Za darmo

Old Surehand I

Tekst
Autor:
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Wir ritten also fort, mit Fleischvorrat reichlich versehen. Ich hielt mich mit Old Surehand an der Spitze, und niemand fragte mich, wohin ich mich wenden wollte. Natürlich nahm ich die Richtung nach der Furt und trieb, als wir dort angekommen waren, mein Pferd in das Wasser; die andern folgten mir. Am jenseitigen Ufer stieg ich ab, band mein Pferd an einen Baum und setzte mich nieder. Old Surehand und Old Wabble thaten sofort nach meinem Beispiele. Parker aber blieb ebenso wie die andern im Sattel sitzen und fragte:

»Ihr steigt ab, Sir? Das sieht genau so aus, als ob Ihr längere Zeit hier bleiben wolltet?«

Ich brauchte nicht zu antworten, denn Old Wabble übernahm an meiner Stelle die Erklärung:

»Allerdings bleiben wir hier, Mr. Parker. Wundert Ihr Euch etwa darüber?«

»Natürlich!«

»So könnt Ihr wohl nicht begreifen, warum wir wieder nach Westen geritten sind anstatt nach Osten, wohin wir eigentlich wollen?«

»Welch eine Frage! Ihr scheint mich für sehr dumm zu halten. Die Roten dürfen nicht wissen, daß wir ostwärts wollen, weil wir ihren Kriegsplan kennen; darum müssen wir zunächst nach der entgegengesetzten Richtung, um sie zu täuschen. Aber warum wir schon hier halten bleiben und uns sogar ganz gemächlich niedersetzen sollen, das ist mir ein Rätsel.«

»Es ist Euch jedenfalls schon manches ein Rätsel gewesen und wird es Euch auch später sein! Erst wolltet Ihr nicht vom »blauen Wasser« fort, obgleich wir dort der größten Gefahr ausgesetzt waren, und nun wir uns hier hinter dem Flusse und den Büschen in der schönsten Sicherheit befinden, bleibt Ihr im Sattel kleben wie eine Fliege im Leime!«

»So wollt Ihr auf die Roten warten?«

»Yes,«

»Aber das ist doch gar nicht nötig! Wenn sie kommen, müssen wir uns wehren, und wenn wir weiter reiten, entgehen wir aller Feindseligkeit; da ist es doch entschieden besser, das letztere zu thun!«

»Damit sie unsern Spuren folgen und uns dann abends oder in der Nacht, wenn wir sie nicht sehen können, überfallen! Was Ihr doch für ein ungeheurer Pfiffikus seid! Steigt nur ab!«

Parker folgte dieser Aufforderung, ließ aber dabei ein unwilliges Brummen hören. Old Wabble ärgerte sich darüber und fuhr ihn zornig an:

»Was habt Ihr da zu brummen, Sir! Reitet getrost fort, wenn es Euch hier nicht gefällt; es wird sich niemand Mühe geben, Euch zurückzuhalten; darauf könnt Ihr Euch verlassen!«

»Habe ich etwa verlangt, daß sich jemand diese Mühe geben soll, Mr. Cutter?«

»So brummt auch nicht! Wißt Ihr, was dieses Brummen ist? Eine Beleidigung für Mr. Shatterhand, nach dessen Beispiel wir uns hier gerichtet haben! Durch dieses Brummen zeigt Ihr an, daß Ihr nicht einverstanden mit ihm seid, und Ihr wißt ja, was ich Euch gesagt habe: Wer ihn für dumm hält, den lassen wir einfach sitzen!«

»Oho! So war es ja gar nicht gemeint!«

»Jawohl war es so gemeint! Weil ihr damals Euren ersten Elk aufs Blatt getroffen habt, bildet Ihr Euch ein, daß Eure Ansichten auch stets aufs Blatt treffen. Da befindet Ihr Euch aber gewaltig im Irrtum. Da nehmt mich dagegen an! Ich bin über neunzig Jahre alt und habe Dinge erlebt und mitgemacht, die andre nie im Traume zu sehen bekommen; aber ich werde doch nicht wagen, gegen Old Shatterhand zu murren, obgleich er der reine Jüngling gegen mich ist. Wenn er so etwas thut, was ich nicht begreife, so brumme ich nicht, sondern ich frage ihn. Brummen thun überhaupt nur die Bären und die Ochsen; th‘is clear.«

»Soll das etwa mir gelten, Mr. Cutter?«

»Seid Ihr ein Bär oder ein Ochse?«

»Wahrscheinlich nicht. Will es Euch auch nicht raten, mich für so eine Kreatur zu halten! Und was Eure Methode betrifft, Mr. Shatterhand zu fragen, anstatt zu brummen, so wird ihm an unnützen Fragen wohl auch nicht viel gelegen sein.«

»Old Wabble fragt nicht unnütz, das mögt Ihr Euch merken. Wenn ich eine Frage ausspreche, so betrifft sie stets einen Gegenstand, an welchem auch jeder andre Interesse haben und sich belehren kann. Das kann ich Euch gleich jetzt beweisen. Paßt einmal auf!«

Und sich an mich wendend fuhr er fort:

»Ja war mir z.B. gestern abend etwas unklar, Sir. Darf ich Euch um Auskunft bitten?«

»Gewiß.«

»Als Ihr das Feuer, an welchem der Häuptling saß, beschlichen hattet und aus dem Wasser zurückkamt, brachtet Ihr etwas mit. Ihr nahmt es mit nach unserm Lagerplatze und habt es da in die Büsche versteckt. Was war das?«

»Das Schilf, welches ich mir über den Kopf gesteckt hatte.«

»O, habe es mir gedacht! Warum warft Ihr es nicht schon vorher weg?«

»Damit die Roten es nicht finden sollten.«

»So, hm! Gab es einen Grund dazu?«

»Natürlich. Man pflegt doch nichts ohne Grund zu thun.«

»Ja, Ihr. Aber ich habe Leute gekannt, die zu allem, was sie thaten, keine Gründe sagen konnten. Solche Menschen soll es auch jetzt noch geben. Was hätte es denn geschadet, wenn das Schilf von den Roten gefunden worden wäre?«

»Sie hätten gemerkt, daß sie belauscht worden sind.«

»O? Wegen dieses kleinen Schilfbusches?«

»Ja. Wer hatte ihn abgeschnitten? Keiner von ihnen. Wo war er abgeschnitten worden? Sie hätten gesucht und die Stelle gewiß gefunden. Von da führte meine Doppelspur nach dem Gebüsche, in welchem ich mit Euch steckte; auch diesen Ort hätten sie entdeckt.«

»Aber zu spät, denn wir waren fort! «

»Hätten aber wahrscheinlich Mr. Surehand noch nicht frei. Wenn das Schilf gefunden wurde, ehe ich auf die Insel kam, so wäre es unmöglich gewesen, ihn von dort wegzuholen, denn man hätte das ganze Lager alarmiert.«

»Richtig! Das kann ich mir denken. Also das war der Grund!«

»Nicht das allein; ich habe dabei nicht nur an Mr. Surehand, sondern an die Zukunft gedacht.«

»Wieso?«

»Ihr wißt, daß ich den Häuptling belauscht und was ich da erfahren habe. Was ich hörte, ist von großer Wichtigkeit für uns. Der ganze große Vorteil, den ich daraus zu ziehen beabsichtige, würde aber total verloren gehen, wenn die Roten wüßten, daß ich gehorcht habe.«

»Ihr meint, daß sie dieses aus dem Schilfbusche zu schließen vermögen?«

»Mit Leichtigkeit.«

»Oho! Ich bin ein alter, weißhaariger und erfahrener Kerl, aber wenn ich einer dieser Comantschen wäre und den Busch gefunden hätte, so hätte ich höchstens gedacht, daß ein Fremder dagewesen sei und das Lager beobachtet habe. Ob ein Gespräch von ihm belauscht worden sei, das wüßte ich sehr wahrscheinlich nicht.«

»Gebt Euch doch nicht weniger scharfsinnig, als Ihr seid, Mr. Cutter! Ihr hättet doch gewiß darüber nachgedacht.«

»Natürlich hätte ich das; aber auf welchen Gedanken wäre ich wohl gekommen?«

»Auf den richtigen; ich bin überzeugt davon. Und hättet Ihr gestern abend das Rechte nicht getroffen, so doch heut am hellen Tage, wo man alles deutlich sehen kann, wenn der Verdacht einmal rege geworden ist. Denkt Euch an die Stelle des Indianers. Was mußte er sich fragen? «

»Zunächst, wer der Fremde gewesen ist.«

»Das wissen sie jetzt. Sie wissen genau, daß wir ihr Lager entdeckt und beobachtet haben. Aber haben wir auch gelauscht und etwas erfahren, was gesprochen worden ist? Diese Frage ist die wichtigste für sie. Da finden sie den Busch und den Ort, wo ich ihn abgeschnitten habe; sie sehen, daß ich da in das Wasser gegangen bin. Warum bin ich in das Wasser gestiegen, und wozu habe ich den Busch gebraucht? Um mich zu maskieren. Das sagen sie sich sofort, denn die Anwendung dieser Art von Maskerade ist ihnen nicht nur bekannt, sondern sie sind sogar Meister darin. Mit Schilf maskiere ich mich aber nur dann, wenn ich beabsichtige, mich im Schilfe zu verstecken. Ich habe mich also im Schilfe des Ufers befunden. Wo? Natürlich in der Nähe des Feuers, welches dem Ufer am nächsten gewesen ist – — also dasjenige, an welchem der Häuptling gesessen hat. Sie suchen; das Wasser ist durchsichtig, und so sehen sie die Stelle, wo ich mich gestern tief in den Schlamm eingegraben hatte. Von dieser Stelle war alles, was an dem Feuer gesprochen wurde, leicht zu hören; daraus folgt, daß ich es gehört haben muß. Nun weiter: Zu welcher Zeit bin ich dagewesen; was wurde da gesprochen, und was habe ich also gehört?«

»Das können sie doch unmöglich erfahren!«

»Schwer ist es, aber unmöglich nicht. Ich bin von dieser Stelle aus um den See gegangen, über denselben nach der Insel und von dieser mit Old Surehand wieder zurückgeschwommen. Wieviel Zeit habe ich ungefähr dazu gebraucht? Ihr seht, es ist gar nicht so unmöglich, zu berechnen, wann ich dagewesen bin. Was da gesprochen worden ist, darauf kann sich der Häuptling sehr wahrscheinlich besinnen. Der betreffende Zeitpunkt kann auch noch anders berechnet oder vielmehr erraten werden. Der Schein des Feuers erleuchtete die Stelle, an der ich lag; ich kann also nur an Augenblicken, an denen die Aufmerksamkeit von dort abgelenkt war, hingekommen und mich wieder entfernt haben. Welche Augenblicke waren das? Bei ein wenig Nachdenken läßt sich auch diese Frage unschwer beantworten. Es hat drei solche Augenblicke oder Gelegenheiten gegeben, nämlich als die beiden Comantschen, die wir freiließen, in dem Lager ankamen, als das Verhör mit ihnen beendet war, und als zum Essen gerufen wurde. Und grad zu und zwischen diesen Zeitpunkten hatte man sehr wichtige Gegenstände im Gespräch. Falls ich das letztere belauscht habe, muß ich über die Absichten der Comantschen gut unterrichtet sein. So und noch vieles andere hätten sie sich sagen müssen, wenn der Schilfbusch von ihnen gefunden worden wäre. Wißt Ihr nun, warum ich ihn mitgenommen und weit davon versteckt habe?«

»Well, ich weiß es jetzt, Sir. Ihr seid das, was Mr. Parker vorhin nicht gewesen ist, nämlich ein großer Pfiffikus. Ich möchte nicht zu Leuten gehören, mit denen Ihr in Feindschaft steht und die sich also vor Euch in acht zu nehmen haben. Ihr macht ja alles möglich und legt Euch alles, was Ihr thut, so sorgfältig und umsichtig zurecht, daß gar kein Mißlingen möglich ist und der Feind gar nicht begreifen kann, wie er so in die Tinte geraten konnte!«

 

»Dieses Lob muß ich zurückweisen, Mr. Cutter. Ich habe auch manchen großen Fehler begangen und oft selbst so tief in dem gesteckt, was Ihr Tinte zu nennen beliebt, daß es ein wahres Wunder war, herauszukommen.«

»Aber heraus seid Ihr doch, sonst säßet Ihr nicht hier; th‘is clear. Wollen hoffen, daß wir jetzt nicht auch einem solchen verteufelten Tintenfasse entgegenreiten!«

»Welches Faß meint Ihr wohl mit diesem tiefschwarzen Vergleiche, Mr. Cutter?«

»Hm, der Vergleich war dumm, denn dieses Tintenfaß ist eigentlich kein Tintenfaß, sondern eine Streusandbüchse, nämlich der Llano estacado.«

»Fürchtet Ihr Euch vor ihm?«

»Fürchten? Hoffentlich ist es Euch mit diesem Worte nicht ernst, Mr. Shatterhand. Möchte wissen, wovor Old Wabble sich fürchten könnte! Höchstens vor sich selber! Aber Ihr werdet zugeben, daß zwischen einem Kanapee und einem Backofen ein großer Unterschied vorhanden ist.«

»Ich bin so geistreich, dies einzusehen.«

»Wer Gelegenheit hat, es sich in einem hübschen, kühlen Zimmer auf dem Kanapee bequem zu machen, dem fällt es doch nicht ein, in einen Backofen zu kriechen, um sich wie eine Pflaume ausdörren und abbacken zu lassen. Grad so ist das Verhältnis zwischen dem grünen Walde oder der grasigen Savanne und dem öden, glühenden Estacado. Wer im Walde oder auf der Prairie bleiben kann, der soll es sich ja nicht in den Sinn kommen lassen, die Staked Plains aufzusuchen; er wäre ein Thor, wie man sich größer keinen denken kann.«

»Schön! Aber so ein Thor wollt Ihr doch jetzt wohl sein?«

»Würde mir nicht einfallen, wenn Ihr nicht dabei wäret, Mr. Shatterhand. Wer von euch ist schon in dem Llano estacado gewesen? «

Er richtete diese Frage an seine Gefährten, und als sich herausstellte, daß keiner von ihnen die Plains durchquert hatte, lieferte er eine solche Schilderung der Wüste und erzählte so viele Unglücksfälle, daß es ihnen zu grauen begann. Ich ließ ihn gewähren, weil er mir dadurch, allerdings unbewußt, in die Hände arbeitete.

Wir hatten uns nicht direkt am Wasser gelagert, sondern hinter den Büschen, welche am Ufer standen, und ich saß so, daß ich zwischen zwei Sträuchern hindurchsehen und die Breite des Flusses, also die ganze Furt, überblicken konnte. Old Surehand saß neben mir und hatte dieselbe Aussicht. Eben erzählte Old Wabble von einem Raubanfalle, der im Llano ausgeführt worden war, und weil eine Person dabei vorkam, die ich gekannt hatte, schenkte ich dem Alten mehr Aufmerksamkeit als dem Flusse, da stieß Old Surehand mich an, deutete durch die Büsche und sagte:

»Schaut dorthin, Sir; sie kommen!«

Old Wabble hielt in seiner Erzählung inne, und wir lugten durch das Gesträuch. Am jenseitigen Ufer erschien eine berittene Comantschenschar, die wohl aus dreißig Kriegern bestand, deren Gesichter mit den Kriegsfarben bemalt waren. Einer, wohl der Anführer, stieg ab und betrachtete den Boden, jedenfalls um zu sehen, ob wir in die Furt gegangen oder seitwärts abgeritten seien. Er sah, daß das erstere der Fall war, stieg wieder auf und ritt in das Wasser; seine Leute folgten ihm nach Indianerart, einer hinter dem andern.

»Wie unvorsichtig diese Kerls sind!« meinte Old Wabble.

»Warum unvorsichtig?« fragte Parker.

»Weil sie gleich alle in den Fluß gehen und nicht erst einen herüberschicken, um sich zu vergewissern, daß wir fort sind. Nun kommen sie uns alle vor die Gewehre. Meine Kugeln stehen ihnen zu Diensten.«

Er nahm sein Gewehr schußbereit; ich aber sagte:

»Es wird nicht geschossen, Sir. Ich habe sie hier erwartet, nicht um sie zu töten, sondern um sie von unsrer Verfolgung abzubringen. Wenn sie umkehren und von uns lassen, ist es für uns ebensogut und noch besser, als wenn wir sie erschießen. Sobald der erste von ihnen nahe genug ist, zeigen wir uns ihnen; ihr legt die Gewehre auf sie an, während ich mit ihnen rede, schießt aber erst in dem Falle, daß ich meinen Stutzen sprechen lasse. «

»Wie Ihr wollt,« brummte Old Wabble; »aber besser wäre es, wenn diese roten Hunde ausgelöscht würden, wie man ein Dutzend Kerzen ausbläst.«

Er war kein Indianerfreund, und also mit meinem humanen Verhalten nicht einverstanden. ich wartete, bis der Anführer uns auf zehn Pferdelängen nahe gekommen war; dann standen wir auf und traten hinter dem Gebüsch hervor. Alle unsre Gewehre richteten sich auf ihn und seine Leute. Sie sahen uns sofort.

»Uff, uff, uff, uff!« ertönten die Ausrufungen der Verwunderung, des Schreckens.

»Halt!« rief ich ihnen zu. »Wer einen Schritt weiter reitet oder seine Waffe erhebt, der wird erschossen!«

Sie hielten an; sie konnten das thun, weil ihre Pferde nicht schwammen, sondern festen Grund hatten.

»Uff!« rief der Anführer. »Old Shatterhand ist noch hier! Warum hat er sich versteckt und ist nicht weitergeritten, wie wir dachten? «

»Ah, habt ihr das gedacht?« fragte ich. »So habt ihr geglaubt, daß ich kein Hirn besitze und mir nicht denken könne, daß ihr uns folgen werdet!«

»Wir wollen Old Shatterhand nicht folgen.«

»Wem denn?«

»Niemandem.«

»Wohin reitet ihr?«

»Auf die Jagd.«

»Ich denke, ihr seid hier, nur um zu fischen!«

»Die meisten fischen; die übrigen jagen; wir wollen Fleisch machen, um es in unsre Wigwams zu bringen.«

»Warum wollt ihr auf dieser Seite des Flusses und nicht drüben jagen?«

»Weil wir glauben, hier mehr Wild zu finden.«

»Ja, dieses Wild sind wir.«

»Nein, dieses Wild sind die Büffel und Antilopen der Prairie und der Wasserthäler.«

»Seit wann ist es bei den roten Kriegern Sitte, sich die Gesichter mit Farben zu bemalen, wenn sie nur beabsichtigen, auf die Jagd zu gehen?«

»Seit – — seit – — – seit – — —« er fand keine passende Antwort und rief mir darum zornig zu:

»Seit wann ist es bei den Kriegern der Comantschen Sitte, jedem Bleichgesichte Rechenschaft darüber zu geben, was sie thun oder nicht thun wollen?«

»Seit Old Shatterhand diese Rechenschaft verlangt! Ich habe Vupa Umugi, euerm Häuptlinge, gesagt, daß ich ein Freund der roten Männer bin, aber keine Gnade walten lasse, wenn ich angegriffen werde.«

»Wir wollen Euch nicht angreifen!«

»So kehrt sofort um!«

»Das thun wir nicht, sondern wir reiten an Euch vorüber auf die Jagd!«

»Versucht es! Es wird keiner von euch vorüber kommen, sondern der Fluß wird alle eure Leichen abwärts treiben und an das Ufer werfen.«

»Uff! Wer hat hier zu gebieten, Old Shatterhand oder die Krieger der Comantschen?«

»Old Shatterhand. Ihr seht alle unsre Gewehre auf euch gerichtet; ich darf nur wollen, so gehen sie alle los, und auch meine Zauberbüchse wird zu euch reden. Ich gebe euch die Zeit, welche wir Weißen fünf Minuten nennen; wenn ihr dann eure Pferde nicht zur Rückkehr gewendet habt, wird keiner von euch überhaupt zurückkehren können. Ich habe gesprochen!«

Ich nahm den Stutzen zur Hand, und wenn ich ihn auch nicht anlegte, was auf die Dauer von fünf Minuten ermüdet hätte, so hielt ich ihn doch so, daß seine Mündung gerade auf den Anführer gerichtet war. Er drehte sich im Sattel um und sprach einige leise Worte mit den hinter ihm im Wasser Haltenden; dann wendete er sich mir wieder zu und fragte:

»Wie lange wird Old Shatterhand hier am Flusse bleiben?«

»So lange, bis ich weiß, daß die Söhne der Comantschen nichts Böses gegen uns vorhaben.«

»Das kann er jetzt schon wissen!«

»Nein. Wir werden uns voneinander trennen und dieses Ufer weit hinauf und weit hinab besetzen; so sehen wir jeden Comantschen, der etwa herüber will. Ein Schuß genügt, um uns in kürzester Zeit zu vereinigen und euch zurückzutreiben. Wenn wir dann morgen abend überzeugt sind, daß eure Krieger nicht versucht haben, an dieses Ufer zu gelangen, werden wir überzeugt sein, daß ihr den Frieden wollt, und dann diese Gegend verlassen, in die wir nur gekommen sind, Old Surehand zu befreien.«

»Uff! Bis morgen abend; das ist lange!«

»Für uns nicht; wir haben Zeit.«

»Ihr werdet dann wirklich gehen?«

»Ihr werdet uns dann nicht mehr sehen; ich habe es gesagt, und ich halte mein Wort.«

»Und Ihr seid nur nach dem Saskuan-kui gekommen, um Old Surehand zu befreien?«

»Ja.«

»Aus keinem andern Grunde? «

»Nein; ich sage es.«

Diese Versicherung konnte ich geben, ohne mich einer Lüge schuldig zu machen. Ich hatte geradewegs nach dem Llano estacado gewollt, und dieser Weg hätte mich nicht nach dem »blauen Wasser« geführt.

Er wechselte wieder einige Worte mit seinen Hintermännern und machte dann noch einen Versuch mit mir:

»Old Shatterhand droht, weil er uns nicht glaubt; wenn wir dennoch vorwärts reiten, wird er doch nicht schießen!«

»Ich werde schießen, und ich gebe dir mein Wort, du wirst der erste sein, der meine Kugel in den Kopf bekommt. Wenn du trotz dieser Versicherung es versuchen willst, so habe ich nichts dagegen. Uebrigens haben wir nicht länger zu warten, denn die fünf Minuten sind bereits abgelaufen. «

»Uff! So reiten wir zurück; aber wehe Old Shatterhand und seinen Bleichgesichtern, wenn sie in der Zeit bis morgen abend es wagen sollten, nach dem »blauen Wasser« zu schleichen. Auch wir werden unser Ufer besetzen und jeden von euch töten, der sich an demselben sehen läßt. Auch ich habe gesprochen. Howgh!«

Sie kehrten um und verschwanden einer nach dem andern jenseits der Furt hinter dem Gesträuch. Ich wendete mich zu Old Wabble:

»Nun, Mr. Cutter, was sagt Ihr jetzt? Ist das nicht ein prächtiger Erfolg?«

»Erfolg? Sogar prächtig? Ich glaube überhaupt an keinen Erfolg.«

»Sie sind doch fort!«

»Werden aber wiederkommen!«

»Fällt ihnen nicht ein!«

»Sie kommen wieder, sage ich Euch. Sie werden an einer andern Stelle herüberschwimmen.«

»Um sich von uns erschießen zu lassen?«

»Wollt Ihr das wirklich thun, was Ihr gesagt habt, nämlich das Ufer auf- und abwärts besetzen?«

»Nein; das war nur eine Drohung.«

»So werden sie also herüberkommen und uns folgen!«

»Ich sage Euch, daß sie drüben bleiben werden, weil sie meine Drohung für wahr halten.«

»Da wären sie dumm!«

»Dumm oder nicht; sie werden bleiben; das könnt Ihr ja ihrer Drohung entnehmen.«

»Welcher Drohung?«

»Daß auch sie ihr Ufer besetzen werden. Uebrigens nehmen sie jetzt als gewiß an, daß wir nur wegen Mr. Surehand gekommen sind und also nichts weiteres gegen sie im Schilde führen. Wir sind sicher vor ihnen.«

»Aber wenn sie ihr Ufer besetzen, werden sie merken, daß das unsrige unbesetzt ist, und dann kommen sie unbedingt herüber; th‘is clear!«

»Ja, sie werden es bemerken, aber nicht so schnell, wie Ihr denkt. Sie sind zur größten Vorsicht gezwungen. Herüberschwimmen können sie nicht, um sich zu überzeugen; das wäre höchst gefährlich für sie. Herübersehen? Das ist zu weit und würde auch nichts nützen, weil unsre Posten, wenn wir hier blieben, doch nicht offen zur Schau ständen, sondern so klug wären, sich zu verstecken. Dann kommt noch ein dritter Fall in Betracht. Könnt Ihr Euch den denken?«

»Ich? Hm, nein. Aber ich möchte gern wissen, ob Mr. Surehand sich diesen unbekannten Fall denken kann.«

Die Absicht des Alten bei diesen Worten war natürlich, den Scharfsinn Old Surehands auf die Probe zu Stellen, und ich nahm an, daß dieser sich nicht darauf einlassen werde; aber der riesige Jäger klopfte ihm auf die Achsel und sagte mit einem vergnügten Lächeln:

»Wollt Ihr ein Examen mit mir anstellen, alter Wabble? Das macht mir Spaß!«

»Freut mich sehr, daß es Euch nicht beleidigt, sondern im Gegenteile ergötzt. Wenn man Mr. Shatterhand so reden hört, sollte man meinen, daß er allwissend sei; ist es da ein Wunder, wenn man gern erfahren möchte, ob Old Surehand auch etwas weiß?«

»Den Gefallen kann ich Euch wohl thun, Mr. Cutter. Ich weiß auch etwas.«

»Was?«

»Der dritte Fall, den Mr. Shatterhand meint, ist folgender: Die Roten wollen sich überzeugen, ob wir dieses Ufer wirklich besetzt halten. Sehen können sie es nicht; grad herüber dürfen sie auf der Strecke nicht, auf welcher wir uns wahrscheinlich ausbreiten; also gehen sie über diese Strecke hinaus, schwimmen dort über den Fluß und schleichen sich hüben am Ufer hin, um unsre Posten zu entdecken.«

»Und wenn sie keine finden, Sir?«

»So wissen sie allerdings, daß wir fort sind und sie nur geäfft haben.«

»Dann tritt aber doch das ein, was ich meine: Sie werden uns nachreiten und des Nachts überfallen!«

»Das müssen wir allerdings gewärtig sein,« gab Old Surehand dem Alten zu.

 

Er hatte bewiesen, daß er Scharfsinn besaß und mich verstand und erriet; seinen letzten Worten aber konnte ich meinen Beifall nicht geben; ich widersprach also:

»Nein, das müssen wir nicht gewärtig sein, Mr. Surehand. Es ist vollständig unmöglich, daß die Roten uns bis zum Abende einholen.«

»So? Wenn Ihr es denkt und sagt, wird es wohl richtig sein.«

»Es ist richtig. Wir müssen die Zeit berechnen. Wir haben nach dem Stande der Sonne jetzt genau neun Uhr vormittags. Es vergeht eine Stunde, bis die Comantschen, welche hier waren, das Saskuan-kui erreichen. Sie haben zu berichten, zu erzählen, Vorwürfe anzuhören; dann wird Beratung gehalten, und eine solche Beratung wird nicht in kurzer Zeit beendet. «

»Ja, Sir; jetzt verstehe ich Euch. Sagen wir: Zur Berichterstattung und Beratung sind zwei Stunden nötig.«

»Gut; dann ist es zwölf Uhr. Sie kommen her – ist ein Uhr. Sie besetzen den Fluß aufwärts und abwärts – wieder eine Stunde, also zwei Uhr. Dann gehen Späher ab, um hoch oben oder tief unten den Fluß zu überschwimmen. Wie lange brauchen sie, um hüben zu sein? Doch wenigstens wieder eine Stunde – — drei Uhr. Sie schleichen sich diesseits am Ufer entlang, was sie außerordentlich vorsichtig, also sehr langsam, thun müssen. Wie lange wird es wohl währen, bis das ganze Ufer vergeblich nach uns abgesucht worden ist?«

»Gewiß drei Stunden.«

»Sagen wir nur zwei; dann ist es schon fünf Uhr. Nun wieder Beratung; es werden Leute ausgesucht, die unsrer Fährte zu folgen haben. Auch dieses kann nur sehr vorsichtig und unter großem Zeitverluste geschehen, denn die Roten haben mit der Möglichkeit zu rechnen, daß wir diese Gegend gar nicht verlassen, sondern einen Bogen geschlagen haben, um sie zu täuschen und von einer andern Seite heimlich zurückzukehren. Ich schätze, daß wenigstens wieder eine Stunde vergeht, ehe die Comantschen sich überzeugt haben, daß wir wirklich fort sind. Es ist also, wenn die eigentliche Verfolgung beginnt, schon sechs Uhr geworden; das ergiebt, wenn wir jetzt gleich fortreiten, einen Vorsprung von wenigstens neun Stunden. Ist es da möglich, daß wir eingeholt werden?«

»Pshaw! Auf keinen Fall!«

»Sie bekommen höchstens die Spuren zu sehen, die wir binnen jetzt und zwei Stunden machen; morgen erkennen sie dann gar nichts mehr und können nicht wissen, wohin wir sind. Wenn wir jetzt also zwei Stunden weit westlich reiten und sie folgen uns, werden sie annehmen, wir seien dahin zurückgekehrt, woher wir gekommen sind. Diese ihre Meinung bekommt einen weitern Anhalt dadurch, daß sie glauben, wir seien nur zu Eurer Befreiung hierher gekommen; wir haben diesen Zweck erreicht und sind wieder fort; damit werden und müssen sie sich beruhigen. Meint Ihr nicht, Mr. Surehand?«

»Eure Berechnung ist allerdings sehr richtig,« nickte er zustimmend, fügte aber doch nachdenklich hinzu: »wenn sie nicht dadurch auf den richtigen Gedanken geführt werden, daß sie das Ufer unbesetzt gefunden haben.«

»Auf welchen Gedanken?«

»Daß wir ihnen doch ein Schnippchen geschlagen haben.«

»Auf diesen Gedanken werden sie allerdings kommen; aber sie werden nicht das richtige, sondern ein falsches Schnippchen erraten. Sie werden nämlich nicht denken, daß wir wieder zurück sind, sondern überzeugt sein, daß wir den Fluß nur deshalb so schnell verlassen haben, um, während sie hier unnütz nach uns suchten, einen tüchtigen Vorsprung zu bekommen und ihrer Verfolgung zu entgehen. Ja, wenn sie ahnten, daß wir wissen, wohin sie wollen!«

»Das ahnen sie nicht. Ihr habt recht. Wenn wir jetzt aufbrechen, können wir schon nach zwei Stunden wieder umbiegen; sie werden das nicht bemerken.«

»Ich bin übrigens der Ueberzeugung, daß sie sich jetzt noch drüben an der Furt befinden. Wir dürfen also unsre Pferde leider nicht trinken lassen. Sie würden das sehen und daraus schließen, daß wir fort wollen. Die Tiere werden aber trotzdem bald Wasser haben, denn ich schlage nicht den Weg ein, den wir gekommen sind, sondern wir suchen das Flüßchen auf, an welchem die zwei Comantschen abwärts ritten. Warten wir nicht länger; es ist Zeit.«

Wir brachen auf und ritten den Fluß abwärts, wobei wir so viel Gebüsch wie möglich zwischen ihm und uns liegen ließen, um von etwaigen jenseitigen Spähern nicht gesehen zu werden. Als wir nach ungefähr einer Stunde die Mündung des erwähnten Flüßchens erreichten, bogen wir in das Thal desselben ein, um, nachdem wir unsre Pferde hatten trinken lassen, am Wasser aufwärts zu reiten. Unsre Richtung war also westlich, während wir nach Osten wollten.

Während dieses Rittes fand ich keine Zeit, mich mit Old Surehand allein zu unterhalten; ich wurde von andern Personen in Anspruch genommen. Die Erzählungen Old Wabbles über die Schrecken des Llano estacado hatten nämlich auf seine Zuhörer tiefen Eindruck gemacht. Kaum hatten wir die Furt verlassen, so mußte er weiter schildern. Ich machte meine Bemerkungen dazu und wurde infolgedessen gebeten, auch zu erzählen, was ich mit großem Vergnügen that. Zu meiner heimlichen Genugthuung bemerkte ich bald, daß der beabsichtigte Erfolg nicht ausblieb; die Leute wurden nachdenklich und immer nachdenklicher. So, wie ich ihn schilderte und der alte Wabble ihn vorher beschrieben hatte, hatten sie sich den Estacado doch nicht vorgestellt, und es kam ihnen höchst gefährlich vor, eine solche Gegend aufzusuchen. Das sagten sie freilich nicht, aber ich sah es ihnen an; sie warfen einander Blicke zu, die mir ihre Gedanken verrieten.

Wenn ich diese Leute los sein wollte, mußte es bald geschehen. Der beste Zeitpunkt, uns von ihnen zu trennen, war der, wenn wir nach den abgelaufenen zwei Stunden aus unsrer jetzigen Richtung abbogen. Ich fuhr also in meinen Erzählungen, die nicht etwa Uebertreibungen waren, so lange fort, bis diese Zeit fast verflossen war; dann zog ich mich zurück, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Meinungen ohne Zeugen auszutauschen. Diese Diplomatie führte zum gewünschten Ziele. Sie hielten sich zusammen und sprachen heimlich miteinander. Ich sah, daß einer dem andern zusprach und aufmunterte, wozu, das konnte ich mir denken.

Ich wußte, daß wir nun bald einen kleinen, schmalen Bach erreichen würden, der von links her in das Flüßchen lief. Das war die geeignete Stelle, abzubiegen, weil der Bach uns Gelegenheit bot, unsre Spuren zu verbergen. Darum hielt ich eine kurze Strecke vorher an und sagte:

»Mesch‘schurs, die zwei Stunden sind vorüber, und wir haben es nun nicht mehr nötig, westwärts zu reiten. Seid Ihr auch derselben Ansicht?«

Old Surehand, Old Wabble, Parker und Hawley waren einverstanden; die übrigen wurden verlegen; sie sahen einander an; der eine stieß den andern an; dieser gab den Stoß weiter, bis der Mutigste von ihnen dieser fühlbaren Aufforderung folgte und auf die Gefahr hin, unsre Mißbilligung zu erhalten, die Unterhandlung mit der an mich gerichteten Frage begann:

»Seid Ihr schon einmal in El Paso del Norte gewesen, Sir?«

»Einige Male,« antwortete ich.

»Wie lange bringt man wohl zu, um von hier aus nach dort zu kommen?«

»Wer die Gegend genau kennt und gut beritten ist, kann in fünf bis sechs Tagen dort sein. Warum fragt Ihr mich nach diesem Orte, Mr. Wren?«

Dies war nämlich der Name des Mannes. Er antwortete:

»Das möchte ich Euch gern sagen, wenn ich wüßte, daß Ihr nicht schlecht von uns denkt.«

»Schlecht von Euch denken? Wie sollte ich das! Habt Ihr etwas Schlechtes begangen oder etwas Schlechtes vor?«

»Keine Rede davon! Wir haben allerdings etwas vor; es ist nichts Schlechtes, kann aber von Euch doch mißverstanden werden.«

»So sagt es mir! Dann wird es sich zeigen, ob ich es richtig oder falsch verstehe.«

»Ja, ich will es Euch sagen. Es ist nämlich – — hm! es ist eine – — hm, hm!«

Er fuhr sich mit der Hand an den Hals; er kratzte sich hinter dem Ohre; es wollte gar nicht so grad heraus, wie es sollte. Dann fuhr er auf einem Umwege fort:

»Ihr wißt, daß wir eigentlich nach Texas hinunter wollten; aber wir haben es uns anders überlegt.«

»So?«

»Ja, so! Als Ihr gestern abend mit Mr. Cutter vom Lagerplatze fort waret, haben wir davon gesprochen. In El Paso und jenseits des Norte ist doch mehr für uns zu finden als in Texas. Meint Ihr nicht?«