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Der Schatz im Silbersee

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Durch die Öffnung fiel so viel Licht in diesen kellerartigen Raum, daß Old Shatterhand sich leicht zu orientieren vermochte. Er war größer als die Wohnstube; die Vergrößerung lag nach der Gartenseite zu. Die entgegengesetzte Seite wurde durch eine Luftziegelmauer abgeschlossen, in welcher es weder Thür noch sonstige Öffnung gab. Als der Jäger an dieselbe klopfte, klang sie dünn und hohl. Es befand sich also hinter ihr ein zweiter Keller, welcher unter dem Herdraume lag. Und doch war in dem letzteren kein Zugang nach unten zu sehen gewesen.

Die Utahs wurden herabgereicht und nebeneinander gelegt. Old Shatterhand befürchtete, daß es ihnen an Luft mangeln werde. Als er eine darauf bezügliche Bemerkung machte, antwortete der »große Bär«: »Sie können genugsam atmen. Hier von der Decke aus gehen Löcher durch die Mauer des Hauses; es sind Hohlziegel eingesetzt. Die alten Bewohner dieser Gegend wußten gar wohl, was sie thaten.«

Old Shatterhand trat wie unwillkürlich, aber mit Absicht, einigemal sehr fest auf. Der Boden des Kellers klang auch hohl. Jedenfalls war die Insel, ehe man den See entstehen ließ, als hohles Gebäude aufgemauert und dann mit einem festen, für das Wasser undurchdringlichen Erd- und Steinmantel umgeben worden. Sollte da unten, auf dem Grunde der Insel, der Schatz aufbewahrt liegen?

Zu weiteren auffälligen Untersuchungen gab es keine Zeit, denn der letzte Gefangene war plaziert, und der Häuptling stieg wieder nach oben. Old Shatterhand mußte ihm folgen. Unter dem Dache des Gebäudes hingen an Stangen große Stücke getrockneten und auch geräucherten Fleisches. Davon wurde in die Kanoes getragen, um mit an das Ufer genommen und dort verzehrt zu werden. Eben als man drüben anlangte, erschien auf schäumendem Pferde der Bote, welcher um Hilfe abgeschickt worden war. So nahe hatten die Timbabatschen und auch der »große Bär« die Feinde doch nicht geglaubt. Alles griff zu den Waffen und eilte zu den Pferden.

Ellen mußte natürlich zurückbleiben, doch nicht ohne Schutz. Es gab aber keinen, welcher sich gern von dem Ritte ausschließen wollte, und so war es schließlich ihr Vater, welcher bei ihr blieb. Er erhielt von dem »großen Bär« den Rat, sie hinüber nach der Insel zu rudern und dort bei ihr zu bleiben, da man dort am sichersten sei. Es blieb nämlich niemand weiter am See zurück. Zwar war wohl nichts zu befürchten, aber Vorsicht ist in solchen Fällen stets geraten. Er stieg also mit ihr in ein Kanoe, nahm seine Waffen mit und stieß vom Lande, als die andern fortritten. Diese strengten ihre Pferde weit mehr als die erste Abteilung an. Es ging im Galopp über Stock und Stein, und in Zeit von einer Viertelstunde war der Weg zurückgelegt, zu welchem die ersten fünfzig drei Viertelstunden gebraucht hatten. Da stießen sie auf deren Pferde. Vor ihnen fielen Schüsse. Sie stiegen ab, ließen ihre Tiere ebenfalls hier zurück, teilten sich so schnell als möglich nach rechts und links und gelangten, ohne von den Utahs bemerkt zu werden, in die zerklüfteten Felsenpartieen, welche ihren Freunden zum Versteck dienten.

Natürlich freuten sich diese über die so schnelle Ankunft der Hilfe. Der Humply-Bill erzählte, was geschehen war, und der Hobble-Frank war nicht wenig stolz auf das Lob, welches ihm infolgedessen erteilt wurde.

Die Utahs glaubten, es immer nur noch mit denen, welche sie gesehen hatten, zu thun zu haben. Sie schienen einzusehen, daß sie durch ein rasches Vorgehen dem Kampfe längst ein Ende hätten machen können, und wollten das nun nachholen. Diejenigen Verteidiger des Canon, welche vorn in den Verstecken lagen, sahen, daß die Utahs sich sammelten, und teilten das ihren Kameraden mit. Man machte sich also auf den Empfang bereit. Plötzlich erscholl ein Geheul, als ob das wilde Heer losgelassen worden sei, und die Utahs drangen vor. Ein kaum zwei Minuten fortgesetztes Krachen von beiden Seiten, und sie wichen zurück, indem sie eine Menge Tote und Verwundete liegen ließen. Old Shatterhand hatte hinter einem der Felsenpfeiler gestanden und mehrere Schüsse abgegeben, dabei aber so gezielt, daß er die Getroffenen nicht tötete, sondern nur verwundete und kampfunfähig machte. Jetzt sah er, daß die Timbabatschen sich hinausstürzten, um die Gefallenen zu skalpieren; ihr Häuptling war bei ihnen.

»Halt!« rief er mit donnernder Stimme. »Laßt diese Leute liegen.«

»Warum? Ihre Skalpe gehören uns!« antwortete das »lange Ohr«.

Dabei zog er sein Messer und bückte sich nieder, um einem Verwundeten die Kopfhaut zu nehmen. Im nächsten Augenblicke stand Old Shatterhand bei ihm, hielt ihm den Revolver vor den Kopf und drohte: »Thu einen Schnitt, so schieße ich dich nieder.«

Das »lange Ohr« hatte wohl das Herz, ein Gewehr und einen Kugelbeutel zu stehlen, aber sich erschießen zu lassen, dazu fehlte ihm der Mut. Er richtete sich auf und sagte im Tone freundlicher Vorstellung: »Was kannst du dagegen haben? Die Utahs würden uns auch skalpieren.

»Wenn ich bei ihnen wäre, würden sie es bleiben lassen. Ich dulde es nicht, wenigstens bei den noch lebenden nicht.«

»So mögen sie ihre Skalpe behalten; aber den Toten werde ich sie nehmen.«

»Mit welchem Rechte?«

»Ich begreife dich nicht!« meinte der Rote betroffen. »Ein erlegter Feind muß doch skalpiert werden!«

»Hier liegen viele. Hast du sie denn alle besiegt?«

»Nein. Einen habe ich getroffen.«

»Welchen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Ist er tot?«

»Auch das weiß ich nicht. Er lief weiter.«

»So zeige mir denjenigen Toten, in welchem die Kugel deines Gewehres steckt; dann sollst du ihn skalpieren dürfen; eher aber nicht!«

Der Häuptling zog sich brummend in sein Versteck zurück, und seine Leute folgten diesem Beispiele. Da erhob sich unten, wo die zurückgeschlagenen Utahs sich wieder gesammelt hatten, ein Geschrei. Da der Jäger zwischen Timbabatschen stand, hatten sie ihn nicht genau sehen können; nun er sich noch allein im Freien befand, erkannten sie ihn, und man hörte sie rufen: »Old Shatterhand! die Zauberflinte, das Zaubergewehr!«

Daß dieser Mann sich hier befinden könne, war ihnen unbegreiflich. Seine Anwesenheit machte einen wahrhaft entmutigenden Eindruck auf sie. Desto mehr Courage zeigte er. Er schritt langsam weiter, auf sie zu und rief, als er in gute Hörweite von ihnen gekommen war: »Holt eure Toten und Verwundeten! Wir schenken sie euch.«

Einer der Anführer trat vor und antwortete: »Ihr werdet auf uns schießen!«

»Nein.«

»Redest du die Wahrheit?«

»Old Shatterhand lügt nie.«

Dabei drehte er sich um und kehrte in sein Versteck zurück.

So treulos diese Roten waren, diesem Jäger, diesem Bleichgesichte trauten sie keine Untreue, keinen Verrat zu. Dazu kam, daß es der Indianer für eine große Schande hält, seine Toten oder gar Verwundeten im Stiche zu lassen. Darum schickten die Utahs jetzt, zunächst wenigstens versuchsweise, zwei ihrer Leute ab, welche sich langsam näherten, einen Verwundeten aufhoben und ihn forttrugen. Sie kehrten wieder und schafften einen zweiten fort. Als auch jetzt nichts Feindseliges unternommen wurde, gewannen sie volles Vertrauen, und es kamen ihrer mehrere. Old Shatterhand trat wieder heraus; sie erschraken und wollten davonlaufen. Er aber rief ihnen zu: »Bleibt! Es geschieht euch nichts.«

Sie blieben zaghaft stehen; er näherte sich ihnen vollends und fragte: »Wie viele Häuptlinge sind jetzt bei euch?«

»Vier.«

»Welcher ist der vornehmste von ihnen?«

»Nanap varrenton.«

»Sagt ihm, daß ich mit ihm sprechen will! Er mag die Hälfte des Weges machen und ich die andre Hälfte; so treffen wir uns in der Mitte. Die Waffen lassen wir zurück.«

Sie richteten diese Botschaft aus und brachten den Bescheid: »Er wird kommen und die andern drei Häuptlinge mitbringen.«

»Ich bringe nur zwei Gefährten mit, die er vielleicht kennen wird. Sobald ihr hier fertig seid, mögen die Häuptlinge kommen.«

Bald näherten sich diese vier von der einen und Old Shatterhand mit Firehand und Winnetou von der andern Seite. In der Mitte trafen sie zusammen, begrüßten sich mit ernstem Neigen des Kopfes und setzten sich einander gegenüber auf die Erde. Der Stolz verbot den Roten, sofort zu sprechen. Ihre Züge konnte man wegen der dick aufgetragenen Farbe nicht erkennen, aber ihren Blicken sah man die Verwunderung an, neben Old Shatterhand die beiden andern berühmten Männer zu bemerken. So ruhten die Augen der beiden Parteien eine ganze Weile aufeinander, bis endlich der älteste der Roten, eben der »alte Donner«, die Geduld verlor und zu reden beschloß. Er erhob sich, reckte sich in würdevolle Haltung und begann: »Als die weite Erde noch den Söhnen des großen Manitou gehörte, und es bei uns keine Bleichgesichter gab, da – – —«

»Da konntet ihr die Reden halten, so lang es euch beliebte,« fiel Old Shatterhand ein. »Die Bleichgesichter aber lieben es, sich kurz zu fassen, und dies wollen wir jetzt thun.«

Wenn der Rote ein Palaver hält, so findet er kein Ende. Die jetzige Unterredung hätte vielleicht Stunden in Anspruch genommen, wenn Old Shatterhand nicht schon die Einleitung abgeschnitten hätte. Der Rote warf ihm einen halb verwunderten, halb zornigen Blick zu, setzte sich wieder nieder und sagte: »Der »alte Donner« ist ein berühmter Häuptling. Er zählt viel mehr Jahre als Old Shatterhand und ist nicht gewohnt, sich von jungen Männern unterbrechen zu lassen. Wenn die Bleichgesichter mich beleidigen wollen, so brauchten sie mich nicht kommen zu lassen. Ich habe gesprochen. Howgh!«

»Ich habe nicht die Absicht gehabt, dich zu kränken. Ein Mann kann viele Jahre zählen und doch weniger erfahren haben als ein jüngerer. Du wolltest von den Zeiten reden, in denen es noch keine Bleichgesichter gab; wir aber haben die Absicht, von dem heutigen Tage zu sprechen. Und wenn ich es bin, der dich rufen ließ, so werde ich auch derjenige sein müssen, welcher zuerst spricht, um dir zu sagen, was ich von dir will. Auch ich habe gesprochen. Howgh!«

 

Das war scharf zurechtgewiesen. Er deutete den Roten dadurch an, daß er es sei, der hier zu sprechen und zu fordern habe. Sie schwiegen, und darum fuhr er fort: »Du hast meinen Namen genannt und kennst mich also. Kennst du auch die beiden Krieger, welche hier neben mir sitzen?«

»Ja. Es ist Old Firehand und Winnetou, der Häuptling der Apachen.«

»So wirst du wissen, daß wir stets die Freunde der roten Männer gewesen sind. Kein Indianer kann sagen, daß wir ihm unbeleidigt entgegengetreten sind; ja, wir haben oft auf unsre gerechte Rache verzichtet und verziehen, wo wir hätten strafen sollen. Warum verfolgt ihr uns?«

»Weil ihr die Freunde unsrer Feinde seid.«

»Das ist nicht wahr. Der »große Wolf« hat uns gefangen genommen, ohne daß wir ihm geringste Feindseligkeit erwiesen hatten. Er trachtete uns wiederholt nach dem Leben und brach mehreremal sein Wort. Um unser Leben zu retten, mußten wir uns gegen die Utahs wehren.«

»Habt ihr nicht im Walde des Wassers den alten Häuptling niedergeschlagen und andre Häuptlinge und Krieger mitgenommen?«

»Wieder nur, um uns zu retten.«

»Und jetzt befindet ihr euch bei den Navajos und Timbabatschen, welche unsre Feinde sind!«

»Aus Zufall. Wir wollten nach dem Silbersee und trafen hier auf sie. Wir hörten, daß es zum Kampfe zwischen euch und ihnen kommen werde, und beeilen uns, Frieden zu stiften.«

»Wir wollen Rache, aber keinen Frieden, und aus euren Händen am allerwenigsten.«

»Ob ihr ihn annehmt, das ist eure Sache; wir halten es für unsre Pflicht, ihn euch anzubieten.«

»Wir sind Sieger!«

»Bis vorhin, aber nun nicht mehr. Ihr seid schwer gekränkt worden; das wissen wir; aber es ist ungerecht von euch, euch an Unschuldigen zu rächen. Unser Leben hat wiederholt auf dem Spiele gestanden. Wäre es auf euch angekommen, so wären wir längst am Marterpfahle gestorben, wie die andern Bleichgesichter im Thale der Hirsche.«

»Was wißt ihr davon?«

»Alles. Wir haben ihre Leiber begraben.«

»So warst du dort?«

»Ja. Wir waren mitten unter euch. Wir haben gehört, was die Utahs sprachen, und gesehen, was sie thaten. Wir standen unter den Bäumen, als die Navajos kamen, und sahen, daß ihr sie von dannen getrieben habt.«

»Das ist unmöglich; das ist nicht wahr.«

»Du weißt, daß ich nicht lüge. Fragt die Häuptlinge der Utahs, welche dabei gewesen sind.«

»Wo sollen wir sie fragen? Sie sind verschwunden.«

»Wohin?«

»Wissen wir es?«

»Sind sie von den Navajos getötet worden?«

»Nein. Wir glaubten es, aber wir fanden ihre Leiber nicht. Dann glaubten wir, sie seien gefangen; aber wir haben die Navajos hart verfolgt und keinen einzigen Gefangenen bei ihnen gesehen, während viele von ihnen in unsre Hände geraten sind. Die Häuptlinge der Utahs befinden sich nicht bei den Navajos.«

»Aber verschwunden können sie doch nicht sein!«

»Der große Geist hat sie zu sich genommen.«

»Nein. Der große Geist mag von so treulosen und verräterischen Männern nichts wissen. Er hat sie in unsre Hände gegeben.«

»In eure Hände?«

»Ja, in die Gewalt der Bleichgesichter, welche ihr verderben wolltet.«

»Deine Zunge ist falsch; sie spricht solche Worte, um uns den Frieden abzuzwingen.«

»Ja, ich will und werde euch den Frieden abzwingen, ich sage die Wahrheit. Als wir des Abends im Thale der Hirsche bei euch waren, haben wir die drei Häuptlinge gefangen genommen.«

»Ohne daß ihre Krieger es merkten?«

»Niemand konnte es sehen oder hören. Wir haben sie niedergeschlagen, ohne daß sie ein Wort zu sprechen vermochten. Nennt man mich nicht Old Shatterhand?«

»Es ist nicht wahr. Man hätte euch sehen müssen.«

»Es gibt im Thale der Hirsche ein Versteck, welches wir kennen, aber nicht ihr. Ich will dir beweisen, daß ich die Wahrheit spreche. Was ist das?«

Er zog einen schmalen Riemen aus der Tasche, welcher mit walzenförmig geschnittenen Knöpfen aus der Schale der Venusmuschel besetzt war, und hielt ihm denselben vor das Gesicht.

»Uff!« rief der »alte Donner« erschrocken. »Der Wampun der »gelben Sonne«! Ich kenne ihn genau.«

»Und dieser hier?«

Er brachte einen zweiten Riemen hervor.

»Der Wampun des Häuptlings »vier Büffel«! Auch den kenne ich.«

»Und dieser dritte Wampun?«

Als er auch noch einen dritten Riemen zeigte, wollte dem Alten das Wort im Munde stocken. Er machte eine Bewegung des Entsetzens und stieß in abgerissenen Sätzen hervor: »Kein Krieger gibt sein Wampun her; er ist ihm heilig über alles. Wer den Wampun eines andern besitzt, hat denselben getötet oder gefangen genommen. Leben die drei Häuptlinge noch?«

»Ja.«

»Wo sind sie?«

»In unsrer Gewalt, gut aufgehoben.«

»Am Silbersee?«

»Du fragst zu viel. Bedenke, wer sich außer ihnen noch bei uns befindet! Es sind lauter Häuptlinge und tapfere Krieger, welche später ganz gewiß Häuptlinge werden.«

»Was wollt ihr mit ihnen thun?«

»Leben gegen Leben, Blut gegen Blut! Macht Frieden mit den Navajos und Timbabatschen, so geben wir die Gefangenen heraus!«

»Auch wir haben Gefangene gemacht. Tauschen wir sie um, Mann für Mann.«

»Hältst du mich für einen Knaben, daß du meinst, ich wisse nicht, daß man einen Häuptling für wenigstens dreißig Krieger austauscht? Überlege dir meinen Vorschlag, und denke, daß es besser ist, die Freiheit dieser Anführer zu erhalten, als noch hundert oder zweihundert Feinde umzubringen.«

»Und die Beute rechnest du nicht?«

»Beute? Pshaw! Von Beute ist keine Rede, denn ihr werdet keine machen, weil ihr nicht wieder siegen werdet. Jetzt stehen wir euch gegenüber, fünfzig weiße Jäger. Wir sind die Gefangenen der Utahs gewesen und haben ihrer doch gelacht; sie mußten uns gehen lassen und uns sogar ihre Häuptlinge mitgeben. Das thaten wir, als wir gefesselt und in Banden lagen. Was werden wir vermögen, wenn wir frei und ungehindert sind! Ich sage dir, wenn du nicht deinen Frieden mit uns machst, so werden die wenigsten von euch ihre heimatlichen Wigwams wiedersehen!«

Man sah es dem »alten Donner« an, daß diese Vorstellung nicht verfehlte, Eindruck auf ihn zu machen. Er blickte finster zur Erde nieder. Old Shatterhand fuhr fort, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen: »Eure Häuptlinge trachteten uns nach dem Leben; sie gerieten in unsre Hände und wir hatten nicht nur das Recht, sondern sogar, um sie unschädlich zu machen, die Pflicht, sie zu töten. Wir haben es nicht gethan, weil wir es gut mit ihnen und euch meinen, Wenn wir euch jetzt zum Frieden raten, so ist das ebenso gut mit euch gemeint, denn wir wissen genau, daß wir euch schlagen werden. Entschließe dich, ehe es zu spät ist.«

Da stand Old Firehand auf, reckte und streckte gelangweilt seine gigantische Gestalt und sagte: »Pshaw! Wozu die Worte, wenn wir Waffen haben! Der »alte Donner« mag uns schnell sagen, ob er Krieg oder Frieden will. Dann wissen wir, woran wir sind, und werden ihm geben, was ihm gehört: Leben oder Tod!«

Das wirkte schnell, wenigstens kam sofort eine Antwort: »So schnell können wir uns nicht entscheiden.«

»Warum nicht? Seid ihr Männer oder Squaws?«

»Wir sind keine Weiber, sondern Krieger. Aber wir müssen erst mit unsern Leuten reden.«

»Wenn ihr wirklich Häuptlinge seid, so ist das gar nicht nötig. Ich sehe, ihr wollt Zeit gewinnen, um euch irgend eine Hinterlist auszusinnen, wie das so eure Gepflogenheit ist: aber keine Klugheit wird euch gegen unsre Fäuste helfen.«

»Old Firehand mag ruhig sprechen, wie wir ihm ruhig antworten. Dem Manne ziemt nicht, wallendes Blut zu haben. Wir werden gehen und überlegen, was zu thun sein wird.«

»So bedenkt, daß es in einer halben Stunde Nacht sein wird!«

»Wir können euch auch des Nachts sagen, was wir beschlossen haben. Wer sprechen will, ihr oder wir, mag einen Schuß abfeuern und dann laut rufen. Man wird ihm antworten. Ich habe gesprochen. Howgh!«

Er stand auf, neigte leise den Kopf und entfernte sich; die andern folgten seinem Beispiele.

»Nun sind wir grad so klug wie vorher!« zürnte Old Firehand.

»Mein Bruder hat zu zornig gesprochen,« sagte Winnetou in seiner milden Ruhe. »Er hätte Old Shatterhand weiter reden lassen sollen. Der »alte Donner« war nachdenklich geworden und stand schon im Begriff, zur Einsicht zu kommen.«

Firehand schien die Wahrheit dieses Vorwurfes einzusehen, denn er entgegnete nichts. Als sie bei den andern ankamen, wurden sie von dem »langen Ohr« mit der Frage empfangen: »Es waren vier Utahs. Warum gingt ihr nur zu dreien?«

»Weil wir genug Männer waren,« antwortete Old Firehand unwirsch.

»Es gab noch andre Männer. Auch ich bin Häuptling; ich gehörte zur Beratung, grad so gut wie ihr.«

»Es ist genug unnütz gesprochen worden; wir brauchten nicht noch einen vierten.«

Das »lange Ohr« schwieg; aber wäre sein Gesicht nicht mit Farbe beschmiert gewesen, so hätte man ihm angesehen, wie er sich ärgerte. Er befand sich überhaupt in schlechter Laune. Er war von Droll blamiert worden, ohne seinen Groll darüber laut werden zu lassen. Und sodann hatte auch Old Shatterhand ihn durch die Verhinderung des Skalpierens vor seinen Leuten schwer beleidigt. Der Häuptling war ein Feigling, welcher nicht den Mut besaß, offen zu widerstreben; aber der Zorn, den er nicht sehen ließ, saß in seinem Innern um so fester.

Es begann zu dämmern und wurde dann Nacht. Zwar war nicht anzunehmen, daß die Utahs einen Angriff wagen würden, aber es mußten dennoch Maßregeln getroffen werden, einen etwaigen Überfall zu vereiteln. Man mußte Wachen ausstellen. Das »lange Ohr« erbot sich freiwillig, das mit einigen seiner Leute zu übernehmen, und es konnte ihm nicht abgeschlagen werden. Aber um nichts zu versäumen, wies Old Shatterhand ihm und den betreffenden Timbabatschen ihre Plätze an und schärfte ihnen ein, ja nicht weiter vorzudringen.

Es waren mit dem Häuptlinge fünf Mann, welche eine Linie quer über den Canon bildeten. Das »lange Ohr« befand sich auf dem äußersten rechten Flügel. Old Shatterhand legte sich auf die Erde und kroch vorwärts, um vielleicht die Utahs zu belauschen. Es gelang ihm in kurzer Zeit und vollständig, obgleich sie drei Posten ausgestellt hatten, von denen er aber nicht bemerkt wurde. Er wagte es sogar, zwischen ihnen hindurchzukriechen und sah dann, daß die Feinde sich da, wo der Canon plötzlich breiter wurde, dicht neben- und hintereinander quer über denselben gelagert hatten. Er kehrte befriedigt zurück.

Das »lange Ohr« hatte gesehen, daß der Jäger rekognoszierte. Es ärgerte ihn, daß man ihm das nicht anvertraut hatte. Er, der Häuptling eines roten Stammes, verstand es jedenfalls viel besser, als so ein Bleichgesicht. Der Groll in ihm nagte weiter und weiter. Er wünschte, diesen Weißen zeigen zu können, daß er eine wichtige Person sei, welche man nicht umgehen dürfe. Wie nun, wenn die Roten etwas im Schilde führten und es ihm gelänge, dies zu erlauschen! Dieser Gedanke ließ ihm keine Ruhe, und endlich beschloß er, ihn auszuführen. Er kroch vorwärts, weiter und weiter. Aber es war nicht so leicht, wie er sich vorgestellt hatte, denn das Steingeröll lag nicht fest; es bewegte sich unter seinen langen Gliedern. Darum mußte er seine Aufmerksamkeit mehr unter sich als vor sich richten. Wieder kollerte unter ihm ein Stein – neben ihm tauchte etwas Dunkles auf, vor ihm auch; zwei kräftige Hände legten sich ihm wie Eisenklammern um den Hals; zwei andre Hände hielten seine Arme an den Leib; sein Atem stockte, und er verlor die Besinnung.

Als er wieder zu sich kam, lag er zwischen zwei Männern, welche ihm die Spitzen ihrer Messer auf die entblößte Brust hielten. Seine Glieder waren gefesselt, und in seinem Munde steckte ein Knebel. Er machte eine Bewegung, welche von einem dritten, der ihm zu Häupten saß, bemerkt wurde. Dieser sagte mit leiser Stimme, indem er ihm die Hand auf den Kopf legte: »Wir haben das »lange Ohr« erkannt. Ich bin der »alte Donner«. Wenn das »lange Ohr« klug ist, wird ihm nichts geschehen; ist er aber unklug, so wird er die Messer kosten, welche er auf seiner Brust fühlt. Er mag mir durch ein Nicken mit dem Kopfe zu erkennen geben, ob er meine Worte hört!«

Der gefangene Häuptling gab das gewünschte Zeichen. Er lag hier zwischen Leben und Tod, und es verstand sich ganz von selbst, daß er das Leben wählte. Es überkam ihn eine große Genugthuung bei dem Gedanken, daß es ihm jetzt möglich sei, sich an den stolzen, eingebildeten Weißen für die ihm widerfahrene Zurücksetzung und Beleidigung zu rächen.

»Das »lange Ohr« mag mir ferner zu verstehen geben, ob er nur leise sprechen will, wenn ich ihm den Knebel aus dem Munde nehme,« fuhr der andre fort.

 

Der Aufgeforderte nickte wieder, und sofort wurde der Knebel entfernt, doch warnte der »alte Donner«: »Wenn du ein lautes Wort sprichst, wirst du sterben. Willst du dich aber mit mir verbinden, so soll dir alles verziehen sein, und du wirst teil an unsrer Beute haben. Antworte mir!«

Beute! Bei diesem Worte kam dem Timbabatsch ein Gedanke, ein großer, ein kostbarer Gedanke. Er hatte ein Gespräch zwischen dem großen und dem kleinen Bären belauscht, ein Gespräch, welches ihm noch jetzt Wort für Wort im Ohre klang. Beute! Ja, Beute sollte es geben, Beute, wie sie noch nie nach einem Kampfe ausgeteilt worden war! Von diesem Augenblicke an war er der Sache der Utahs mit Leib und Seele ergeben.

»Ich hasse und verachte diese Weißen,« antwortete er. »Wenn du mir hilfst, so werden wir sie vernichten.«

»Und den »Bären« auch?«

»Ja. Doch meine Krieger sollen leben bleiben!«

»Das verspreche ich dir. Warum aber warst du vorher mein Feind?«

»Weil ich das noch nicht wußte, was ich heut weiß. Die Bleichgesichter haben mich so beleidigt, daß ich ihr Blut haben muß.«

»Diese Rache soll dir werden. Ich werde bald sehen, ob du es ehrlich mit mir meinst oder mich betrügen willst.«

»Ich bin dir treu und werde es dir beweisen, besser und vollkommener, als du jetzt ahnen kannst.«

»So sage mir zunächst, ob es wahr ist, daß die Bleichgesichter unsre Häuptlinge als Gefangene bei sich haben!«

»Es ist wahr. Ich habe sie gesehen.«

»So sind diese Hunde mit dem bösen Geiste im Bunde, sonst wäre ihnen nicht gelungen, was jedem andern Menschen unmöglich ist! Wo befinden sich die Häuptlinge der Utahs?«

»In dem Hause auf der Insel des Sees.«

»Von wem werden sie bewacht?«

»Von einem einzigen Bleichgesichte und einem Mädchen, welches seine Tochter ist.«

»Ist das wahr? Ein einziger Mann und ein Mädchen halten so viele tapfere und berühmte Krieger fest! Du lügst!«

»Ich sage die Wahrheit. Du mußt bedenken, daß die Gefangenen gefesselt sind.«

»So will ich es glauben. Das ist auf der Insel. Wie viele Krieger aber befinden sich am Ufer?«

»Keiner.«

»Mensch, wo ist dein Verstand!«

»Keiner! Die Weißen und meine Timbabatschen waren da, sonst niemand. Und diese alle waren nach dem Canon geritten, um gegen euch zu kämpfen.«

»Welche Unvorsichtigkeit! Und das soll ich für Wahrheit halten?«

»Es ist keine Unvorsichtigkeit, denn diese Hunde halten dich für unschädlich, weil es ihnen unmöglich erscheint, daß du ohne ihr Wissen nach dem See kommen kannst.«

»Ist das denn möglich?«

»Ja. Grad dadurch kann ich dir beweisen, daß ich es ehrlich mit dir meine.«

»Uff! Der Weg in diesem Canon hinauf ist nicht der einzige? Es gibt noch einen andern?«

»Ja. Wenn du willst, werde ich dich führen.«

»Wo ist dieser Pfad?«

»Eine Strecke abwärts von hier liegt zwischen zwei Felsensäulen eine Spalte, durch welche man über eine Höhe in einen tiefen Felsenkessel gelangt, aus dem ein Hohlweg nach dem See führt. Ich bin diesen Weg mit dem »großen Bär« geritten.«

»Und am See sind wirklich keine Krieger?«

»Nein, wenn nicht die zweihundert Navajos indessen gekommen sind, welche noch erwartet werden.«

»Sie sind noch nicht da, denn sonst wären sie sofort hierher in den Canon geeilt, um gegen uns zu kämpfen. Wie lange braucht man, um von hier aus auf diesem andern Wege nach dem See zu gelangen?«

»Drei Stunden.«

»Das ist viel, sehr viel!«

»Aber der Lohn ist groß; es fallen alle Feinde in deine Hände; du befreist deine Häuptlinge und Krieger und – – —«

Er stockte.

»Und – – sprich weiter!«

»Und außerdem findest du eine Beute, wie es noch niemals eine gegeben hat.«

»Eine Beute? Bei den Navajos? Du meinst ihre Pferde und Waffen? Denn weiter ist bei ihnen nichts zu finden.«

»Ich spreche nicht von den Navajos, sondern von den beiden Bären und ihrem Silbersee, auf dessen Grunde ungeheure Reichtümer aufbewahrt liegen, Gold, Silber und edle Steine in großer Menge.«

»Wer hat dir das weisgemacht?«

»Niemand. Ich habe es von den beiden selbst gehört. Ich lag des Abends im Dunkel unter den Bäumen. Sie kamen und blieben ganz in meiner Nähe stehen, ohne zu wissen, daß ich mich dort befand. Da sprachen sie von diesen ungeheuren Schätzen.«

»Wie sind dieselben in den See gekommen?«

»Ein Volk, welches vor langer Zeit hier wohnte und unterjocht wurde, hat sie dort aufbewahrt.«

»So sind sie wohl längst verdorben. Und wie könnte man sie heraufbekommen, wenn sie auf dem Grunde des Meeres liegen? Man müßte ihn ausschöpfen.«

»Nein. Da, wo jetzt der See ist, hat früher ein trockenes Thal gelegen. Jenes Volk hat einen Turm gebaut, dessen Spitze jetzt die Insel ist. Von diesem Turme aus wurde ein fester hohler Gang gebaut, welcher über das Thal hinlief und da endete, wo jetzt der Canon beginnt. Dann errichtete man einen starken, breiten Damm, damit das Wasser nicht mehr nach Norden ablaufen könne. Das Thal füllte sich mit Wasser und wurde zum See, aus welchem nun die Spitze des Turmes als Insel ragt. Als er voll war, lief sein Wasser nach Süden ab. Das Ende des Ganges aber wurde durch Steine verdeckt.«

»Das alles soll wahr sein?«

»Vollständig wahr. Ich habe mich überzeugt, die Steine heimlich entfernt und den Gang gefunden. Da, wo er beginnt, liegen Fackeln, welche notwendig sind, um den Gang zu erleuchten. Dieser führt auf dem Grunde des Sees hin nach der Insel, dem Turme, in dessen unterstem Stockwerke die Schätze liegen. Dieser Gang ist zugleich da, um das Wasser abzulassen und etwaige Feinde zu verderben, welche sich im Canon befinden. Man öffnet eine Stelle des Ganges; das Wasser dringt ein und ergießt sich in den Canon, und alles, was in demselben ist, muß ersaufen.«

»Uff! Das wäre etwas für uns. Wenn wir die Bleichgesichter ersaufen lassen könnten!«

»Das darf ich nicht zugeben, weil meine Timbabatschen mit ertrinken würden.«

»Das ist wahr. Aber wenn alles sich wirklich so verhält, wie du sagst, so sind die Weißen ohnedies verloren. Es wird sich finden, ob du es aufrichtig meinst. Willst du uns jetzt nach dem See führen?«

»Ja, ich bin sehr gern bereit dazu. Aber welchen Teil der Reichtümer werde ich bekommen?«

»Das werde ich bestimmen, sobald ich mich überzeugt habe, daß du mir die Wahrheit gesagt hast. Ich werde dich jetzt losbinden und dir ein Pferd geben lassen. Aber beim geringsten Versuch zur Flucht bist du verloren.«

Der Häuptling gab seine Befehle mit leiser Stimme. Bald saßen alle Utahs im Sattel und ritten den Canon zurück, erst natürlich mit der größten Vorsicht, um kein Geräusch zu verursachen. Sie erreichten die Stelle, an welcher die Weißen aus dem Canon nach dem Felsenkessel abgebogen waren, und folgten derselben Richtung.

Der Ritt war jetzt, des Nachts, noch viel beschwerlicher als am Tage; aber die Roten hatten wahre Katzenaugen, und auch ihre Pferde fanden sich leicht zurecht. Es ging die schiefe Ebene hinauf, drüben in den Kessel hinab und dann in die Felsenenge hinein, genau auf demselben Wege, den die Weißen geritten waren. Die letzte Hälfte des Rittes wurde dadurch erleichtert, daß der Mond aufgegangen war. Der Weg lag nicht tief und wurde ziemlich hell beschienen.

Genau nach der Schätzung des »langen Ohres« waren drei Stunden vergangen, als die Utahs da ankamen, wo die Bäume begannen. Sie hielten an und schickten einige Kundschafter vor, welche erforschen sollten, ob man weiter könne. Sie hatten sich ungefähr fünf Minuten entfernt, als ein Schuß und gleich darauf noch einer fiel. Nach kurzer Zeit kehrten sie zurück, indem sie einen von ihnen getragen brachten. Er war tot.

»Die Bleichgesichter sind nicht mehr im Canon,« wurde gemeldet. »Sie stecken am Eingange zum See und haben auf uns geschossen. Unserem Bruder ist die Kugel in das Herz gedrungen. Er war so unvorsichtig, sich im Mondscheine aufzurichten.«

Diese Nachricht rief das Mißtrauen des »alten Donners« wach. Er glaubte, von dem »langen Ohre« betrogen worden zu sein; er dachte, dieser stehe mit den Weißen im Bunde und habe von ihnen den Auftrag erhalten, sich absichtlich ergreifen zu lassen, um ihnen die Utahs vor die Gewehre zu liefern. Dem »langen Ohr« gelang es aber, dieses Mißtrauen zu zerstreuen. Er bewies, daß er diese Absicht gar nicht hegen könne, und fügte hinzu: »Die Bleichgesichter haben sich, da sie viel schwächer sind als ihr, in der Dunkelheit des Canons nicht für sicher gehalten und sind nach dem See gegangen, wo sie glaubten, daß ihr sie nicht überfallen könnt. Der Eingang zu dem Thale ist so schmal, daß sie ihn gegen euch leicht verteidigen können; es ist euch also, vollends jetzt bei Nacht, nicht möglich, ihn zu erzwingen. aber ihr werdet ihnen in den Rücken kommen.