Za darmo

Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Tekst
Autor:
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

»Ich wurde durch einen mißlichen Fall in Brandenburg aufgehalten, rechtzeitig an der besprochenen Stelle einzutreffen und bin deshalb, so schnell mein Pferd es aushielt, auf geradestem Wege hierhergeeilt. In Lauenberg theilten mir Eure Knechte, Herr von Uchtenhagen, mit, daß auch Herr von Strantz bereits angekommen, und ich glaubte oder vielmehr fürchtete, nun gleich auf dem Pferde sitzen bleiben zu müssen, als ich in dem Gasthause, wo ich die Knechte wußte, erfuhr, Ihr hättet mit dem Verladen noch nicht angefangen und wohntet in einem Gasthofe, dessen Namen ich übrigens schon wieder vergessen habe. Eben wollte ich die mühselige Fußwanderung dahin antreten, als Herr von Uchtenhagen mir entgegenkam und ohne weitere Erklärungen mich im Sturmschritt hierher führte. Wo —«

In diesem Augenblick kam der Gastwirth mit dem Capitän daher und Herr von Bismarck hielt in seiner Erzählung inne, denn die Aufmerksamkeit der Herren richtete sich nun auf die Zwiesprache des Grafen mit dem Capitän.

Wenige Worte und der Hinweis auf eine glänzende Belohnung genügten, eine Einigung zwischen den beiden Unterhandelnden herbeizuführen, und eine halbe Stunde später war das Schiff des Capitäns zur Abfahrt bereit.

Der Graf stand mit dem Capitän auf dem Quarterdeck und unterrichtete ihn, soweit er dies erforderlich erachtete, und der Capitän ging mit Freuden auf das Ansinnen des Grafen, die Schwalbe zu suchen und in jedem Falle anzugreifen, ein.

»Meine Jungens sind tüchtig und Ihr habt, wie ich sehe, auch eine Anzahl Männer bei Euch, die zu schlagen verstehen. Ich denke, das Einnehmen der »Schwalbe« wird nicht schwer werden, wenn wir sie nur erst in Sicht hätten!«

Das Schiff setzte sich in Bewegung und die Matrosen hatten, als die Schwankungen des Fahrzeuges stärker wurden, ihre helle Freude an den Versuchen der »Landratten«, sich aufrecht zu erhalten.

Der Wachtmeister war der Erste, welcher das Gleichgewicht verlor und die Länge des Schiffes maß.

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« schrie er, als er stürzte; »auf dem vermaledeiten Kasten kann man ja nicht einmal stehen; den elenden Schuften, die uns durch ihre Spitzpüperei auf das Wasser gelockt hapen, will ich es aper einpläuen; in Kochstücken zerhacke ich sie!«

»Das ist brav!« erwiderte ihm ein Matrose, der den Bemühungen des Wachtmeisters, sich wieder aufzurichten, lachend zusah, »weshalb aber so viel Mühe aufwenden? Hängen wir sie doch lieber an den Mast oder werfen wir sie in’s Wasser!«

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche! Wenn ich auf den heillosen Prettern nur erst stehen könnte. Hört denn das gottvergessene Schwanken nicht pald auf? Ich werde ja duselig und dann falle ich am Ende gar noch in die Pfütze!«

Endlich gelang es ihm, sich aufzurichten; auf seinen langen Raufdegen gestützt, hielt er sich nun aufrecht, bot dabei aber ein so komisches Bild, daß selbst die Ritter sich eines Lächelns nicht erwehren konnten.

Lange Zeit waren sie bereits gefahren und der Capitän flüsterte dem unbeweglich auf dem Vordertheil des Schiffes stehenden und scharf auslugenden Grafen eben zu:

»Der dunkle Punkt da vorn, welcher sich rasch vergrößert, ist die Insel Neuwerk, ein mir längst höchst verdächtig gewordenes Stückchen Land!«

Als der Graf, dessen Augen dem Wink des Capitäns folgten, plötzlich ausrief:

»Was ist das dort?«

Die Umrisse der Insel ließen sich jetzt schon ziemlich deutlich erkennen und namentlich ein auf der Oberfläche des Wassers fort bis zu der Insel gleitender Blick vermochte von Minute zu Minute immer unzweifelhafter die Zickzacklinien des Ufers selbst zu unterscheiden.

An der Seite nun, welche der links an der Insel vorüberführenden Fahrstraße gegenüber liegt, war dicht am Ufer ein anscheinend nicht zur Insel gehörender, von ihr getrennter Gegenstand zu erkennen.

Der Capitän sah ein paar Augenblicke scharf aus nach diesem das Interesse des Grafen erregenden Punkte und flüsterte dann:

»Ein Schiff! Seit wann ankern Fahrzeuge an dieser Stelle? Es ist doch nicht etwa —?«

»Vermögt Ihr noch nichts Näheres an dem Schiffe zu unterscheiden?« fragte der Graf hastig, erregt.

»Hm! Die Masten sind auffallend klein und das Schiff selbst scheint außergewöhnlich lang und schmal zu sein. Doch werde ich mich in diesem Punkte wohl täuschen, denn das würde ja der Beschreibung ohngefähr entsprechen, die Ihr mir von der »Schwalbe« gegeben habt. Es wäre mehr als verwegen, wenn die kecken Räuber hier schon angelegt hätten!«

»Nein, nein, Capitän,« fiel ihm der Graf, welcher das vermeintliche Schiff inzwischen scharf im Auge behalten, in’s Wort; »ich glaube fest, daß wir auf der richtigen Fährte sind. – Kein Zweifel, jetzt bin ich meiner Sache sogar gewiß!« fügte er nach kurzem Schweigen in festem Tone hinzu.

Im Augenblicke waren diese Worte des Grafen den Rittern, Mannen und den Matrosen bekannt und der Capitän murmelte zufrieden vor sich hin:

»In einer halben Stunde wird die Schwalbe unser und ein Vermögen verdient sein. Diese Nacht wird die schönste seit langen Jahren!«

Vorsichtig wurde die Insel umfahren und bei der stetig zunehmenden Helle waren bereits Gegenstände in weiterer Entfernung erkennbar.

Mit wachsender Ungeduld sahen die Ritter wie die Matrosen dem Ende der langgedehnten Insel entgegen, um die »Schwalbe« in Sicht zu erhalten.

Endlich war die Spitze von Neuwerk erreicht, das Schiff bog links ab und —

»Ha,« rief der Graf in dem Moment, »schneller, schneller, die Schurken rüsten sich eben zur Abfahrt!«

Matrosen hißten soeben die Segel und die »Schwalbe« setzte sich in dem Moment in Bewegung, als die Verfolger sie erreichten. Durch eine geschickt ausgeführte Wendung gelangte das Schiff der Letzteren in den Lee der »Schwalbe«, auf welcher inzwischen und in sicherer Voraussicht eines unvermeidlichen Kampfes der Befehl ertheilt worden sein mußte, einige Reffs fallen zu lassen und nothgedrungen beizudrehen. Bald befanden die beiden Fahrzeuge sich Planke an Planke. Die Enterhaken flogen und in demselben Augenblicke waren die Matrosen schon im wüthendsten Kampfe mit der Bemannung der »Schwalbe«.

»Wo sind meine Leute?« rief der Graf, welcher mit Suteminn, dessen Sicherheit auf dem Verdeck des schwankenden Schiffes längst die Bewunderung der übrigen Herren erregt hatte, zu gleicher Zeit die »Schwalbe« betrat. »Ich sehe hier nur fremde Gesichter!«

»Das werden wir bald erfahren!« rief ihm Suteminn zu und drang gegen die Vertheidiger der Schwalbe vor. Mit unwiderstehlicher Gewalt handhabte er sein Schwert und die Kraft, Gewandtheit und Schnelligkeit, mit welcher er gegen die verwegenen Gesellen vorging, die sich ihm entgegenstellten, brachten es bald dahin, daß diese scheu zu weichen begannen.

Noch ehe die Knechte vermocht hatten, am Kampfe sich nachdrücklich zu betheiligen, war dieser, dank der Thätigkeit des Grafen, Suteminn’s, der übrigen Herren, von denen Herr von Bismarck sich besonders durch seine Stärke und Gewandtheit bemerkbar machte, und der kampflustigen Matrosen bereits entschieden. Letztere waren sogar schon beschäftigt, die noch lebenden Ueberwundenen, welche ohne Ausnahme sämmtlich verwundet und kampfunfähig geworden waren, zu binden, als der Graf hastig rief:

»Die unteren Räume müssen untersucht werden!« und der Treppe zueilte.

Der Capitän, Suteminn, Herr von Bismarck und einige Knechte folgten und kamen eben auf dem Schiffsboden an, als sie den Ruf des Grafen hörten:

»Die Tönnchen sind fort! Verloren!«

Ein Licht war rasch zur Stelle und ein Blick genügte den Anwesenden, um sich davon zu überzeugen, daß an der Stelle, auf welche der Graf mit den bebend vor Aufregung hervorgestoßenen Worten deutete:

»Dort standen sie! Dort hatte ich sie hinstellen lassen!« nichts zu sehen war.

In diesem Augenblick wurde der im Hintergrunde stehende Wachtmeister durch ein hinter ihm wahrnehmbar werdendes Geräusch veranlaßt, seine Aufmerksamkeit dorthin zu richten, von woher er glaubte, das Geräusch gehört zu haben.

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« brummte er, »in dem verdeiwelten Kasten spukt’s an allen Ecken und Enden!«

Zu Herrn Henning von Bismarck herantretend, fuhr er halblaut fort:

»Herr Ritter, dahinten wird’s lependig!«

»Oho!« erwiderte dieser, dem Wachtmeister erst einen spöttischen Blick zuwerfend, dann aber, als er aufmerksam horchend, selbst das Geräusch hörte, kurz befehlend:

»Sehen wir zu, was da los ist!«

Der Graf hatte dieses kurze Zwiegespräch verstanden und trat näher.

Vorsichtig durchmaßen sie jetzt den langen Raum und Herr von Bismarck, welcher, das Schwert in der Hand, in unruhiger Hast vorausging, stieß, am Ende des Raumes angekommen, einen Schrei der Ueberraschung aus.

Der bei dem matten Schein des Lichtes den Herren sich darbietende Anblick war in der That geeignet, momentan zu erschrecken.

Unter— und übereinander geworfen lagen in einer Ecke des Raumes eine Anzahl gefesselter und geknebelter Männer, von denen die untenliegenden bereits todt zu sein schienen, denn sie regten sich nicht mehr; einige der auf diese geworfenen Gefesselten bewegten sich noch schwach, das Antlitz mehrerer derselben war blau angelaufen, die Augen schienen aus dem Kopfe hervorquellen zu wollen, unter und neben ihnen aber befanden sich große Blutlachen, ein durch die arg mit Blut befleckten Kleider der Männer unterstützter Beweis dafür, daß sie, im Kampfe überwunden, rücksichts— und mitleidslos hier einem entsetzlichen Tode zur Beute fallen sollten.

Der Graf hatte die Unglücklichen kaum näher betrachtet, als er entsetzt ausrief:

»Großer Gott, meine Leute!« und versuchte die Fesseln des ihm zunächst liegenden Mannes zu lösen.

Mit Hülfe der Knechte waren die Gefangenen bald sämmtlich ihrer Bande ledig und der Graf athmete erleichtert auf, als er bemerkte, daß einer der zu unterst gelegenen Männer sich zu bewegen begann.

 

»Gott sei Dank, mein Capitän erlangt die Besinnung wieder. Nun werden wir ja erfahren, wie es möglich gewesen ist, daß Räuber mein Schiff aus dem Hafen herausholen und die Ladung desselben zu bergen vermochten!«

Während der Wachtmeister, von Suteminn damit beauftragt, den mehr und mehr zum Bewußtsein kommenden Capitän die Treppe hinauf und auf das Verdeck, wo die übrigen Herren und Knechte und die Matrosen die gefesselt nebeneinanderliegenden Räuber bewachten, mehr trug, als führte, waren die noch im Kielraum weilenden Herren mit den Befreiten beschäftigt und nicht lange Zeit verging, bis die Letzteren sämmtlich auf das Verdeck geschafft waren.

Vor allen Dingen war jetzt der Ort zu erforschen, an welchem die Tönnchen versteckt worden und da eine Frage an die seitherige Schiffsmannschaft ergab, daß diese keine Kenntniß von demselben besaß, wurde nothgedrungen zu einer Befragung der Räuber selbst geschritten.

Wie vorauszusehen, blieben sämmtliche Fragen unbeantwortet, und aus dem höhnischen Grinsen der Gefesselten war ohne Mühe zu erkennen, daß die erforderliche Auskunft von ihnen nur sehr schwer zu erhalten sein würde.

Da schlug Suteminn plötzlich einen andern Weg ein.

»Hört, Ihr Schufte,« rief er den Räubern mit lauter Stimme zu, »derjenige von Euch, welcher uns die Stelle auf der Insel angiebt, an der die Fracht dieses Schiffes verborgen liegt, soll nicht nur völlig straffrei ausgehen, sondern auch noch eine Belohnung erhalten. Die übrigen Verbrecher aber werden sofort die furchtbarste Strafe erhalten!«

»Macht, was Ihr wollt,« höhnte der eine Räuber, »ich sage doch nichts!«

Ein Anderer brummte:

»Wer sagt Euch denn, daß wir Eure Goldtonnen auf der Insel versteckt haben? Die hübschen Fäßchen sind längst weit fort von hier!«

Noch Andere lachten und verspotteten die Ritter. Nur einer der Gefesselten verhielt sich ruhig und richtete forschende Blicke auf Suteminn.

Dieser, welcher die Elenden scharf beobachtete, nahm dies wahr und trat zu dem Kerl heran.

»Sprich! Gieb die verlangte Auskunft, und ich werde sofort Deine Fesseln lösen!«

Der Ritter hatte bei diesen Worten das Schwert leicht erhoben, gleich als wolle er in demselben Augenblicke, in dem der Gefesselte dem Verlangen des Ritters entspräche, die Stricke zerschneiden.

»Hüte Dich!« knurrte jetzt der Nebenmann des die Worte des Ritters erwägenden Räubers, »der Capitän wird Dich sicher finden, wenn Du zum Verräther wirst, und Dich dann in der entsetzlichsten Weise strafen. Denke an Clas!«

»Ach was,« entgegnete der also Gewarnte. »Ich habe nicht länger Lust, mich der Tyrannei des Capitäns zu beugen!«

»Wollt Ihr mir wirklich die Freiheit wiedergeben und werdet Ihr mir auch weiter forthelfen, wenn ich Euern Wunsch erfülle?« wandte er sich fragend an den Ritter, welche Frage dieser sofort bejahte, worauf rasch die Antwort erfolgte:

»Nun gut, die Fäßchen sind in einer Höhle auf der Insel versteckt, die ich Euch zeigen will, sobald ich erst die verdammten Fesseln los sein werde!«

Ein paar Augenblicke später stand der Mann auf den Füßen.

»Folgt mir nur, ich werde Euch führen!«

Der Capitän hatte währenddessen die Insel einer näheren, scharfen Besichtigung unterzogen. Dieselbe war nur am Ufer mit dichtem Gesträuch bewachsen, das Innere dagegen bildete eine öde, baum— und strauchlose Fläche, auf welcher zunächst der Seite, an der die Schiffe hielten, eine kleine Hütte sichtbar war.

Die Hütte schien seit einigen Minuten auch das besondere Interesse des Herrn Henning von Bismarck zu erregen, denn er rief in dem Augenblicke, als auch der Capitän sprechen wollte, hastig:

»Wer wohnt dort in dem Häuschen? Der Besitzer desselben hat uns bemerkt und rennt jetzt wie toll umher!«

»Dieselbe Frage habe auch ich stellen wollen,« bemerkte der Capitän; »vor einer Viertelstunde habe ich den kleinen, buckeligen Kerl rechts von der Bucht her auf das Häuschen zu springen sehen!«

Der seiner Fesseln ledige Räuber wandte sich nach der bezeichneten Richtung und gab unaufgefordert die Auskunft:

»Der Mann, welcher dort in der Hütte wohnt, ist der Wächter der Fäßchen!«

»Hm!« brummte der Capitän, »dann wird es wohl gerathen sein, den Kerl mit den Hunden dort zusammen aufzuknüpfen!«

Rasch wurde ein Boot hinabgelassen, der Graf bestieg dasselbe mit Suteminn, einigen Matrosen der »Schwalbe«, die sich von ihrer kurzen Gefangenschaft inzwischen wieder erholt hatten, in Begleitung des Führers und bald landeten sie an der Insel.

»Caspar,« befahl Suteminn, »hole Du den Mann da aus dem Häuschen und bringe ihn in jedem Falle uns nach.«

»Gut, Herr Ritter!« grinste der Wachtmeister, »ich pringe den Kerl, und wenn er der Deiwel selper wäre! Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« sagte er, als er ein paar Schritt in der Richtung gegen das Häuschen gegangen war, »ich hape wohl auf dem elenden Kasten da das Laufen verlernt, der Poden scheint hier gerade so sehr zu wackeln wie das Schiff, denn ich muß mich ja pei allen Teufeln stützen, um nicht hinzufallen.

Na, warte Schuft, Du sollst mein Schwert auf Deinem Rücken tanzen fühlen, wenn Du etwa mich auch noch ärgern willst!«

Drohend, grollend ging er anfangs wankend, bald aber immer festeren Schrittes der Hütte zu, in deren Thüre ein Weib erschien.

»Was wollt Ihr hier?« schrie sie dem ergrimmten Wachtmeister entgegen.

»Sachte! sachte, alter Drache!« brüllte dieser, »wo ist der Kerl, der hier wohnt?«

»Oho! der Kerl? Hier wohne ich mit meinem Mann!«

»Wo ist Dein Mann? Rufe ihn!«

»Er ist nicht zu Hause!«

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche; ich glaupe, das Weipspild will mich ärgern. Ich werde ihn selbst suchen, dann aper Dich gleich mit mir nehmen!«

Mit diesen Worten schritt er der Hausthür zu, und das Weib, welches fürchten mochte, der, mit seinem langen Schwerte verdächtige Bewegungen machende wilde Kriegsknecht werde sie bei längerem Widerstände ernstlich bedrohen, zog sich schreiend zurück.

In diesem Augenblicke wurde die Thür eines Kämmerchens aufgestoßen und ein kleiner verwachsener Mann, in dessen Zügen sich Bosheit, Tücke und Hinterlist, im nicht geringem Grade jetzt aber auch Furcht ausprägten, trat hervor. Noch ehe er oder der Wachtmeister aber ein Wort zu sprechen vermocht, hatte das in der Nähe des Kleinen stehende Weib diesen hinterrücks gefaßt und versuchte unter gellendem Hülfegeschrei ihn zurückzuziehen. Der Ausführung dieses Bemühens trat der Wachtmeister hindernd entgegen, welcher den Kleinen, in dem die Leser Hinrich, den Genossen der Schiffsknechte vom »Wiking«, erkannt haben werden, am Arme faßte und mit einem gewaltigen Ruck aus der Gewalt des Weibes befreite und zur Hütte hinaus schleifte.

»Was wollt Ihr von mir?« fragte dort Hinrich, als er wieder auf den Füßen stand, den ihn finster anblickenden Wachtmeister in ängstlichem Tone.

»Komm mit mir, Kleiner!« brummte der Letztere.

»Nein ich gehe nicht mit, wenn ich nicht vorher erfahre, was Ihr —«

»Mordelement,« polterte nun aber der Wachtmeister ergrimmt, »Gott straf mich, wenn ich fluche; wenn Du nicht gleich Deine kleinen Peine in Pewegung setzest und mich pegleitest wohin ich will, dann werde ich Dich mit meinem Schwerte in Gang pringen. Vorwärts, der Ritter wartet. Da gehen sie schon so weit vor uns. Peeile Dich, Hallunke, sonst —«

Die Ritter schritten eben einem seitwärts von dem Häuschen gelegenen kleinen Hügel zu, als ein lautes Geschrei sie veranlaßte, einen Blick nach der Richtung zu werfen, von welcher der Lärm ertönte. Eine eigenthümliche Scene bot sich ihnen dar:

Der Wachtmeister brachte Hinrich mehr geschleift als geführt, und dicht auf dem Fuße folgte den Beiden ein Weib. Diese schrie und weinte, Hinrich jammerte und der Wachtmeister fluchte – die drei Personen äußerten sich dabei so laut, daß Suteminn ihnen barsch entgegen rief:

»Seid Ihr alle drei verrückt geworden? Ruhe, oder ich werde die Schreihälse stopfen!«

»Gott straf mich, Herr Ritter, wenn ich fluche,« murrte der Wachtmeister; »der kleine Kerl muß einmal, das alte Weip aper erst zweimal todtgeschlagen werden, wenn man die Peiden zur Ruhe pringen will! Lieper will ich mit Pären und Wölfen kämpfen, als mit dem Drachen dort noch länger mich ärgern zu müssen!«

»Hier ist die Höhle!« rief in diesem Augenblick der Führer.

»Wo?« fragten der Graf und Suteminn zu gleicher Zeit, denn ringsum vermochten sie nichts Anderes zu sehen, als eine Anzahl am Fuße des Hügels verstreut liegende Steine auf einer von vielen Sandflächen durchbrochenen dichten Moosdecke.

»Helft mir hier den ersten der Steine bei Seite schieben!«

Diesem Wunsche des Führers wurde bereitwillig entsprochen, und nun wurde an der blosgelegten Stelle eine starke hölzerne Thüre bemerkbar, welche durch einen oben aufliegenden Haken vom Führer in die Höhe gehoben wurde.

Der Kleine hatte im Augenblick erkannt, daß der ihm wohlbekannte Führer zum Verräther geworden, und knirschte in ohnmächtiger Wuth mit den Zähnen.

Auf einen Wink Suteminn’s brachte der Wachtmeister Hinrich herbeigeschleppt und nun befahl der Ritter den beiden ehemaligen Genossen und dem Wachtmeister, hinabzusteigen in die Höhle und die Fäßchen heraufzuschaffen.

»Mein Capitän mag auch mit hinabgehen!« bemerkte der Graf; noch ehe dieser aber den Befehl an den Capitän ertheilt, hatte Letzterer sich bereits beeilt, an die in das Gewölbe führende Treppe zu gelangen.

Dort stieß er mit dem Wachtmeister heftig zusammen.

»Mordelement,« brummte dieser, »wollt Ihr mich in das verdeiwelt finstere Loch stoßen? Seht Euch vor, Caspar Liepenow läßt nicht mit sich spaßen!«

Er bemerkte nicht, daß der Capitän erstaunt zurückfuhr, sondern stieg fluchend die Leiter hinab.

Ihm folgten die beiden Gefangenen und dann zum Schluß der Capitän.

»Hier ist es ja finster, wie im Rachen der Hölle,« brummte der Wachtmeister.

»Hapt Ihr kein Licht in der Mordgrupe?« schrie er die beiden Männer an, »sonst rennt mich der Capitän noch pei lependigem Leipe um!«

»Gleich!« knurrte der Führer, holte aus einem Versteck hinter der Leiter einige Späne hervor, die er schnell in Brand steckte, und schritt dann mit dem Kleinen voraus.

Nur wenige Schritte hatten sie zu gehen, als sie vor einer aus starken Bohlen bestehenden Thür standen, die der Kleine auf Gebot des Führers durch einen Druck auf einen der in die Thüre eingeschlagenen Nägel ohne Mühe öffnete.

Ueberrascht blieben der Wachtmeister und der Capitän stehen.

»Die Hallunken hapen ja furchtpar Peute gemacht!« murmelte der Erstere, »ich möchte nur wissen, wie sie die Waaren all hierher gepracht hapen!«

Vor ihnen lag ein großes, durch den Kienspan nur schwach erhelltes Gewölbe, in welchem sie eine Reihe Waarenballen auf— und nebeneinander bemerkten, Kisten und Kasten lagen in größter Unordnung in dem weiten Raume umher und es war ersichtlich, daß lange Zeit und viel Kämpfe erforderlich gewesen, bis die Räuber eine so bedeutende Masse an Waaren und Kaufmannsgütern zu erbeuten vermocht hatten.

Nach den Tönnchen sahen sich Beide aber vergeblich um! —

»Stehen pleipen!« brüllte in diesem Augenblicke der Wachtmeister, welcher zufällig bemerkte, daß der Kleine sich möglichst behutsam hinter die in das Gewölbe eingetretenen beiden Männer schleichen und das letztere verlassen wollte.

Mit einem Sprunge, der Beide in Erstaunen setzte, war nun aber der Kleine an ihnen vorbeigeeilt und wollte die Thüre in dem Moment zuschlagen, als der Wachtmeister schon in derselben stand.

Zu gleicher Zeit erfaßte er den Kleinen am Kopfe und zog ihn, ohne ein Wort zu sprechen, in das Gewölbe. Der Führer schien den Vorgang nicht bemerkt zu haben, denn er machte sich im Hintergrunde des Raumes zu schaffen, so lange, daß der Capitän den Span ergriff und zu ihm hinantrat.

»Dein Glück!« knurrte er grimmig, als er den Kerl mit den Fäßchen beschäftigt sah. »Hep auf!« befahl er weiter. Der Wachtmeister kam der Ausführung dieses Befehls indeß durch eine andere Frage zuvor.

»Gip mir Stricke,« brüllte dieser den Führer an, »ich

muß den Deiwelspraten hier pinden, daß er die Engel pfeifen hört. Der Schuft hatte einen elenden Streich gegen uns vor und er darf hier nicht heraus, so wahr ich der Wachtmeister Caspar Liepenow pin!«

»Wie heißt Ihr?« fragte jetzt der Capitän, rasch ihm näher tretend.

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« brummte dieser, die riesige Gestalt des Fragestellers finsteren Blickes messend, »wo hapt Ihr denn Eure Ohren gelassen? Soll ich etwa Euch zu Gefallen meinen Namen fortwährend in der Mordgrupe herum prüllen?«

 

»Nennt mir nur Euren Namen noch einmal,« drängte der Capitän noch immer freundlich, aber hastig.

Dies erbitterte jedoch den ohnehin wüthenden Wachtmeister nur noch mehr.

»Stricke will ich hapen,« schrie er den Führer wie den Capitän an.

»Mein Name geht Euch nichts an!«

Der Führer brachte jetzt das Verlangte und der Capitän stieß unwillig »Gropian!« hervor.

Der Wachtmeister hatte dies trotz seiner Beschäftigung mit dem Kleinen, den er fesselte, verstanden und erwiderte:

»Wart, ich werde Euch begropianen; wenn ich nur erst die Kröte hier werde unschädlich gemacht hapen, dann will ich Euch meinen Namen auf den Puckel schreipen!«

Jetzt wurde aber auch der Capitän ergrimmt.

»Um Euren dummen Namen werde ich dann noch einmal fragen, wenn wir die Tönnchen hinaufgeschafft hapen. Der Teufel soll Euch dann in die Knochen fahren, wenn ich wieder eine solche poshafte Antwort erhalte!«

Ohne sich weiter um den Wachtmeister, der ihn einen Moment groß anstarrte, zu kümmern, trug er mit Hülfe des Führers mehrere der Tönnchen bis an den Fuß der Leiter. Auf dem Rückwege begegnete ihnen der Wachtmeister, welcher, nachdem er den Kleinen in eine Ecke geworfen, eins der Tönnchen allein aufgenommen hatte.

Wäre der Capitän nicht schnell auf die Seite gesprungen, dann hätte ihm der Wachtmeister seine Ladung an den Kopf gerannt.

»Wart, Landratte,« rief der der Gefahr glücklich entronnene Capitän, »Dich werde ich, wenn wir erst aus der Grupe heraus sein werden, graden Cours steuern lehren!«

Der Wachtmeister beherrschte sich so weit, daß er mit der Antwort zögerte, bis die Tönnchen sämmtlich hervorgeholt waren; länger ertrug er die ihm angethane Schmach aber nicht.

»Was pin ich? eine Ratte?« brüllte er den des Angriffs längst gewärtigen Capitän an, »Du heilloser Seeräuper sollst an die Ratte denken!«

Mit einem gewaltigen Schlage suchte er den Gegner niederzuwerfen, dieser war jedoch gewandter, unterlief ihn und bald lag der Wachtmeister am Boden. Beide bearbeiteten sich gegenseitig das Gesicht mit Faustschlägen; sie hörten in ihrer Wuth nicht, daß die am Rande der Grube stehenden Ritter, auf den Lärm der beiden Kämpfenden aufmerksam geworden, Ruhe und Eile geboten, und als sie wahrnahmen, daß ihre Befehle unbeachtet blieben, noch einige der Mannen und Matrosen die Leiter herabschickten.

Eben langte der erste der Matrosen unten an, als der Wachtmeister, dem ebenso wie dem Capitän das Blut über das Gesicht herablief, brüllte:

»Packe Dich, oder ich erwürge Dich, so wahr ich der Wachtmeister Caspar Liepenow bin!«

In diesem Momente hielt der Capitän inne zu schlagen.

»Caspar Liepenow heißt Du? Pist Du vielleicht aus Plaue und beim Ritter Dietrich von Quitzow?«

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche. Wo kennt mich denn der Seeräuper her? Freilich war ich bei dem tapfern Ritter Dietrich, ich heiße aber nicht Caspar Liepenow, sondern Caspar Liepenow, mit dem sanften p!«

»Ganz recht, Liepenow!« rief der Kapitän aufspringend und sich das Blut abwischend, »altes Püffelleder, kennst Du denn Deinen Pruder nicht mehr?«

Mit einem Ruck stand der Wachtmeister auf den Füßen und näherte sich, mit dem Aermel über das durch den Capitän ihm gräßlich zerschlagene, blutende Gesicht fahrend, dem Gegner.

»Mordelement, Peter, pist Du’s oder nicht?«

»Freilich pin ich’s!«

»Peter, Peter, in drei Teufels Namen, lasse Dich umarmen, alter Junge!«

Beide erst so wüthenden Kämpfer lagen einander nun plötzlich in den Armen, und der Führer, welcher dem Kampfe neugierig und ohne sich irgendwie an demselben zu betheiligen, zugesehen, wie auch die anderen in die Grube herabgeschickten Männer umstanden sprachlos, staunend die sonderbare Gruppe.

Ein donnernder Ruf des Grafen, bei härtester Strafe nicht länger mit der Heraufschaffung der Fäßchen zu zögern, erinnerte die Matrosen wie auch die Brüder an ihre Pflicht, und bald lagen die Tönnchen am oberen Rande der Grube zu Füßen der Ritter.

Erstaunt sahen die Ritter auf den Wachtmeister und den Capitän, deren Gesichter einen grausigen Anblick boten.

»Weshalb habt Ihr einander derart zugerichtet?« fragte der Graf streng.

»Noch ehe wir in die Höhle stiegen,« entgegnete der Capitän, »schien es mir, als wäre der Wachtmeister mir pekannt. Unten angekommen fragte ich ihn, um Gewißheit zu erhalten, um seinen Namen, worauf er grop antwortete. Wir geriethen hart an einander und als wir einander recht gehörig geklopft hatten, stellte es sich heraus, daß er mein Pruder Caspar ist!«

»Mordelement, Gott straf mich, wenn ich fluche,« brummte der Wachtmeister, »ich hape eine ganz höllische Freude, meinen Pruder Peter wiedergefunden zu hapen!«

Suteminn unterdrückte die Strafrede, welche er dem Wachtmeister zugedacht hatte, fragte aber, als er bemerkte, daß der Führer die Fallthüre schließen wollte, rasch:

»Wo ist der Mann geblieben, der von dem Weibe dort zurückerwartet wird?«

»Den hätte ich peinahe vergessen, der Schuft wollte uns unten einsperren und dann wahrscheinlich die Höhle auf einem andern Wege verlassen!«

»Hole ihn herauf; er mag mit uns kommen!«

Dieser Befehl war bald ausgeführt und nun zog der mit den Tönnchen beladene kleine Trupp, welcher den aus Furcht sich still verhaltenden Hinrich in die Mitte nahm, und gefolgt von dem schreienden Weibe, dem noch wartenden Boote zu.

Die gefesselten Räuber waren inzwischen und entsprechend der Anordnung des Grafen im Kielraum der »Schwalbe« untergebracht worden, und nachdem sie ihre frühere kostbare Ladung wieder aufgenommen, segelten beide Schiffe die Elbe aufwärts nach Hamburg zurück.

Der Wachtmeister, durch die Herfahrt gewitzigt, vermied, trotz des freundlichen Angebots seines Bruders, ihn bei einem Spaziergange auf dem Schiffe unterstützen zu wollen, jede Bewegung. Er setzte sich auf einen neben dem Maste liegenden Haufen Taue und rührte sich während der ganzen Fahrt nicht vom Platze.

»Gott straf mich!« knurrte er, als auch Junker Dietz ihn lächelnd fragte, weshalb er sich so hartnäckig an den Mast anklammere, »wenn ich mich ohne die größte Noth noch einmal auf einem solchen vermaledeiten Kasten sehen lasse. Pei den ersten Schritten würde ich ja das Gleichgewicht verlieren und meine Nase noch preiter klopfen, als sie ohnehin schon ist. Seht nur, Herr Junker, wie das Schiff sich pald nach rechts pald nach links, dann nach vorn und wohl auch nach hinten neigt. —«

Lachend entfernte sich der Junker und trat zu dem Capitän, welcher sehr aufmerksam die Wasserstraße zurückblickte.

»Was fällt Euch denn auf,« fragte er neugierig, »daß Ihr so angestrengt die Fläche betrachtet, auf welcher ich trotz meinen guten Augen nichts bemerke?«

»Seht Ihr dort weit hinten den schwarzen Punkt?«

»Allerdings, aber —?«

»Das ist ein Schiff, das teufelmäßig rasch fährt!«

In diesem Augenblick ertönte von dem unmittelbar folgenden Schiffe der Ruf herüber:

»Der Wiking in Sicht!«

»Alle Teufel!« fluchte der Capitän und eilte fort, den Grafen zu benachrichtigen.

Dieser verlor keinen Augenblick die Ruhe. Gleichmüthig erwiderte er:

»Laß alle Segel beisetzen und dann wollen wir das Weitere ruhig abwarten!«

Der Capitän des folgenden Schiffes befolgte dieselbe Weisung und mit verdoppelter Schnelligkeit eilten die beiden Fahrzeuge weiter.

Aber auch der »Wiking« schien seine Fahrgeschwindigkeit verdoppelt zu haben, denn die Entfernung zwischen diesem und den beiden Schiffen verminderte sich zusehends. Schon hatte der Verfolger die Höhe von Neuwerk erreicht, als er plötzlich anzuhalten schien.

»Wir sind dem Räuber schon zu weit vorgekommen,« murmelte der Capitän zufrieden; »nun werden wir auch ungehindert den Hafen erreichen!«

Während der Capitän sich mit der Beobachtung des Kaperschiffes beschäftigte, war einer der Schiffsleute zu ihm herangetreten, um eine Meldung abzustatten oder Etwas mit ihm zu besprechen. Er hatte dies kaum beendet, als der Capitän erfreut rief:

»Constapel, freut Euch auf den Schreck, den wir zusammen gehapt hapen, jetzt auch mit mir!«