Vegetarische Aroma-Bibel - eBook

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Gemüse

Ganzes, zerkleinertes oder püriertes Gemüse (frisch, gefroren, getrocknet oder in Dosen, roh oder gekocht) oder 100-prozentiger Gemüsesaft.

Beispiele: Jede der folgenden fünf Untergruppen liefert einen unterschiedlichen Nährstoffmix.

Grün/dunkelgrün: Blattkohl, Blätter von Beten und Rüben (Randen/Rübstiel), dunkelgrüne Blattsalate, Brauner Senf, Brokkoli, Brunnenkresse, Endivien, Grünkohl, Mangold, Pak Choi, Romanasalat, Spinat

Rot/orange: Butternusskürbis, Eichelkürbis, Karotten, Riesenkürbis, rote Paprikaschoten, Süßkartoffeln, Tomaten und Tomatensaft

Stärkehaltig: Erbsen, (grüne) Kochbananen, Kartoffeln, Kürbis, Limabohnen, Mais, Pastinaken, Süßkartoffeln, Taro, Topinambur, Wasserkastanien, Winterkürbis, Yamswurzel (Stärkehaltige Gemüsesorten weisen eine hohe Kaloriendichte auf und sollten daher in Maßen verzehrt werden, vor allem, wenn man abnehmen möchte.)

Erbsen und Bohnen: Augenbohnen, Kichererbsen, Kidneybohnen, Linsen, Navybohnen, Schälerbsen, schwarze Bohnen, Wachtelbohnen, weiße Bohnen (Diese Sorten enthalten zudem reichlich Protein.)

Andere: Algen, Artischocken, Auberginen, Avocados, Blumenkohl, Eisbergsalat, grüne Bohnen, grüne Paprikaschoten, Gurken, Kohl, Okraschoten, Pilze, Rosenkohl, Rote Bete (Rande), Sellerie, Sprossen (z. B. Bohnen-), Spargel, Speiserüben, Zucchini

Wie ich es handhabe: Ich esse täglich so viel Gemüse wie möglich – etwa die Hälfte davon roh (beispielsweise in Salaten oder in Säften und Smoothies) und die andere Hälfte gegart. Meist sind es zwei oder drei Sorten grünes Blattgemüse wie Blattkohl, Grünkohl oder Spinat und ein oder zwei Sorten Kreuzblütler wie Brokkoli, Kohl oder Blumenkohl. Ich esse mittags und/oder abends jeweils einen Salat mit viel rohem Gemüse. Außerdem versuche ich, zu jeder Mahlzeit eine oder zwei Gemüsesorten zu verzehren (z. B. zum Frühstück einen Bananen-Grünkohl-Smoothie, ein Veggie-Omelett oder Tofu-Rührei, mittags oder abends eine Gemüsesuppe und auch in Hauptgerichten mit Getreide wie Emmer oder Dinkel, in Nudel- oder Reisgerichten, Pasta, Pizza, Wokgerichten usw. immer Gemüse!). Ein grüner Saft aus verschiedenem Blattgemüse hat sich für mich übrigens als tolles natürliches Aufputschmittel bewährt – besser als Koffein!


Obst

Ganze, zerkleinerte oder pürierte Früchte oder reiner Fruchtsaft. Aufgrund des hohen Gehalts an Nähr- und Ballaststoffen zählt ½ Handvoll Trockenfrüchte wie etwa Pflaumen oder Rosinen so viel wie 1 Handvoll frisches Obst.

Beispiele: Ananas, Apfel und Apfelmus, Aprikose, Banane, Beeren (z. B. Brombeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren), Birne, Kirsche, Kiwi, Mandarine, Mango, Melone (z. B. Cantaloupe-, Honig-, Wasser-), Nektarine, Papaya, Pfirsich, Pflaume, Trauben, Zitrusfrüchte (z. B. Grapefruit, Limette, Orange, Zitrone)

Wie ich es handhabe: Ich versuche drei Portionen frisches Obst täglich zu essen. Bei mir kommt Obst morgens auf das Müsli, in Obst- und andere Salate (z. B. grünen Blattsalat) und natürlich in Smoothies. Bananen friere ich gern ein und bereite daraus im Mixer ein cremiges Dessert zu.

Getreideprodukte

Mindestens die Hälfte, besser aber so viel wie möglich der verwendeten Getreideprodukte (in Brot, Backwaren, Nudeln usw.) sollte aus Vollkorn und aus vollwertigen, unraffinierten pflanzlichen Quellen stammen; dabei ist auf eine möglichst große Vielfalt zu achten.

Beispiele: Brot, Frühstücksgerichte aus Getreide wie Granola oder Müsli, Cracker, Pasta, Tortillas usw. aus Vollkorngetreide oder aus Pseudogetreide wie Amarant, Buchweizen, Buchweizengrütze, Bulgur, Dinkel, Emmer, Gerste, Kamut, Mais und Vollkorn-Maismehl, Naturreis, Hirse, Hafer (einschließlich Haferflocken und Hafermehl), Quinoa, Reis, Roggen, Sorghum, Teff, Triticale, Weizen, Wildreis oder sonstige Getreidekörner.


Wie ich es handhabe: Manchmal mache ich mir ein warmes Frühstück aus Haferflocken oder anderen Vollkornsorten und esse zu Mittag ein oder zwei Scheiben Vollkornbrot oder Pitabrot. Zum Abendessen gibt es manchmal Naturreis oder eine andere vollwertige Getreidesorte (z. B. Emmer, Weizen), zubereitet als eine Art Risotto, Vollkornnudeln, Vollkornpizza oder Vollkorntortillas. Raffiniertes Getreide und die entsprechenden Getreideprodukte (wie weißen Reis und alles aus Weißmehl, darunter auch Weißbrot) versuche ich komplett zu meiden und greife stattdessen zu vollwertigen Varianten von Reisnudeln, Maistortillas oder Couscous.

Fett

Bei der täglichen Zufuhr an Fett kommt es auf den Umfang der körperlichen Aktivitäten an. Personen, die überwiegend sitzen und sich nur wenig bewegen, sollten maximal 30 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr durch Fett zu sich nehmen. Bei körperlich aktiven Menschen kann dieser Wert bis auf 35 Prozent ansteigen. T. Colin Campbell empfiehlt jedoch, dass weniger als 10 Prozent der täglichen Kalorienmenge aus Fett stammen sollten.

Öle und Fette

Für Erwachsene wird allgemein eine Menge von maximal 5 bis 7 Teelöffel Öl oder Fett täglich empfohlen. Ein Teelöffel davon enthält rund 40 kcal. Da die meisten Menschen mit dem, was sie essen (z. B. Salatdressings, Nüsse, fetter Fisch wie Lachs) bereits genug Fett zu sich nehmen, ist es nicht nötig, zusätzlich Fett zu sich zu nehmen. Da der Fettkonsum in der Regel zu hoch ist, empfiehlt es sich im Sinne einer gesunderen Ernährung, mit möglichst wenig Öl oder Butter zu kochen und auch auf Frittiertes oder die Butter auf dem Brot zu verzichten. Bei einer vegetarischen Ernährung, die eine Senkung des Cholesterinspiegels zum Ziel hat, sollte der Verzehr gehärteter Fette (Fette, die bei Zimmertemperatur fest sind wie Butter, Margarine und Milchfette, außerdem künstlich gehärtetes Kokosfett und Palmöl) minimiert oder ganz vermieden werden.

Beispiele: Öle (z. B. Raps-, Mais-, Haselnuss-, Oliven- und andere hochwertige kaltgepresste biologische Saatenöle, Distel-, Sesam-, Sojabohnen-, Sonnenblumen-, Walnuss-) sowie fettreiche Lebensmittel wie Avocado, Mayonnaise, Nüsse (z. B. Mandeln, Cashewkerne, Haselnüsse, Erdnüsse, Walnüsse) und Nussmuse, Oliven, Samen (z. B. Leinsamen, Hanfsamen, Kürbiskerne, Sesam, Sonnenblumenkerne), Salatdressings

Wie ich es handhabe: Wo möglich vermeide ich die zusätzliche Verwendung von Öl (z. B. indem ich etwas in Gemüsebrühe gare, anstatt in Öl anbrate). Manchmal gebe ich zum Salatdressing etwas Olivenöl, allerdings immer weniger als das übliche Verhältnis von 1:3. Um sich mit den gesunden Omega-3-Fettsäuren zu versorgen, empfehlen sich beispielsweise Rapsöl, Leinsamen in Smoothies, Walnusskerne in Granola oder Müsli. Eine besonders leckere Fettquelle sind Avocados, ob als Guacamole, im Salat oder verrührt im Salatdressing.

Milchprodukte

Vollmilch liefert zu 50 Prozent Kalorien aus Fett, zu 30 Prozent aus Kohlenhydraten und 20 Prozent aus Eiweiß; bei Käse beträgt der Fettanteil an den Kalorien sogar 75 Prozent und der Proteinanteil 25 Prozent – aus diesem Grund werden diese Nahrungsmittel hier separat aufgeführt. Verschiedene Ernährungsspezialisten empfehlen, auf Milchprodukte zu verzichten.

Beispiele: Käse, Rahm (Sahne), Milch, (mit Kalzium angereicherte) Sojamilch, Joghurt, Frozen Joghurt, Eiscreme. Außerdem auch Rahmsuppen, Kaffeegetränke mit Milch, Dips oder Smoothies auf Joghurtbasis.

Lebensmittel aus der Gruppe der Milchprodukte gelten gemeinhin als wichtige Lieferanten von Eiweiß (Ersatz siehe Seite 15), Kalzium, Kalium und Vitamin D. Wer jedoch weitgehend oder vollständig auf Milchprodukte verzichten möchte, kann sich diese Nährstoffe problemlos aus anderen Quellen beschaffen.

Kalzium: Bohnen (z. B. Augen-, Kidney-, Navy-, schwarze, Wachtel-, weiße), Brokkoli, Kichererbsen, dunkles Blattgemüse (z. B. Blattkohl, Brauner Senf, Rübstiel), Grünkohl, Nüsse/Kerne und Nussmus (z. B. Mandelmus), Pak Choi, Sesamsamen und -paste, angereicherte Sojamilch, Spinat, Tempeh, mit Kalziumsulfat hergestellter Tofu, Zuckerrohrmelasse

Kalium: Avocados, Bohnen (z. B. Kidney-, Lima-, Wachtel-), Kartoffeln, Mangold, Obst (besonders Bananen) und Obstsäfte, Linsen, Papayas, Spinat

Vitamin D: Eigelb, Pilze oder mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel wie Getreideprodukte, Säfte und Milch (sowohl tierische als auch pflanzliche) – oder einfach alle ein bis zwei Tage 10–15 Minuten in der Sonne verbringen, wodurch der Körper eigenes Vitamin D produziert. Notfalls auf ein Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen.

Wie ich es handhabe: Ich habe wie viele Menschen eine Laktoseunverträglichkeit. Daher vermeide ich Milch, Rahm und andere tierische Vollmilchprodukte. Bestimmte Käse- und Joghurtsorten, die für mich etwas besser verdaulich sind, verzehre ich, allerdings nur sehr selten, zum Beispiel auf Pasta (vor allem Parmesan) oder in den Joghurtsaucen Tzatziki und Raita. Mein früheres Ritual eines täglichen Cappuccinos habe ich vor mehr als einem Jahrzehnt aufgegeben, und das morgendliche Müsli oder Granola rühre ich nun einfach mit Mandelmilch an, wodurch beides auch geschmacklich wunderbar abgerundet wird.

KEIN VERZICHT AUF GENUSS

»Gemüse und Obst sind viel interessantere Lebensmittel als Fleisch. Kaut man ein Stück Fleisch, breitet sich in den ersten fünf Sekunden der Fleischsaft im Mund aus, dann ist das vorbei, und man kaut auf etwas herum, das inzwischen nach nichts mehr schmeckt. Mit Ananas, Spargel oder Erbsen passiert so etwas nicht.«

 

Küchenchef José Andrés, in einem Interview 2010

Lässt man sich auf eine vollwertige pflanzliche Ernährungsweise ein, wird es im Grunde erst richtig interessant. Im Kapitel Seite 36ff. finden Sie einige grundlegende Hinweise für den vegetarischen Genuss. Den Hauptteil des Buches bilden die umfassenden Listen an Zutaten von A bis Z mit zahlreichen Früchten, Gemüsesorten, Getreidearten, Hülsenfrüchten, Nüssen, Samen usw. mit den Kräutern, Gewürzen und weiteren Zutaten, die jeweils besonders gut dazu passen – und nicht zuletzt natürlich auch Hinweise zu den Techniken, die Aroma, Geschmack und den haptischen Eindruck am besten zur Geltung bringen. Hin und wieder finden Sie bei den Zutaten besondere Tipps, Ratschläge oder Hintergrundinformationen.

Essen soll Genuss bieten – das war und ist für mich seit jeher eine grundlegende Maxime. Es hat lediglich in den vergangenen Jahren eine andere, neue Richtung eingeschlagen. Hätte ich nicht für mich selbst entdeckt, wie gut vegetarisches Essen schmeckt, dann hätte ich jene erste fleischlose Woche wohl niemals überstanden. Aber dank einiger vegetarischer und sogar veganer Menüs aus unterschiedlichen Länderküchen, die ich in einigen hervorragenden Restaurants genießen durfte, habe ich gelernt, wie abwechslungsreich und überraschend diese Art zu essen sein kann. Ich freue mich, auf den folgenden Seiten all das, was ich in den letzten Jahren gelernt habe, mit Ihnen zu teilen. Und das Beste daran: Mithilfe dieses Buchs werden Sie in der Lage sein, eigene Gerichte zu kreieren und eine neue Art des Kochens kennenlernen, die anderen sowie dem Planeten ebenso guttut wie Ihnen.

Persönlicher Nährwertrechner

Das Internet bietet eine Vielzahl von Portalen, mit deren Hilfe sich der Nährstoffgehalt verschiedener Lebensmittel detailliert anzeigen lässt. Hier einige Beispiele (die auch als Quelle für die im Buch angegebenen Nährstoffprofile herangezogen wurden): www.naehrwertrechner.de

www.naehrwertdaten.ch

www.bmi-rechner.net/kalorientabelle.htm

www.fatsecret.de

Englischsprachige Quellen:

https://ndb.nal.usda.gov/ndb/foods

http://nutritiondata.self.com

Auf Seiten wie www.fddb.info oder fatsecret (www.fatsecret.de, www.fatsecret.ch) kann man ein persönliches Ernährungstagebuch mit eigenen Rezepten und dem jeweiligen Nährstoffgehalt anlegen.

Protein – ein Stück Lebenskraft

Morgens, mittags und abends – rein pflanzlich

Die folgende Konversation ist ein typisches Beispiel dafür, wie sich Unterhaltungen entwickelten, nachdem ich zugegeben hatte, mich vegetarisch zu ernähren:

»Hallo, Karen – stimmt es, dass du jetzt Vegetarierin bist? Wie versorgst du dich denn mit ausreichend Eiweiß, wenn du kein Fleisch isst? Du bist doch eigentlich nicht der Tofu-Typ.«

»Ehrlich gesagt habe ich schon hin und wieder ein paar echt köstliche Gerichte mit Tofu und Seitan gegessen, auch mit Tempeh, aber sehr oft esse ich solche Gerichte nicht.

Mein Eiweiß stammt wahrscheinlich zu einem Großteil aus den gleichen Quellen wie deins.«

»Du meinst, du isst heimlich hin und wieder einen Cheeseburger?«

»Nein, aber ich habe dich doch vorgestern früh in der Bäckerei um die Ecke getroffen. Ein mittelgroßer Bagel enthält 10 Gramm Eiweiß.«

»Echt? Ich dachte, ich hätte dabei Kohlenhydrate gegessen!«

»Na ja, neben den Kohlenhydraten waren eben auch Proteine darin. Wenn ich meinen Bagel mit ein paar Esslöffeln Erdnussbutter bestreiche, kommen noch einmal 8 Gramm Eiweiß hinzu. Und am Abend gab’s Pasta Primavera – die lieferte 8 Gramm Eiweiß durch die Nudeln und nochmals 9 Gramm durch Brokkoli und Spinat in der Sauce. Und köstlich war es obendrein!«

»Ach, und ich war überzeugt, man müsse Fleisch essen, um genug Eiweiß zu bekommen. Wo ist denn sonst noch Eiweiß enthalten?«

»Viele vollwertige pflanzliche Nahrungsmittel enthalten Eiweiß, etwa Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Erbsen – auch Kichererbsen, die magst du ja auch, zum Beispiel als Hummus. Außerdem Getreide, Nüsse und Samen … Die Liste ist lang.«

»Und du bekommst auf diese Weise genauso viel Protein wie von einem Cheeseburger?«

»Es ist überhaupt nicht schwer, durch eine ausgewogene pflanzliche Ernährung ausreichend Eiweiß zu bekommen – und das mit viel weniger Fett. Außerdem sollte man wegen der damit verbundenen Gesundheitsrisiken, darunter Krebs und Herzerkrankungen, gar nicht zu viel Eiweiß essen.«

»Das wusste ich gar nicht … Ich dachte immer, Proteine seien gesund.«

»Das sind sie auch – sie sind unverzichtbar. Viele Menschen sind sich einfach nicht bewusst, welche Risiken ein zu hoher Konsum von tierischem Eiweiß mit sich bringt.«

VEGETARISMUS IM LAUFE DER JAHRHUNDERTE

»Die Götter ersannen Abhilfe:

Sie schufen ein dem menschlichen verwandtes Wesen (…).

Es sind dies die Bäume und Pflanzen

mit ihren Samen und Früchten.«

Platon

Zum ersten Mal in der Geschichte scheint das Interesse an Vegetarismus sich zu einem Mainstream-Thema zu entwickeln. Nachdem sich schon seit Tausenden von Jahren zahllose Menschen dieser Ernährungsweise verschrieben haben, ist sie auch heute noch nicht der Normalfall, auch wenn die Zahlen stetig steigen. Während 1983 laut einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung die Zahl der sich vegetarisch ernährenden Menschen bei gerade mal 0,6 Prozent lag, betrug im Jahr 2012 die Zahl der Vegetarier in Deutschland rund 8–9 Prozent und 2015 bereits rund 10 Prozent der Bevölkerung.1 Im gleichen Zeitraum wurde der Anteil der Veganer auf 1,1 Prozent geschätzt. Bezieht man in diese Überlegungen auch die Zahl der erwachsenen Menschen mit ein, die angeben, ihren Fleischkonsum reduzieren zu wollen (einem Bericht in »USA Today« von 2011 zufolge in den USA 47 Prozent), könnte man zu dem Schluss gelangen, dass der Wunsch, weniger Fleisch oder gar kein Fleisch mehr zu essen, endlich der Normalfall geworden ist. Vier aufeinanderfolgende Jahre mit zurückgehenden Zahlen beim Fleischkonsum in den USA, von 2006 bis 2010 – zum ersten Mal, seitdem darüber Statistik geführt wird. Und die Projektionen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums, die von einem weiteren Rückgang ausgehen, machen deutlich, dass sich ein tiefgreifender Wandel vollzieht.

Sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren, ist einfacher als jemals zuvor. Die Verbreitung ausschließlich vegetarischer Restaurants und die Anzahl vegetarischer Gerichte auf den Speisekarten vieler Restaurants von Imbissketten über Spitzenrestaurants bis hin zu den zahllosen asiatischen, indischen, mediterranen und anderen internationalen Restaurants machen es inzwischen auch Vegetariern einfach, auswärts zu essen. Gleichzeitig rückte das Thema in einer steigenden Zahl vegetarischer und veganer Kochbücher, in Blogs und anderen Medien ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung. Auf Bauern- und Wochenmärkten gab es immer ein großes Angebot an Gemüse und Früchten; das Bewusstsein für regionale und saisonale, naturnah, ökologisch und biologisch produzierte gesunde Produkte hat sich inzwischen verstärkt. Selbst eine vegane Ernährung ist heute keine große Herausforderung mehr, wie die mittlerweile gute Verfügbarkeit pflanzlicher Getreidedrinks als Milchersatz, veganer Butter, Käsesorten usw. aufzeigt.

Vegetarismus und Veganismus sind heute nicht mehr die Domäne von Aussteigern, Alternativen, Hippies und Müsliessern, im Gegenteil, diese Themen sind topaktuell und dank des Vorbilds einflussreicher Persönlichkeiten sogar sehr trendy. Prominente aus Film und Fernsehen wie Oprah Winfrey, Jennifer Lopez, Gwyneth Paltrow, Tobey Maguire, Natalie Portman, Prince, Nina Hagen, Désirée Nosbusch, Danny De Vito, Hannes Jaenicke, Julia Roberts, Xavier Naidoo oder Dunja Hayali haben eine fleischlose Ernährungsweise in das Rampenlicht der Medien gerückt und dafür gesorgt, dass sie auch dort bleibt. Sogar im Magazin »BusinessWeek« wurden führende Vertreter aus Industrie und Politik vorgestellt, die Fleisch meiden, darunter der Twitter-Mitbegründer Biz Stone und Ex-Präsident Bill Clinton, der zwölf Kilo abgenommen hat, nachdem er nach verschiedenen Operationen auf eine vegane Lebensweise umgeschwenkt ist.

»Ich glaube, dass geistiger Fortschritt an einem gewissen Punkt von uns verlangt, aufzuhören, zur Befriedigung unserer körperlichen Bedürfnisse unsere Mitlebewesen zu töten.«

Mohandas Karamchand Gandhi

»Es wird lange dauern, bis die Menschheit begriffen hat, dass nicht nur die Völker der Erde ein Volk sind, sondern dass Menschen, Pflanzen und Tiere zusammen das Reich Gottes sind und dass das Schicksal des einen Bereichs auch das Schicksal des andern ist.«

Luise Rinser

Der Vegetarismus ist so alt wie die Menschheit selbst, und an überzeugenden, zeitlosen Argumenten, die für einen Verzicht auf Fleisch sprechen, mangelt es nicht. Ein Blick in die Geschichte zeigt die verschiedenen kulturellen, wirtschaftlichen, umweltbedingten, ethischen, medizinischen, ernährungsphysiologischen, praktischen, religiösen und sonstigen Faktoren, die den Vegetarismus mit begründet haben. Nach dem Vorbild der Lehre der Weltreligionen sowie griechischer und römischer Philosophen hat eine beeindruckende Zahl großer Persönlichkeiten der Geschichte – darunter Leonardo da Vinci, Einstein und Gandhi – ihr ganzes oder zumindest ihr Erwachsenenleben lang vegetarisch gelebt.

Die im 20. Jahrhundert aufkommende Ernährungswissenschaft hat den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit belegt ebenso wie den Zusammenhang zwischen dem Verzehr von zu viel tierischem Eiweiß und zahlreichen chronischen Krankheiten, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bestimmten Krebserkrankungen, Übergewicht und Fettleibigkeit. Bahnbrechende Studien haben dazu beigetragen, diese Informationen zu verbreiten.

Auch Fragen des Tierwohls sind in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt. Bekannt ist der pointierte Ausspruch von Ex-Beatle Paul McCartney: »Wenn Schlachthäuser Glaswände hätten, würden alle Menschen vegetarisch leben.« Nur einen Klick entfernt sind heute dank Internet und YouTube abstoßende Bilder, die zeigen, wie es in Betrieben der Intensivhaltung von Tieren zugeht, in denen heute der überwiegende Teil des konsumierten Fleischs, der Eier und der Milchprodukte produziert wird. Bilder, die in hohem Maße zu einem wachsenden Bewusstsein für den Tierschutz beitragen. Fakten, Zahlen und Fotos dessen, was der Verzehr von Tieren für unsere natürlichen Ressourcen mit sich bringt – für unsere Luft, den Boden und das Wasser – sorgen dafür, dass man die Realität kaum noch ignorieren kann. Sogar Bill Gates setzt sich für Vegetarismus als einen Weg zur Rettung der Erde und zur Verhinderung der drohenden globalen Nahrungsmittelkrise ein, indem er in Unternehmen investiert, die Fleisch- und Ei-Ersatzprodukte entwickeln.

Wieso aber sind angesichts all dieser mächtigen Vorkämpfer und stichhaltigen Argumente nicht schon alle Menschen Vegetarier? Es gibt auf der anderen Seite in den Industrieländern mächtige kulturelle, wirtschaftliche und politische Kräfte, die den auf Fleisch und Milchprodukte ausgerichteten Status Quo erhalten wollen. So ist die Werbung für Fleischprodukte und Fast Food allgegenwärtig, und im gleichen Maße die Werbung für eine Vielzahl von Medikamenten, die Linderung der durch einen übermäßigen Verzehr eben jener Produkte verursachten Beschwerden versprechen. Die Politik setzt sich nicht selten mehr für die die Wirtschaft unterstützende Großindustrie ein als für die Gesundheit des Einzelnen. In der Viehhaltung verfütterte Agrarprodukte wie Mais und Sojabohnen werden mit Steuergeldern subventioniert, genau wie die Milch- und Fleischindustrie selbst.


Doch tagtäglich wird es immer offenkundiger, dass eine vegetarische Lebensweise besser ist für die eigene Gesundheit, für die Gesundheit anderer Lebewesen und für den Planeten als Ganzes. Um sich etwas Gutes zu tun, muss man gar kein Vollzeit-Vegetarier sein, aber wer sich näher damit befasst, wird – so wie es bei mir war – entdecken, dass die vegetarische Küche so gut schmeckt und man sich damit so viel besser, leichter und kraftvoller fühlt, dass auch Sie sich dafür entscheiden werden, diese Vorteile zu nutzen, indem sie ab und an und vielleicht immer öfter Fleisch von Ihrem Speiseplan streichen. Es ist Ihre ganz persönliche Entscheidung, was Sie essen – eine Entscheidung, die man vor dem Hintergrund des Wissens über die Auswirkungen des Verzehrs tierischer Produkte auf die persönliche Gesundheit, die der Familie und anderer Menschen wie auch des ganzen Planeten treffen sollte.

 

»Wer den Planeten retten möchte,

muss nur damit aufhören, Fleisch zu essen.«

Paul McCartney

Die Entscheidung, kein Fleisch oder weniger Fleisch zu essen, ist ein einfacher und doch wirksamer Ansatz, um Teil der Lösung von einigen der drängendsten Probleme der heutigen Zeit zu werden. Dabei fächert sich der Vegetarismus in ein Spektrum unterschiedlicher Ernährungsformen auf. Am einen Ende des Spektrums der Ernährungsformen stehen die Omnivoren (Allesesser), also Menschen, die sich sowohl auf der Basis tierischer als auch pflanzlicher Erzeugnisse ernähren. Gehen diese dazu über, eher selten und wenig ausgewähltes Fleisch oder Fisch zu essen, können sie sich als »Flexitarier« (Teilzeit-Vegetarier) bezeichnen. Jene, die kein Fleisch, sondern nur Fisch essen, heißen Pescetarier. Vegetarier, die auf Eier verzichten, nicht aber auf Milchprodukte, nennt man Lakto-Vegetarier, wohingegen Ovo-Vegetarier Eier zulassen, nicht aber Milchprodukte; Ovo-lakto-Vegetarier lassen beide Lebensmittelgruppen in ihrer Ernährung zu. Veganer schließlich, am anderen Ende des Spektrums, meiden sämtliche Lebensmittel tierischen Ursprungs (in der strengen Auslegung einschließlich Honig). Bei einer gesunden vegetarischen oder veganen Ernährung geht es genauso sehr um das, was man isst, als auch um das, was man nicht isst, weshalb sich die Bezeichnung der »vollwertigen pflanzlichen Ernährung« als Umschreibung dieses gesunden Ernährungsansatzes durchgesetzt hat.

Während sich in den USA lediglich 4 bis 5 Prozent der Menschen vegetarisch ernähren, tun dies laut dem Vegetarierbund Deutschland VEBU in Deutschland, Österreich, Italien und Großbritannien aktuell rund 10 Prozent der Bevölkerung; in der Schweiz sind 11 Prozent Vegetarier und 3 Prozent Veganer. Indien liegt mit einem Anteil von rund 40 Prozent Vegetariern an der Gesamtbevölkerung an der Spitze. Laut Planet Wissen soll es weltweit eine Milliarde Vegetarier geben. Und daneben wächst insbesondere auch die Gruppe der Flexitarier stetig. Laut einer Untersuchung des Marktforschungsinstituts TNS aus dem Jahr 2015 essen 56 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen bewusst seltener und weniger Fleisch.

Letztendlich hat jeder durch seine persönliche Entscheidung, was er Tag für Tag auf die Gabel nimmt, die Möglichkeit, die Zukunft der Ernährung und der Welt mitzugestalten. Die 1960er-Jahre lehrten uns, dass »das Private politisch ist« und dass die Art, wie wir leben, Ausdruck dafür ist, wer wir sind. In dem Spruch: »Man ist, was man isst«, ist dies prägnant zusammengefasst. Der folgende allgemeine Überblick (redaktionell bearbeitet und für die deutschsprachigen Länder ergänzt) soll einige wichtige Eckdaten der Geschichte des Vegetarismus aufzeigen anhand einer chronologischen Auflistung einiger bedeutender Vordenker, wichtiger Ereignisse und anderer Meilensteine, die seine Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben.

EINIGE WICHTIGE EREIGNISSE IN DER GESCHICHTE DES VEGETARISMUS

Um 3000–2000 v. Chr. Der Hinduismus, eine der ältesten Religionen der Welt, lehrt, dass der Mensch keinem Tier Leid zufügen soll, was in letzter Konsequenz zur friedlichen und barmherzigen Praxis des Vegetarismus (genannt Sadhana, was so viel bedeutet wie »spirituelle Praxis«) führt.

Um 500 V. Chr. Der chinesische Weise Laotse (um 604–531 v. Chr.) verfasst das »Daodejing«, den grundlegenden Klassiker des Taoismus, eine der drei wichtigsten Religionen Chinas (neben Buddhismus und Konfuzianismus), zu dessen Grundprinzipien es gehört, keiner anderen Form von Leben Schaden zuzufügen.

»Du sollte deinen von Gott gegebenen Körper nicht zum Töten von Gottes Geschöpfen gebrauchen, seien es Menschen, Tiere oder andere.«

Aus dem hinduistischen »Yajur Veda« (12.32)

»Die Tiere teilen mit uns das Privileg, eine Seele zu haben.«

Pythagoras

Der griechische Philosoph Pythagoras (um 570–495 v. Chr.) begründet und führt eine einflussreiche religiös-philosophische Reformbewegung, zu deren Kernbestandteilen der Vegetarismus gehört. In Ovids »Metamorphosen« heißt es, er sei der Erste gewesen, der den Menschen aufgrund des Verzehrs von Tierfleisch verurteilte, dies weil das Tier als ebenso beseelt betrachtet wurde wie der Mensch. Bis im späten 19. Jahrhundert der Begriff »Vegetarier« geprägt wurde, wurden Menschen, die kein Fleisch verzehrten, oft auch »Pythagoräer« genannt.

»Das Essen von Fleisch zerstört den Samen des Mitgefühls.«

Buddha

» Hütet euch, ihr Sterblichen, euern Leib mit mörderischen Speisen zu entweihen! Gibt es doch Feldfrucht, gibt es doch Obst (…). Verschwenderisch schenkt die Erde ihren Reichtum, friedliche Nahrungsmittel, und bietet Speise ohne Mord und Blut.«

Pythagoras in Ovids »Metamorphosen«, Buch XV

Siddhartha Gautama (um 563–483 v. Chr.) erfährt nach jahrelanger Askese und Meditation das »Erwachen«, wird zum Buddha und begründet den Buddhismus, in dem das Mitgefühl mit allem Lebendigen und das Vermeiden der Erzeugung von Leid und Töten eine zentrale Rolle spielt. Ihm wird folgendes Zitat zugeschrieben: »Alle Lebewesen, seien sie groß oder klein, zwei- oder vierbeinig, ob sie schwimmen oder fliegen – sie alle haben das Recht zu leben. Wir dürfen andere Lebewesen nicht verletzen oder gar töten.« Demzufolge praktizieren Millionen von Anhängern des Buddhismus eine vegetarische Lebensweise.

Prinz Vardhamana (Nigantha Nataputta) oder Mahavira (um 540–510 v. Chr.) begründet den Jainismus, eine der wichtigsten Religionen Indiens, zu deren Grundsätzen es gehört, keine Tiere zu töten und auch Pflanzen möglichst nicht zu schädigen. Vegetarismus ist für ihre Anhänger Pflicht.

4. Jh. v. Chr. Der griechische Philosoph Platon (429–347 v. Chr.) schreibt in seinem Werk »Politeia« (Der Staat) unter anderem über die Rolle des Vegetarismus. Er lässt darin Sokrates sagen, Fleisch sei ein Luxus, der zu Dekadenz und Krieg führe, weshalb die ideale Stadt vegetarisch sei. Zudem weist er auf die Problematik der für die Tieraufzucht benötigten großen Landflächen hin.

8 n. Chr. Der römische Dichter Ovid (um 43 v. Chr. bis 17 n. Chr.) schreibt die »Metamorphosen«. Ein Teil davon ist eine Rede Pythagoras, in der dieser den Verzicht auf Fleisch und auf Tieropfer fordert.

Um 100 n. Chr. Der griechische Philosoph Plutarch (um 46–120 n. Chr.), selbst Vegetarier, schreibt eine Reihe Essays zugunsten einer vegetarischen Lebensweise, darunter »Über das Fleischessen«. Percy Shelley (1792–1822), Dichter der Romantik, der diese im 19. Jahrhundert ins Englische übersetzt, wird daraufhin selbst Vegetarier.

Um 200 n. Chr. Der griechische Philosoph Porphyrios (233–304), praktizierender Vegetarier, entfacht das Interesse an Platons Philosophie neu.

15. Jh. Leonardo da Vinci (1452–1519), der berühmteste Universalgelehrte aller Zeiten, ist einer der ersten bedeutenden Vegetarier seit der Antike, der sich aus ethischen und humanitären Gründen gegen den Verzehr von Fleisch ausspricht. Es heißt, er habe häufig lebende Vögel, die auf dem Markt in Florenz als Lebensmittel verkauft wurden, gekauft, um sie dann wieder freizulassen.

»Denn welche Art von Essen ist nicht teuer, für die ein lebendes Wesen sein Leben verliert?«

Plutarch

1683 Jakob Böhme (1575–1624) schreibt in »Der Weg zu Gesundheit, langem Leben und Glück«, dass alle menschliche Grausamkeit aufhöre, sobald der Mensch vom Fleischverzehr Abstand nehme. Askese und ein frommes Leben führten schließlich zur Erkenntnis Gottes, wobei das Töten von Tieren eine Barriere zwischen Gott und dem Menschen errichte.

»Die religiöse Ehrfurcht vor dem, was unter uns ist, umfasst natürlich auch die Tierwelt und legt den Menschen die Pflicht auf, die unter ihm entstehenden Geschöpfe zu ehren und zu schonen.«