Die Propeller-Insel

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Auf kei­nen Fall ist eine Un­ter­bre­chung der re­gel­mä­ßi­gen Zu­fuh­ren zu be­fürch­ten. Das kann nicht vor­kom­men, weil jene Hä­fen auf ein­an­der ent­ge­gen­ge­setz­ten Sei­ten lie­gen. Soll­te nun der eine in­fol­ge schlech­ter Wit­te­rung un­zu­gäng­lich sein, so steht doch der an­de­re den Schif­fen of­fen, die die In­sel also bei je­der Win­drich­tung an­lau­fen kön­nen. Ent­we­der im Back­bord- oder im Steu­er­bord­ha­fen tref­fen also die ver­schie­de­nen, not­wen­di­gen Wa­ren ein, das Pe­tro­le­um mit Spe­zi­aldamp­fern, Mehl und Feld­früch­te, Wein, Bier und an­de­re be­lieb­te Ge­trän­ke, fer­ner Tee, Kaf­fee, Scho­ko­la­de, Ge­wür­ze, Kon­ser­ven usw. – Hier lan­det man auch Rin­der, Ham­mel und Schwei­ne von den bes­ten Märk­ten Ame­ri­kas, wo­durch der Be­darf an fri­schem Fleisch ge­deckt wird, und über­haupt al­les, was selbst die ver­wöhn­tes­ten Fein­schme­cker von Nah­rungs- und Ge­nuss­mit­teln nur wün­schen kön­nen. Eben­so er­folgt hier der Im­port von Stof­fen, Lei­nen­wa­ren und Mo­de­ar­ti­keln, wie sie der raf­fi­nier­tes­te Dan­dy und die ele­gan­tes­te Welt­da­me nur ver­lan­gen kön­nen. Alle die­se Ge­gen­stän­de kauft man dann bei den Zwi­schen­händ­lern auf Stan­dard Is­land … zu wel­chem Prei­se, wol­len wir lie­ber ver­schwei­gen, um nicht die Ungläu­big­keit des freund­li­chen Le­sers zu er­we­cken.



Da­ge­gen liegt die Fra­ge nahe, wie ein re­gel­mä­ßi­ger Damp­fer­ver­kehr mög­lich war zwi­schen der Küs­te Ame­ri­kas und ei­ner In­sel mit Pro­pel­lern, die sich selbst fort­be­weg­te und sich heu­te in die­ser Ge­gend und mor­gen zwan­zig Mei­len wei­ter be­fand?



Die Ant­wort ist sehr ein­fach. Stan­dard Is­land se­gelt nicht aufs Ge­ra­te­wohl um­her. Die Orts­ver­än­de­rung der In­sel er­folgt nach ei­nem von der obers­ten Ver­wal­tungs­be­hör­de fest­ge­setz­ten Pro­gram­me, nach­dem dar­über die An­schau­ung der Me­teo­ro­lo­gen des Ob­ser­va­to­ri­ums ein­ge­holt war. Ihre Fahrt ist ein Spa­zier­gang mit nur ge­rin­gen ge­le­gent­li­chen Ab­wei­chun­gen durch den Teil des Stil­len Ozeans, der die herr­lichs­ten In­sel­grup­pen um­schließt, und un­ter mög­lichs­ter Ver­mei­dung schrof­fen Wit­te­rungs­wech­sels, die­ser mäch­tigs­ten Ur­sa­che für vie­ler­lei Lun­gen­krank­hei­ten. Des­halb konn­te Ca­lis­tus Mun­bar auch auf eine dies­be­züg­li­che Fra­ge ant­wor­ten: »Win­ter? … Ken­nen wir nicht!« Stan­dard Is­land be­wegt sich nur zwi­schen fünf­und­drei­ßig Grad nörd­li­cher und fünf­und­drei­ßig Grad süd­li­cher Brei­te. Bei sieb­zig Brei­ten­gra­den oder etwa vier­zehn­hun­dert See­mei­len steht ihr ein präch­ti­ges Was­ser­ge­biet of­fen. Die an­de­ren Schif­fe wis­sen also das Ju­wel des Gro­ßen Ozeans stets zu fin­den, da sei­ne Orts­ver­än­de­rung zwi­schen je­nen rei­zen­den In­seln, die eben­so vie­le Oa­sen in der gren­zen­lo­sen Was­ser­wüs­te des Gro­ßen Ozeans bil­den, stets im Voraus fest­ge­stellt ist.



Doch auch oh­ne­dem wä­ren an­de­re Schif­fe nicht dar­auf an­ge­wie­sen, die Schrau­ben­in­sel hier oder dort auf gu­tes Glück zu su­chen, ob­wohl die Kom­pa­nie des­halb nicht die fünf­und­zwan­zig – sech­zehn­tau­send Mei­len lan­gen – Ka­bel in An­spruch nahm, die der

Eas­tern Ex­ten­si­on Aus­trala­sia and Chi­na Co.

 ge­hö­ren. Nein; die Schrau­ben­in­sel darf von nie­man­dem ab­hän­gig sein! Das er­reich­te man durch Ver­tei­lung von meh­re­ren hun­dert Bo­jen auf den be­fah­re­nen Mee­res­tei­len, Bo­jen, die das Ende elek­tri­scher Ka­bel tra­gen, wel­che mit der Ma­de­lei­ne­bucht in Ver­bin­dung ste­hen. Die­se Bo­jen läuft man an, ver­bin­det de­ren Ka­bel mit den Ap­pa­ra­ten des Ob­ser­va­to­ri­ums und sen­det nun die nö­ti­gen De­pe­schen ab. Da­durch wer­den die Ver­tre­ter der Kom­pa­nie in der Ma­de­lei­ne­bucht be­züg­lich geo­gra­phi­scher Län­ge und Brei­te der Lage von Stan­dard Is­land im­mer auf dem lau­fen­den er­hal­ten. So er­klärt es sich, dass der Dienst der Pro­vi­ant­schif­fe mit wirk­li­cher »Ei­sen­bahn­ver­läss­lich­keit« von­stat­ten geht.



Da­ne­ben gibt es aber noch eine an­de­re wich­ti­ge Fra­ge, die ei­ner Lö­sung wert ist.



Wie ver­schafft man sich denn das nö­ti­ge Süß­was­ser für die viel­fa­chen Be­dürf­nis­se der Be­völ­ke­rung?



Das Was­ser?… O, das ge­winnt man durch De­stil­la­ti­on in zwei be­son­de­ren An­stal­ten ne­ben den Hä­fen. Durch ein Röh­ren­sys­tem wird es nach den Häu­sern ge­lei­tet und un­ter den Fel­dern hin­ge­führt. So dient es für wirt­schaft­li­che Zwe­cke wie zur Stra­ßen­be­spren­gung und fällt als wohl­tä­ti­ger Re­gen auf die Fel­der und Ra­sen­flä­chen, die da­mit den Lau­nen der Wit­te­rung ent­zo­gen sind. Und die­ses Was­ser ist nicht al­lein süß, son­dern so­gar de­stil­liert, elek­tro­li­siert und hy­gie­nisch vor­züg­li­cher als die reins­ten Quel­len der bei­den Wel­ten, aus de­nen ein Trop­fen, in der Grö­ße ei­nes Steck­na­del­kop­fes, noch fünf­zehn Mil­li­ar­den Mi­kro­ben ent­hal­ten kann.



Noch bleibt uns üb­rig zu er­klä­ren, wie die Orts­ver­än­de­rung der gan­zen An­la­ge vor sich geht. Ei­ner großen Schnel­lig­keit be­darf sie nicht, da die In­sel bin­nen sechs Mo­na­ten über die an­ge­ge­be­nen Brei­ten­gra­de und über den Raum zwi­schen dem hun­dert­drei­ßigs­ten und dem hun­dert­fünf­und­vier­zigs­ten Län­gen­grad nicht hin­aus­kom­men soll. Zwan­zig bis fünf­und­zwan­zig See­mei­len bin­nen vier­und­zwan­zig Stun­den, mehr ver­langt Stan­dard Is­land nicht. Eine sol­che Fort­be­we­gung hät­te man mit­tels Zug­seil er­rei­chen kön­nen, wenn man etwa ein Ka­bel aus je­ner in­di­schen, Bas­tin ge­nann­ten Fa­ser her­ge­stellt hät­te, die sehr fest und gleich­zei­tig so leicht ist, dass sie sich im Was­ser schwim­mend und ge­si­chert ge­gen Ver­let­zun­gen durch Scheu­ern am Mee­res­grun­de er­hal­ten hät­te. Die­ses Ka­bel hät­te sich dann über Zy­lin­der, die durch Dampf­kraft ge­dreht wur­den, auf­ge­rollt, und Stan­dard Is­land wäre mit­tels »Taue­rei« vor- und rück­wärts ge­gan­gen, wie noch heu­te hie und da Schif­fe auf den Flüs­sen der Al­ten und der Neu­en Welt. Die­ses Ka­bel hät­te aber au­ßer­or­dent­lich lang und stark sein müs­sen und wäre doch viel­fa­chen Ha­va­ri­en aus­ge­setzt ge­we­sen, und dann be­deu­te­te die­se An­ord­nung nur eine »ge­fes­sel­te Frei­heit« mit dem Zwang, ei­ner un­ver­än­der­li­chen Li­nie zu fol­gen – wenn sich’s aber um die Frei­heit han­delt, be­ste­hen die Bür­ger des frei­en Ame­ri­ka un­er­schüt­ter­lich auf ih­rem Schei­ne.



 Eine der Anlagen



Glück­li­cher­wei­se ha­ben die Elek­tro­tech­ni­ker so große Fort­schrit­te in ih­rem Fa­che ge­macht, dass man von der Elek­tri­zi­tät, der See­le des Wel­talls, so gut wie al­les ver­lan­gen kann. Ihr fiel da­her auch die Auf­ga­be zu, die künst­li­che In­sel fort­zu­be­we­gen. Zwei An­la­gen ge­nü­gen, Dy­na­mos von fast un­be­grenz­ter Leis­tungs­fä­hig­keit, die elek­tri­sche Ener­gie in Form ei­nes Gleich­stro­mes von zwei­tau­send Volt lie­fern, in Be­we­gung zu set­zen. Die­se Dy­na­mos wir­ken auf ein mäch­ti­ges Sys­tem von Pro­pel­lern, die in der Nähe bei­der Hä­fen an­ge­bracht sind. Sie ent­wi­ckeln je­des fünf Mil­lio­nen Pfer­de­kraft – dank den Hun­der­ten von Kes­seln, ge­heizt mit Pe­tro­le­um-Bri­ketts, die weit we­ni­ger Raum ein­neh­men und we­ni­ger ru­ßen als Stein­koh­len, zu­gleich aber viel mehr Wär­me ent­wi­ckeln. Die be­tref­fen­den Wer­ke un­ter­ste­hen der Lei­tung der bei­den Haup­t­in­ge­nieu­re, der Her­ren Wat­son und Som­wah, de­nen zahl­rei­che Mecha­ni­ker und Hei­zer zur Sei­te ste­hen, wäh­rend die Ober­lei­tung in den Hän­den des Kom­mo­do­re

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 Ethel Sim­coë ruht. Von sei­ner Amts­woh­nung im Ob­ser­va­to­ri­um aus steht der Kom­mo­do­re mit den bei­den Elek­tri­zi­täts­wer­ken in te­le­fo­ni­scher Ver­bin­dung. Er be­stimmt nach dem vor­her fest­ge­stell­ten Rei­se­pla­ne den Kurs der künst­li­chen In­sel. Von da war auch in der Nacht vom 25. zum 26. der Be­fehl aus­ge­gan­gen, mit Stan­dard Is­land die Küs­te Ka­li­for­ni­ens an­zu­lau­fen, in de­ren Nähe es sich zur­zeit des An­tritts sei­ner jähr­li­chen Rei­se eben be­fand.



 Kommodore Ethel Simcoë



Wer von un­se­ren Le­sern sich nun im Geis­te dar­auf mit ein­schifft, der wird den ver­schie­de­nen Vor­komm­nis­sen auf die­ser Fahrt über den Stil­len Ozean mit bei­woh­nen und es hof­fent­lich nicht zu be­reu­en ha­ben.



Wir fü­gen hier ein, dass die größ­te Ge­schwin­dig­keit Stan­dard Is­lands, wenn sei­ne Ma­schi­nen ihre zehn Mil­lio­nen Pfer­de­kraft ent­wi­ckeln, acht Kno­ten (zwei geo­gra­phi­sche Mei­len) in der Stun­de er­reicht. Die ge­wal­tigs­ten Wo­gen, die der Sturm auf­wühlt, ha­ben auf die In­sel kei­ne Wir­kung. Durch ihre Grö­ße ent­geht sie je­dem Schwan­ken vom See­gan­ge, und des­halb gibt es dar­auf auch kei­ne See­krank­heit. Wäh­rend der ers­ten Tage »an Bord« emp­fin­det man höchs­tens ein schwa­ches Er­zit­tern, dass die Ro­ta­ti­on der Schrau­ben im Un­ter­bau her­vor­bringt. Mit ei­nem Sporn von sech­zig Me­tern am Vor­der- und am Hin­ter­tei­le aus­ge­rüs­tet, zer­teilt die In­sel die Wel­len ohne Schwie­rig­keit und durch­läuft die un­ge­heu­re Mee­res­flä­che ohne je­den fühl­ba­ren Stoß.



Na­tür­lich dient die in den bei­den Wer­ken er­zeug­te elek­tri­sche Ener­gie au­ßer der Fort­be­we­gung von Stan­dard Is­land auch noch an­de­ren Zwe­cken. Mit ihr wer­den Land, Park und Stadt er­leuch­tet. Sie un­ter­hält hin­ter den Rie­sen­lin­sen der Leucht­tür­me die mäch­ti­ge Licht­quel­le, de­ren Strah­len die An­we­sen­heit der Schrau­ben­in­sel bis weit hin­aus ver­kün­den und je­der mög­li­chen Kol­li­si­on vor­beu­gen. Sie lie­fert die ver­schie­de­nen Zweigströ­me, die te­le­gra­fi­schen, te­le­pho­ti­schen, tel­au­to­gra­phi­schen und te­le­fo­ni­schen Zwe­cken die­nen, eben­so, wie sie die Be­dürf­nis­se der Pri­vat­häu­ser und der Han­dels­quar­tie­re be­frie­digt. Sie ver­sorgt auch die künst­li­chen Mon­de von je fünf­tau­send Ker­zen Leucht­kraft, die je­der eine Kreis­flä­che von hun­dert Me­ter Durch­mes­ser er­hel­len.

 



Zur­zeit, von der wir re­den, be­fin­det sich die­ses au­ßer­ge­wöhn­li­che Bau­werk auf sei­ner zwei­ten Rei­se über den Gro­ßen Ozean. Vor ei­nem Mo­na­te hat­te es die Ma­de­lei­ne­bai ver­las­sen und sich nach dem fünf­und­drei­ßigs­ten Brei­ten­gra­de be­ge­ben, um sei­ne Fahrt, etwa in der Höhe der Sand­wich-In­seln,

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 an­zu­tre­ten. Eben be­fand es sich nahe der Küs­te von Nie­der-Ka­li­for­ni­en, als Ca­lis­tus Mun­bar durch te­le­fo­ni­sche Mit­tei­lung er­fuhr, dass sich das Kon­zert-Quar­tett nach der Abrei­se von San Fran­zis­ko nach San Die­go be­ge­ben woll­te, und ihm der Ge­dan­ke kam, sich die­ser her­vor­ra­gen­den Künst­ler für die Dau­er der Rei­se so­zu­sa­gen zu be­mäch­ti­gen. Wir wis­sen schon, wie er das aus­führ­te, wie er sie auf der, nur we­ni­ge Ka­bel­län­gen von der Küs­te ver­an­ker­ten Schrau­ben­in­sel ein­schiff­te, und wie in­fol­ge sei­nes ge­lun­ge­nen Streichs den Di­let­tan­ten von Mil­li­ard City der Ge­nuss ei­ner vor­züg­li­chen Kam­mer­mu­sik in Aus­sicht ge­stellt war.



Das ist also je­nes neun­te Welt­wun­der, je­nes des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts wür­di­ge Meis­ter­stück mensch­li­chen Geis­tes, des­sen un­frei­wil­li­ge Gäs­te zwei Vio­li­nen, eine Brat­sche und ein Vio­lon­cell sind und die Stan­dard Is­land nach den west­li­chen Tei­len des Pa­zi­fi­schen Ozean ent­führt.



1 Füh­rer ei­nes Ge­schwa­ders bei der Kriegs­ma­ri­ne

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2 Die Süd­li­chen Sand­wich­in­seln sind eine In­sel­ket­te im sub­ant­ark­ti­schen Sü­d­at­lan­tik.

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Sechstes Kapitel – Eingeladene … Inviti



Wenn man auch an­neh­men darf, dass Sé­bas­ti­en Zorn, Fras­co­lin, Yver­nes und Pin­chi­nat Leu­te wa­ren, die über nichts er­staun­ten, so wur­de es die­sen doch schwer, in ge­wiss be­grün­de­tem Un­wil­len dem Ca­lis­tus Mun­bar nicht an die Keh­le zu sprin­gen. Es soll ei­ner nur in dem Glau­ben le­ben, auf dem Bo­den des west­li­chen Ame­ri­ka um­her­zu­wan­deln, und dann er­ken­nen, dass man ihn aufs hohe Meer hin­aus­be­för­dert! Man soll sich für ei­ni­ge zwan­zig Mei­len von San Die­go ent­fernt hal­ten, wo man am nächs­ten Tage zu ei­nem Kon­zert er­war­tet wird, und dann ganz schlank­weg hö­ren, dass man auf ei­ner schwim­men­den In­sel im­mer wei­ter da­von hin­weg­treibt! Wahr­haf­tig, ein Über­fall wäre zu ver­zei­hen ge­we­sen.



Zu sei­nem Glücke hat­te sich der Ame­ri­ka­ner ei­nem sol­chen ers­ten Wut­aus­bru­che zu ent­zie­hen ge­wusst. Sich die Über­ra­schung oder rich­ti­ger die Ver­blüf­fung des Kon­zert-Quar­tetts zu­nut­ze ma­chend, ver­lässt er die Platt­form des Tur­mes, be­tritt den Fahr­stuhl und ist da­mit vor­läu­fig vor den Vor­wür­fen und et­wai­gen Hand­greif­lich­kei­ten der vier Pa­ri­ser ge­schützt.



»Solch ein Schur­ke!« ruft das Vio­lon­cell.



»Solch ein Un­tier!« fällt die Brat­sche ein.



»Oho … wenn wir’s ihm zu ver­dan­ken ha­ben, ein rei­nes Wun­der ken­nen­zu­ler­nen …«, lässt sich die ers­te Vio­li­ne ver­neh­men.



»Du willst ihn doch nicht gar noch ent­schul­di­gen?« meint die zwei­te Gei­ge.



»Hier gib­t’s kei­ne Ent­schul­di­gung«, ruft Pin­chi­nat, »und wenn sich auf Stan­dard Is­land noch Ge­rech­tig­keit fin­det, las­sen wir ihn ver­don­nern, die­sen Ma­le­fiz­kerl von Yan­kee!«



»Und wenn’s noch einen Hen­ker gibt«, brüllt Sé­bas­ti­en Zorn, »dann las­sen wir ihn auf­knüp­fen!«



Um so schö­ne Vor­sät­ze aus­zu­füh­ren, gilt es frei­lich zu­erst zum Ni­veau der Ein­woh­ner von Mil­li­ard City hin­ab­zu­ge­lan­gen, da hun­dert­fünf­zig Fuß hoch in der Luft na­tür­lich kei­ne Po­li­zei tä­tig ist. Das konn­te ja in we­ni­gen Au­gen­bli­cken ge­sche­hen sein, wenn ein Ab­stieg mög­lich war. Der Fahr­stuhl des Auf­zugs ist aber nicht wie­der her­auf­ge­kom­men, und nir­gends fin­det sich et­was wie eine Trep­pe. Das Quar­tett be­fin­det sich also auf der Höhe des Tur­mes au­ßer Ver­bin­dung mit der üb­ri­gen Mensch­heit.



Nach dem ers­ten Aus­bru­che der Ent­täu­schung und der Wut sind Sé­bas­ti­en Zorn, Pin­chi­nat und Fras­co­lin, die Yver­nes sei­ner Be­wun­de­rung über­las­sen, end­lich völ­lig still ge­wor­den und rüh­ren sich nicht von der Stel­le. Über ih­nen flat­tert die Flag­ge an der lan­gen Fah­nen­stan­ge. Sé­bas­ti­en Zorn wan­delt eine grim­mi­ge Lust an, die Hiss­lei­ne zu durch­schnei­den und die Flag­ge wie die ei­nes sich er­ge­ben­den Kriegs­schif­fes zu sen­ken. Im­mer­hin er­scheint es bes­ser, sich nicht in eine viel­leicht schlimm aus­lau­fen­de Ge­schich­te ein­zu­las­sen, und sei­ne Ka­me­ra­den hal­ten ihn noch zu­rück, als er schon mit ei­nem scharf ge­schlif­fe­nen Bo­wie­mes­ser her­um­fuch­telt.



 Seine Kameraden halten ihn zurück.



»Ach­tung, wir wol­len vor al­lem nicht uns ins Un­recht ver­set­zen«, mahnt der klu­ge Fras­co­lin.



»Du er­gibst dich also in un­se­re elen­de, lä­cher­li­che Lage?« fragt Pin­chi­nat.



»Das nicht … doch wir wol­len sie nicht noch mehr kom­pli­zie­ren.«



»Und un­ser Ge­päck, das in­zwi­schen nach San Die­go un­ter­wegs ist!« be­merkt der Brat­schist, die Arme kreu­zend.



»Und un­ser für mor­gen an­ge­setz­tes Kon­zert!« ruft Sé­bas­ti­en Zorn.



»Das ge­ben wir durchs Te­le­fon!« ant­wor­tet der ers­te Gei­ger, des­sen Scherz nicht ge­eig­net ist, die Reiz­bar­keit des ko­chen­den Vio­lon­cel­lis­ten ab­zu­stump­fen.



Das Ob­ser­va­to­ri­um nimmt, wie wir wis­sen, die Mit­te ei­nes großen Vier­ecks ein, an dem die First Ave­nue aus­mün­det. Am an­de­ren Ende die­ser drei Ki­lo­me­ter lan­gen Haupt­ver­kehrs­ader, die die bei­den Hälf­ten von Mil­li­ard City schei­det, er­bli­cken die Künst­ler eine Art mo­nu­men­ta­len Palast, der von ei­nem leich­ten und sehr ele­gan­ten Wart­turm über­ragt wird. Sie sa­gen sich, dass das der Sitz der Re­gie­rung, die Re­si­denz der obers­ten Stadt­be­hör­de sein wer­de, wenn Mil­li­ard City über­haupt einen Bür­ger­meis­ter und an­de­re Be­am­te hat. Sie täu­schen sich hier­in nicht. Eben jetzt be­ginnt die Uhr je­nes Wart­turms ein herr­li­ches Glo­cken­spiel, des­sen Klän­ge auf den Wel­len des Win­des bis zum Tur­me hier her­über­ge­lan­gen.



»Hört! … Das geht aus D-dur«, sagt Yver­nes.



»Und im Zwei­vier­tel­takt«, setzt Pin­chi­nat hin­zu.



Da schlägt der Wart­turm fünf Uhr.



»Und wann es­sen wir«, ruft Sé­bas­ti­en Zorn, »wie wird’s mit dem Schla­fen? Sol­len wir etwa we­gen des Spitz­bu­ben von Mun­bar hier auf der Platt­form des Tur­mes die Nacht in frei­er Luft zu­brin­gen?«



So scheint es al­ler­dings, denn der Fahr­stuhl kommt nicht wie­der her­auf, um die Ge­fan­ge­nen zu er­lö­sen.



In je­nen nied­ri­gen Brei­ten dau­ert die Däm­me­rung nur kur­ze Zeit, und das Strah­len­ge­stirn stürzt wie ein Ge­schoss nach dem Ho­ri­zon­te hin­ab. Blickt das Quar­tett nach den äu­ßers­ten Gren­zen des Him­mels hin­aus, so schim­mert ihm nur das un­be­grenz­te Meer, ohne ein Se­gel, ohne eine Rauch­säu­le ent­ge­gen. Über das Stück Land un­ter ihm rol­len die Tram­wa­gen an der Pe­ri­phe­rie der In­sel oder ei­len von ei­nem Ha­fen zum an­de­ren hin. Zur Stun­de ist der Park noch sehr be­lebt. Oben vom Tur­me aus wür­de man ihn für einen rie­si­gen Blu­men­korb an­se­hen, worin Aza­leen, Kle­ma­tis, Jas­min, Gly­ci­nen, Pas­si­ons­blu­men, Be­go­ni­en, Hya­zin­then, Dah­li­en, Ka­me­li­en und Hun­der­te von Ro­sen­sor­ten blü­hen. Da strö­men Spa­zier­gän­ger hin­zu … ge­mach­te Män­ner und jun­ge Leu­te, nicht sol­che »Zier­ben­gel«, wie sie lei­der in eu­ro­päi­schen Groß­städ­ten so vie­le her­um­lau­fen, son­dern ge­sun­de, kräf­ti­ge Jüng­lin­ge. Frau­en und jun­ge Mäd­chen, meist in stroh­gel­ber Toi­let­te – dem da­für un­ter den Tro­pen be­lieb­tes­ten Far­ben­to­ne – lei­ten schlan­ke, mit Sei­den­de­cken ge­schütz­te Wind­spie­le mit gol­di­gen Hals­bän­dern an wei­cher Schnur. Da und dort folgt die­se Gen­try den fein­san­di­gen Al­leen, die sich durch den Park hin­win­den. Hier sieht man die einen auf die Pols­ter der elek­tri­schen Stra­ßen­bahn­wa­gen hin­ge­streckt, dort ru­hen an­de­re auf den von dich­tem Grün über­dach­ten Bän­ken. Noch wei­ter drau­ßen wid­men sich jun­ge Gent­le­men dem Lawn-ten­nis, dem Krocket, Golf oder dem Fuß­ball­spie­le, wäh­rend an­de­re auf mun­te­ren Po­nies dem Polo ob­lie­gen. Gan­ze Scha­ren von Kin­dern – von je­nen ame­ri­ka­ni­schen Kin­dern, die sich so schnell ent­wi­ckeln und bei de­nen, vor­züg­lich bei den klei­nen Mäd­chen, eine aus­ge­spro­che­ne In­di­vi­dua­li­tät so be­zeich­nend her­vor­tritt – tum­meln sich auf den Ra­sen­plät­zen. Da­zwi­schen trot­ten Rei­ter auf ele­gan­ten Pfer­den oder sieht man hier und da über­mü­tig lus­ti­ge Gar­ten­ge­sell­schaf­ten.



Auch den Han­dels­vier­teln fehlt es zur Stun­de nicht an Be­such.



Die be­weg­li­chen Trot­toirs glei­ten mit ih­rer Last längst der Haupt­stra­ße da­hin. Am Fuße des Tur­mes, in dem Vier­eck des Ob­ser­va­to­ri­ums, ge­hen vie­le Per­so­nen hin und her, de­ren Auf­merk­sam­keit die Ge­fan­ge­nen wohl er­re­gen könn­ten. Pin­chi­nat und Fras­co­lin ru­fen auch wie­der­holt laut hin­un­ter. Dass sie ge­hört wur­den, er­kennt man dar­aus, dass man­che Arme sich em­por­stre­cken, ja auch ein­zel­ne Wor­te drin­gen bis zu ih­nen hin­auf.



Nie­mand zeigt die ge­rings­te Über­ra­schung oder scheint sich über die Grup­pe auf der Platt­form ir­gend­wie zu ver­wun­dern. Die oben ver­ständ­li­chen Wor­te be­ste­hen in ei­nem »Good bye«, ei­nem »How do You do!«, ei­nem »Gu­ten Tag« oder an­de­ren land­läu­fi­gen Höf­lich­keits­aus­drücken. Es scheint, als ob die gan­ze Be­völ­ke­rung von dem Ein­tref­fen der vier Pa­ri­ser, die Ca­lis­tus Mun­bar emp­fan­gen hat­te, völ­lig un­ter­rich­tet sei.



»He … he … die ma­chen sich über uns noch lus­tig!« sagt Pin­chi­nat.



»Das scheint mir auch so!« stimmt ihm Yver­nes bei.



So ver­rinnt eine Stun­de – eine Stun­de, aber alle Rufe nach un­ten blei­ben nutz­los. Die dring­li­chen Bit­ten Fras­co­lins ha­ben eben­so­we­nig Er­folg, wie das Schmä­hen und Schel­ten Sé­bas­ti­en Zorns. Die Zeit zum Es­sen rückt im­mer nä­her, der Park wird von Spa­zier­gän­gern, die Stra­ße von mü­ßi­gen Fla­neu­ren im­mer lee­rer. Es ist zum Toll­wer­den!



»Wir glei­chen ohne Zwei­fel«, sagt Yver­nes, ro­man­ti­schen Erin­ne­run­gen nach­hän­gend, »je­nen pro­fa­nen Gäs­ten, die ein bö­ser Geist an einen ge­hei­lig­ten Ort ver­lockt hat, und die nun den Tod er­lei­den müs­sen, weil sie et­was ge­se­hen hat­ten, was ihre Au­gen nicht se­hen durf­ten …«



»Und hier lässt man uns den Qua­len des Hun­gers er­lie­gen!« seufzt Pin­chi­nat.



»Nicht ohne dass wir al­les mög­li­che ver­sucht ha­ben wer­den, um un­se­re Exis­tenz zu ver­län­gern!« er­klärt Sé­bas­ti­en Zorn.



»Und wenn wir ge­zwun­gen sind, ei­ner den an­de­ren auf­zuz­eh­ren, dann kommt Yver­nes zu­erst an die Rei­he!« sagt Pin­chi­nat.



»Wie es euch be­liebt!« stöhnt die ers­te Gei­ge mit schwa­cher Stim­me und senkt schon den Kopf, um den To­dess­treich zu emp­fan­gen.



Da dringt vom Tur­me un­ten ein Geräusch her­auf. Der Fahr­stuhl glei­tet nach oben und hält im Ni­veau der Platt­form an. Bei dem Ge­dan­ken, Ca­lis­tus Mun­bar wie­der auf­tau­chen zu se­hen, be­rei­ten sich die Ge­fan­ge­nen schon, ihn nach Ge­bühr zu emp­fan­gen …



Der Fahr­stuhl ist leer.



Gut, so ist die Sa­che auf­ge­scho­ben; die Gef­opp­ten wer­den den sau­be­ren Herrn schon fin­den. Jetzt gil­t’s nur, ei­ligst nach der Erde hin­ab­zu­ge­lan­gen, und das ein­zi­ge Mit­tel dazu ist, im Fahr­stuhl Platz zu neh­men.



Das ge­schieht denn auch so­fort. So­bald der Vio­lon­cel­list nebst Ge­nos­sen sich in dem Be­häl­ter be­fin­den, setzt die­ser sich in Be­we­gung und langt bin­nen kaum ei­ner Mi­nu­te un­ten im Tur­me an.



»Und nun«, ruft Pin­chi­nat mit dem Fuße stamp­fend, »be­fin­den wir uns nicht ein­mal auf na­tür­li­chem Bo­den!« (Im Ori­gi­nal ein Wort­spiel, da »sol« eben­so Bo­den, Erd­bo­den heißt, wie es das »G« der Ton­lei­ter be­zeich­net.)



Für der­ar­ti­ge Kalau­er war der Zeit­punkt frei­lich schlecht ge­wählt. Es er­folgt auch kei­ne Ant­wort dar­auf. Die Tür ist of­fen. Alle vier tre­ten hin­aus. Der in­ne­re Hof ist men­schen­leer. Sie schrei­ten dar­über hin und fol­gen ei­ner Ave­nue.

 



Ein­zel­ne Per­so­nen kom­men an den Fremd­lin­gen vor­über, ohne die­sen ir­gend­wel­che Be­ach­tung zu schen­ken. Auf eine Be­mer­kung Fras­co­lins, der vor al­lem Klug­heit emp­fahl, muss Sé­bas­ti­en Zorn auf al­les Schimp­fen und Wet­tern ver­zich­ten. Bei den Be­hör­den nur wol­len sie Ge­rech­tig­keit su­chen. Das läuft ih­nen ja nicht da­von. Man be­schließt also, erst nach dem Ex­zel­si­or-Ho­tel zu ge­hen und da den nächs­ten Mor­gen ab­zu­war­ten, um dann in der Ei­gen­schaft als freie Män­ner sei­ne Rech­te gel­tend zu ma­chen. Das Quar­tett wan­dert also die First Ave­nue hin­auf.



Ha­ben un­se­re Pa­ri­ser denn das Pri­vi­le­gi­um, die öf­fent­li­che Auf­merk­sam­keit zu er­we­cken? … Ja und nein. Man sieht sie wohl an, doch nicht in auf­fal­len­der Wei­se, höchs­tens so, als ge­hör­ten sie zu den sel­te­nen Tou­ris­ten, die Mil­li­ard City zu­wei­len be­su­chen. Un­ter dem Dru­cke ganz au­ßer­ge­wöhn­li­cher Ver­hält­nis­se sind sie selbst nicht ge­ra­de bei ro­si­ger Lau­ne und bil­den sich ein, weit mehr an­ge­st­arrt zu wer­den, als es wirk­lich der Fall ist. And­rer­seits wird man es ver­zeih­lich fin­den, dass ih­nen die­se »se­geln­den In­su­la­ner« et­was när­risch er­schei­nen, die­se Leu­te, die sich frei­wil­lig von ih­res­glei­chen trenn­ten und nun auf dem größ­ten Ozean der Erd­ku­gel um­her­ir­ren. Mit ein we­nig Fan­ta­sie könn­te man glau­ben, sie ge­hör­ten ei­nem an­de­ren Pla­ne­ten un­se­res Son­nen­sys­tems an. Das ist we­nigs­tens die An­sicht Yver­nes, den sein über­reiz­tes Hirn leicht nach nur er­dach­ten Wel­ten ver­setzt.



Pin­chi­nat be­gnügt sich da­ge­gen zu sa­gen:



»Alle die­se Leu­te ha­ben mei­ner Treu das rich­ti­ge Mil­lio­näraus­se­hen und schei­nen mir un­ter den Nie­ren, ganz wie ihre In­sel, einen klei­nen Pro­pel­ler mit her­um­zu­tra­gen.«



In­zwi­schen macht sich der Hun­ger im­mer mehr gel­tend. Seit dem Früh­stück ist ge­rau­me Zeit ver­flos­sen und der Ma­gen pocht auf sein Recht. Also schnells­tens nach dem Ex­zel­si­or-Ho­tel! Mor­gen soll­ten die nö­ti­gen Schrit­te er­fol­gen, um mit­tels ei­nes der Stea­mer von Stan­dard Is­land nach San Die­go zu­rück­be­för­dert zu wer­den, nach­dem Ca­lis­tus Mun­bar von Rechts we­gen eine reich­lich be­mes­se­ne Ent­schä­di­gungs­s­um­me er­legt hät­te.



Auf dem Wege durch die First Ave­nue bleibt Fras­co­lin aber vor ei­nem präch­ti­gen Ge­bäu­de ste­hen, des­sen Front in gol­de­nen Let­tern die Auf­schrift »Ca­si­no« trägt. Rechts von der stol­zen Säu­len­rei­he, die den Haup­tein­gang schmückt, er­blickt man durch die mit Ara­bes­ken ver­zier­ten Spie­gel­schei­ben ei­nes Re­stau­rants eine Men­ge Ti­sche, von de­nen an ver­schie­de­nen ge­speist wird, wäh­rend ein zahl­rei­ches Per­so­nal dienst­eif­rig hin und her eilt.



»Hier gib­t’s et­was zu es­sen!« ruft die zwei­te Vio­li­ne mit ei­nem Bli­cke auf die hung­ri­gen Ka­me­ra­den.



Da­rauf er­folgt von Pin­chi­nat nur die la­ko­ni­sche Ant­wort:



»Hin­ein­tre­ten!«



Ei­ner nach dem an­de­ren be­tre­ten sie das Re­stau­rant. Man scheint ihre Ge­gen­wart in dem lu­xu­ri­ösen, von den Frem­den meist auf­ge­such­ten Eta­blis­se­ment nicht be­son­ders zu be­mer­ken. Fünf Mi­nu­ten spä­ter ver­til­gen die Halb­ver­hun­ger­ten schon mit Be­gier­de die ers­ten Schüs­seln ei­ner vor­treff­li­chen Mahl­zeit, wozu Pin­chi­nat – und der ver­steht sich dar­auf – die Spei­sen­fol­ge auf­ge­stellt hat. Glück­li­cher­wei­se ist der Geld­beu­tel des Quar­tetts gut ge­spickt, und wenn er auf Stan­dard Is­land auch ab­ma­gert, so wer­den die Ein­nah­men in San Die­go ihn schon bald wie­der auf­schwel­len las­sen.



Die Kü­che ist ganz aus­ge­zeich­net und der in den Ho­tels von New York und San Fran­zis­ko weit über­le­gen, und die Spei­sen wer­den hier in und auf elek­tri­schen Öfen be­rei­tet, die eine sehr ge­naue Re­ge­lung der Hit­ze er­mög­li­chen. Auf die Sup­pe mit kon­ser­vier­ten Aus­tern, die Fri­cassés, den Sel­le­rie und den hier stets auf­ge­tisch­ten Rha­bar­ber­ku­chen fol­gen ganz fri­sche Fi­sche, Rumps­teaks von un­ver­gleich­li­cher Zart­heit, Wild, das je­den­falls den Prä­ri­en und Wäl­dern Ka­li­for­ni­ens ent­stammt, und Ge­mü­se, die aus den in­ten­si­ven Kul­tu­ren der In­sel selbst her­rüh­ren. Als Ge­tränk gibt es nicht das in Ame­ri­ka all­ge­mein ge­bräuch­li­che Eis­was­ser, son­dern ver­schie­de­ne Bie­re und Wei­ne, die für die Kel­le­rei­en von Mil­li­ard City aus den Ge­län­den von Bur­gund, Bor­deaux und des Rheins, na­tür­lich mit ho­hen Kos­ten, be­zo­gen wa­ren.



Die­ses Menü bringt un­se­re Pa­ri­ser auf an­de­re Ge­dan­ken. Vi­el­leicht be­trach­ten sie das Aben­teu­er, in das sie ge­ra­ten sind, schon un­ter güns­ti­ge­rem Lich­te. Be­kannt­lich ha­ben ja alle Or­che­s­ter­mu­si­ker einen gu­ten Zug. Was aber bei de­nen na­tür­lich er­scheint, die bei der Hand­ha­bung von Blas­in­stru­men­ten ihre Lun­ge tüch­tig an­stren­gen, ist we­ni­ger zu ent­schul­di­gen bei de­nen, die Streich­in­stru­men­te spie­len. Doch gleich­viel: Yver­nes, Pin­chi­nat, selbst Fras­co­lin fan­gen an, das Le­ben ro­sen­rot und in die­ser Stadt der Mil­li­ar­däre selbst gold­far­big zu se­hen. Nur Sé­bas­ti­en Zorn al­lein wi­der­steht der Ver­su­chung und lässt sei­nen In­grimm nicht durch die feu­ri­gen Ge­wäch­se Frank­reichs er­trän­ken.



Kurz, das Quar­tett ist be­merk­bar »an­ge­haucht«, wie man im al­ten Gal­li­en sagt, als die Stun­de kommt, die Rech­nung zu ver­lan­gen. Von dem Ober­kell­ner des Ho­tels, der in schwar­zer Klei­dung er­scheint, wird sie Fras­co­lin, als dem Kas­sie­rer, ein­ge­hän­digt.



Die zw