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Der moderne Knigge

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Sehr beliebt ist im Sommer die Landpartie.

Ist man gerne an die Freuden des Winters erinnert, von denen die der Landpartie ausgeschlossen ist, so arrangiere man wenigstens eine solche oder beteilige sich daran, wenn man dazu aufgefordert wird. Aufgefordert wird man jedenfalls, und man kann sich nicht immer drücken.

Ist man Junggeselle, so sei man vorsichtig. »Eine Partie machen« ist bekanntlich ein Doppelsinn. Fürchtet man, verlobt zu werden, und fühlt man sich nicht stark genug, die Intriguen eines edlen liebenden Mutterherzens zerreißen oder durchkreuzen zu können, so lehne man die Einladung ab, indem man auf Falb verweist, welcher den Tag der Partie als einen kritischen verzeichnet und Regen, Hagel, Überschwemmung, Gewitter und scharfen Nordwind fest versprochen habe. Dies braucht nicht wahr zu sein.

Man wird am anderen Tage verhöhnt, aber das ist manchem lieber, als der Empfang von Gratulationen. Man kenne also die einladende Familie genau und wisse, ob sie töchterrein ist. Hat sie ausschließlich verheiratete oder verlobte Töchter, so nehme man freudig an.

Will man trotzdem loskommen, so verbiete man, daß man geweckt werde, um als Entschuldigung den Eid leisten zu können, daß man nicht geweckt worden sei. Dies kann man mit gutem Gewissen.

Macht man mit, so stelle man sich pünktlich zum Rendezvous ein, um daselbst noch in aller Ruhe zwei Cigarren rauchen zu können, bis alle versammelt sind.

Am Ziel der Boot- oder Wagenfahrt angelangt, lagere man sich im Kreise der Gesellschaft und freue sich über jede Ameise, jede Raupe und jeden Käfer, von denen man bekrochen wird. Versäumt man dies, so hat man allein die Schuld, wenn die Partie nur einen Achtungserfolg erringt, da man dann hören muß, daß man der Gesellschaft wegen der wenigen unschuldigen Tierchen die anfangs so gute Laune verdorben hat.

Aus demselben Grunde finde man auch die saure Milch so süß, daß man niemals etwas anderes trinken möchte, auch wenn man bis dahin ein passionierter Wein- oder Biertrinker gewesen ist und später bleiben wird.

Wenn in den Wald gegangen wird, so wünscht man, ohne es laut werden zu lassen, daß die Gesellschaft das Lied »Wer hat dich, du schöner Wald« anstimmen wird. Da dies nämlich unbedingt geschieht und leider durch keine Macht der Landpartie verhindert werden kann, so ist es zu schmerzlich, wenn man unbegreiflicherweise annahm, das unvermeidliche Lied werde einmal nicht laut werden.

Wer den Verdacht erwecken will, den Tod zu suchen, das Schicksal herauszufordern, mit dem Leben zu spielen, an unheilbarem Pessimismus zu leiden oder Schopenhauer und Nietzsche gelesen zu haben, versäume es nicht, sich der Fraktion der Landpartie, die eine Bootfahrt unternimmt, anzuschließen. In dem Boot findet sich immer ein etwas angesäuselter Teilnehmer der Gesellschaft, der nicht still sitzt, sondern sich erhebt und das Boot ins Schwanken oder zum Kentern bringt. An schönen Sommertagen sind auf Landpartieen regelmäßig mehrere fahrlässige Töter oder Mörder unterwegs.Ist das Boot infolge des sieghaften Witzes des Angesäuselten umgeschlagen und hat man vorher keinen Schwimmgürtel oder ein sonstiges Rettungsstück, wie man es im entscheidenden Moment nie bei der Hand hat, angelegt, so kann man hoffentlich schwimmen. Dann danke man seinem Schöpfer, auch dann, wenn man nicht schwimmen kann, keinen Rettungsgürtel oder dergleichen hat und wie durch ein Wunder gerettet wird.

In diesem Fall bitte man das Mitglied der Gesellschaft, welches das Abenteuer verschuldet hat, es nicht wieder zu thun, was aber nichts mehr ändert und, wenn versprochen, nicht gehalten wird.

Es geht jedenfalls aus dem Gesagten hervor, daß jeder Teilnehmer einer in eine Wasserfahrt ausartenden Landpartie sich vorher zu unterrichten hat, welche Mittel anzuwenden sind, um Verunglückten und Bewußtlosen oder Scheintoten beizustehen.

In den Lokalzeitungen, in welchen der betreffende Vorfall mitgeteilt wird, liest man dann die Worte: »Wie schon oft« oder: »Trotz aller warnenden Beispiele« und ähnliche. Auch solche Bemerkungen bleiben völlig unbeachtet oder in den Wind gedruckt.

Ist man ein kaltblütiges Mitglied solcher Wasserpartie, so nimmt man sich vor, einen solchen angesäuselten oder übermütigen Knoten in dem Augenblick, wo er sich zu seinem lebensgefährlichen Unfug erhebt, im Interesse der Gesellschaft niederzuschlagen, man thut es aber nicht, und das Unglück wird nicht verhütet. Man mache also von der Kaltblütigkeit dadurch den besten Gebrauch, daß man nicht mit zehn Pferden in ein Boot zu bringen ist, um an dem geschilderten Vergnügen teilzunehmen.

Man habe keinen Schirm auf die Landpartie mitgenommen. Jedenfalls tritt Regen ein, wenn auch erst, wenn die Gesellschaft sich gerade vortrefflich amüsiert. In diesem Fall wird dem Schirmbesitzer der Vorwurf nicht erspart, daß er durch seine Vorsicht den Regen verschuldet habe, was unbedingt verstimmt. Aus diesem Grunde trage man auch keine hellen Beinkleider.

Man merke sich überhaupt: Der Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande, wo es der Schauplatz einer Landpartie ist. Dies gilt nicht nur gegenüber dem Regenschirm, sondern auch, wenn man darauf aufmerksam macht, daß man den Abgang des letzten Lokalzuges versäume, falls sich die Gesellschaft nicht beim Aufbrechen sputet.

Erkennt man den Mosel- oder Rheinwein als untrinkbaren Essig, so lobe man ihn als guten Tropfen, um nicht als Spaßverderber oder Nörgeler, dem nichts genüge, zu gelten.

Wenn man sich bei Tisch erinnert, daß man in demselben Wirtshaus früher am Schluß der Tafel einen nicht würmerfreien Käse kommen sah, so warne man die Tischgenossen, aber in einer Weise, die sie nicht erschreckt, sondern die sie nur auf einem Umweg warnt und die auch den Wirt nicht verletzt. Man gebe der Warnung die Form eines Toastes, der mit den Worten schließt: Der Käse soll leben!

Wird irgendwo ein Echo aufgetrieben, so bemühe man es nicht und zwar nicht nur, weil man dazu schreien muß und ohnehin am Tage nach der Landpartie heiser zu sein pflegt, sondern weil man dadurch andere Teilnehmer veranlaßt, das Echo zu wecken, das alsdann gewöhnlich zu Verbalinjurien mißbraucht wird, welche selbst eine hartgesottene Gesellschaft auf die Dauer in Harnisch bringen können. Will man sich eben nicht mitbeleidigen lassen, so bitte man um die Erlaubnis, sich auf einen Augenblick entfernen zu dürfen, um das Echo zu interviewen. Alsdann rufe man:Was sind die Teilnehmer der Gesellschaft, auch wenn sie sich nicht zum Vergnügen boxen?

Was empfinde ich, obschon ich bei ihnen noch nicht lange weile?

Wie findest du vertreten das weibliche Geschlecht?

Wie fandest du die Unterhaltung auf dem Waldpfade?

Wie heißen diejenigen, die in unserem Kreis bloß essen und gaffen?

Passen alle Teilnehmer unserer Gesellschaft in diese hinein?

Treiben manche nicht störend Allotria?

Nachdem das Echo diese und andere Fragen gewissenhaft beantwortet hat, wird es wohl in Ruhe gelassen werden.

Man hüte sich, von einem jungen Mädchen in der neckischsten Weise an eine einsame Stelle des Waldes geführt zu werden, da es vorkommen kann, daß daselbst ganz zufällig die Mutter, den Segen im Gewande, wartet.

Wird eine Bowle angesetzt, so denke man an den folgenden Morgen, und wenn man gerne mit Kopfschmerzen aufwacht, so trinke man tüchtig zu Ehren dessen, der die Bowle gemischt und es nicht verstanden hat.

Liebt man auf Landpartieen die Ruhe auch nur oberflächlich, so erkläre man, wenn die Spielwut ausbricht, man spiele am liebsten Lawn tennis. Dies ist ein Spiel, welches nicht ohne schwierige Herstellung des geeigneten Spielplatzes zu bewerkstelligen ist und daher nicht unternommen werden kann. So geht man frei aus.

Über dieses beliebte Ballspiel ist belehrend zu bemerken, daß es dabei darauf ankommt, einen Gummiball möglichst lang in der Luft hin und her zu schleudern und nicht zur Erde gelangen zu lassen. Wen es interessiert, den unschuldigen Ball in dieser Weise zu malträtieren, lerne das Spiel gründlich, um bald ein beliebtes Mitglied der fashionablen Gesellschaft zu sein. Im anderen Fall ziehe man sich in die bescheidene Stellung eines Zuschauers zurück, in welcher man sich nicht weniger langweilen kann, als wenn man mitspielte.

Ist man so günstig placiert, daß man einen oder mehrere Bälle auf den Kopf oder in das Gesicht bekommt, so trägt man zur Erheiterung der Gesellschaft viel bei, wodurch man auch den weitschweifenden Ehrgeiz befriedigt sieht, sich angenehm zu machen.

Als ein anderes Spiel, welches den Aufenthalt im Freien kürzt, ist »Kämmerchen zu vermieten« hervorzuheben. Namentlich ist es denjenigen zu empfehlen. welche sich gern einmal als Hausbesitzer fühlen wollen. Steht man dieser protzigen Illusion gleichgültig gegenüber, so schließe man sich von diesem Spiele aus und suche sich auf andere Weise in Schweiß zu bringen und einer Erkältung auszusetzen.

Auch Krocket ist bei allen beliebt, die sich mit einem hölzernen Hammer lieber selbst auf den Fuß hauen, als dies von anderen thun zu lassen, da man dann sich höchstens selbst Vorwürfe macht und so nicht mit einem Fremden oder Bekannten befeindet, wobei die Folgen nicht vorher zu berechnen sind.

Hier ist auch das Fußballspiel zu erwähnen Dies wird von den Chirurgen als sehr gesund geschildert, da es ihnen Gelegenheit zu verschiedenen Operationen giebt, welche durch Unvorsichtigkeit, Unkenntnis und Unglück beim Spielen nötig werden.

Das Blindekuhspiel hat den eminenten Vorzug, daß es seinen Namen nicht verändert, auch wenn einem Herrn die Augen verbunden sind, um sich an dem Spiel zu beteiligen. Er thut dies als blinde Kuh, nicht als blinder Ochse oder als blindes Horn- oder Rindvieh, was nicht harmlos klingen, auch zu Vergleichungen seitens der Mitspielenden verlocken würde. Stürzt man nieder oder rennt man gegen einen Baum, so antwortet man auf die Frage, ob man sich weh gethan habe: »Nein, im Gegenteil,« wodurch man sich sehr beliebt macht. Blutet man, so muß die Auskunft dadurch ergänzt werden, daß man tröstend sagt, das Bluten höre ja doch bald wieder auf, was gewöhnlich zutrifft. Keinenfalls braucht man sich weiter am Spiel zu beteiligen, wodurch der Schmerz gemildert wird.

 

Vom Zeckspiel wäre dasselbe zu sagen, wenn dem Leser etwas daran liegen sollte.

Wird die Landpartie durch ein sogenanntes solennes Tänzchen abgeschlossen und fühlt man sich noch stark genug, es mitzumachen, so unterlasse man dies und rauche lieber zu noch einem vorletzten Glas Bier eine Cigarre, um nicht total abgespannt und matt in die Stadt zurückzukehren.

Dem Pferderennen wohne man bei, auch wenn man etwas von Pferden versteht.

Will man überflüssiges Geld los werden, so versäume man nicht, den Totalisator aufzusuchen und hier auf die Pferde zu wetten, welche als siegende bezeichnet werden. Alsdann folge man mit Hilfe eines guten Krimmstechers dem Lauf des bezeichneten Pferdes und befreunde sich mit dem Verlust, wenn es überholt wird.

Gewinnt das Pferd aber und wird man infolgedessen das überflüssige Geld nicht los, so versuche man es vertrauensvoll mit dem folgenden Rennen. Die Hoffnung auf den Totalisator läßt nicht zu Schanden werden.

Man mache sich mit der Sprache des Turf vertraut, damit man nicht einen Romanschriftsteller mit einem Buchmacher verwechsele und der Verachtung verfalle.

Ist man, was ja vorkommen kann, auf einem Sattelplatz einer der wenigen Bürgerlichen und wird, was ja auch vorkommen kann, von einem Herrn, der von Adel ist und nicht mehr Vorfahren als man selber hat, beleidigt, so fordere man den Beleidiger nicht gleich, denn es könnte doch sein, daß man ihn im Duell tötet und hiervon viele Unannehmlichkeiten hat, jedenfalls mehr, als man haben würde, wenn man von dem Geforderten getötet wird.

Wenn man sein Leben lieb hat, so werde man nicht Jockey. Wenn man aber sein Leben nicht lieb hat, so werde man gleichfalls nicht Jockey.

Hält man einen Rennstall, so habe man viel Geld. Hat man viel Geld, so halte man keinen Rennstall.

Man hüte sich auf den Rennplätzen vor den kleinen Buchmachern, welche gewöhnlich kleine Diebe sind. Nach dem alten Sprichwort werden solche zwar gehängt, aber es ist nicht wahr, und das Geld bekommt man in beiden Fällen nicht wieder.

Ist ein Jockey gestürzt und bewußtlos liegen geblieben, so sage man sportgebildet, er habe sich vom Pferde getrennt, an dem Unglück ändert dies aber nichts.

Wird man von einer Dame, deren Bekanntschaft man eben gemacht hat, gebeten, eine Kleinigkeit für sie am Totalisator zu setzen, so sage man, das sei zu wenig und entferne sich beleidigt.

Wird man von einer ähnlichen Dame nicht aufgefordert, eine Kleinigkeit für sie zu verwetten, sondern gebeten, in das Zimmer eines berühmten Hotels zu kommen, wo man noch einige Herren der besten Gesellschaft finden wird, so sage man, man sei selbst Falschspieler, namentlich wenn man es nicht ist.

Man gebe auf den Sommerpaletot Acht, besonders wenn man die üble Gewohnheit hat, die gespickte Brieftasche im Paletot zu tragen. Denn die meisten Paletotmarder sind Stammgäste der Rennplätze.

Ist man ein Bürgerlicher und einem Adeligen eine größere Summe schuldig, so glaubt jeder das Gegenteil. Ist nun der Adelige der Schuldner und trifft man ihn auf dem Rennplatz, so grüße man ihn nicht, da er nicht wiedergrüßen würde.

Ein sehr beliebter Sport ist auch die Angelfischerei.

Zu dieser gehört ein fischreiches Gewässer, etwas Geduld, eine Angel, viel Geduld, Köder und noch mehr Geduld. Fischt man selbst, so beneidet man den, der zusieht, weil der Zuschauer fortgehen kann, wenn es ihm beliebt, aber nicht fortgeht. Ob man nun Fischender oder Zuschauer sei, einerlei, man höre nicht die Bemerkungen der Vorübergehenden, weil sie gewöhnlich sehr beleidigender Natur sind.

Hat man nach dreistündigem Fischen noch nichts gefangen, so verliere man die Geduld nicht, sondern versuche es noch eine vierte Stunde. Hat man auch dann noch nichts gefangen, so schelte man auf die dummen Fische und gehe nach Haus. Dann hat man zum Vergnügen geangelt.

Will man sich zu Hause nicht auslachen lassen, so kaufe man bei einem Fischhändler keine geräucherten Fische.

Findet man an der Angel einen alten Schuh, so ist dies zwar ein Pech für den Angler, aber ein Glück für den Fisch, der an Stelle des Schuhs hängen könnte, und damit muß man sich trösten.

Ist man nicht Jäger, hat aber in einem unbewachten Augenblick, Jäger zu sein, behauptet und wird nun zur Jagd eingeladen, so nehme man die Einladung mit Begeisterung an und sage dann ab. Auf diese Weise entgehen die Treiber am einfachsten der Gefahr, angeschossen zu werden.

Hat man aber der Einladung Folge geleistet, so giebt es kein besseres Mittel gegen fahrlässige Tötung oder Körperverletzung als größte Vorsicht, welche darin besteht, daß man die Jagd mit nichtgeladener Flinte mitmacht.

Übt man diese Vorsicht nicht, so gebe man keinen Schuß ab. Denn der Sonntagsjäger hat zwar ein außerordentliches Geschick, den Dank der jagdbaren Tiere zu erwerben, aber auch das, sich selbst zu verwunden, wofür man durch den Dank der Tiere nicht entschädigt wird. Für alle Fälle studiere man das Werk »Über den Umgang mit Flinten«, wenn ein solches zu finden sein sollte.

Bevor man auf die Jagd geht, lasse man sich in einer Wildhandlung so viele Tiere reservieren, als man mit nach Hause zu bringen versprochen hat. Man thue dies, weil die Wildhandlung sonst vielleicht ihren ganzen Vorrat ausverkauft haben kann, wenn man von der Jagd kommt.

Hat man das Gefühl, Sonntagsjäger zu sein, so bleibe man diesem Gefühl treu, denn dies ehrt den Mann. Man präge sich dann vor dem Aufbruch zur Jagd genau das Bild eines Ochsen, eines Hammels, eines Hundes und einer Ziege ein, um nicht in die Lage zu kommen, eines dieser nützlichen Tiere über den Haufen zu schießen.

Keinenfalls erzähle man den Genossen Jagdgeschichten, da solche schon allen bekannt sind, weil sie sie bereits selbst erfunden haben. Das Wort »erfunden« ist ein höflich umschreibendes. Jedenfalls sei man im Erzählen überaus vorsichtig. Man trage z. B. keine einzige Jagdgeschichte vor, welche im Münchhausen zu finden ist. Löwen- und Elefantenjagden lasse man ganz aus dem Spiel. Auch Jagden auf Walfische und Lämmergeier.Hat man keine Gelegenheiten, Jagden beizuwohnen, ohne die Lust am Jagen bändigen zu können, so widme man sich der häuslichen Jagd, durch welche man sich ungemein nützlich machen kann. In erster Linie sind hier die Jagden auf Ratten, Mäuse, Schwaben, Fliegen und Wanzen im Innern des Hauses und solche auf Raupen, Schnecken und Maulwürfe im Garten, wenn man einen besitzt, zu nennen. Hier hat man außer anderen Vorteilen den, daß man durch keine Schonzeit beschränkt ist. Natürlich bediene man sich auf diesen Jagden keiner Feuerwaffe.

Der Sommer ist die eigentliche Blütezeit des Zweirades.

Man radle also nicht, wenn man es nicht kann.

Da das Radeln hauptsächlich gegen die Korpulenz empfohlen wird und von Nutzen ist, so radeln selbstverständlich nur schlanke Damen, welche es nicht nötig haben, während korpulente Damen, die es nötig haben, wenigstens nicht öffentlich radeln, weil sie auf dem Rade einen komischen Eindruck machen.

Hat eine Radlerin, welche mit Leidenschaft am Rade hängt, Aussicht, sich mit einem Mann zu verloben, der Radfeind ist, so finde sie plötzlich, daß das Radeln gesundheitsgefährlich sei und in den Verdacht des Kokettierens bringe, und gebe es bis nach der Verlobung auf. Vielleicht handelt es sich nur um vierzehn Tage.

Da, wohin man sehen mag, und da, wohin man nicht sehen mag, geradelt wird, so ist namentlich Damen zu empfehlen, sich auf kein Rad-Rendezvous, sondern sich nur auf ein Stelldichein zu Fuß einzulassen. Denn der Verräter schläft nicht, sondern radelt.

Männer, welche sich ein Weib erradeln wollen, thun gut, das Rad dieser Dame anzurennen und sofort abzuspringen, um ihr beizustehen. Da Radler, welche einen Unfall herbeigeführt haben, gewöhnlich zu entzweiradeln suchen und auch meist glücklich davonradeln, so macht das Gegenteil auf die angeradelte Dame einen Eindruck, der bis zur Herzensneigung tief sein kann.

Hat man in der angegebenen Absicht so gehandelt und wird man von dem Fräulein »Sie sind ein Tölpel!« angeredet, so gebe man trotzdem die Hoffnung nicht auf. Das Standesamt ist unberechenbar.

Ist man unvorsichtig gewesen und hat das Fahrzeug durch einen Radmarder eingebüßt, so glaube man, daß man das Diebstahlroß wiederbekommt. Auch durch das Gegenteil erhält man das Rad nicht zurück.

Die Pumphosen der Radlerinnen sind auch bei solchen Männern beliebt, die nicht Radler sind. Sie können selbst bei Radlerinnen nicht beliebter sein.

Denjenigen Damen, welche gerne radeln möchten, aber nicht die Mittel haben, ein Rad zu kaufen, ist das Arbeiten an der Nähmaschine als Ersatz zu empfehlen. Natürlich wird dies ohne nennenswerten Erfolg empfohlen.

Das Segeln ist ein ebenso alter, als beliebter Sport, auch bei demjenigen, der von der Kunst des Segelns nichts versteht. In diesem Fall hat man sich einem Kundigen anzuvertrauen, während man im andern Fall meist ins Wasser fällt.

Hat man einen Erbonkel, so fordere man ihn nicht auf, im Interesse seiner Gesundheit eine Segelfahrt zu machen. Es könnte mißverstanden werden. Auch in die Schwiegermutter dringe man nicht mit derselben Aufforderung, weil dies noch mehr mißverstanden werden könnte.

Sind Damen im Segelboot und fragen sie, ob man sie bei einem Schiffsunglück mit Gefahr des Lebens retten würde, so antworte man bejahend. Es ist noch keiner Dame eingefallen, eine Probe zu riskieren, auch dann nicht, wenn man verneinen würde.

Wird man zu einer Segelpartie eingeladen und merkt man, daß das Boot nicht seetüchtig, oder daß der Führer ein Wasserdilettant ist, so ziehe man sich bescheiden zurück und unternehme etwas, wobei man nicht ertrinken kann. Solcher Unternehmungen giebt es viele, z. B. Besuch einer Kunstausstellung, Tanzen, Pferdebahnfahren und Ansichtskartenkaufen. Denn das Wasser hat Balken, aber nur solche von untergegangenen Schiffen.

Die Lyrik ist ein spontanes Sommervergnügen. Im Sommer wird viel gelyrikt. Die Sonne (Wonne), die Blumen (Muhmen), die Schmetterlinge (Götterdinge), die hellen Hosen (Gesellen kosen), die saure Millich (laure willig), die Mücken (Entzücken) u. s. w. verführen fortwährend zum Dichten. Man bleibe ihm ferne und überlasse es anderen, zu beweisen, daß sie keine Dichter sind.

Trifft man einen Jüngling, der lyrische Gedichte an Zeitungen schickt, so unterschätze man sein Talent nicht, Frankomarken wegzuwerfen.

Will er die Gedichte vorlesen, so sage man, man komme gleich wieder, gehe dann aber auch gewiß fort.

Hat man eine Dichterin vor sich, so bitte man sie, einen Knopf am Handschuh festzunähen, um sich davon zu überzeugen, daß sie auch dies nicht kann.

Ist der junge Dichter ein realistischer, so schreibe man einige Beileidszeilen an seinen Vater oder Vormund. Seine Gedichte, von denen man noch kein einziges kennt, kennt man bereits von anderen jungen Dichtern und braucht sie deshalb nicht zu hören oder zu lesen.

Wird man mit einem Band moderner Dichtungen beschenkt, so nehme man ihn mit Dank an und lasse ihn, wenn man Kinder hat, nicht frei herumliegen. Kinder und Buch könnten verdorben werden, erstere aber schlimmer.

Bekommt man selbst das Dichten, so bekämpfe man es, um unbescholten zu bleiben. Thut man dies nicht, so wird man es bereuen, wenn es zu spät ist. Denn dann kann man es sich nicht wieder abgewöhnen, wie das Trinken, obschon es schon vorgekommen ist, daß Trinker von diesem Laster befreit worden sind. Aber der Lyriker dichtet unheilbar.

Beneidet man einen Dichter, so treibe man den Neid nicht so weit, daß man ihm nachdichtet. Man kann es vielleicht nicht so schlecht.

Will man sich bei Männern von Geschmack beliebt machen, so kaufe man sich ein gebundenes Exemplar des Reimlexikons und benütze es nicht.

Hat man eine größere Menge moderner Gedichte verfaßt und will sie unter dem Titel »Flügelroßkastanien«, »Buch der Liederlichkeit« oder einem andern an einen Verleger schicken, so versäume man nicht, einen höheren Wert des Inhalts anzugeben. Vielleicht geht das Packet verloren, und man bekommt den angegebenen Wert von der Post ersetzt. Es ist in vielen Fällen für den Dichter ein großer Gewinn, wenn seine Gedichte verloren gehen.

Einer großen Beliebtheit, vorzugsweise wegen der Übertragung der Kosten auf die Eingeladenen, erfreut sich das Picknick im Freien. Jeder Teilnehmer hat Trink- und Eßbares beizusteuern, und da jeder beisteuert, was er gern ißt und trinkt, so wird jedem Geschmack genügt, wenn man nicht gezwungen wird, von dem Leibgericht und Leibgetränk Anderer zu kosten. Man thue es aber ausnahmsweise, um einige derselben nicht zu verletzen, hauptsächlich aber, um auf die Kosten zu kommen.

 

Ist die Gesellschaft gelagert und soll das Verzehren der beigesteuerten Eßwaren beginnen, so nehme man anfangs ganz kleine Portionen und versichere, man habe keinen Appetit, um die Nächstlagernden nicht stutzig zu machen und sie ferner nicht zu veranlassen, ängstlich geworden einzuhauen und Vorräte anzusammeln. Erst dann thue man dies selbst.

Sind gefürchtete Picknicker anwesend, so frage man diese nach der Güte dieses oder jenes Bratens und achte genau auf ihr Urteil. Fällt dies absprechend aus, wird z. B. der Braten als ungenießbar oder als unter aller Kritik garniert bezeichnet, so greife man eifrig zu und sorge auch für die Zeit eintretenden Mangels.

Hört man dagegen von gemütvollen Picknickern eine Schüssel als besonders empfehlenswert hervorgehoben, so bleibe man dieser Schüssel fern und überlasse die Aufräumung den Unkundigen und Naiven, an denen es bei einem Picknick niemals fehlt.

Hat jemand außer seinem genießbaren Beitrag einen ungenießbaren Freund mitgebracht, so sei man auch gegen jenen zurückhaltend, weil solche Picknicker gewöhnlich auch in der Wahl der Speisen geschmacklos zu sein pflegen.

Unter den Weinen bevorzuge man denjenigen, welcher von dem getrunken wird, der ihn mitgebracht hat. Man unterrichte sich also vorher genau, ob der Spender von Flüssigkeiten selbst von seinen Gaben trinkt oder nicht. In letzterem Fall greife man an seinen Flaschen vorbei und warte ab, bis er selber trinkt. Dann strecke man ihm das leere Glas entgegen und lasse es aus der bevorzugten Flasche füllen.

Werden von einem Teilnehmer des Picknicks, der einen vortrefflichen Appetit entwickelt, Rätsel aufgegeben, so suche man den Ehrgeiz, sie zu lösen, zu bezwingen, da das Nachdenken das bekanntlich allein fettmachende Selbstessen ungemein stört. Man bringe einige Worte mit und halte sie bereit, um sie im gegebenen Moment dem rätselschwangeren Picknicker entgegen zu schleudern. Ich empfehle als Lösung das Wort »Flammenschwert« auch für ein- und zweisilbige Charaden, das Wort »Eis« für drei- und mehrsilbige, worauf allgemeines Gelächter folgt, aus dem man sich aber nichts macht, weil man während der Dauer desselben ungestört weiter essen kann.

Kommen die allgemein bekannten Scherzfragen an die Reihe, deren Beantwortung ebenso allgemein bekannt ist und kein Kind in Verlegenheit bringen, so kenne man weder die Frage, noch die Antwort, als solche erteile man aber eine falsche, um die Gesellschaft zu unterhalten, die sich, wenn die komischen Fragen beginnen, bereits in einem dem Gähnen ähnlichen Zustand befindet. Wenn also die so sehr komische Frage an die Reihe kommt: »Welches Fabrikat findet die meisten Abnehmer?« so antworte man: der Glühstrumpf, die Geschenkcigarre, die Ansichtspostkarte, der Nordhäuser, die Seife, die Frankomarke, kurz, man nenne jedes Fabrikat, nur nicht den Hut. Dies wirkt, und man leistet der Gesellschaft damit einen Liebesdienst.

Fällt eine Fliege in den Wein, so entfernt man sie, indem man den Wein fortgießt. Dann nimmt man ein reines Glas und schenkt dies aus einer frischen Flasche voll. Man kann sich dies auf einem Picknick erlauben. Entdeckt man im Hause eine Fliege im Wein, so schafft man sie mit einem Löffelchen oder einem Zahnstocher aus dem Glas und leert dies dann, um das Andenken der Hinausgeworfenen zu ehren.

Es giebt auch einen Picknickwein, welcher der hineingefallenen Fliege nicht bekommt, ja ihr sogar schadet. Mit solcher Fliege gehe man human um.Ist eine Bowle bereitet, so sorge man auch als Fernlagernder dafür, daß sie immer mit dem Deckel versehen wird. Denn die darüber hinweg fliegenden Vögel zielen nicht, wenn ihnen etwas Menschliches begegnet.

Auf der dem Picknick folgenden Durchquerung des Waldes oder auf dem Spaziergange prüfe man seine Nüchternheit. Findet man sie lückenlos, so biete man ohne Bedenken einer heiratsfähigen Dame den Arm, während man einem auch ganz kleinen Rausch leicht eine Lebensgefährtin verdankt. Nur zu bald ist einem Picknicker zur Verlobung gratuliert, und dann ist es zu spät.

Hat man zu viel gegessen und zwar mehr als man zum Picknick beigetragen hat, so klage man nicht, sondern bedaure, keinen Appetit gehabt zu haben, um nicht nach Gebühr geschätzt zu werden.

Ist man ein Mensch, der immer einen Beschluß faßt, den er nicht zur Ausführung bringt, so beschließe man nicht, wenn man vom Picknick nach Hause kommt, nie wieder ein solches mitzumachen.

Eines der furchtbarsten Naturereignisse ist außer einem Erdbeben und einer Wasserhose der Sommerlogierbesuch im Vergleich mit dem Logierbesuch im Winter.

Der Sommerlogierbesucher in einer großen Stadt verlangt vor allem von seinem Opfer alle Vergnügungen des Winters mit alleiniger Ausnahme der Schlittenfahrten. Wenn man einen solchen Besuch empfängt, so mache man sich darauf gefaßt, daß man es auf das tiefste bedauern wird, nicht halbwegs zaubern und das Unmöglichste wenigstens annähernd möglich machen zu können.

Die Kunst, einen Logierbesuch im Sommer überdauern zu können, liegt in der Virtuosität, mit der man auf alles, wofür man verantwortlich gemacht wird, vorbereitet ist. Zum Glück wird man für alles verantwortlich gemacht, so daß man auf alles vorbereitet sein kann.

Ist die Hitze sehr groß, wie dies im Sommer nicht immer zu vermeiden ist, so muß man auf die Vorwürfe des Besuchers gefaßt sein. Ebenso dann, wenn ein Regen stattfindet, wie er sich wohl im Sommer ereignet. Hier kommt man zur Not mit einem Achselzucken und der Versicherung davon, daß es nicht wieder geschehen solle. Aber wegen des Staubs, wenn die Arbeit des Sprengwagens ohne Erfolg blieb, hat man schon einen schwierigeren Stand, und gegen die Vorwürfe wegen der Ferien einiger Theater und Spezialitätenbühnen kann man dem Freunde mit dem bloßen Bewußtsein der Unschuld nicht ins Gesicht springen. In solchen Fällen genießt man aber das Glück, sich doppelt auf die Abreise des Freundes zu freuen.

Behauptet der Besucher, in seiner Heimat seien weniger Mücken, so höre man aus dieser Behauptung nicht den Vorwurf heraus, sondern vertröste ihn auf die nächste Mückenzählung. Kommt nach Tisch das Eis und behauptet er, es sei in seiner Heimat kälter, so lasse man sich unter gar keiner Bedingung auf einen Streit ein, um ihn nicht noch mehr zu reizen, sondern gebe ihm die Versicherung, daß man etwas weniger kaltes Eis bestellt habe, um dem Besucher eine Magenerkältung zu ersparen.

Kommt man bei Gelegenheit in das Zimmer des Logierbesuchs, so sei man zerstreut und lasse daselbst ein Eisenbahnkursbuch liegen. Wenn es auch nichts nützen sollte, so könnte es doch der Fall sein, daß es etwas nützt, und schon die Illusion versetzt in eine angenehme Stimmung.

Man lasse dann und wann durchblicken, daß die Influenza grassieren solle. Der geborene Logierbesuch wird sich natürlich nicht daran kehren. Aber es ist doch gut, daß man diese Gleichgültigkeit feststellt, um andere Versuche, ihn zu vertreiben, unterlassen zu können.

Hat man in der Frühe zu arbeiten, so sorge man am vorangehenden Abend dafür, daß der Freund recht viel Bier trinke, damit er am anderen Morgen sich nicht aus dem Bett finden kann. Er wird dann zwar sehr schlecht auf das Bier sprechen, aber man war doch einige Stunden lang durch das Glück, einen Freund zu haben, nicht gestört.

Am Tage der Abreise des Freundes begleite man diesen mit traurigem Ausdruck zum Bahnhof und vollziehe, wenn man allein in die Wohnung zurückkehrt, zwei Akte der Wohlthätigkeit, indem man einem armen Mann eine verhältnismäßig größere Summe schenkt und die Fenster der Stube, in welcher der Logierbesuch sich ereignete, öffnen läßt.