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Der Schatz im Silbersee

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»Wie ist das möglich?«

»Durch den Gang, von welchem ich gesprochen habe. Er mündet nur wenige Schritte von hier. Wir öffnen ihn, indem wir die Steine fortnehmen und steigen hinein. Wenn wir die Fackeln anzünden, können wir ihm leicht folgen; so gelangen wir in den Turm und steigen im Innern desselben empor, um auf die Insel zu kommen. Dort gibt es stets einige Kanoes, in denen wir an das Ufer rudern. Dann befinden wir uns im Rücken der Feinde und werden sie leicht überwältigen, zumal meine Timbabatschen, sobald ich es ihnen befehle, sich auf eure Seite stellen werden.«

»Gut! Die Hälfte der Utahs bleibt hier, und die andre Hälfte folgt uns in den Gang. Zeige ihn uns!«

Die Utahs waren von ihren Pferden gestiegen. Das »lange Ohr« führte sie zur Seite bis zu der Stelle, an welcher der Canon begann. Dort lehnte ein Steinhaufen am Felsen.

»Diese Steine müssen fort,« sagte der Timbabatsche, »dann werdet ihr die Öffnung sehen.«

Der Haufen wurde entfernt, und es zeigte sich ein dunkles Loch, fünf Ellen breit und drei Ellen hoch. Die Häuptlinge traten hinein und fanden, als sie um sich tasteten, einen ganzen Vorrat von Fackeln, welche aus Hirsch- oder Büffeltalg gefertigt waren. Mit Hilfe der »Punks« wurde Licht gemacht. Man verteilte die Fackeln und steckte sie in Brand. Dann drang man in den Gang ein.

Es herrschte eine dumpfe Luft in demselben, aber feucht war es nicht. Er mußte außerordentlich stark gemauert und dann sehr dick und hoch mit Erde bestampft worden sein, daß er so lange Zeit dem Wasser des Sees Widerstand geleistet hatte.

Um nicht allzulange Zeit dieser Luft, welche durch den Qualm der Fackeln noch verschlechtert wurde, ausgesetzt zu sein, ging man so schnell wie möglich vorwärts, bis man nach unendlich scheinender Zeit in eine weite Halle gelangte, an deren Wänden viele in Matten gehüllte Pakete aufgestapelt lagen.

»Das muß das unterste Geschoß des Turmes, also der Insel sein,« sagte das »lange Ohr«. »Vielleicht befinden sich in diesen Päcken die Schätze, von denen ich euch gesagt habe. Wollen wir nachsehen?«

»Ja,« antwortete der »alte Donner«. »Aber lange halten wir uns dabei nicht auf, da wir uns beeilen müssen, nach der Insel zu kommen. Später haben wir mehr Zeit dazu.«

Als man von einem, der Pakete die Hülle entfernt hatte, sah man im Scheine der Fackeln eine Götzenfigur goldig erglänzen. Diese eine Figur repräsentierte für sich allein ein Vermögen. Ein civilisierter Mensch hätte vor Entzücken betrunken werden können; diese Roten blieben kalt. Man breitete die Matte wieder über den Götzen und schickte sich zum Aufstiege an.

Es waren, wenn auch nicht ganz in Gestalt unsrer Treppen, schmale Stufen gemauert, welche nach oben führten; sie boten nur für eine Person Platz; darum mußten die Roten im Gänsemarsch sich hintereinander halten. Das »lange Ohr« stieg, mit einer Fackel in der Hand, voran. Noch hatte er die oberste Stufe dieses Geschosses nicht erreicht, so hörte er unter sich einen Schrei, welchem die Angstrufe von vielen Lippen folgten. Er blieb stehen und sah zurück. Was er erblickte, war ganz geeignet, ihn mit Entsetzen zu erfüllen. Aus dem Gange, in welchem sich noch viele, viele Utahs befanden, drang, so breit und hoch er war, das Wasser herein. Die Fackeln warfen ihre Lichtstreifen auf die dunkle, gurgelnde Flut, welche schon halb manneshoch stand und mit entsetzlicher Schnelligkeit nach oben stieg. Diejenigen, welche sich noch im Gange befunden hatten, waren verloren; das Wasser hatte sie sofort erstickt. Und die, welche noch auf den Stufen standen, waren ebenso verloren. Sie drängten vorwärts; jeder wollte sich nach oben retten; einer riß den andern fort. Man warf die Fackeln von sich, um sich mit beiden Händen verteidigen zu können. So kam es, daß es keinem gelang, auf den Stufen Fuß zu fassen. Dabei wuchs die Flut so schnell, daß sie eine Minute, nachdem der erste Schrei erschollen war, den Roten schon bis an die Hälse reichte. Sie wurden von ihr gehoben; sie schwammen; sie kämpften gegen den Tod und gegeneinander – vergeblich. Nur fünf oder sechs waren es, welche sich bereits so hoch befunden hatten, daß ihnen das Entkommen möglich war. Der »alte Donner« befand sich unter ihnen; sie hatten nur eine einzige Fackel, welche der voransteigende Timbabatsche trug. Eine schmale Öffnung führte durch die Decke in das nächste Gestock, von wo aus eben solche Stufen weiterführten. »Gib mir das Licht, und laß mich voran!« gebot der Utahhäuptling dem Timbabatschen.

Er griff nach der Fackel, doch das »lange Ohr« weigerte sich, sie ihm zu geben. Es entspann sich ein kurzer Streit, welcher aber dennoch lange genug währte, das Wasser herankommen zu lassen. Es drang schon durch die Öffnung in dieses Stockwerk. Dasselbe war eng, viel, viel enger, als das untere. Darum stieg die Flut mit zehnfacher Schnelligkeit an den Wänden empor.

Das »lange Ohr« war jünger und stärker als der »alte Donner«. Er riß sich von ihm los und warf ihn mit einem kräftigen Stoße zu Boden. Nun aber drangen die andern Utahs auf ihn ein. Er besaß keine Waffe und hatte nur eine Hand frei, sich ihrer zu erwehren. Schon legte einer das Gewehr auf ihn an, um ihn zu erschießen; da rief er: »Halt, sonst werfe ich das Licht in das Wasser, und dann seid ihr verloren! Ihr könnt nicht sehen, wohin ihr zu steigen habt, und das Wasser holt euch ein.« Das half. Sie sahen ein, daß sie sich nur dann retten konnten, wenn sie Licht behielten. Schon stand ihnen das Wasser bis an den Hüften.

»So behalte die Fackel, und steig voran, du Hund!« antwortete der »alte Donner«. »Aber später wirst du es büßen!«

Der Timbabatsche stand schon auf den Stufen und eilte weiter. Wieder gelangte er durch eine schmale Öffnung in das nächste Stockwerk. Die Drohung des Alten war ernst gemeint. Das »lange Ohr« wußte es. Er dachte, daß er nur dann nichts zu befürchten habe, wenn die Utahs in der Flut umkamen. Darum blieb er, als er durch die Öffnung gestiegen war, stehen und blickte zurück. Hinter ihm erschien der Kopf des »alten Donners«. »Du hast mich einen Hund genannt und willst dich an mir rächen,« rief er ihm zu. »Du bist selbst ein Hund und sollst wie ein Hund sterben. Fahre zurück in das Wasser!«

Er versetzte ihm einen Fußtritt in das Gesicht, so daß der Alte zurückstürzte und in der Öffnung verschwand. Einen Augenblick später erschien der Kopf des nächsten Utah; auch dieser erhielt einen Fußtritt und fiel zurück. So erging es dem dritten; weiter kam keiner, denn das Wasser hatte die andern erreicht und von den Stufen geschwemmt; es trat jetzt schon durch die Öffnung; der Timbabatsche befand sich allein; nur er war übrig geblieben.

Er stieg weiter und weiter, noch einige Stockwerke höher, und das Wasser folgte ihm mit derselben Schnelligkeit. Da fühlte er, daß die Luft besser wurde. Der Aufstieg war nun so eng geworden und es gab keine Stufen mehr, sondern ein eingekerbtes Holz war als Leiter der Mauer gelegt. Schon setzte er die Fußspitzen in die Kerben, um nach oben zu klimmen, da hörte er über sich eine Stimme: »Halt, bleib unten, sonst erschieße ich dich! Die Utahs haben uns vernichten wollen; nun sind sie selbst alle verloren, und du sollst als der letzte von ihnen sterben!«

Es war die Stimme des »großen Bären«. Der Timbabatsche erkannte sie.

»Ich bin ja kein Utah. Schieß nicht!« antwortete er voller Angst.

»Wer bist du denn?«

»Dein Freund, der Häuptling der Timbabatschen.«

»Ach, das »lange Ohr«! So hast du erst recht den Tod verdient, denn du bist ein Abtrünniger, ein Verräter.«

»Nein, nein! Du irrst!«

»Ich irre nicht. Du hast dich auf irgend eine Weise in mein Geheimnis geschlichen und es den Utahs mitgeteilt. Nun magst du so ertrinken, wie sie ertrunken sind.«

»Ich habe nichts verraten!« beteuerte der Rote voller Angst, denn das Wasser stieg ihm schon bis an die Knie.

»Lüge nicht!«

»Laß mich hinauf! Bedenke, daß ich stets dein Freund gewesen bin!«

»Nein, du bleibst unten!«

Da ließ sich eine andre Stimme hören, nämlich diejenige Old Firehands: »Laß ihn herauf! Es ist des Fürchterlichen genug geschehen. Er wird seine Sünde eingestehen.«

»Ja, ich gestehe es; ich werde euch alles, alles sagen!« versicherte das »lange Ohr«, denn das Wasser reichte ihm schon fast bis an die Hüfte.

»Gut, ich will dir das Leben schenken und hoffe, daß du mir dafür dankbar sein wirst.«

»Meine Dankbarkeit wird ohne Grenzen sein. Sage mir, was du willst, und ich werde es thun!«

»Ich halte dich beim Wort. Nun komm herauf!«

Der Rote warf, um mit beiden Händen klettern zu können, die Fackel in das Wasser und stieg hinauf. Als er oben anlangte, sah er sich in demjenigen Raume des Inselgebäudes, in welchem sich der Herd befand. Vor der offenen Thür brannte ein Feuer, und bei dem hereinfallenden Scheine desselben sah er den großen Bären, Old Firehand und Old Shatterhand. Er sank vor Müdigkeit und infolge der ausgestandenen Angst nieder, raffte sich aber schnell wieder auf, um hinaus zu springen und rief: »Fort, fort, hinaus, sonst kommt das Wasser, ehe wir uns retten können!«

»Bleib hier!« antwortete der »große Bär«. »Du hast von dem Wasser nichts mehr zu befürchten, denn es kann im Innern der Insel nicht höher steigen, als es draußen steht. Du bist gerettet und wirst uns nun erzählen, wie du von deinem Posten weg- und hierhergekommen bist.«

Als Old Shatterhand im Canon seine kühne Rekognition beendet hatte, war er zu den Gefährten zurückgekehrt. Sie und die Timbabatschen lagen schweigsam in ihren Verstecken, denn die Aufmerksamkeit aller mußte nach draußen gerichtet sein, da den Utahs sehr wohl ein heimliches Herbeischleichen zuzutrauen war.

Es mochte ungefähr eine Stunde vergangen sein, als Old Shatterhand der Gedanke kam, wieder nach den Posten zu sehen. Er schlich sich hinaus und zunächst nach der Stelle, an welcher er das »lange Ohr« gelassen hatte; sie war leer. Er begab sich zu dem nächstpostierten Timbabatschen, um ihn zu fragen, und erfuhr von demselben, daß sein Häuptling fortgeschlichen sei.

 

»Wohin?«

»Zu den Utahs. Er ist noch nicht wieder zurück.«

»Seit wann ist er fort?«

»Seit einer Stunde fast.«

»Dann muß ihm ein Unfall widerfahren sein; ich werde nachsehen.«

Der Jäger legte sich nieder und kroch dahin, wo er vorher die feindlichen Wächter gesehen hatte; sie waren fort. Er kroch weiter. Da, wo die Utahs den ganzen Canon quer ausgefüllt hatten, war kein einziger von ihnen zu sehen. Old Shatterhand forschte mit äußerster Vorsicht weiter nach. Er sah und fand keinen Utah, aber auch den Häuptling nicht. Das war mehr als besorgniserweckend. Er kehrte zurück, um Winnetou und Old Firehand zu holen, damit diese sich an dem Nachforschen beteiligen sollten. Alle ihre Mühe war vergeblich. Die drei Männer drangen eine bedeutende Strecke in dem Canon vor, ohne auf einen Feind zu stoßen, und kehrten mit dem Resultate zurück, daß die Utahs verschwunden seien. Das wäre an sich gar nichts Unbegreifliches oder gar Entsetzliches gewesen, wenn nicht das »lange Ohr« mit ihnen verschwunden gewesen wäre.

»Sie haben ihn erwischt,« sagte der »große Bär«; »er hat zu viel gewagt. Nun ist‘s um ihn geschehen.«

»Und wohl auch um uns,« meinte Old Shatterhand.

»Wieso um uns?«

»Mir fällt auf, daß sie sich entfernt haben. Das muß einen ganz besonderen Grund haben. Der Umstand, daß der Häuptling in ihre Hand geraten ist, kann an und für sich nicht die Ursache ihres unerwarteten Rückzuges sein; es muß vielmehr ein ganz andrer Grund vorhanden sein, der aber mit dem Häuptlinge in Beziehung steht.«

»Welcher Grund könnte das sein?«

»Hm! Ich traue dem »langen Ohr« nicht. Er hat mir nie gefallen.«

»Ich wüßte nicht, weshalb wir ihm mißtrauen sollten. Er hat sich niemals feindlich gegen mich verhalten.«

»Das mag sein; dennoch ist er nicht der Mann, auf den ich mich verlassen möchte. Kennt er die hiesige Örtlichkeit genau?«

»Ja.«

»Kennt er auch den Weg, welcher über den Felsenkessel nach dem See führt?«

»Er kennt ihn, denn er ist mit mir dort gewesen.«

»So weiß ich genug. Wir müssen sofort aufbrechen, um nach dem See zu gehen.«

»Warum?«

»Weil er den Utahs diesen Weg verraten hat.«

»Das traue ich ihm nicht zu!«

»Aber ich hatte ihn dessen für fähig. Mag ich mich da irren oder nicht; mag er freiwillig oder gezwungen geplaudert haben, darauf kommt es nicht an; ich bin überzeugt, daß die Utahs seit einer Stunde fort sind und in zwei Stunden am See erscheinen werden.«

»Das denke auch ich,« stimmte Old Firehand bei.

»Das »lange Ohr« hat kein gutes Gesicht,« meinte Winnetou. »Meine Brüder mögen schnell nach dem See kommen, sonst sind die Utahs eher dort als wir und nehmen Butler und seine Tochter gefangen.«

Da diese drei Männer derselben Ansicht waren, verlor der »große Bär« etwas von seinem Vertrauen und sprach nicht gegen den sofortigen Aufbruch. Man stieg zu Pferde und ritt den Canon hinauf, so gut es in der Finsternis gehen mochte.

Es dauerte wohl eine Stunde, ehe man den Eingang des Seethales erreichte. Dieser wurde besetzt, und zwar von Weißen, weil nun, da ihr Häuptling abhanden gekommen war, den Timbabatschen nicht mehr ein unbedingtes Vertrauen geschenkt werden konnte.

Butler befand sich nicht mehr auf der Insel. Er hatte mit seiner Tochter in dem Gebäude gesessen; unter ihnen lagen die Gefangenen, welche miteinander sprachen. Ihre Stimmen drangen dumpf noch oben; es klang so geisterhaft, daß Ellen sich zu fürchten begann, und sie bat ihren Vater, die Insel zu verlassen und mit ihr hinüber an das Ufer zu gehen. Er erfüllte ihre Bitte und ruderte sie hinüber. Als es Nacht geworden war, brannte er ein Feuer an, war aber so vorsichtig, sich nicht an dasselbe zu setzen, vielmehr zog er sich mit Ellen in den Schatten zurück, wo beide den erleuchteten Platz übersehen konnten, ohne selbst bemerkt zu werden. Es war für sie unheimlich, so allein an diesem einsamen und gefährlichen Orte zu sein; darum freuten sie sich, als die Weißen jetzt mit den Timbabatschen zurückkehrten.

Da die Utahs erst in einer Stunde erwartet werden konnten, genügte es, daß die Hälfte der Rafters vorn am Eingange postiert waren. Die andern Weißen lagerten sich um das Feuer; die Timbabatschen brannten sich ein zweites an, bei welchem sie Platz nahmen, um sich über das Verschwinden ihres Häuptlings zu unterhalten. Sie waren überzeugt, daß er ganz gegen seinen Willen in die Hände der Utahs geraten sei. Daß die Weißen ihn im Verdacht der Verräterei hatten, war ihnen wohlweislich verschwiegen worden.

Seit der Ankunft am See hatte Watson, der frühere Schichtmeister, keine Gelegenheit gehabt, mit dem »großen Bären« zu sprechen, und dieser hatte gar nicht darauf geachtet. Jetzt aber, als sie nahe bei einander am Feuer saßen, meinte der Weiße zu dem Roten: »Mein roter Bruder hat noch nicht mit mir gesprochen. Er mag mich einmal betrachten und mir dann sagen, ob er sich nicht erinnert, mich bereits einmal gesehen zu haben.«

Der Bär warf einen forschenden Blick auf ihn und antwortete dann: »Mein weißer Bruder trägt jetzt einen längeren Bart als früher; aber ich erkenne ihn doch wieder.«

»Nun, wer bin ich?«

»Einer von den beiden Bleichgesichtern, welche hier oben einen ganzen Winter zubrachten. Damals lebte Ikhatschi-tatli noch, der große Vater, welcher krank war, und von ihnen gepflegt wurde, bis er starb.«

»Ja, wir pflegten ihn, und er war uns dankbar dafür. Er gab uns ein Geschenk, dessen sich der »große Bär« vielleicht erinnern wird.«

»Ich weiß es,« nickte der Rote, aber in einer Weise, als ob er sich nur ungern an diesen Umstand erinnern lasse.

»Es war ein Geheimnis, welches er uns anvertraute, ein Geheimnis von einem Schatze, welcher hier verborgen liegt.«

»Ja; aber der große Vater hatte sehr unrecht, als er von diesem Geheimnisse sprach. Er war alt und schwach geworden, und die Dankbarkeit verhinderte ihn, sich zu erinnern, daß er ewiges Schweigen gelobt hatte. Er durfte von diesem Geheimnisse, welches sich auf die Nachkommen zu vererben hat, nur zu seinem Sohne und Enkel sprechen. Die Gegenstände, um welche es sich handelt, waren nicht sein Eigentum; er durfte nicht das Geringste verschenken. Ganz besonders aber war es seine Pflicht, gegen Bleichgesichter zu schweigen.«

»So meinst du, daß ich nicht das Recht habe, von dieser Sache zu sprechen?«

»Ich kann es dir nicht verbieten.«

»Wir hatten eine Zeichnung darüber.«

»Die nützt dir nichts, denn wenn du dich nach derselben richtest, wirst du nichts finden. Ich habe den aufbewahrten Gegenständen einen andern Platz gegeben.

»Und den darf ich nicht erfahren?«

»Nein.«

»So bist du weniger dankbar als dein Vater!«

»Ich thue meine Pflicht, werde es dir aber nicht vergessen, daß du bei seinem Tode zugegen gewesen bist. Auf die Ausnutzung des Geheimnisses mußt du verzichten; jeden andern Wunsch aber werde ich dir mit Freuden erfüllen.«

»Ist das dein Ernst?« fragte da Old Firehand schnell.

»Ja. Meine Worte sind stets so gemeint, wie ich sie spreche.«

»So werde ich an Stelle dieses unsres Gefährten einen Wunsch aussprechen.«

»Thu es! Liegt es in meiner Macht, so werde ich denselben gern erfüllen.«

»Wem gehört das Land, auf welchem wir uns hier befinden?«

»Mir. Ich habe es von den Timbabatschen erworben und werde es einst meinem Sohn, dem »kleinen Bären« hinterlassen.«

»Kannst du dein Recht darauf beweisen?«

»Ja. Bei den roten Männern gilt das Wort; die weißen Männer aber verlangen ein Papier mit schwarzen Buchstaben. Ich habe ein solches anfertigen und von den weißen Häuptlingen unterschreiben lassen. Es ist auch ein großes Siegel darauf. Das Land am Silbersee, so weit es rundum von den Bergen eingefaßt wird, ist mein Eigentum. Ich kann mit demselben thun, was mir beliebt.«

»Und wem gehört der Felsenkessel, durch den wir heut gekommen sind?«

»Den Timbabatschen. Die weißen Häuptlinge haben die ganze Gegend ausgemessen und abgezeichnet; dann hat der weiße Vater in Washington sich unterschrieben, daß sie Eigentum der Timbabatschen ist.«

»Diese können also davon verkaufen, verpachten oder verschenken, ganz wie es ihnen gefällt.«

»Ja, und niemand darf etwas dagegen haben.«

»So will ich dir sagen, daß ich den Felsenkessel von ihnen kaufen will.«

»Thue es!«

»Du bist einverstanden?«

»Ja. Ich kann es ihnen nicht verbieten, zu verkaufen, und dir nicht, zu kaufen.«

»Darum handelt es sich nicht, sondern darum, ob es dir lieb oder unlieb ist, uns in deine Nachbarschaft zu bekommen.«

»Euch? Nicht bloß dich? So wollt ihr alle im Kessel wohnen?«

»Allerdings. Ich will auch die Strecke bis an deine Grenzen kaufen, in welcher die Felsenenge liegt.«

Das Gesicht des »großen Bären« nahm einen pfiffigen Ausdruck an, als er fragte: »Warum wollt ihr grad an einer Stelle wohnen, an welcher es kein Wasser gibt, und wo kein einziger Grashalm wächst? Der Weiße kauft nur solches Land, welches ihm großen Nutzen bringt. Ich errate eure Gedanken. Es ist der Stein, der Felsen, welcher Wert für euch hat.«

»Das ist richtig. Aber er gewinnt erst dann an Wert, wenn wir Wasser bekommen können.«

»Nehmt es euch aus dem See!«

»Das ist es, was ich mir von dir erbitten wollte.«

»Du sollst so viel haben, wie du brauchst.«

»Darf ich eine Leitung anlegen?«

»Ja.«

»Du verkaufst mir das Recht dazu, und ich bezahle es dir?«

»Wenn der Kauf notwendig ist, so habe ich nichts dagegen. Du magst einen Preis bestimmen, aber ich schenke ihn dir. Ihr habt mir einen großen Dienst geleistet; ohne euch wären wir in die Hände der Utahs gefallen; ich werde alle deine Wünsche erfüllen. Dieser Mann, welcher vorhin mit mir sprach, wollte die Schätze des Geheimnisses haben; das darf ich nicht zugeben; dafür werde ich euch aber behilflich sein, die Schätze des Felsenkessels auszubeuten. Du hörst, daß ich errate, um was es sich handelt. Es soll mich freuen, wenn eure Hoffnungen nicht zu Schanden werden.«

»Das laß ich mir gefallen,« flüsterte der Hobble-Frank seinem Vetter zu.

»Das Wasser haben wir also mehrschtenteels schon; wenn dann das Gold ooch so bereitwillig fließt, so können wir bald Crassussens schpielen.«

»Meenste vielleicht Krösussens? Krösus is doch wohl derjenige König gewese, der so schteenreich gewese is?«

»Fang mir nich etwa ooch so an wie der dicke Jemmy, der immer in die falsche Konterpunktion gerät! Crassus is die richtige Modulation. Wennste mein Freund und Vetter bleiben willst, so – – – horch!«

Vor dem Eingange ließ sich ein Pfiff hören. Das war das mit den Rafters verabredete Zeichen. Die Weißen sprangen auf und eilten nach dem Eingange des Thales. Die Roten blieben sitzen. Vorn angekommen, erfuhren sie, daß man aus der Gegend der Felsenenge ein Geräusch wie Huftritte gehört habe. Es wurden schnell die nötigen Maßregeln getroffen. Die Weißen lagen unter und hinter den Bäumen versteckt und warteten mit Spannung auf das, was nun kommen werde.

Vor ihnen lagen die bereits erwähnten Büsche. Die Zwischenräume derselben wurden vom Monde hinreichend beleuchtet. Hobble-Frank und Droll lagen nebeneinander. Sie hatten einen ziemlich freien Raum vor sich, den sie mit scharfen Blicken überwachten.

»Du,« flüsterte Frank, »bewegt sich nich etwas dort links am Busche?«

»Ja. Ich sah drei dunkle Punkte. Das müsse Indianersch sein.«

»Gut! Die sollen gleich schpüren, daß ich jetzt Besitzer eenes feinen Gewehrs bin.«

Er legte an. Da erhob sich einer der Indianer, um den freien Raum schnell zu überspringen. Er war im Lichte des Mondes deutlich zu erkennen. Der Schuß Franks krachte, und der Indianer fiel, in die Brust getroffen, nieder. Seine beiden Kameraden sprangen zu ihm hin, um ihn in Sicherheit zu bringen; ein Rafter schoß auf sie, traf aber nicht; sie verschwanden mit dem Toten.

Es verging einige Zeit, ohne daß man ferner etwas hörte oder sah. Das war auffällig. Darum kroch Winnetou vorwärts, um den vorn liegenden Raum vorsichtig abzusuchen. Nach ungefähr einer Viertelstunde kehrte er nach der Stelle zurück, an welcher er sich mit Old Firehand, Shatterhand und dem »großen Bären« befunden hatte, und meldete: »Die Krieger der Utahs haben sich geteilt. Die eine Hälfte von ihnen hält mit allen Pferden dort links, wo der Weg aus dem Felsenkessel mündet; die andern sind rechts am Beginn des Canons; dort haben sie ein Loch geöffnet, in welchem sie verschwinden.«

»Ein Loch?« fragte der »Bär« erschrocken. »So kennen sie den unterirdischen Gang, und mein Geheimnis ist verraten. Das kann kein andrer als das »lange Ohr« gethan haben. Wie hat er das erfahren können? Kommt mit mir! Ich muß sehen, ob es wahr ist.«

 

Er eilte fort, auf der Höhe des Dammes hin, und die drei folgten ihm. Bald sahen sie, unter den Bäumen versteckt, den Anfang des Canons hell unter sich liegen. Der Steinhaufen war entfernt, und beim Scheine des Mondes erkannte man die Utahs, welche in den Gang eindrangen.

»Ja, sie kennen mein Geheimnis,« meinte der »große Bär«. »Sie wollen nach der Insel, um uns in den Rücken zu kommen, und sie wollen meine Schätze haben. Aber das soll ihnen nicht gelingen. Ich muß rasch auf die Insel. Old Firehand und Old Shatterhand mögen mich begleiten; Winnetou aber mag hier bleiben; ich muß ihm etwas zeigen.«

Er führte den Apachen einige Schritte vorwärts nach einer Stelle, an welcher der Damm senkrecht in den See fiel. Dort lag ein großes, viele Zentner schweres Felsstück auf einer Unterlage von kleineren Steinen, welche eigentümlich geordnet waren. Der »große Bär« deutete auf einen dieser Steine und sagte: »Sobald Winnetou von hier aus sieht, daß ich auf der Insel ein Feuer anbrenne, mag er an diesen Stein stoßen, worauf dieser Felsen hinab in das Wasser rollen wird. Mein roter Bruder mag aber schnell zurückspringen und nicht erschrecken, wenn er ein großes Krachen hört.«

»Warum soll der Felsen in das Wasser?« fragte Winnetou.

»Das wirst du später sehen. Jetzt ist keine Zeit zum Erklären; ich muß fort. Schnell!«

Er rannte davon, und die beiden Jäger folgten ihm. An dem Feuer angekommen, riß er einen Brand aus demselben und stieg in eins der Boote.

Während er sich bemühen mußte, die Flamme zu erhalten, nahmen Firehand und Shatterhand das Ruder; sie stießen ab und hielten auf die Insel zu. Drüben sprang der »große Bär« schnell heraus und eilte in das Gebäude. Auf dem Herde lag dürres Holzwerk; er schaffte es heraus und steckte es in Brand. »Meine Brüder mögen horchen!« sagte er dann, mit der Hand nach der Gegend deutend, in welcher Winnetou zurückgeblieben war.

Da drüben war ein kurzes, hohles Rollen zu hören, dann das Zischen des unter dem stürzenden Felsen aufbrausenden Wassers, und nun erfolgte ein Krachen, ein Getöse, als ob ein Haus einstürze.

»Es ist gelungen!« rief der »große Bär«, tief aufatmend. »Die Utahs sind verloren. Kommt mit herein!«

Er ging wieder in das Gebäude, in die Abteilung, in welcher sich der Herd befand. Dieser stand, wie die beiden Jäger jetzt sahen, auf einer beweglichen Unterlage, denn der Rote schob ihn ohne alle Anstrengungen zur Seite. Es wurde eine Öffnung sichtbar, in welche der »Bär« hinablauschte.

»Sie sind drin; sie sind unten; ich höre sie kommen,« sagte er. »Nun aber schnell das Wasser hinein!«

Er sprang hinaus, hinter das Gebäude, was er dort machte, konnten die beiden nicht sehen; aber als er zurückkehrte, deutete er auf eine nahe Stelle des Sees und erklärte: »Seht ihr, daß sich dort das Wasser bewegt? Es bildet einen Strudel, einen Trichter; es wird nach unten gezogen, denn es fließt in den Gang, den ich geöffnet habe.«

»Mein Himmel! So müssen die Utahs ja elend ertrinken!« rief Shatterhand.

»Ja, alle, alle! Kein einziger entkommt.«

»Gräßlich! War das nicht zu umgehen?«

»Nein. Es soll keiner entkommen, um zu erzählen, was er da unten gesehen hat.«

»Aber du hast deinen eigenen Bau zerstört!«

»Ja, er ist zerstört und kann nie wieder hergestellt werden. Die Schätze sind für die Menschen verloren; kein Sterblicher wird sie nun zu heben vermögen, denn die Insel wird sich bis obenan mit Wasser füllen. Kommt herein!«

Es überlief die beiden Weißen ein kaltes Grauen. Das unten aufsteigende Wasser trieb die dumpfige Luft nach oben; man fühlte es aus der Bodenöffnung kommen. Das bedeutete den Tod von weit, weit über hundert Menschen.

»Aber unsre Gefangenen, die sich hier nebenan befinden!« sagte Old Shatterhand. »Die ertrinken doch auch!«

»Nein. Die Mauer widersteht für einige Zeit. Dann freilich müssen wir sie herausholen. Horcht!«

Man hörte da unten ein Geräusch, und dann sah man einen Roten mit einer Fackel auftauchen. Es war das »lange Ohr«. Der »große Bär« wollte ihn auch ertrinken lassen, aber auf Old Firehands Zureden sah er von dieser Grausamkeit ab. Kaum befand sich der Timbabatsche in Sicherheit, so stand im Innern der Insel das Wasser genau so hoch wie draußen, und der vorhin sichtbare trichterförmige Wirbel war verschwunden.

Das »lange Ohr« hatte sich am Feuer niedergesetzt; es war ihm jetzt unmöglich, zu stehen. Der »große Bär« setzte sich ihm gegenüber, zog einen Revolver aus dem Gürtel und sagte in drohendem Tone: »Jetzt mag der Häuptling der Timbabatschen erzählen, wie er mit den Utahs in den Gang gekommen ist. Wenn er mich belügt, werde ich ihm eine Kugel in den Kopf schießen. Er hat das Geheimnis der Insel gekannt?«

»Ja,« gestand der Gefragte.

»Wer hat es dir verraten?«

»Du selbst.«

»Das ist nicht wahr!«

»Es ist wahr. Ich saß drüben unter der alten Lebenseiche, als du mit deinem Sohne kamst. Ihr bliebt in meiner Nähe stehen und spracht von der Insel, von ihren Schätzen und von dem Gange, aus welchem man das Wasser in den Canon laufen lassen kann. Erinnerst du dich?«

»Ja, es ist wahr. Wir haben dort gestanden und davon gesprochen. Wir glaubten, allein zu sein.«

»Ich ersah aus euren Worten, daß der Gang da beginne, wo der Steinhaufen lag. Am andern Morgen jagtet ihr einen Hirsch, und ich benutzte das, um den Steinhaufen zu entfernen. Ich trat in den Gang und sah die Fackeln. Da wußte ich genug und brachte die Steine wieder an ihre Stelle.«

»Und heut gingst du zu den Utahs, um das Geheimnis zu verraten!«

»Nein. Ich wollte sie belauschen, wurde aber ergriffen. Nur um mich zu retten, sprach ich von diesem Gange und auch von der Insel.«

»Das war feig. Hätte Old Shatterhand nicht bemerkt, daß du fehltest, so wäre der Verrat gelungen, und unsre Seelen befänden sich schon morgen in den ewigen Jagdgründen. Habt ihr gesehen, was unten in der Insel lag?«

»Ja.«

»Und habt ihr die Pakete geöffnet?«

»Nur ein einziges.«

»Was befand sich darin?«

»Ein Gott, aus purem Golde gefertigt.«

»Kein menschliches Auge wird ihn wiedersehen, auch das deinige nicht. Was meinst du wohl, daß du verdient hast?«

Der Timbabatsche schwieg.

»Den Tod, den zehnfachen Tod! Aber du warst mein Freund und Kamerad, und diese Bleichgesichter wünschen nicht, daß ich dich töte. Du sollst also leben bleiben, doch nur, wenn du das thust, was ich von dir verlange.«

»Was forderst du?«

»Ich werde dir einen Schwur, einen schweren Schwur abnehmen, einen Schwur, daß du niemals und niemanden von der Insel und dem, was sie enthält, etwas sagen willst.«

»Ich bin bereit, zu schwören.«

»Jetzt nicht, sondern später. Und sodann fordre ich von dir, daß du das thust, was Old Firehand von dir verlangen wird. Er will in dem Felsenkessel wohnen und ihn euch abkaufen. Du wirst ihm den Platz verkaufen und dazu den Weg, welcher von dort nach dem Silbersee führt.«

»Wir brauchen den Kessel nicht, denn er ist unnütz; kein Pferd findet Weide dort.«

»Was forderst du dafür?«

»Da muß ich erst mit den andern Timbabatschen sprechen.«

»Sie werden dich fragen, was sie verlangen sollen, und du mußt den Preis bestimmen. Da will ich dir jetzt sagen, welche Forderung du machen darfst. Old Firehand wird dir geben zwanzig Gewehre und zwanzig Pfund Pulver, zehn Decken, fünfzig Messer und dreißig Pfund Tabak. Das ist nicht zu wenig. Wirst du darauf eingehen?«

»Ich stimme bei und werde mich so verhalten, daß auch die andern darauf eingehen.«

»Du wirst mit Old Firehand und einigen Zeugen zum nächsten Häuptlinge der Bleichgesichter gehen müssen; damit der Kauf dort seine Gültigkeit erhalte. Dafür wirst du noch ein besonderes Geschenk erhalten, groß oder klein, viel oder wenig, wie du es verdient oder wie es Old Firehand beliebt. Du siehst, ich sehe auf deinen Nutzen; aber ich hoffe, daß du mich den Verrat vergessen lässest. Jetzt rufe einige deiner Leute herüber, welche die gefangenen Utahs hinüberschaffen sollen, damit sie nicht auch ertrinken!«