungsmonolog (vv. 256–275) über seine Situation. Er realisiert – wie der fremde Lutz im Monechmo –, dass die Magd ihn für einen anderen Mann hält und beschließt sein Glück zu finden, indem er die Verwechslung nicht aufdeckt:


Was wil werden auß dieser sach?
Als mich die Koͤchin drauß ansprach,
Dacht ich, sie wuͤrd mir ein suppn geben;
Die hett mir wol gefuͤget eben;
260 Wann ich jn drey tagen kein warmen
Bissen hab gessen, gleich den Armen
Pachanten. Sos mich bringt an Thennen,
Thut mich die Koͤchin Junckherr nennen
Und heisset mich da stille stahn,
265 Sie woͤlls der Frawen zeygen an.
Derhalben mir gwißlich einfellt,
Daß sie mich fuͤr ein andern helt.
Ich merck wol, die stickfinster Nacht
Hat mich so vnbekandt gemacht.
270 Ich wil jr folgn in allem stuͤck,
Wer weiß, wo mir das blind Geluͤck
Gibt, das eim andern ist beschaffen.
Schluͤg ichs auß, thet ich gleich eim Affen.
Darumb so wil ich nemen an,
275 Was mir das waltzent Glucͤk vergan.

Sein Entschluss, die Situation nicht aufzudecken, vollendet die Peripetie und deutet auf die sich anbahnende ‚Katastrophe‘ für Rosimunda hin. Es zeichnet sich ab, dass ihr zögerliches Eingehen auf ein Schäferstündchen in der Hoffnung, dies durch ein anschließendes Eheversprechen ehrenvoll zu bestehen, scheitert. Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass Sachs die aktionale Struktur, in die die Monologe eingebettet sind, nicht durch retardierende Reflexionen unterbricht, sondern die Verwechslung ‚unkommentiert‘ ihren Lauf nehmen lässt. Er unterstützt bzw. untermalt die Situation lediglich mittels Wortkulisse: Durch die Beschreibung der Dunkelheit mit „stickfinster Nacht“ (v. 268) imaginiert Sachs für die Rezipienten das Bild der Dunkelheit und macht damit deutlich, warum die Magd Engelhart visuell nicht von dem Bettler unterscheiden kann. Wie der Monolog der Magd zu Beginn der dritten Szene (vv. 116–131) zeigt, geht es ihr vornehmlich um den Gewinn, den sie aus der Verkupplung erzielen kann. Diese Figureneigenschaft macht es umso plausibler, dass sie den Bettler in das Haus lässt, obwohl er eine andere Stimme hat.

 

Ebendieses handlungsleitende Motiv der Magd bestätigt ihr Auftritt-Abgangs-Monolog (vv. 282–295) noch einmal, nachdem sie Conrad zu Rosimunda gebracht hat:


Von dieser Kirchweyh ich gedenck
Zuerobern ein gute schenck;
Wann ich hab zwischen beyden Lieben
285 Den Beren je trewlich getrieben.
Der Juncker aufft bulschafft meint gangen,
Er wird gwiß in der Schrentz behangen
Meiner Frawen mit einem Fuß,
Daß ers zu der Eh haben muß.
290 Sie wird deß listles mit jhm spielen,
Thet jhm vergebens nicht zu jhr zielen.
Nun ich wil mich gehn legen nider,
Daß ich moͤge erwachen wider
Vor tags, daß ich den Juckherrn fuͤhr
295 In der finster fuͤr die Haußthuͤr.

Handlungsbezogen überbrückt die Rede der Magd die Zeit, in der Conrad bei Rosimunda weilt, denn anschließend begleitet sie diesen wie angekündigt noch im Dunklen wieder hinaus. Die Reflexion dient der erneuten Versicherung, dass ihre Herrin die Ehre wahren möchte, denn sie glaubt, dass diese Nacht sicherlich zum Eheversprechen führt.

Als die Magd Conrad aus dem Haus geleitet und er sich an ihr festhalten muss, mahnt sie ihn, aus Angst, der Knecht könne erwachen, zur Ruhe und Vorsicht. Die insgesamt schon komische Situation spitzt sich weiter zu, als Conrad der Almosensack, von dem er behauptet, es sei sein Degen, entgleitet und die Treppe hinunter poltert. Erst nachdem der Bettler das Haus verlassen hat, beschließt die Magd, im Auftritt-Abgangs-Monolog (vv. 308–313), ein Licht zu holen – bezeichnenderweise mit dem Ziel, den Degen zu suchen, ihn zu verstecken und Geld von Engelhart für die Herausgabe zu erpressen:


Nun ist mit gluͤck der Junckherr drauß.
Ich wil gehn hinab in das Hauß
310 Mit eim Liecht, suchen den Disecken,
Ihn heymlich hinders Holtz verstecken,
Der muß mir auch ein Trinckgelt tragen
Bey dem Junckherrn in kurtzen tagen.

Für Sachs bietet sich hier mit Hilfe der Figureneigenschaft Geldgier die Möglichkeit, mittels Monolog die Figur die Verwechslung entdecken zu lassen. Ohne diesen Charakterzug wäre die Entdeckung, nach der es sich nicht um einen ‚Junckherrn‘, der einen Degen bei sich führt, sondern um einen Bettler mit Almosensack handelt, nicht kausal erklärbar. Mit der Entdeckung des Almosensacks kann die Magd den Verdacht ihrer Herrin, wonach etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, bestätigen. Diesen Verdacht äußert Rosimunda zu Beginn der letzten Szene in einem Auftrittsmonolog (vv. 314–317):


Mich duͤnckt, die sach geh nit recht zu;
315 Ich hab auch weder rast noch rhu,
Biß auf den rechten grund ich kumb.
Da kombt mein Ann, die frag ich drumb.

In erster Linie ermöglicht der Monolog eine Zeitverzögerung, in der die Magd durch verdecktes Handeln den Almosensack finden kann. Daneben dient er der Vorbereitung auf die Entdeckung eines fatalen Irrtums und leitet die Informationskongruenz von Figuren zur entstandenen Situation ein.

Sachs gestaltet in diesem Fastnachtspiel 154 von 395 Versen als Monologe. Sie sorgen in erster Linie für die Komik. Diese beruht auf einem ‚Spiel der Verwechslung‘, das ausgelöst wird, weil eine wichtige Information nicht an den Adressaten übermittelt werden kann. Damit steht ein Kommunikationsdefizit am Anfang der Verwirrung, gewissermaßen eine ungewollte Alleinrede. Für die Struktur von Situation und Verwechslungshandlung ist in diesem Spiel die Rede ‚nur‘ mit sich selbst konstitutiv: Die Kette von neun Monologen begründet die Verwechslung nicht nur logisch, wie dies im Monechmo geschah, sondern durch ein fortwährend im chronologischen Ablauf neu etabliertes und nicht aufgelöstes Informationsdefizit. Weder die Magd noch Rosimunda nutzen die durchaus gegebenen Möglichkeiten, sich in einem Dialog mit dem nächtlichen Gast seiner Identität zu versichern. Auch Conrad entscheidet sich dagegen, das situationsadäquate Wissen zu vermitteln, und er äußert sich nur in einem Monolog. Die Funktionslogik von Rede und Handlung auf der Basis von unterdeterminiertem Wissen und Figurenperspektiven, die in Bezug auf die vorausgesetzte und intendierte Handlungslogik differieren, gestaltet Sachs zu einem Spiel fast ausschließlich mit Monologen als Figurenrede. Das spezifische setting dafür ist, dass bei dunkler Nacht und größter Heimlichkeit die audiovisuellen Verständigungsmöglichkeiten auf ein Minimum herabgesetzt sind. Die besondere Komik entsteht dadurch, dass Sachs ein Spiel über defizitäre Kommunikation zeigt, in dem allein die Rezipienten alle Informationen besitzen. In diesem Fastnachtspiel ist Monologen erstmals funktional der Handlungsumschwung zugeordnet, der zudem die Konfliktentwicklung und -manifestierung über mehrere, ebenfalls monologische Etappen führt. Durch diesen aktionalen Anteil im Handlungsbogen sind die Monologe selbst Teil der beobachtbaren Spielrealität. Dies sind sie umso mehr, als die vermittelten referentiellen Funktionen der Rede primär im äußeren Kommunikationssystem zur Verfügung stehen, in dem jedoch Wissen um die Situationsunangemessenheit der dargelegten Informationen etabliert ist. Es scheint vor diesem Hintergrund eine bewusst gesetzte Pointe, wenn Sachs die erste Rede Conrads für die Magd schlicht als Geräusch erscheinen lässt, dem sie nichts weiter entnimmt als die Tatsache, dass jemand vor der Tür ist. Und auch ihre Erklärung, nicht erkannt zu haben, dass es sich nicht um Engelhart handelt, da der Gast so undeutlich gesprochen habe – „Thet sein Red in einander muncken“ (v. 358) –, zielt auf die Voraussetzungen sinnhafter Kommunikation über Sprache. Mithin führt Sachs ein durchaus ironisierendes Spiel mit dem Monolog vor, das in eine fiktive Spielrealität eingebettet ist und die Rede selbst als Darstellungsmittel seziert. Die Komik ist weder durch Reflexion im Handlungsbogen noch durch inhaltsbezogene Lehren am Ende aufgehoben.

Zur Abweichung vom typischen Gebrauch des Monologs fügt Sachs einen ironisierenden Schluss hinzu, wenn er Rosimunda auf den Spielcharakter des Geschehens blicken lässt. Sie fasst den Entschluss, die Beweisstücke des Vorfalls, die sie als ‚schreiberey‘ (v. 393) bezeichnet, im Fluss zu versenken und so zu tun, als ob nichts geschehen sei. Die Bezugnahme auf den Spielcharakter dürfte hierbei zwar fastnachtspieltypisch sein; da aber Rosimunda sich gerade nicht auf die Fastnachtzeit, sondern auf ein Schriftstück bezieht, macht ihr Bezug umso mehr die Entwicklung der Gattung Fastnachtspiel bemerkbar.