Za darmo

Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Ich kann nun vom rechtlichen, dem sozialen, dem sittlichen, dem religiösen Gesichtspunkt aus schlechterdings keinen Grund finden, die Tötung solcher den Tod dringend verlangender Unrettbarer nicht an die, von denen er verlangt wird, freizugeben: ja ich halte diese Freigabe einfach für eine Pflicht gesetzlichen Mitleids, wie es sich ja doch auch in anderen Formen vielfach geltend macht. Über die Art des Vollzugs wird später das Nötige zu sagen sein.

Wie steht es aber mit der Rücksichtnahme auf die Gefühle, vielleicht gar auf starke Interessen der Angehörigen an der Fortdauer dieses Lebens? Die Frau des Kranken, die ihn schwärmerisch liebt, klammert sich an sein Leben. Vielleicht erhält er durch Bezug seiner Pension seine Familie, und diese widerspricht dem Gnadenakt auf das energischste.

Mir will jedoch scheinen, das Mitleid mit dem Unrettbaren muß hier unbedingt überwiegen. Seine Seelenqual ihm tragen zu helfen vermag auch von seinen Geliebten keiner. Nichts kann er für sie tun; täglich verstrickt er sie in neues Leid, fällt ihnen vielleicht schwer zur Last; er muß entscheiden, ob er dies verlorene Leben noch tragen kann. Ein Einspruchsrecht, ein Hinderungsrecht der Verwandten kann nicht anerkannt werden – immer vorausgesetzt, daß das Verlangen nach dem Tode ein beachtliches ist.52

2. Die zweite Gruppe besteht aus den unheilbar Blödsinnigen – einerlei ob sie so geboren oder etwa wie die Paralytiker im letzten Stadium ihres Leidens so geworden sind.

Sie haben weder den Willen zu leben, noch zu sterben. So gibt es ihrerseits keine beachtliche Einwilligung in die Tötung, andererseits stößt diese auf keinen Lebenswillen, der gebrochen werden müßte. Ihr Leben ist absolut zwecklos, aber sie empfinden es nicht als unerträglich. Für ihre Angehörigen wie für die Gesellschaft bilden sie eine furchtbar schwere Belastung. Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke – außer vielleicht im Gefühl der Mutter oder der treuen Pflegerin. Da sie großer Pflege bedürfen, geben sie Anlaß, daß ein Menschenberuf entsteht, der darin aufgeht, absolut lebensunwertes Leben für Jahre und Jahrzehnte zu fristen.

Daß darin eine furchtbare Widersinnigkeit, ein Mißbrauch der Lebenskraft zu ihrer unwürdigen Zwecken, enthalten ist, läßt sich nicht leugnen.

Wieder finde ich weder vom rechtlichen, noch vom sozialen, noch vom sittlichen, noch vom religiösen Standpunkt aus schlechterdings keinen Grund, die Tötung dieser Menschen, die das furchtbare Gegenbild echter Menschen bilden und fast in Jedem Entsetzen erwecken, der ihnen begegnet, freizugeben – natürlich nicht an Jedermann! In Zeiten höherer Sittlichkeit – der unseren ist aller Heroismus verloren gegangen – würde man diese armen Menschen wohl amtlich von sich selbst erlösen. Wer aber schwänge sich heute in unserer Entnervtheit zum Bekenntnis dieser Notwendigkeit, also solcher Berechtigung auf?

Und so wäre heute zu fragen: wem gegenüber darf und soll diese Tötung freigegeben werden? Ich würde meinen, zunächst den Angehörigen, die ihn zu pflegen haben, und deren Leben durch das Dasein des Armen dauernd so schwer belastet wird, auch wenn der Pflegling in eine Idiotenanstalt Aufnahme gefunden hat, dann auch ihren Vormündern – falls die einen oder die anderen die Freigabe beantragen.

Den Vorstehern gerade dieser Anstalten zur Pflege der Idioten wird solch Antragsrecht kaum gegeben werden können. Auch würde ich meinen, der Mutter, die trotz des Zustandes ihres Kindes sich die Liebe zu ihm nicht hat nehmen lassen, sei ein Einspruch freizugeben, falls sie die Pflege selbst übernimmt oder dafür aufkommt. Weitaus am besten würde der Antrag gestellt, sobald der unheilbare Blödsinn die Feststellung gefunden hätte.53

3. Ich habe von einer Mittelgruppe gesprochen und finde sie in den geistig gesunden Persönlichkeiten, die durch irgendein Ereignis, etwa sehr schwere, zweifellos tödliche Verwundung, bewußtlos geworden sind, und die, wenn sie aus ihrer Bewußtlosigkeit noch einmal erwachen sollten, zu einem namenlosen Elend erwachen würden.

Soviel ich weiß, können diese Zustände der Bewußtlosigkeit so lange dauern, daß von den Voraussetzungen zulässiger Bewirkung der Euthanasie nicht mehr die Rede sein kann. Aber in den meisten Fällen dieser Gruppe dürften diese doch vorhanden sein. Dann greift der Grundsatz durch, der oben s. II S. 14-18 entwickelt worden ist.

Bezüglich des wohl kleinen Restes ist aber zu bemerken:

Auch hier fehlt – wenn auch aus ganz anderem Grunde wie bei den Idioten – die mögliche Einwilligung des Unrettbaren in die Tötung. Wird diese doch eigenmächtig vorgenommen in der Überzeugung, der Getötete würde, wenn er dazu imstande gewesen wäre, seine Zustimmung zur Tötung erteilt haben, so läuft der Täter bewußt ein großes Risiko aus Mitleid mit dem Bewußtlosen, nicht um ihm das Leben zu rauben, sondern um ihm ein furchtbares Ende zu ersparen.

Ich glaube nicht, daß sich für diese Gruppe der Tötungen eine Regelbehandlung aufstellen läßt. Es werden Fälle auftauchen, worin die Tötung sachlich als durchaus gerechtfertigt erscheint; es kann sich aber auch ereignen, daß der Täter übereilt gehandelt hat in der Annahme, das Richtige zu tun. Dann wird er nie vorsätzlich rechtswidriger, wohl aber eventuell fahrlässiger Tötung schuldig.

Für die nachträglich als gerechtfertigt anerkannte Tötung sollte gesetzlich die Möglichkeit eröffnet werden, sie straflos zu lassen.

Die Personen also, die für die Freigabe ihrer Tötung allein in Betracht kommen, sind stets nur die unrettbar Kranken, und zu der Unrettbarkeit gesellt sich stets das Verlangen des Todes oder die Einwilligung, oder sie würde sich dazu gesellen, wenn der Kranke nicht in dem kritischen Zeitpunkt der Bewußtlosigkeit verfallen wäre oder wenn der Kranke je zum Bewußtsein seines Zustandes hätte gelangen können.

Wie schon oben ausgeführt, ist jede Freigabe der Tötung mit Brechung des Lebenswillens des zu Tötenden oder des Getöteten ausgeschlossen.

Ebenso ausgeschlossen ist die Freigabe der Tötung an Jedermann – ich will einmal den furchtbaren Ausdruck einer proscriptio bona mente gebrauchen.

Wie die Selbsttötung nur einer einzigen Person freigegeben ist, so kann die Tötung Unrettbarer nur solchen freigegeben werden, die sie nach Lage der Dinge zu retten berufen wären, deren Mitleidstat deshalb das Verständnis aller richtig empfindenden Menschen finden wird.

Den Kreis dieser Personen gesetzlich bestimmt zu umgrenzen, ist untunlich. Ob der Antragsteller und der Vollstrecker der Freigabe im einzelnen Falle dazu gehörten, kann nur für jeden Einzelfall festgestellt werden.

Die Angehörigen werden vielfach, aber keineswegs immer dazu gehören. Der Haß kann auch die Maske des Mitleides annehmen und Kain erschlug seinen Bruder Abel.

V. Die Entscheidung über die Freigabe

Es wäre möglich, daß diese Vorschläge der Erweiterung des Gebietes unverbotener Tötung seis ganz, seis wenigstens in ihrem ersten Teile54 theoretische Billigung fänden, daß aber ihre praktische Undurchführbarkeit gegen sie ins Feld geführt würde.55

Mit gutem Grunde könnte gesagt werden: Voraussetzung der Freigabe bildet immer der pathologische Zustand dauernder tödlicher Krankheit oder unrettbares Idiotentum. Dieser Zustand bedarf objektiver sachverständiger Feststellung, die doch unmöglich in die Hand des Täters gelegt werden kann. Wäre doch sehr leicht denkbar, daß irgendwer an dem frühzeitigeren Hinscheiden des Kranken ein großes, vielleicht gar vermögensrechtliches Interesse hätte, und den behandelnden Arzt zum tödlichen Eingreifen erfolgreich zu bestimmen suchte, oder daß dieser von sich aus beschlösse, auf ungenügende Diagnose hin das Schicksal zu spielen.

Vergegenwärtigt man sich nun die einschlagenden Fälle (oben s. III, IV 1-3) in ihrer Verschiedenheit, so zeigt sich ein großer Unterschied, je nachdem der tödliche Eingriff sich akut notwendig macht, oder genügende Zeit für die Vorprüfung seiner Voraussetzungen gelassen ist. In der zweiten Gruppe (s. III, IV 2 unheilbarer Blödsinn) wird diese Zeit stets gegeben sein, in der dritten, bei länger dauernder Bewußtlosigkeit wohl auch manchesmal, in der ersten in einer größeren Anzahl der Fälle – ob der überwiegend größeren, bleibt zweifelhaft. Man wird die Forderung aufstellen müssen, daß wenn es irgend angängig ist, diese nötige Zeit sorgfältigster Vorprüfung ausgespart, daß aber auch diese Vorprüfung in möglichst beschleunigtem Verfahren erledigt, und der Beschluß sofort gefaßt wird.

 

Das Verfahren mit obligatorischer Vorprüfung muß, soweit möglich, als das ausnahmelose betrachtet werden.

Fragen wir zunächst, wie es zweckmäßig einzurichten wäre, und dann, was mit den armen Unrettbaren und mit denen wird, deren Mitleid sie erlösen möchte, wenn die Möglichkeit amtlicher Vorprüfung nicht gegeben ist?

1. Die Freigabe durch eine Staatsbehörde.

Da der Staat von heute nie die Initiative zu solchen Tötungen ergreifen kann, so wird die Initiative

1. in der Form des Antrags auf Freigabe bestimmten Antragsberechtigten zu überweisen sein. Das kann in der ersten Gruppe der tödlich Kranke selbst sein, oder sein Arzt, oder jeder andere, den er mit der Antragstellung betraut hat, insbesondere Einer seiner nächsten Verwandten.

2. Dieser Antrag geht an eine Staatsbehörde. Ihre erste Aufgabe besteht ganz allein in der Feststellung der Voraussetzungen zur Freigabe: das sind die Feststellung unrettbarer Krankheit oder unheilbaren Blödsinns und eventuell die der Fähigkeit des Kranken zu beachtlicher Einwilligung in den Fällen der ersten Gruppe.

Daraus dürfte sich ihre Besetzung ergeben: ein Arzt für körperliche Krankheiten, ein Psychiater oder ein zweiter Arzt, der mit den Geisteskrankheiten vertraut ist, und ein Jurist, der zum Rechten schaut. Diese hätten allein Stimmrecht. Zweckmäßig wäre, diesen Freigebungsausschuß mit einem Vorsitzenden zu versehen, der die Verhandlungen leitet, aber kein Stimmrecht besitzt. Denn würde Eine jener drei Persönlichkeiten mit dem Vorsitz betraut, so würde sie im Kollegium mächtiger als die beiden anderen, und das wäre nicht wünschenswert. Zur Freigabe dürfte Einstimmigkeit zu erfordern sein. Der Antragsteller und der behandelnde Arzt des Kranken dürften als Mitglieder dem Ausschusse nicht angehören.

Dieser Behörde müßte das Recht des Augenscheins und der Zeugenvernehmung erteilt werden.

3. Der Beschluß selbst dürfte nur aussprechen, daß nach vorgenommener Prüfung des Zustandes des Kranken er nach den jetzigen Anschauungen der Wissenschaft als unheilbar erscheint, eventuell daß kein Grund zum Zweifel an der Beachtlichkeit seiner Einwilligung vorliegt, daß demgemäß der Tötung des Kranken kein hindernder Grund im Wege steht, und dem Antragsteller anheimgegeben wird, in sachgemäßester Weise die Erlösung des Kranken von seinem Übel in die Wege zu leiten.

Niemandem darf ein Recht zur Tötung, noch viel weniger jemandem eine Pflicht zur Tötung eingeräumt werden – auch dem Antragsteller nicht. Die Ausführungstat muß Ausfluß freien Mitleids mit dem Kranken sein. Der Kranke, der seine Einwilligung auf das Feierlichste erklärt hat, kann sie natürlich jeden Augenblick zurücknehmen, und dadurch die Voraussetzung der Freigabe und damit sie selbst nachträglich umstürzen.

Es dürfte sich empfehlen, im Anschluß an den Befund des Einzelfalles das in diesem Falle geeignetste Mittel der Euthanasie zu bezeichnen. Denn unbedingt schmerzlos muß die Erlösung erfolgen, und nur ein Sachverständiger wäre zur Anwendung des Mittels berechtigt.

4. Über den Vollzugsakt wäre dem Freigebungsausschuß ein sorgfältiges Protokoll zuzustellen.

2. Eigenmächtige Tötung eines Unheilbaren unter Annahme der Voraussetzungen freizugebender Tötung.

Dieser ordnungsmäßige Weg ist aber nicht immer gangbar. Vielleicht läßt sich seine Betretung nicht einmal denken. Vielleicht könnte auch die Zeit, die er selbst bei größter Beschleunigung kosten würde, den Unheilbaren unerträglichen Qualen aussetzen.

Dann steht man vor der Alternative: entweder mutet man wegen praktischer Schwierigkeiten dem Unrettbaren mitleidlos die Fortdauer seiner Qualen bis zum Ende und seinen Angehörigen oder seinem Arzte trotz ihres Mitleids volle Passivität zu, oder man untersagt diesen »Beteiligten« nicht, das Risiko zu laufen, sich über die Voraussetzungen unverbotener Tötung selbst zu vergewissern und auf Befund nach bestem Gewissen zu handeln.

Ich zögere nicht einen Augenblick, mich für die zweite Alternative auszusprechen.

Tötet dann jemand einen Unheilbaren, um ihn zu erlösen – seis mit seiner Einwilligung, seis in der Annahme, der Kranke würde sie zweifellos erteilen und sei daran nur durch seine Bewußtlosigkeit gehindert, – so müßte m. E. für solchen Täter und seine Gehilfen gesetzlich die Möglichkeit, sie straflos zu lassen, vorgesehen sein, und sie würden straflos zu bleiben haben, wenn sich die Voraussetzungen der Freigabe nachträglich als vorhanden gewesen ergeben würden.

Dem Täter würde für solche Fälle eine »Verklarungspflicht« aufzuerlegen sein, d. h. eine Pflicht, von seiner Tat sofort nach ihrer Begehung bei dem Freigabeausschuß Anzeige zu machen.

Anderenfalls hätte eventuell angemessene Strafe wegen fahrlässiger Tötung Platz zu greifen, wie sie ja schon das Preußische Landrecht angeordnet hat: der Täter hat ja die Voraussetzungen einer unverbotenen Tötung zu Unrecht als vorhanden angenommen. Von echtem Lebensvernichtungsvorsatz ist bei ihm nicht zu sprechen.

So gäbe es nach unseren Vorschlägen zwei neue Arten unverbotener Tötungen Dritter: den Vollzug der ausdrücklich freigegebenen Tötung und die eigenmächtige Tötung unter richtiger Annahme der Voraussetzungen der Freigabe im konkreten Fall durch einen Antragsberechtigten.

52Dazu vgl. mein Handbuch I S. 727 ff.
53Die Frage, ob es nicht Mißgeburten gibt, denen man in ganz früher Lebenszeit den gleichen Liebesdienst erweisen sollte, will ich nur angeregt haben. Seit Jahren beobachte ich mit Entsetzen den empörenden Mangel an Feinfühligkeit gegenüber diesen armen Menschen, die zur Sehenswürdigkeit werden, und nicht selten in der unverschämtesten Weise begafft, ja vielfach unter spöttischen Redensarten verfolgt werden. Das Leben solcher Armen ist ein ewiges Spießrutenlaufen!
54Für die einwilligenden Unrettbaren. S. oben s. .
55Mein sehr verehrter Mitarbeiter hat noch bis vor kurzem gemeint, der von Laien immer wieder vertretene Gedanke, man möge die Ärzte angesichts aussichtsloser, qualvoller Zustände von Staats wegen zur Tötung ermächtigen, sei unausführbar. »In welche Hände sollte man eine solche Entscheidung legen?« S. Hoche, Vom Sterben, S. 17.