Gestalttherapie mit Gruppen

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Der therapeutische Prozess in der Gruppe
Landkarte für Veränderungsprozesse in der Gruppe

Als Gestaltgruppenleiter habe ich eine innere Landkarte, wie Veränderungsprozesse vonstatten gehen, was sie begünstigt und was sie eher blockiert.


Abb. 6

Aufbau einer therapeutischen Beziehung

Die wichtigste Voraussetzung für Veränderung ist der Aufb au einer Beziehung zwischen mir und jedem einzelnen Gruppenteilnehmer und zwischen den Gruppenteilnehmern untereinander. Ein gelungener Aufb au von authentischen gleichberechtigten Beziehungen hat für sich bereits hohen therapeutischen Wert.

Was beinhaltet dieser Aufb au einer Beziehung? Meine Intention ist es, jedem Gruppenteilnehmer mit wachem Interesse und Neugier zu begegnen. Meine Bewertungen, diagnostische Vorannahmen, und Gefühlsreaktionen nehme ich zunächst wahr. Den Großteil davon speichere ich, wobei etwas davon natürlich in meine jeweilige Interaktion mit dem Gruppenteilnehmer mit einfließt.

Durch meine anfängliche Zurückhaltung und grundsätzliche Akzeptanz versuche ich eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Gruppenteilnehmer sicher genug fühlen, sich so zu entdecken und zu zeigen, wie sie sind. Wichtig ist mir, eine Gruppenkultur zu schaffen, in der Unterschiedlichkeit Platz hat, ja sogar kultiviert wird. In der es kein richtiges und falsches Verhalten gibt.

Dies ist natürlich ein paradoxes Vorhaben, da auch unser Bewerten und Beurteilen Teil unserer Menschlichkeit sind. Wir können nicht umhin, zu bewerten und zu urteilen. Dies sind lebensnotwendige Fähigkeiten auch für unsere sozialen Zusammenhalte und sie kommen in jeder Gruppe zum Tragen. Gruppen, in denen sich alle miteinander wohl fühlen, haben einen besseren Zusammenhalt als solche, in denen starke Spannungen und Abneigungen zwischen einzelnen Gruppenteilnehmern oder dem Gruppenleiter gegenüber bestehen.

Entscheidend ist meine Handhabung von Bewertungen. Kann ich sie zurückhalten, einklammern, in Neugier umwandeln? Kann ich sie therapeutisch als Feedback nutzen (vgl. Kapitel »Feedback geben«)? Wie kann ich andere Gruppenteilnehmer darin unterstützen, eine Form für ihre eigenen Bewertungen zu finden, die förderlich für einen Beziehungsaufb au zu anderen Gruppenteilnehmern sind?

Wichtig für den Aufb au einer Beziehung zu den einzelnen Gruppenteilnehmern ist für mich auch, mich so klar und transparent wie möglich und nötig zu zeigen. Meine anfänglichen Vorannahmen und Vermutungen über die Gruppenteilnehmer gilt es zunächst als solche bewusst wahrzunehmen. Im Laufe der Zeit werden sie dann entweder widerlegt oder bestätigt.

Der Aufb au einer tragfähigen therapeutischen Beziehung ist gelungen, wenn die Gruppenteilnehmer Vertrauen gewonnen haben, sich zur Gruppe zugehörig fühlen, sie ihnen wichtig geworden ist und von innen heraus ein Gefühl von gegenseitiger Verbindlichkeit gewachsen ist.

Der Aufb au einer tragfähigen therapeutischen Beziehung zu allen Gruppenteilnehmern ist oft ein langwieriger Prozess und meist gelingt er nicht zu jedem Gruppenteilnehmer.

Kontakt und dessen Vermeidung

Eng verbunden mit dem Aufb au einer therapeutischen Beziehung ist meine Fähigkeit als Gruppenleiter, dem jeweiligen Gruppenteilnehmer kontaktvoll zu begegnen. Kontaktfähigkeit hat in der Gestaltsprache eine andere Bedeutung als umgangssprachlich. Jemand, der gemeinhin als kontaktfreudig bezeichnet wird, kann aus Gestaltsicht durchaus als kontaktgestört bezeichnet werden. Gestalt definiert Kontakt als die Fähigkeit, in einer Situation oder Begegnung vollständig präsent zu sein mit allem, was uns ausmacht: unsere Empfindungen, Wahrnehmungen, Bedürfnisse und Anliegen, Körperlichkeit, Gefühle, innere Bilder, Gedanken und Ausdrucks- und Handlungsfähigkeit.

Innerhalb der Gruppe haben die Teilnehmer unzählige Möglichkeiten, bewusster wahrzunehmen, wie sie Kontakt aufnehmen oder vermeiden und mit anderen Möglichkeiten zu experimentieren. Als Gruppenleiter lasse ich ganz gezielt Kontaktfunktionen üben – entweder in der Interaktion zwischen zwei Teilnehmern oder als Übung in der Gesamtgruppe (vgl. im Anhang »Vorschläge für Experimente und Gruppenaktivitäten«).

Das Wort ›Übung‹ erweckt vielleicht den Eindruck, dass es sich um ein Training handelt. Lang genug geübt, kann es dann bald jeder. Das ist nicht der Sinn dieser Übungen. Im Gegenteil, es ist fast immer zu erwarten, dass dabei Widerstände auftreten. Oder auch, dass Teilnehmer etwas gekonnt haben, es ihnen aber sehr fremd ist und als Erfahrung nicht in den Alltag integriert, sondern als zu Gestaltgruppen zugehörig abgespalten wird. Auch hier ist eine nicht-wertende Bestandsaufnahme der Kontaktfunktionen zunächst ausreichend sowie ein Vertrautwerden mit dem eigenen Kontaktstil und eine Neugierde für dessen Vor- und Nachteile.

Widerstand und offene Gestalten

Wie schon erwähnt, erwarte ich als Gruppenleiter Widerstände gegenüber meinen Anregungen, etwas vielleicht Neues auszuprobieren. Widerstand gegen neue Erfahrungen und Veränderung ist normal und zeugt zunächst von psychischer Gesundheit. Das Festhalten an Altem und Vertrautem gibt mir das Gefühl von Sicherheit, Kontinuität und Identität.

Bevor ich etwas Neues ausprobiere, ist es sinnvoll, zunächst innezuhalten und die Konsequenzen abzuwägen und nachzuspüren, ob ich genügend Stützung (orig.: »support«) habe, um dieses Wagnis einzugehen (Laura Perls 1989.) Bevor ich mich auf eine neue Erfahrung einlasse, muss ich bereit sein, Altes loszulassen, mit manchmal weitreichenden, vorher unbekannten Auswirkungen. Widerstand gegen Veränderung schützt unser Selbst vor Desintegration.

Aufgezwungene Veränderungen können traumatisch wirken. Die neuen Erfahrungen können überwältigend und nicht integrierbar sein.

Diese Widerstände sind vom Gruppenleiter oder Gruppenteilnehmern oft nicht nachvollziehbar, weil anscheinend Leichtes erwartet wird. Widerstände haben aber immer diese schützende Funktion und müssen als solche gewürdigt werden. Hier ist es wichtig, dass der Gruppenleiter eingreift, wenn Gruppenteilnehmer Druck auf ein Gruppenmitglied ausüben, sein Verhalten zu verändern, auch wenn es im Gewand des »Wir wollen doch nur dein Bestes« getan wird.

Von der Angst zur Erregung

Beeinträchtigend für die psychische Gesundheit wird Widerstand dann, wenn das Individuum in seiner Funktionsfähigkeit stark eingeschränkt oder gesundheitlich gefährdet ist, das Gefühl von Eingeengtheit und Unzufriedenheit vorherrscht und immer wieder Schwierigkeiten im Beruf und Privatleben entstehen. Chronischer Widerstand gegen bestimmte Verhaltens- und Ausdrucksweisen deuten immer auf nicht verarbeitete Ereignisse aus der Biographie (dort und damals) des Gruppenteilnehmers hin.

Diese offenen Gestalten können jetzt in der Gruppe in den Vordergrund kommen. Sie können lebendig erinnert, erzählt und inszeniert werden, unterbrochene Impulse, zurückgehaltene Emotionen, verwehrte – nicht erfüllte –Bedürfnisse können ins Bewusstsein kommen und zusammen mit der Gruppe kann diese Erfahrung zu einem Abschluss gebracht werden.

Dieser Abschluss unterscheidet sich von der ehemals offenen Gestalt dadurch, dass etwas Neues hinzugekommen ist, eine neue Handlungs- und Ausdrucksmöglichkeit, neue Gefühle, Körperempfindungen und Verständnis. Der Gruppenteilnehmer ist an der reinszenierten Erfahrung gewachsen und zwar ganzheitlich mit Leib, Seele und Verstand. Manche offenen Gestalten brauchen viele Reinszenierungen, bis sie verdaut sind und der Klient sie auf unterschiedlichsten Ebenen gemeistert hat. Dann kann dieses Ereignis in den Hintergrund treten, und der Klient hat neue Fähigkeiten erlernt, mit ähnlichen Situationen umzugehen und braucht sie nicht mehr aus Angst zu vermeiden.

Im Unterschied zur Therapie im Einzelsetting bietet die Gruppe dem Einzelnen große Unterstützung bei diesem Wagnis, sie fühlt und denkt mit, fängt auf, ermutigt, tröstet, hat Nachsicht, feuert an, ist berührt und betroffen, ungeduldig, begeistert, überrascht, enttäuscht, gelangweilt, neugierig usw. Dieses weitgefächerte Spektrum an Resonanz durch die Gruppe hilft dem Klienten, sich seinem inneren Konflikt zwischen Angst vor dem Neuen und Erregung zu stellen.

Einerseits kann er die Angst, die sonst eher im Hintergrund wirkt, bewusster wahrnehmen, durchdringen, sich zu eigen machen, mit jeder Faser seines Körpers spüren und klar formulieren. Indem er sich mit seiner Angst zeigt, sie ausdrückt und an andere wendet, begibt er sich aus seiner bisherigen Isolation und kann sich von der Gruppe getragen fühlen. Auch kann er jetzt lernen, sich selbst zu stützen, körperlich durch Atem, Zentrierung, Erdung, Erforschung seiner Katastrophenängste, kritisches Hinterfragen seiner Introjekte, Bewusstwerdung seiner Ressourcen usw.

Andererseits kann er jetzt auch seine Erregung ins Bewusstsein kommen lassen, die er bisher gut gedrosselt hatte. Der Klient kann spüren, dass er gerne laut schreien möchte, oder sich einmal gewünscht hätte, dass sein Vater sich ihm freundlich interessiert zugewandt hätte, oder dass er gerne ein anderes Gruppenmitglied gestoppt hätte, sich weiter über ihn lustig zu machen usw.

Diese mit Erregung wahrgenommenen Handlungsimpulse können sich auf das Hier-und-Jetzt des Gruppenlebens beziehen oder auf Ereignisse im Dort-und-Jetzt (das momentane Leben des Klienten außerhalb der Gruppe) oder Ereignisse im Dort-und-Damals (aus dem in der Vergangenheit liegenden Leben des Klienten außerhalb der Gruppe). Im Allgemeinen scheint es für Klienten weniger angstbesetzt zu sein, sich Themen des Dort-und-Jetzt und Dort-und-Damals zuzuwenden.

 

Den größten Widerstand erwarte ich als Gruppenleiter bei Themen, die das Hier-und-Jetzt des Gruppenlebens betreffen. Es kommt oft Verlegenheit auf, die vielleicht überspielt wird, um trotzdem etwas tun zu können, was der Gruppenleiter vorschlägt. Besonders zu Anfang einer Gruppe fällt es den Gruppenmitgliedern schwer, mit all ihrer Erregung in Kontakt mit anderen zu gehen. Selbst eine anscheinend leichte Aufgaben, wie sich eine Person in der Gruppe auszusuchen, die man besonders sympathisch findet und es ihr in der Gruppenöffentlichkeit mitzuteilen, stößt anfänglich meist auf großen Widerstand.

Die Erregung in spontanes Handeln einfließen lassen

Wenn beiden Seiten des inneren Konflikts zwischen Erregung einerseits und Angst andererseits genug Raum gegeben wurde und der Klient sich mit beiden Seiten ausreichend vertraut machen und identifizieren konnte, ist es an der Zeit für ihn, sich zu entscheiden. Dafür sind Druck oder Manipulation von außen unnötig, denn dies macht er bereits selbst zur Genüge. Allerdings kann ich als Gruppenleiter mit ihm erforschen, welche Unterstützung er noch braucht, um den nächsten Schritt in eine unbekannte, aufregende und angstbesetzte Daseinsweise zu nehmen.

Wir könnten zusammen ein Experiment erfinden, quasi als Probehandlung. Ich könnte auf der energetischen körperlichen Ebene Interventionen erfinden die helfen, die Erregung in Ausdruck und Handlung fließen zu lassen (vgl. »Vertiefung der Selbsterfahrung durch Körperarbeit«, Kapitel »Mitten drin – einige allgemeine Prinzipien«). Dabei kann ich die gesamte Gruppe mit einbeziehen, was auch den Vorteil hat, dass mehrere Gruppenteilnehmer gleichzeitig – nebenbei für sich – ihr ähnliches Thema erforschen können, ohne sich auf passives Zuhören reduzieren zu müssen.

Meiner Erfahrung nach handelt es sich dabei aber in den wenigsten Fällen um explosionsartige emotionale Ausbrüche oder große qualitative Sprünge im Verhalten, wie es in der früheren Gestaltliteratur beschrieben wird. Es sind von außen gesehen kleine Veränderungen, die spontan stattfinden und oftmals den Urheber selbst überraschen, da sie anscheinend unwillentlich, nicht forciert passieren.

Gruppenteilnehmer wissen dies oft mehr zu würdigen als ich, wohl weil sie näher dran sind und wissen, wie viel Mut selbst kleine Veränderungsschritte brauchen. Für den Klienten ist es von unschätzbarem Wert, wenn ihr Mut von den anderen Gruppenmitgliedern besonders hervorgehoben wird und sie dafür wohlwollende Anerkennung erhalten. Dieses spontane Lob, oft mit Neid gepaart, spornt den Klienten an, diese kleinen Veränderungsschritte zu wiederholen und auszubauen.

Die Erfahrung aus der Gruppe in den Alltag übertragen

Damit das Leben in einer Therapiegruppe nicht nur zu einem tröstlichen Ersatz für das unbefriedigende eigene Leben außerhalb der Gruppe wird, ist es wichtig, dass Gruppenteilnehmer die Erfahrungen aus der Gruppe in ihren Alltag übertragen lernen. Eine nicht immer leichte Aufgabe.

Oft ist der Kontrast zwischen dem Hier-und-Jetzt in der Gruppe zu dem Dort-und-Jetzt groß, eine als unüberwindbar und schmerzlich erlebte Kluft. Allein schon diese Tatsache in der Gruppe anzusprechen und zuzugeben ist oft schambesetzt. Diese Scham, manchmal auch stille Verzweiflung, zu überwinden, hilft oft die Tatsache, dass die anderen Gruppenmitglieder Ähnliches erleben und sich ebenfalls vor diese schwierige Aufgabe gestellt sehen.

Nehmen wir an, dem Gruppenmitglied Alina ist es zunächst in einer Reinszenierung für ein anderes Gruppenmitglied (also stellvertretend für jemand anderen) gelungen, ihr Bedürfnis laut und klar anzumelden, dass auf ihre Wünsche mehr eingegangen wird.

Dann, als nächste Herausforderung, hat sie es auch im direkten Kontakt mit einem anderen Gruppenmitglied geschafft, einen Wunsch klar zum Ausdruck zu bringen, hat einen daraus entstandenen Konflikt erfolgreich durchgestanden und ihr Bedürfnis gut durchgesetzt. Für Alina ungewohnte Erfahrungen, an denen sie aber Geschmack gefunden hat. Sie hat eine Ahnung davon bekommen, wie viel erfüllter ihr Leben aussehen kann, wenn ihr das im Alltag öfter gelingen könnte.

Doch jetzt sind die Bedingungen erschwert. Zum einen, weil Alinas Umwelt daran gewöhnt war, dass sie ihre Bedürfnisse eher hintanstellt und – wenn überhaupt – nur indirekt anmeldet. Sei es auf der Arbeit, wo sie bisher immer leise murrend Überstunden und mitunter unzumutbare Arbeitsbedingungen hinnahm, da sie schlecht Grenzen setzen konnte. Alina könnte jetzt für ihren Arbeitgeber unbequem werden.

Zum anderen kommen bei Alina jetzt auch Existenzängste ins Spiel: »Werde ich meinen Arbeitsplatz verlieren, wenn ich klarer und selbstbewusster meine Grenzen setze?« Und: Es ist natürlich verlockend und aufregend, die Grenzen neu zu testen.

Auch im Privatleben merkt Alina deutlicher, wie oft sie sich zurücknimmt und ihr Partner dies als selbstverständlich voraussetzt. Hier kommt es unweigerlich auch in der Partnerschaft zu Unruhe. Alina wird häufig auf Widerstand beim Partner stoßen, wann immer sie für ihre eigenen Bedürfnisse eintritt. Es wird Auseinandersetzungen und Kampf geben. Wer gibt schon gerne liebgewonnene Privilegien und Verhaltensmuster auf?

Partnerschaften und auch Freundschaften geraten aus den Fugen, wahrscheinlich waren sie schon vorher für Alina unbefriedigend, wenn auch nur diffus und der Zusammenhalt von konfluenter Natur. Auch hier können Existenzängste ganz anderer Art auftreten. »Wird sich mein Partner von mir trennen oder ich mich von ihm? Werde ich all meine Freunde verlieren? Werde ich die Einsamkeit und das Alleinsein ertragen können?«

Diese Ängste können so groß sein, dass sie sie lähmen und es Alina nicht gelingt, die in der Gruppe gemachten Erfahrungen in ihren Alltag zu transferieren.

Die Angst vor Veränderung kann natürlich auch gegenteiliger Art sein:

• Kann ich es aushalten, mich mehr zurückzunehmen?

• Kann ich außerhalb der Gruppe überhaupt Intimität zulassen und verbindliche Beziehungen aushalten?

Wichtig ist, dass der Gruppenleiter mit diesen Transferschwierigkeiten rechnet und sie in der Gruppe zum Thema werden können. Hierzu dienen vor allem die Anfangs- und Endrunden. Für die Eingangsrunde kann mit folgenden Fragen an das letzte Gruppentreffen angeknüpft werden:

• Wie hat das, was ihr das letzte Mal in der Gruppe erlebt habt, in eurem Alltag nachgewirkt?

• Was ist seit unserem letzten Treffen passiert, das ihr den anderen und mir mitteilen wollt?

• Gibt es etwas, das für euch noch offen geblieben ist, das euch noch nachhaltig beschäftigt hat?

• Und natürlich auf diesem Hintergrund: Was ist euer Anliegen heute Abend in dieser Gruppe?

Für die Abschlussrunde eines jeden Treffens ist es für die Teilnehmer hilfreich zu formulieren:

– was ihnen wichtig war.

– was sie bewegt und berührt hat.

– was sie inspiriert und ihnen gut getan hat.

– was ihnen vielleicht auch nicht gefallen hat.

– was sie auf irgendeine Weise unangenehm berührt oder unzufrieden gemacht hat.

– ob das Anliegen, mit dem sie heute Abend in die Gruppe kamen, erfüllt wurde.

– was sie eventuell als Hausaufgabe mitnehmen wollen, etwas, das sie in ihrem Alltag ausprobieren wollen oder auf das sie bewusst ihre Aufmerksamkeit lenken wollen.

Meine Erfahrung als Gruppenleiterin ist, dass im Anfangsstadium einer Gruppe ihre Teilnehmer oftmals gegen eine Kontinuität der Gruppenerfahrung arbeiten und auch wenig Interesse am Transfer ihrer Erfahrungen in ihren Alltag haben. Dadurch entsteht leicht eine scheinbar zusammenhangslose Reihe von separaten Gruppenepisoden, die zunächst im luftleeren Raum zu schweben scheinen. Wie eine Oase in der Wüste, die sich allerdings beim Näherkommen als Fata Morgana entpuppen wird.

Begünstigt wird diese Gruppenkultur durch eine (häufig falsch verstandene) Betonung des Hier-und-Jetzt-Prinzips, eine der wesentlichen Merkmale der Gestalttherapie. Vielleicht sind wir in unserer Kultur auch so sehr an eine Fragmentierung unserer Erfahrung gewöhnt, dass ein Gewahrsein für unser gesamtes Dasein mit all ihren Brüchen und zum Teil widersprüchlichen Anforderungen uns fremd ist, Unwohlsein und damit Widerstand erzeugt.

In der Gestaltarbeit gilt es, die Integrationsfähigkeit unserer vielfältigen Erfahrungen zu fördern. Für Alina würde das bedeuten, dass sie aufgrund ihrer neuen Erfahrungen in der Gruppe testen kann, ob sie sich auch in ihrem Beruf und ihrem Privatleben mehr Gehör für ihre Bedürfnisse verschaffen kann. Sie wird dabei die Entdeckung machen, dass sie je nach Kontext unterschiedlich vorgehen und ihre Kontaktfähigkeit noch weiter differenzieren muss. Auch hierfür kann sie zunächst die Gruppe nutzen (vgl. Kapitel «Das kreative Potenzial der Gruppe nutzen«).

Zum Abschluss möchte ich noch betonen, dass es sich bei meinen Ausführungen um einen idealtypischen Verlauf des Gruppengeschehens handelt. Die einzelnen Phasen sind nie so klar voneinander abgetrennt, noch befolgen sie immer die beschriebene Reihenfolge. Sie bedingen sich gegenseitig und werden immer wieder aufs Neue durchlaufen.

Diese Landkarte dient mir auch zur Orientierung, wenn Gruppenteilnehmer auf der Stelle treten und sich nicht verändern. Mit ihrer Hilfe kann ich überprüfen, wo ich vom Weg abgekommen bin und was ich übersehen oder übersprungen habe.

Ich, Du und Wir im Gruppenprozess

Was ist das Besondere an der Gestaltarbeit mit Gruppen im Unterschied zu der im Einzelsetting? In einer Gruppe werden gleichzeitig Prozesse stimuliert, die zwar alle wirken, aber nur wenige davon werden transparent und in der Gruppe zum Ausdruck gebracht. Das Geschehen in einer Gruppe lässt sich weniger kontrollieren. Die Quellen der dynamischen Kräfte, die in der Gruppe wirken, werden sich mehr meiner Kenntnis entziehen als im Einzelsetting.

Andererseits kann ich mehr auf den Selbstregulierungsprozess der Gruppe vertrauen. Die Gruppenteilnehmer werden sich untereinander in ihren Wahrnehmungs- und Wachstumsprozessen unterstützen können. Wichtige Impulse für Veränderung gehen von anderen Gruppenteilnehmern aus. Ich habe oft nur die Rolle der Moderatorin und Impulsgeberin. Ich halte zu den meisten Teilnehmern mehr Distanz als im Einzelsetting.

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