Vegetarische Aroma-Bibel - eBook

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Johann Wolfgang von Goethe

1699 Der Architekt und Gartenbauer John Evelyn (1620–1706) schreibt »Acetaria. A Discourse of Sallets«, das erste alphabetische Nachschlagewerk über Salatpflanzen, die er nach ihrer Eignung zum Rohessen oder zum Garen unterteilt.

1732 Unter der Führung des Auswanderers Johann Conrad Beissel (1691–1768) gründen deutsche Siedler in Pennsylvania das Ephrata Cloister, eine Klostergemeinde, in der Vegetarismus als Weg zu spirituellen Zielen gelebt wurde. Sie wurde 1813 aufgelöst.

»Ich hege keinen Zweifel darüber, dass es ein Schicksal des Menschengeschlechts ist, im Verlaufe seiner allmählichen Entwicklung das Essen von Tieren hinter sich zu lassen.«

Henry David Thoreau

1801 In London wird der erste Vegetarier-Verein gegründet, dem bald ähnliche Vereinigungen in anderen englischen Städten folgten.

»Wahre menschliche Kultur gibt es erst, wenn nicht nur die Menschenfresserei, sondern jede Art des Fleischgenusses als Kannibalismus gilt.«

Wilhelm Busch

1809 Reverend William Cowherd (1763–1816) gründet als Abspaltung von den Swedenborgianern in der Nähe von Manchester die Bible Christian Church (BCC) und verbreitet die Lehre einer fleischlosen Ernährung. Die BCC wird heute als Vorläufer des modernen Vegetarismus angesehen.

1813 Angeregt durch das Buch »Return to Nature or A Defence of the Vegetable Regimen« seines Freundes John Frank Newton (1766–1837) tritt Percy Shelley (1792–1822) in seinem Essay »A Vindication of Natural Diet« für den Vegetarismus ein und spricht sich gegen die Verschwendung sowohl tierischen Lebens als auch kostbarer Landflächen aus.

1829 Der amerikanische Prediger und frühe Verfechter einer vegetarischen Reformdiät Sylvester Graham (1794–1851) entwickelt das heute noch bekannte Grahambrot aus fein geschrotetemVollkornweizen und die »Graham Cracker« aus Vollkorngetreide. Er propagiert eine vegetarische Kost, vor allem basierend auf frischem Obst, Gemüse und Vollkorn; Fleisch und Gewürze sind tabu.

1842 Der Begriff des »Vegetarismus« erscheint zum ersten Mal in gedruckter Form (in »The Healthian« von Alcott House), um den ausschließlichen Verzehr pflanzlicher Kost zu beschreiben, entsprechend der damals gängigen Bedeutung des englischen Begriffs »vegetable«, das neben Gemüse auch Obst und Getreide einschloss.

1843 Gründungsjahr der Britischen und Ausländischen Gesellschaft für die Förderung der Menschlichkeit und des Verzichts auf Tierprodukte.

»Schon in früher Kindheit empfand ich einen tiefen Widerwillen, wenn ich Tiere zur Schlachtbank geschleppt werden sah und ich legte mir die Frage vor: Hat der Mensch ein Recht, harmlose und nützliche Tiere zu töten und sich von deren Fleische zu nähren?«

Gustav Struve, in »Pflanzenkost«

1847 In England wird die erste Gesellschaft für Vegetarier, die Vegetarian Society, gegründet. Nach nur einem Jahr ist die Zahl der Mitglieder von 150 auf 265 gestiegen. Bis zum Ende des Jahrhunderts hatten sich in vielen anderen Ländern ähnliche Vereinigungen gegründet, darunter USA (1850), Deutschland (1867), Österreich (1878), Frankreich (1879), Schweiz (1880), Neuseeland (1882), Ungarn (1884), Australien (1886), Indien (1889), Irland (1890), Chile (1891), Niederlande (1894), Schweden (1895), Dänemark (1896), Belgien (1897) und Italien (1899).

1859 DerApotheker und Heilpraktiker Theodor Hahn (1824–1883) propagiert die vegetarische Ernährung als die einzig wahre »Naturkost«. Er macht die fleischlose Ernährung in Verbindung mit der »Wasserkur« zur Grundlage der Behandlung seiner Patienten.

»Wenn der moderne Mensch die Tiere, deren er sich als Nahrung bedient, selbst töten müsste, würde die Anzahl der Pflanzenesser ins Ungemessene steigen.«

Christian Morgenstern

1867 Der evangelische Theologe Eduard Baltzer (1814–1887) gründet den ersten Vegetarier-Verein Deutschlands (Verein für natürliche Lebensweise, später umbenannt in Deutscher Verein für natürliche Lebensweise bzw. Deutscher Verein für naturgemäße Lebensweise), der rasch wächst.

»Es ist zweifellos vorteilhafter, Gemüse anzubauen, und daher denke ich, dass Vegetarismus ein löblicher Weg ist, der bestehenden barbarischen Gewohnheit ein Ende zu setzen. Dass wir von pflanzlicher Kost leben und unsere Arbeit sogar noch besser verrichten können, ist keine Theorie, sondern eine gut belegte Tatsache. (…) Angesichts dieser Tatsachen sollte alles unternommen werden, um das schamlose und grausame Schlachten von Tieren zu beenden, das sich auf unsere Moral nur zerstörend auswirken kann.«

Nikola Tesla, »The Problem of Increasing Human Energy«

1869 Gustav Struve (1805–1870) veröffentlicht sein Werk »Pflanzenkost – die Grundlage einer neuen Weltanschauung«, das die vegetarische Bewegung nachhaltig beeinflusst hat. Bereits 1868 hatte er mit Gesinnungsgenossen aus Stuttgart und Umgebung einen vegetarischen Verein gegründet, der noch heute besteht.

1877 Das »Erste Wiener Vegetarier-Speisehaus« öffnet im Zuge aufkommender lebensreformerischer Strömungen seine Pforten für die Anhänger fleischloser Gerichte oder, wie es in der Satzung des Ramharter’schen Speisehauses heißt, »im Zeichen Tierschutzbegeisterter und vom Vegetarismus faszinierter Wagnerianer«. Richard Wagner ist die Ikone der Vegetarier im 19. Jahrhundert. In seiner Schrift »Religion und Kunst« erklärt er den Vegetarismus zum Ernährungskonzept für Intellektuelle und betont, die Menschheit könne durch Verzicht auf Fleischgenuss zu einem höheren moralischen Dasein gelangen, wurde selbst aber nicht Vegetarier.

1882 In Berlin und Leipzig öffnen ebenfalls erste vegetarische Gaststätten.

1883 Howard Williams (1837–1931) schreibt das erste Buch über die Geschichte des Vegetarismus mit dem Titel »The Ethics of Diet«. Es wird über die Jahre Vegetarier von Leo Tolstoi bis Gandhi beeinflussen.

1892 Der überregionale Deutsche Vegetarier-Bund mit Sitz in Leipzig entsteht aus dem Zusammenschluss der beiden wichtigsten Vegetariervereine (1903 zählt er 1300 Mitglieder). Die vegetarische Bewegung hat im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung gewonnen.

1893 Von Anhängern der Lebensreformbewegung wird in Oranienburg bei Berlin die genossenschaftliche Obstbausiedlung Eden gegründet. 1908 entwickelte das Unternehmen Eden den ersten vegetarischen Fleischersatz und die erste pflanzliche Margarine. 1930 folgten »Eden Pflanzenfleisch« und Steinpilzpastete. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lebten fast 1000 Menschen im genossenschaftlich organisierten »Eden«.

1897 Der Schweizer Arzt und Pionier der Vollwertkost Maximilian Bircher-Benner (1867–1939), Erfinder des Birchermüesli, setzt seine vegetarischen Ernährungsrichtlinien in seiner renommierten Privatklinik am Zürichberg um, in der bis 1994 viele prominente Patienten Heilung finden.

»Es gibt in Fleisch oder Fleischprodukten nichts für die Ernährung des Menschen Notwendiges oder Wünschenswertes, was pflanzliche Erzeugnisse nicht auch liefern könnten.«

John Harvey Kellogg, in »The New Dietetics. What to Eat and How«

»Fleischnahrung (…) ist ganz einfach unsittlich, weil sie eine dem sittlichen Gefühl widersprechende Tat, das Morden, erfordert.«

Leo Tolstoi

Spätes 19. Jh. Der Arzt John Harvey Kellogg (1852–1943) entwickelt Dutzende innovative fleischfreie Speisen (dies zu einer Zeit, als in den USA zu einem typischen Frühstück nicht selten Würstchen und Whiskey gehörten). Am bekanntesten sind seine Cornflakes und andere verzehrfertige Frühstücksflocken, die innerhalb eines Jahrzehnts die morgendliche Mahlzeit revolutionieren. Zu den Patienten in seinem Sanatorium zählen viele Prominente, darunter Thomas Edison, Henry Ford, John D. Rockefeller und Johnny Weissmüller. Kellogg wird in den USA der führende Vertreter des Vegetarismus seiner Zeit, und der Erfolg der W. K. Kellogg Company (geführt durch seinen Bruder Will Keith) ermutigt auch andere Firmen, Frühstückszerealien als Ersatz für fleischhaltige Frühstücksspeisen herzustellen.

»Der Arzt der Zukunft wird keine Medizin verschreiben, sondern seine Patienten darin anleiten, sich eigenverantwortlich um Körper und Ernährung, die Ursachen von Krankheiten sowie die Möglichkeiten zu deren Prävention zu kümmern.«

Thomas Edison, in »Fort Wayne Sentinel«, 31. Dezember 1902

1890 Als proteinreiches Nahrungsmittel und gesunde Eiweißquelle für ältere Patienten, die kein Fleisch kauen können, wird die aus gemahlenen Erdnüssen gewonnene Erdnussbutter eingeführt (von George Bayle erstmals kommerziell vertrieben; 1895 erwirbt John Harvey Kellogg das Patent auf das Verfahren).

1892 Leo Tolstoi (1828–1910) schreibt unter dem Titel »Der erste Schritt« seinen einflussreichen Essay über Vegetarismus. Er ernährte sich vegetarisch und erklärte Fleischnahrung für »unmoralisch, weil sie eine dem Gefühl der Moralität widersprechende Tat – den Mord – erfordert, und weil sie nur von der Feinschmeckerei und Gefräßigkeit verlangt wird«. Schon 1857 hatte er in seinem Tagebuch festgehalten: »Die Armut der Leute und die Leiden der Tiere sind furchtbar.«

1895 In New York wird im Hotel Byron das erste vegetarische Restaurant, Vegetarian Restaurant Number 1, unter der Führung der Vegetarian Society eröffnet. In London gibt es im Jahr 1897 bereits 13 vegetarische Restaurants.

1898 In Zürich eröffnet Ambrosius Hiltl das Vegetarierheim und Abstinenz-Café, das später in Hiltl umbenannt wird. Es gilt als das älteste, seit der Eröffnung bis heute durchgängig betriebene vegetarische Restaurant der Welt, heute mit mehreren Niederlassungen im Raum Zürich, einschließlich einem Laden mit der »ersten vegetarischen Metzgerei der Schweiz«, und ergänzt durch eine Kette weiterer vegetarischer Restaurants unter dem Namen tibits by Hiltl.

 

1899 Beeinflusst durch die Gedichte und Schriften von Percy Shelley schreibt der Tierschutzaktivist Henry Salt (1851–1939) sein zu einem Klassiker gewordenes Buch »The Logic of Vegetarianism«, das später Gandhi in seinem Engagement für den Vegetarismus bestärken wird. Salt gilt als der erste Schriftsteller, der in seiner Schrift »Animals’ Rights« von 1894 Tierrechte proklamiert, statt nur eine Reform des Tierschutzes zu fordern.

1900 Auf dem Monte Verità in Ascona gründet eine lebensreformerische Künstlerkolonie eine sogenannte »vegetabile Cooperative«, eine Siedlungsgemeinschaft auf zunächst veganer und später vegetarischer Grundlage.

»An erster Stelle steht der ethische Vegetarier, der sich aus moralischen oder philosophischen Gründen weigert, Fleisch zu essen. (…) Dann kommt der religiöse Vegetarier, der aufgrund der Vorschriften seiner Religion kein Fleisch isst. (…) An dritter Stelle steht der Vegetarier aus ästhetischen Gründen, der es lieber vemeidet, das graue, gekochte Fleisch eines toten Tieres zu essen. (…) Der vierte Typ ist der wissenschaftliche Vegetarier, der die Anatomie der Tiere verglichen hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass der Mensch von Natur aus ein Pflanzenfresser ist und gar kein Fleisch essen sollte. (…) Und an fünfter Stelle stehen die Vegetarier aus Ernährungsgründen, die einfach deshalb kein Fleisch essen, weil es gesünder ist.«

Symon Gould, zitiert in »The New York Times Magazine«, 1945

1901 In Russland wird der erste Bund der Vegetarier gegründet. Nach der Revolution von 1917 wird der Vegetarismus in der Sowjetunion als illegal erklärt. Vegetarische Restaurants müssen schließen und die Vegetarierbünde werden aufgelöst.

1907 Magnus Schwantje (1877–1959), Pazifist, Tierrechtler und Vorreiter der deutschen Vegetarierbewegung, gründet die Gesellschaft zur Förderung des Tierschutzes und verwandter Bestrebungen, die 1919 ihren Namen in »Bund für radikale Ethik« ändert. In seiner »radikalen Ethik« verbinden sich zum ersten Mal explizit die Themen Tierethik und Vegetarismus.

1908 Die Internationale Vegetarier-Union wird in Dresden ins Leben gerufen mit dem Ziel, die Zusammenarbeit der verschiedenen weltweit entstandenen Zusammenschlüsse von Vegetariern zu fördern und alle zwei oder drei Jahre in einem anderen Land der Erde einen Welt-Vegetarier-Kongress abzuhalten.

1915 Albert Schweitzer (1875–1965), Arzt, Theologe und Philosoph, prägt den Ausdruck »Ehrfurcht vor dem Leben« als Inbegriff seiner lebenslangen Überzeugung, dass auch anderes als das menschliche Leben sowohl im eigenen Denken als auch im Handeln ethisch konsequent zu berücksichtigen ist. Er ging erst kurz vor seinem Tod zur vegetarischen Ernährung über.

»Das große Problem, ob wir Tiere töten und essen dürfen, wird uns langsam bewusst. (…) Meine Ansicht ist, dass wir, die wir für die Schonung der Tiere eintreten, ganz dem Fleischkonsum entsagen und auch gegen ihn reden. So mache ich es selber.«

Albert Schweitzer

1917 Nach dem Eintritt in den Ersten Weltkrieg wird von der US-Lebens-mittelbehörde zu »Meatless Mondays« und »Wheatless Wednesdays« aufgerufen, um den Konsum dieser Grundnahrungsmittel zu reduzieren und sie stattdessen der hungernden Bevölkerung der Verbündeten in Europa zukommen zu lassen. Millionen Menschen legten gleichzeitig für die zusätzliche Versorgung in der Kriegszeit Gärten an und pflanzten Gemüse, Obst und Kräuter (»Victory gardens«).

1920er Nahrungsmittel aus Sojabohnen finden immer mehr Anklang; es entstehen Produkte wie Sojabrot, Sojakäse, Sojamilch und viele mehr. Maßgeblich an der Verbreitung von Sojaprodukten beteiligt sind Anhänger der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, da sich viele von ihnen vegetarisch ernähren. Angebaut werden Sojabohnen vor allem in den USA und in Brasilien, heute auch, allerdings zu einem weit geringeren Anteil, in Ländern wie Russland, Ukraine, Serbien, Italien, Rumänien oder Frankreich.

1925 Der irische Dramatiker und bekennende Vegetarier George Bernard Shaw (1856–1950) erhält den Nobelpreis für Literatur. 1901 sagte er: »Ich war 25 Jahre lang Kannibale, dann für immer Vegetarier.« Von ihm stammen zahlreiche prononcierte Äußerungen zum Thema Vegetarismus und Fleischkonsum, wie etwa: »Tiere sind meine Freunde, und ich esse meine Freunde nicht.«

»Es ist beinahe fünfzig Jahre her, dass mir eine ganze Schar von Ärzten versichert hat, ich würde verhungern, wenn ich kein Fleisch esse.«

George Bernard Shaw, »The Quintessence of G.B.S.«

1931 Mohandas Gandhi (1869–1948) spricht sich für die Vegetarierbewegung in London aus. Er würdigt die Schriften von Leo Tolstoi und Henry David Thoreau, die, wie er sagt, seine Philosophie der Gewaltlosigkeit tiefgreifend beeinflusst haben. Er sieht sich durch die Schrift »A Plea for Vegetarianism« (Plädoyer für denVegetarismus) von Henry Salt darin bestärkt, sich aus voller Überzeugung dem Vegetarismus zu verschreiben und nicht nur aufgrund seiner Herkunft. Er trat der Vegetarischen Gesellschaft bei und wurde in der Folge ihr Schriftführer. In dieser Rolle arbeitete er auch journalistisch für deren Veröffentlichungen.

»Ich glaube, dass spiritueller Fortschritt irgendwann von uns verlangt, aufzuhören, zur Befriedigung unserer körperlichen Bedürfnisse unsere Mitlebewesen zu töten.«

Mohandas Karamchand Gandhi

1940/1941 Um in den Jahren des Zweiten Weltkriegs eine Lebensmittelknappheit abzuwenden und die Selbstversorgung zu sichern, wird in der Schweiz in der sogenannten Anbauschlacht (Plan Wahlen) eine Ausweitung des Ackerbaus und die Reduzierung der Viehwirtschaft propagiert. Selbst auf Brachen, in öffentlichen Parks und auf Sportplätzen werden Kartoffeln und Gemüse angebaut. Ein ähnliches, allerdings weniger erfolgreiches Programm waren die Erzeugungsschlachten im nationalsozialisitischen Deutschland.

In den Vereinigten Staaten wurde die Bevölkerung dazu aufgerufen, in Hinterhöfen, Vorgärten, auf unbebauten Flächen und auf öffentlichem Land sogenannte »Victory Gardens« anzulegen, um dort selbst Nahrung anzubauen.

»Die industrielle Fließbandhaltung von Tieren ist zweifelsohne eines der dunkelsten, schandhaftesten Kapitel der menschlichen Kultur.«

Konrad Lorenz

1944 Donald Watson (1910–2005), Zimmermann und Gründer der Vegan Society, prägt den Begriff »vegan« für jene Vegetarier, die weder Milchprodukte noch Eier verzehren. 1946 erscheint das erste explizit vegane Kochbuch, »Vegan Recipes« von Fay K. Henderson.

»Wenn ich das Buch nennen sollte, das mich am stärksten beeinflusst hat, dann wäre dies ›Animal Liberation‹ von Peter Singer [dt. Animal Liberation. Die Befreiung der Tiere], denn unmittelbar danach bin ich Vegetarierin geworden.«

Jane Goodall, Website »New Scientist«, 16. April 2008

1946 Gründung der Vegetarier-Union Deutschlands, danach Vegetarier-Bund Deutschlands VEBU genannt, die größte Interessenvertretung vegetarisch und vegan lebender Menschen in Deutschland (etwa 14 000 Mitglieder). Seit 2017 international vernetzt unter dem neuen Namen ProVeg.

Um 1950 Der schwedische Ernährungsreformer Are Waerland (1876–1955) propagiert zum Schutz vor Krankheiten eine laktovegetabile Ernährung (vorwiegend aus Rohkost, Kartoffeln mit Schale und dem Vollkorngetreidebrei Kruska), Waerland-Kost genannt. Vom Verzehr von Fleisch, Fisch und Eiern rät er ab, da diese zur Übersäuerung des Körpers führen.

1962 In den USA erscheint das Buch »Silent Spring« (Der stumme Frühling) von Rachel Carson, das maßgeblich dazu beiträgt, die Umweltbewegung auf globaler Ebene vorwärtszubringen. Das Buch prangert unter anderem den Einsatz von Giftstoffen in der Nahrungsmittelproduktion an und veranlasst viele Menschen dazu, Vegetarier zu werden.

1968 Die Beatles gehen nach Indien, um die Transzendentale Meditation zu erlernen. Im Anschluss daran bekennen sich George Harrison, John Lennon, Paul McCartney und Ringo Starr zum Vegetarismus und regen viele Menschen rund um den Globus dazu an, ihrem Beispiel zu folgen. Außer Lennon bleiben alle ihr Leben lang Vegetarier.

1968 Vor dem Hintergrund der Lebensreformbewegung gründet Fredy Forster die Schweizer Reformjugend, die gesunde Ernährung, gesundes Leben und konsequenten Tierschutz fordert. 1993 geht daraus die Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus, heute swissveg hervor.

»Im Großen und Ganzen tragen Vegetarier ein geringeres Risiko, an jenen chronischen Krankheiten zu erkranken, die in Gesellschaften mit einer auf Fleisch basierenden Ernährung die größte Todesursache sind. (…) Um die herzschonenden Vorzüge einer vegetarischen Ernährung voll auszuschöpfen, sollte der Konsum von Lebensmitteln wie Hartkäse, Doppelrahmkäse, Eiscreme und Eiern maßvoll sein.«

Jane Brody, in »The New York Times«, 12. Oktober 1983

1970 Am 22. April findet der erste Earth Day statt, eine von mehreren Seiten angestoßene Initiative mit dem Ziel, auf die Bedeutung der Erhaltung von Gesundheit und Nachhaltigkeit des Planeten aufmerksam zu machen. Die Geburtsstunde der modernen Umweltbewegung.

1975 Mit dem Buch »Animal Liberation« (Die Befreiung der Tiere) legt der Australier Peter Singer durch seine Verurteilung von industrieller Tierhaltung und Tierversuchen den Grundstein für die moderne Tierrechtsbewegung. Singer und andere Tierrechtler wie Tom Regan und Helmut F. Kaplan fordern als Endziel eine vegane Ernährung.

»Wenn Schlachthöfe Wände aus Glas hätten, wäre jeder Vegetarier.«

Paul McCartney, Video auf meat.org

1976 Barbara Rütting, überzeugte Vegetarierin, später auch Veganerin, sowie Umwelt-, Menschenrechts- und Tierrechtsaktivistin, schreibt ihr erstes Kochbuch zu einer gesunden Vollwertküche, »Mein Kochbuch. Naturgesunde Köstlichkeiten aus aller Welt«, gefolgt von zahlreichen weiteren Büchern.

»Menschen, die sagen, dass Tiere nichts Besseres verdienen, würde ich sagen, dass das, was wir Tieren antun, vielleicht mehr über uns aussagt als über die Tiere.«

Gene Baur, Interview in »Time Magazine«, 27. Mai 2011

1977 Das U. S. Committee on Nutrition publiziert die Empfehlung, den Verzehr gesättigter Fette und Cholesterin zu reduzieren und mehr Obst, Gemüse und Vollkorngetreide zu sich zu nehmen. Die zugrundeliegenden ernährungswissenschaftlichen Studien haben maßgeblich zur Verbreitung der sogenannten Mittelmeerdiät beigetragen. In der Fleisch-, Eier- und Milchindustrie lösen diese Empfehlungen naturgemäß einen Aufschrei der Empörung aus.

1978 Das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft wird (nach ähnlichen Initiativen in den 1960er-Jahren in Japan) erstmals in einem Land der westlichen Welt in den »Jardins de Cocagne« bei Genf erfolgreich umgesetzt. Eine Gruppe von Selbstversorger-Pionieren bewirtschaftet als Kooperative gemeinschaftlich Land nach den Prinzipien des biologisch-dynamischen Anbaus. Ähnliche Ziele verfolgen etwa die Gemeinschaft GeLa Ochsenherz in Österreich oder das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft in Deutschland. 1986 fasst das Konzept der gemeinschaftlichen Landwirtschaft auch in den USA Fuß, dort Community Supported Agriculture (CSA) genannt, und erlebt ein rasantes Wachstum.

1981 In den medizinischen Fachjournalen »Cancer« und »Lancet« veröffentlichte groß angelegte Studien zeigen, dass bei Rauchern diejenigen deutlich seltener von Lungenkrebs betroffen sind, die Beta-Carotin-reiche Gemüsesorten essen. Diese Studien legen den Schluss nahe, dass ein höheres Maß an pflanzlicher Kost zu einer Verringerung des Krebsrisikos beitragen kann.

1982 Der National Research Council, eine US-amerikanische Non-Profit-Organisation, veröffentlicht einen Forschungsbericht zum Thema Ernährung und Krebs, der erstmals einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Krebs herstellt. Die wichtigsten Empfehlungen darin lauten, weniger Fett zu verzehren und dafür mehr Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu essen.

 

»Gemüse ist mein Leben. Gemüse hat so viel mehr Genuss und Luxus zu bieten als jegliches von Tieren stammende Eiweiß. Es ist das Tor zum Umgang mit allen anderen Lebensmitteln.«

Michel Bras, zitiert auf grubstreet.com, 2011

1983 Der französische Koch Michel Bras bietet in seinem Restaurant Bras in Laguiole, Frankreich, sein erstes rein auf Gemüse basierendes Haute-Cuisine-Menü an; im Jahr 1999 wird er mit dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet. Seine Spezialität »Gargouillou« aus Dutzenden saisonaler junger Gemüsesorten, Kräuter, Blätter und Samen inspiriert in den folgenden Jahrzehnten viele andere Köche rund um den Globus.

»Ich war immer schon der Ansicht, dass die Zubereitung von Gemüse der interessanteste Bereich des Kochens ist. Gemüse liefert sowohl im Hinblick auf Geschmack als auch auf Textur eine unglaubliche Tiefe und Komplexität, ganz zu schweigen von der Vielfalt der Farben und Formen. (…) Für mich gibt es kaum etwas Schöneres als die unzähligen Sorten von Gemüse, Hülsenfrüchten, Getreide und Obst in die Hand zu nehmen, zuzubereiten und zu essen. Ich empfinde das als eine der sinnlichsten Freuden meines Lebens.«

Charlie Trotter, in »Charlie Trotter’s Vegetables«, 1996

1985 Als Dachverband der nationalen Vegetarier-Verbände in Europa wird die Europäische Vegetarier-Union (EVU) gegründet, der mittlerweile etwa 200 Organisationen angehören.

1989 Die American Heart Association präsentiert die Ergebnisse einer bahnbrechenden Studie von Dr. Dean Ornish zu den Auswirkungen vegetarischer Ernährung und einer veränderten Lebensweise auf die Prävention und sogar Rückbildung von Herzerkrankungen.

1992 Das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium führt die sogenannte Ernährungspyramide ein, eine in unterschiedlich gewichtete Lebensmittelgruppen unterteilte symbolische Darstellung als Richtschnur gesunder Ernährung. Nach dem Vorbild der USA veröffentlichen auch andere Länder Versionen der Ernährungspyramide. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ebenfalls im Jahr 1992, die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) im Jahr 2000, das österreichische Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2010. Die genaue Einteilung der verschiedenen Lebensmittel ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen und wird den jeweils geltenden Erkenntnissen angepasst. Die DGE empfiehlt derzeit wieder eher den Ernährungskreis, eine Form der grafischen Darstellung, die viel älter ist als die Pyramidenform.

»Fleisch ist wahrscheinlich die langweiligste Zutat in der Küche«, sagt Küchenchef Thomas Keller, »Gemüse dagegen bietet endlose Möglichkeiten.«

Alice Feiring, in »Vegetarian Times, Mai 1998

1996 Gründung der Internetplattform VegSource.com, um die vegetarische Lebensweise bekannt zu machen und zu fordern. Fünf Jahre später steht sie an der Spitze ernährungsbezogener Websites.

1996 Das seit sieben Jahren in Mailand bestehende »Ristorante Joia« wird als erstes rein vegetarisches Restaurant in Europa mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.

2000 Zum ersten Mal in der Geschichte verzeichnet die Welt einen Nettoverlust an Agrarfläche. Aufgrund der kontinuierlich steigenden Bevölkerungszahlen nehmen die Anbauflächen weiter ab. Die Ernährung der Weltbevölkerung und die globalen Nahrungsmittelkrisen rücken vermehrt in den Fokus des Interesses.

»Beginnen Sie mit einer Mahlzeit pro Tag, dann versuchen Sie es mit einem Tag pro Woche und schließlich eine Woche pro Monat. Arbeiten Sie sich nach und nach daran heran, keine Tiere und tierischen Erzeugnisse mehr zu konsumieren. Der Aufwand ist gering und es lässt sich ganz einfach durchführen. Irgendwann denken Sie: ›Und jetzt?‹ Der Prozess setzt eine Bewusstwerdung in Gang.«

James Cromwell, aus »Ein Schweinchen namens Babe«, der nach dem Dreh vegan zu leben begann

2003 In den USA lebt die Kampagne »Meatless Mondays« wieder auf, mit dem Ziel, die Menge an Fleisch und gesättigten Fetten in der Ernährung zu reduzieren und ein wachsendes Bewusstsein für die mit übermäßigem Fleischverzehr verbundenen vermeidbaren Krankheiten zu schaffen. Sie entwickelt sich innerhalb weniger Jahre zu einer weltweiten Kampagne, an der Menschen in 23 Ländern teilnehmen. Ab 2010 wird auch in verschiedenen Städten und Kommunen Deutschlands und der Schweiz die Einführung eines Veggietags unterstützt.

2004 Laut »Forbes«-Magazin haben sich die Verkaufszahlen vegetarischer Nahrungsmittel seit 1998 verdoppelt. Im Jahr 2003 erreichten sie einen Umsatz von 1,6 Milliarden Dollar, und bis 2008 wird ein Anstieg von 61 Prozent prognostiziert.

2006 Laut einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist die Viehwirtschaft verantwortlich für 18 Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen. Die Transportsysteme (Schiffe, Autos, Flugzeuge, Züge usw.) machen dagegen weltweit zusammengenommen gerade 13 Prozent aus.

»Wir werden nicht aufhören, krank zu sein, wenn wir nicht aufhören, uns selbst krank zu machen. (…) Die Antwort ist nicht eine weitere Pille. Die Antwort ist Spinat.«

Bill Maher, 28. September 2007

2009 Jonathan Safran Foer publiziert sein Buch »Eating Animals« (dt. »Tiere essen«, 2010), das sich mit der Problematik der Massentierhaltung auseinandersetzt und »es schafft, eine allgemeine Diskussion über Vegetarismus auszulösen« (Süddeutsche Zeitung).

2009 Das erste vegane Kochbuch von Attila Hildman erscheint, gefolgt von zahlreichen weiteren, die alle äußerst erfolgreich sind und dem Veganismus zu großer Publizität verhelfen.

»Sogar Ärzte und Ernährungsberater sind oft erstaunt, wenn sie hören, dass (…) der Verzehr von reichlich grünem Gemüse beträchtliche Mengen Eiweiß liefert.«

Dr. Joel Fuhrman, in seinem Buch »Eat to Live«

2009 Ein Positionspapier der amerikanischen Academy of Nutrition and Dietetics zum Vegetarismus hält fest, »dass sorgfältig geplante vegetarische Ernährungsweisen, einschließlich der besonders strengen veganen Form, gesund und ernährungsphysiologisch sinnvoll sind und sich positiv in der Prävention und der Behandlung bestimmter Krankheiten auswirken können (…) Die Ergebnisse einer evidenzbasierten Überprüfung zeigten, dass vegetarische Ernährung mit einem geringeren Erkrankungsrisiko der Herzkranzgefäße einhergeht. Vegetarier scheinen zudem durchgängig niedrigere LDL-Cholesterinwerte (Low Density Lipoprotein) aufzuweisen, einen niedrigeren Blutdruck zu haben und insgesamt seltener an Bluthochdruck und Typ-II-Diabetes zu leiden als Nicht-Vegetarier. Darüber hinaus haben Vegetarier häufig einen niedrigeren BMI (Body Mass Index) und niedrigere Krebsraten. Zu den Faktoren einer vegetarischen Ernährung, die das Risiko chronischer Krankheiten verringern können, gehört die reduzierte Aufnahme gesättigter Fette und Cholesterin, verbunden mit einem erhöhten Konsum von Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Sojaprodukten, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen

2010 In ihrem Buch »Anständig essen. Ein Selbstversuch« setzt sich die Autorin Karen Duve mit der Frage einer gesunden und ethisch vertretbaren Ernährung sowie der modernen Massentierhaltung auseinander. Sie testet im Selbstversuch Bio-, vegetarische, vegane und frutarische Kost.

2011 Die seit 1992 in den USA geltende Ernährungspyramide wird abgelöst durch das Tellermodell (»MyPlate«), die schematische Darstellung eines Tellers, um die ideale Zusammensetzung der verschiedenen Lebensmittelgruppen in der Ernährung zu veranschaulichen. Das Tellermodell kommt auch bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE und bei anderen Institutionen der Ernährungsberatung vermehrt zum Einsatz.

»Als Arzt fordere ich Sie auf, alle Regierungsprogramme zu streichen, die Milliarden von Dollar in direkte und indirekte Subventionen für Fleisch, Zucker und andere ungesunde Produkte pumpen, Dinge, die zu Rekordzahlen bei Fettleibigkeit, Typ-II-Diabetes und anderen Gesundheitsproblemen führen, an denen jährlich Millionen von Amerikanern erkranken und sterben. Die wenigsten Leute wissen, dass mit ihren Steuern ungesunde Nahrungsmittel subventioniert werden.«