Rückkehr zu Gott

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

256 Vgl. Grundmann 1977, 421.

257 Grundmann 1977, 420f.

258 Vgl. Grundmann 1977, 421f.

259 Vgl. Schweitzer 1981, 127.

260 Siehe auch McGinn 2008, 94 – 145; Utz Tremp 2008, 354 – 382; Schweitzer 1981, 113-129.

261 Grundmann 1977, 423.

262 Vgl. Bonifatius VIII., Bulle „Saepe sanctam Ecclesiam“, 1. August 1296, DH 1991, Nr. 866 Konstitution „Ad nostrum qui“, Konzil von Vienne 1312, DH 1991, Nr. 891 – 899.

263 Vgl. Schweitzer 1981, 125.

264 Vgl. McGinn 2008, 122ff.; Schweitzer 1981, 123.

265 Bei allen folgenden Aussagen dürfenwir nicht vergessen, dass die Aussagen aus Protkollen der Inquisition stammen.

266 Vgl. Wattenbach 1887, 517-544 (Zit. n. Schweitzer 1981, 123 – 129).

267 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 529ff. (Zit. n. Schweitzer 1981, 123).

268 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 529ff. (Zit. n. Schweitzer 1981, 124).

269 Hofmann 1966, 16.

270 Hofmann 1966, 16.

271 Hofmann 1966, 17f.

272 Mehr zu Seuses „Buch der Wahrheit“ und der freigeistigen Lehre: Siehe den zweiten Teil, viertes Kapitel, besonders VI.

273 Seuse BdW, Sturlese (Hg) 1993, 58,48f.: „In sime ewigen nihte ze nihte ist worden.“

274 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 534f. (Zit. n. Schweitzer 1981, 128).

275 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 531 (Zit. n. Schweitzer 1981, 126).

276 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 532 (Zit. n. Schweitzer 1981, 126).

277 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 535 (Zit. n. Schweitzer 1981, 126).

278 Johann von Brünn, in Wattenbach 1887, 533 (Zit. n. Schweitzer 1981, 127).

279 Vgl. Seuse, BdW, Sturlese (Hg) 1993, 58,42f.f.: „Ein ledigú friheit sol dem allem sament undergan und es alles verahten“ („Eine ungebundene Freiheit soll über all das hinwegsehen und es verachten“).

280 Vgl. Seuse, BdW, Sturlese (Hg) 1993, 56,20: „ In lediger friheit.“

281 Seuse, BdW, Sturlese (Hg) 1993, 56,23f.: „Da der mensch nach allem sinen mûtwillen lebet sunder anderheit, ane allen ablik in vor und in nach.“

282 Vgl. Grundmann 1977, 424.

283 Grundmann 1977, 424153: Im Gutachten Alberts heißt es: „I 59: homo equatur patri et transcendit filium. – I 58: homo potest fieri altior filio dei.“

284 Seuse, BdW, Sturlese (Hg) 1993, 62,106f.: „Ein in soelicher mensche wúrke alles, daz Cristus wurkte.“

285 Seuse, BdW, Sturlese (Hg) 1993, 64,123f.: „Daz alles, daz Cristo si gegeben, daz si och mir gegeben.“

286 Vgl. Lea Bd. 2, 1997, 404; Grundmann 1977, 424 – 428; Hofmann 1966, 27ff.

287 Vgl. Grundmann 1977, 428167: Alberts Gutachten: „I 94: Homo in vita sic proficere potest, ut impeccabilis fiat; I 21: aliquis pervenit ad hoc, quod non possit peccare; I 24: Homo unitus deo peccare non potest; II 4: Quod homo possit ita uniri deo, quod quidquid de cetero faciat, non peccat.“

288 Grundmann 1977, 430174: Alberts Gutachten: „I 74: Homo potest fieri deus et deo non indigere; I 11: aliquis venit ad hoc, quod deo non indigeat; I 19: Homo non est bonus nisi dimittat deum propter deum; I 70: Quod homo super deum possit ascendere; II 30: Quod sunt in apice divinitatis.“

289 Vgl. Grundmann 1977, 428.

290 Vgl. Hofmann 1966, 19; Vgl. Grundmann 1977, 430174: Alberts Gutachten: „I 72: Ei, qui admittitur ad amplexus divinitatis, datur potestas faciendi quod vult.“

291 Vgl. Hofmann 1966, 20 – 29.

292 Vgl. Schweitzer 1981, 113 – 129; Grundmann 1977, 429; Hofmann 1966, 20.

293 Vgl. Hofmann 1966, 21.

294 Vgl. Lea Bd. 2, 1997, 404.

295 Vgl. u.a. dritter Teil, sechstes Kapitel, I,2.

296 Grundmann 1977, 437.

297 Grundmann 1977, 437.

298 Zur Inquisition: Siehe Angenendt 2007, 232 – 371; Ders. 2005, 196 – 201. Im Jahr 2000 veröffentlichte das deutsche Provinzkapitel der Dominikaner folgende Erklärung zur Beteiligung des Ordens an den Inquisitionsverfahren: „Deutsche Dominikaner waren nicht nur in die Inquisition verstrickt, sondern haben sich aktiv und umfangreich an ihr beteiligt. ... Wir empfinden dies als ein dunkles und bedrückendes Kapitel unserer Geschichte ... Folter, Verstümmelung und Tötung haben unendliches Leid über zahllose Menschen gebracht; deutsche Dominikaner haben dazu, neben anderen, die Voraussetzung geschaffen. Die Geschichte dieser Opfer ... können wir nicht ungeschehen machen. Wiedergutmachung ist unmöglich. Uns bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung. Wir wissen, dass der Geist von Inquisition und Hexenverfolgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender – auch heute latent oder offen in Kirche und Gesellschaft, unter Christen und Nicht-Christen lebendig ist. Dem entgegenzutreten und sich für eine umfassende Respektierung der Rechte aller Menschen einzusetzen, ist unsere Verpflichtung, die wir Dominikaner den Opfern von Inquisition und Hexenverfolgung schulden.“

299 Vgl. Ruh 1989, 192f.

300 Dinzelbacher 1994, 293. Vgl. Ruh 1989, 192f.

301 Vgl. Meister Eckhart, LW V, 2007; DH 1991, Nr. 950 – 980; Ruh 1989, 184. Zum Prozess gegen Meister Eckhart: Siehe auch Trusen 1988; Ruh 1989, 168 – 187; Ders. 1996, 243 – 257.

Fünftes Kapitel
Laienbruderschaften und die Wende in der Einstellung zu den religiösen Bewegungen unter Innozenz III. (1198-1216)

Zu den religiösen Bewegungen gehörten – neben neuen Orden – auch zahlreiche religiöse Laienbruderschaften, kleine Genossenschaften z.B. für Krankenpflege (Spitalorden) und verwandte Zwecke.302 Am Beispiel der Humiliaten zeigt sich der Wandel in der Einstellung der Kirche zu den religiösen Laienbewegungen.303

I. Die Humiliaten – Verketzerung und Versöhnung

Die Humiliaten in der Lombardei (Mailand) waren eine Bruderschaft von Handwerkern (Wollwebern und Tuchmachern), die im Gegensatz zu vielen Gemeinschaften von Wanderpredigern innerhalb eines bürgerlichen Daseins ein Leben nach dem Evangelium führen wollte. Konkret sah deren Leben so aus:

„Vermeidung des Kleiderluxus, Erwerb des Lebensunterhalts durch Handarbeit, Enthaltung von Wucher und Rückgabe von unrecht erworbenem Gut, Abgabe überschüssiger Einkünfte als Almosen an die Armen, Einhaltung der Ehepflichten, und ein friedfertiges sittenreines Leben in Demut, Geduld und Liebe.“304

Wie Waldenser und Katharer lehnten auch die Humiliaten den Eid ab und wollten ihren Mitgliedern das Schwören ganz verbieten.305 Mit ihrem Lebensstil nach dem Evangelium wollten sie den ketzerischen Sekten entgegenwirken und den katholischen Glauben verteidigen. Diese Zielrichtung „tritt bei den Humiliaten zuerst deutlich hervor.“306 Dennoch wurden sie – wegen ihrer evangelischen Lebensform – selbst der Ketzerei bezichtigt. Deshalb begab sich – gleichzeitig wie die Waldenser – eine Abordnung der Humiliaten nach Rom, um die Erlaubnis für ihre Lebensweise zu bekommen und von den Verdächtigungen freigesprochen zu werden. Zugleich baten sie um Genehmigung, gegen die Irrlehren predigen und öffentliche Versammlungen abhalten zu dürfen. Papst Alexander III. (1159 – 1181) genehmigte 1179 zwar deren Lebensform, verbot allerdings – wie auch den Waldensern – die Predigt und öffentliche Versammlungen.307 Die Humiliaten waren jedoch nicht dazu bereit, das Predigen zu unterlassen bzw. das Versammlungsverbot zu befolgen. Ein Teil der Humiliaten ging daraufhin zu den Waldensern über und wurde von Papst Lucius III. (1181 – 1185) 1184 als Ketzer exkommuniziert.

Erst Innozenz III. (1198 – 1216) erkannte die Bedeutung der religiösen Bewegungen für die Kirche.308 Unter seinem Pontifikat kam es endlich zur Versöhnung mit den romtreuen Humiliaten (aber auch mit Teilen der Waldenser309). Dieser Teil der Humiliaten wurde 1201 als regulierter Orden bestätigt.310 Innozenz versuchte mit Beginn seines Pontifikats,

„die Kluft zwischen der religiösen Bewegung und der hierarchischen Kirche zu überbrücken..., indem er der Forderung der apostolischen Wanderpredigt und der evangelischen Armut Wirkungsmöglichkeiten innerhalb der Kirche selbst zugestand, sofern nur dabei die rechtgläubige Lehre unangetastet und die päpstliche und hierarchische Autorität grundsätzlich anerkannt blieb.“311

Damit wurde das Bekenntnis zur apostolischen Armut und Predigt nicht mehr grundsätzlich mit Ketzerei identifiziert. Zugleich war es Anhängern dieser Bewegung möglich, innerhalb der Kirche wirksam zu sein. Diese neue Politik des Papstes begann mit den Verhandlungen und der Versöhnung mit den Humiliaten, mit einigen Gruppen der Waldenser und führte schließlich zur Förderung der neuen Bettelorden (Franziskaner und Dominikaner).312 Vor allem an den Dominikanern wird die neue Gangart des Papstes offenbar: Die Prediger sollten auf gleiche Weise wie die Ketzer auftreten, als arme Wanderprediger, und sie argumentativ und durch ein glaubwürdiges Leben zur Rückkehr in die Kirche bewegen.313

 

Die ethische Maxime der Humiliaten wurde – wie bereits von Alexander III. – anerkannt. Innozenz erlaubte nun aber auch öffentliche Versammlungen und sogar die Predigt. Zwar galt weiterhin die Erlaubnis der Bischöfe als Voraussetzung, doch Innozenz forderte ausdrücklich, „diese Erlaubnis nicht zu verweigern.“314 Um die Erlaubnis zur Predigt zu ermöglichen, wurde zwischen Sittenpredigt und dogmatischer Glaubenspredigt unterschieden. Der Papst erlaubte den Humiliaten fortan die Sittenpredigt über das praktische religiöse Leben.315 Dadurch blieb der Grundsatz,

„dass niemand predigen dürfe, der nicht dazu ordiniert sei, ... gewahrt, aber er wurde wesentlich modifiziert, dass zum ersten Male eine Laiengemeinschaft die päpstliche Vollmacht erhielt, ihre eigenen Prediger aufzustellen – ein Ereignis von weittragender Bedeutung für die Zukunft.“316

Eine weitere große Aufgabe war, eine Gemeinschaft, die inzwischen aus Kanonikern, Mönchen und Laien bestand, zu einem gemeinsamen kirchenrechtlichen Verband zusammenzuschließen. Es musste zunächst eine neue Form gefunden werden.317 Die Humiliaten lebten, nach Abschluss der Verhandlungen (1199 – 1201), fortan als Kleriker und Chorfrauen nach der Regel des hl. Augustinus, als Klosterbrüder und Nonnen nach der Regel des hl. Benedikt sowie in einem „dritten Orden“ als Laien, die ihre bürgerliche Lebensform nicht aufgaben.318 Ab 1246 ist ein General-Minister verbürgt, der die Leitung über alle drei Zweige des Ordens hat.319

„Die große Masse der Humiliaten ... hat in den neuen kirchlich anerkannten Formen eine rege Tätigkeit entfalten können. Fünfzehn Jahre nach der Neuordnung berichtet Jakob von Vitry, dessen Blick für die Erscheinungen der religiösen Bewegung durch reiche Erfahrung geschult war, er habe in der Ketzerstadt Mailand feststellen können, dass die Humiliaten fast die einzigen sind, die der Ketzergefahr wirksam standhalten und entgegenwirken. 150 Gemeinschaftshäuser dieser frommen Männer und Frauen gab es nach seinem Zeugnis um 1216 allein im Bistum Mailand, ungerechnet die Angehörigen des 3. Ordens, die in ihren Häusern lebten; sie haben alles um Christi willen verlassen, leben von der Arbeit ihrer Hände, predigen und hören das Wort Gottes – denn sie haben vom Papst die Erlaubnis zu predigen und gegen die Ketzer zu wirken.“320

Mit der Kurie haben die Humiliaten kaum noch Schwierigkeiten gehabt. Allerdings spielten sie später auf wirtschaftlichem Gebiet, gerade in der Wollindustrie, und in der städtischen Verwaltung eine größere Rolle als innerhalb der religiösen Bewegungen.321 Für die Weiterentwicklung der religiösen Bewegungen bleiben die Humiliaten dennoch bedeutend,

„weil der Kurie mit ihnen zum ersten Male die Durchführung der dringenden Aufgabe gelungen war, die Anhänger der religiösen Bewegung … durch rechtliche Neuordnung in den Verband der Kirche einzugliedern und sie zugleich als Gegenwirkung gegen die häretische Gefahr zu benutzen.“322

II. Neue Wege in der Bekämpfung von sogenannten Sekten

Die Versöhnung mit Teilen der Waldenser erwies sich als schwieriger. Während nämlich die Humiliaten sesshaft waren, waren die Waldenser ein „Verband heimatlos wandernder Prediger ohne Besitz und Einkommen, die von den Almosen ihrer Hörer leben wollten.“323 Die Lehren der Waldenser – teilweise mit dem Katharertum vermischt – hatten sich über Länder verbreitet und waren nicht in bestimmten Städten erfassbar. Außerdem lehnten sie den Gehorsam gegenüber den Bischöfen und dem Papst ab:

„Gegen die katholische These, dass nur predigen darf, wer vom Papst oder den Bischöfen dazu ordiniert ist, erklären die Waldenser, dass nach dem Willen des Evangeliums jeder predigen dürfe, auch die Laien und sogar die Frauen, und dass es keiner kirchlichen Ordination dazu bedürfe.“324

Die Spendung der Sakramente stehe ebenso den frommen Laien offen: Jeder könne das Altarsakrament vollziehen und Beichte hören.325 Allerdings haben die Waldenser niemals völlig die Berechtigung des Priesters bestritten, Sakramente spenden zu können; sie meinten allerdings, dass die Wirksamkeit der Sakramente von der Würdigkeit („Meritum“) des Priesters abhängig sei, das heißt davon, ob dieser nach den Geboten des Evangeliums in Armut lebe. Deshalb könne im Notfall auch ein „guter Laie“ die Sakramente gültig spenden. Der entscheidende Gegensatz zwischen den Waldensern und der Kirche lag also darin:

„Nach katholischer Meinung gibt der Ordo und das Officium, nach der Meinung der Waldenser aber gibt das Meritum allein das Recht zu binden und zu lösen, zu weihen und zu segnen, die Sakramente zu verwalten und das Wort Gottes zu predigen.“326

Dementsprechend steht die Vorstellung der Waldenser von der apostolischen Nachfolge aller Laien im Gegensatz zur Idee der apostolischen Sukzession in der hierarchischen Ordnung der Kirche. Dies waren die größten Gegensätze, die es zu überwinden galt. Ansonsten aber standen die Waldenser, die sich nicht mit dem Katharertum völlig vermischt hatten, in allen

„dogmatischen Fragen ... nach wie vor auf dem Boden der Kirche und genau wie die Humiliaten haben sie, Seite an Seite mit katholischen Priestern gegen die ‚Ketzerei‘ gekämpft, das heißt gegen die dualistischen Irrlehren der Katharer.“327

Der Wandel im Umgang mit kirchlich gesinnten Waldensern und der Armutsbewegung zeigt sich erstmals 1199 in einem Brief des Papstes Innozenz an den Bischof Bertram von Metz, der diesen um Rat bat, wie mit einer Versammlung von Laien umgegangen werden solle, die – wie die Waldenser – miteinander eine französische Übersetzung der Heiligen Schrift lese, die Texte auslege und darüber predige.328 Darüber hinaus verweigerten sie den Priestern den Gehorsam in Berufung auf die Bibel, da sie glaubten, die Heilsworte besser auslegen zu können als die einfältigen Priester.329

Zunächst vertrat Innozenz den bisher offiziellen Standpunkt des Laterankonzils von 1179: Die Anmaßung des Predigtamtes durch nicht von der Kirche beauftragte Prediger sei grundsätzlich nicht gestattet. Innozenz forderte aber den Bischof auf, die Bibelübersetzungen zu prüfen und herauszufinden, woher sie stammen; außerdem soll untersucht werden, wie es um den Glauben dieser Sektierer bestellt sei.330 In einem Bericht teilte der Bischof sodann dem Papst mit, die Sektierer erklärten, sie würden auch gegen den Willen der Bischöfe und des Papstes weiterhin Versammlungen abhalten, in denen sie die Bibel auslegten und predigten, denn man müsse Gott mehr gehorchen als dem Menschen.331 Innozenz aber wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen. Aus diesem Grund schickte er drei Zisterzienseräbte nach Metz. Diese sollten prüfen, ob es sich bei den Sektierern wirklich um Ketzer handle. Diese drei Äbte entschieden später, dass die Sektierer als Ketzer zu bezeichnen seien.

Die Bekehrung der Waldenser von Metz scheiterte zwar, aber es zeigt sich gerade in deren Fall, mit welcher Zurückhaltung und Besonnenheit der Papst gegen diese religiöse Bewegung vorging:

„Konventikelbildung, unbefugte Predigt und Ungehorsam gegen die bischöflichen Anordnungen erklärt er natürlich für unerlaubt; aber damit ist für ihn die Sache nicht erledigt. Er forscht nach dem Glauben der Sektierer, nach ihrem religiösen Verhalten, ehe er eine Entscheidung darüber treffen will, ob sie Ketzer sind. In dem Brief an den Metzer Bischof hat er das programmatisch begründet: die Kirche hat gewiss die Pflicht, die Füchse zu fangen, die den Weinberg des Herrn zerstören, das heißt die Ketzer zu vernichten. Aber sie darf nicht um dieser Aufgabe willen die wahre und schlichte Frömmigkeit gefährden, das religiöse Empfinden des einfachen Gläubigen lähmen und verwirren. Sie muss sich hüten, die religiöse Einfalt der Ketzerei in die Arme zu treiben. Innozenz hatte also, wie diese Worte zeigen, seit dem Beginn seines Pontifikats die Gefahr erkannt, dass durch die starre Haltung der bisherigen Politik die ganze religiöse Bewegung zur Ketzerei werden musste. Er wollte dieser Gefahr begegnen durch eine besonnene und energische Scheidung zwischen Ketzerei und kirchentreuer religiöser Bewegung.“332

Dass die Kirche auch neue Wege in der direkten „Ketzerbekämpfung“ eingegangen war, zeigt ein Ereignis, das 1207 in Pamiers, in Südfrankreich, geschah: Dort fand nämlich eine Disputation zwischen Katholiken und Ketzern statt. Die Kirche war also inzwischen dazu übergegangen, auf friedlichem Wege die „Ketzerei“ zu bekämpfen.

III. Die Dominikaner

Einer der Initiatoren dieser Disputation war der spanische Bischof Diego von Osma (+ 1207), der auf einer Reise durch Südfrankreich (1203/04 und 1205/06) die katharische Ketzerei kennenlernte und daraufhin unermüdlich versuchte, nicht mit Gewalt sondern mit Argumenten die Ketzer vom katholischen Glauben zu überzeugen und wieder für die Kirche zu gewinnen. Diegos Begleiter und Vertrauter war der Kanoniker Dominikus Guzmán (1173/74 – 1221). Dieser gründete Jahre später den „Predigerorden“ (Dominikaner). 1234 wird Dominikus heiliggesprochen.

Dominikus Guzmán333 wurde zwischen 1173 und 1175 im kastilischen Dorf Caleruega (Spanien) geboren. Nach dem Studium der sog. „Freien Künste“ und der Theologie, trat er in das Domkapitel zu Osma ein und wurde Priester. Die Hauptaufgabe dort war die Pflege der Liturgie und die Kontemplation. Im Januar 1201 wurde Dominikus Subprior des Domkapitels. Zur Wende in seinem beschaulichen Leben kam es infolge zweier Reisen (1203/04 und 1205/06), die ihn zusammen mit Bischof Diego nach Deutschland und Skandinavien führten, um im Auftrag König Alfons´ VIII. von Spanien für den Prinzen Ferdinand um die Hand einer adeligen Dame zu werben. Während dieser Reisen lernte Dominikus in Südfrankreich die Häresie der Katharer und Waldenser sowie in Norddeutschland das heidnische Nomadenvolk der Kumanen334 kennen, die als Hilfstruppen dem böhmischen König dienten und in Thüringen schreckliche Frevel verübt hatten.335 Dominikus und Diego wollten zunächst vom Papst die Erlaubnis erhalten, den Kumanen zu predigen. Dieser erteilte ihnen jedoch 1206 den Auftrag, sich der Waldenser- und Katharermission in Südfrankreich anzunehmen. Im Auftrag des Papstes setzte sie der Bischof von Toulouse ganz offiziell als Diözesanprediger ein. In Südfrankreich angekommen, begegneten ihnen in der Nähe von Montpellier drei Zisterzienser, die völlig resigniert von ihren Bekehrungsversuchen berichteten und aufgeben wollten. Diego und Dominikus brachten jedoch eine neue Taktik für diese Mission mit:

„Apostolische Wanderpredigt zu treiben wie die Ketzer selbst, ohne den Prunk und die Machtzeichen der hierarchischen Kirche einherzuziehen, zu leben wie die Ketzer, aber zu lehren wie die Kirche.“336

Es ist nicht auszuschließen, dass Diego und Dominikus in der Frage, wie diese Irrlehren am wirksamsten bekämpft werden könnten, vom Papst die entsprechenden Anweisungen bekommen haben.337 Denn als Innozenz 1204 die Zisterzienser Arnald von Cîteaux, Petrus de Castro Novo und Radulfus, beide von Fontfroid, die zwei Jahre später völlig frustriert auf Diego und Dominikus trafen, mit der Mission gegen die Katharer beauftragt hatte, hatte er sie am Ende seines Schreibens ermahnt,

„durch ein offen sichtbares bescheidenes Auftreten alle törichten Einwände zu entkräften und in Worten und Taten alles zu vermeiden, was selbst einem Ketzer Grund zu Vorwürfen geben könnte.“338

Leider hielten sich die zisterziensischen Legaten nicht an die Ratschläge des Papstes. Diego und Dominikus dagegen beherzigten diese päpstlichen Anweisungen, als sie 1206 in Montpellier eintrafen. Dem Legaten Raoul von Fontfroid hatte der Papst in einem Schreiben vom 17. November 1206 ausdrücklich die neue Methode aufgetragen,

„geeignete Leute … zu schicken, die in Nachfolge des armen Lebens Christi in schlichter Kleidung unter die Ketzer gehen und sie durch Beispiel und Rede zurückgewinnen sollen.“339

Bischof Diego vertrat nun in Montpellier die Strategie des Papstes:

„Seht die Häretiker, wie sie unter Vortäuschung, fromm, evangelisch arm und diszipliniert zu sein, die Einfältigen überzeugen können. Wenn ihr ihnen aber das Gegenteil davon zeigt, werdet ihr wenig aufbauen, viel zerstören und nichts erreichen. Schlagt sie mit ihren eigenen Waffen, vertreibt ihre vorgetäuschte Heiligkeit durch ein echtes religiöses Leben.“340

 

Da Bischof Diego nach Spanien zurückkehren musste und dort starb (1207), übernahm Dominikus die Verantwortung für die Mission. Er fand immer mehr gleichgesinnte Gefährten, die ihm helfen wollten. So nahm im Laufe von fast zehn Jahren das Predigtwerk des Dominikus immer festere Strukturen an. Deshalb baten Dominikus und Bischof Fulko von Toulouse auf dem Laterankonzil von 1215, die neue Gemeinschaft als Orden anzuerkennen. Jordan von Sachsen (+ 1237), Nachfolger des hl. Dominikus in der Ordensleitung, schreibt in seinen Buch über die „Anfänge“ des Ordens:

„Bruder Dominikus schloss sich diesem Bischof (Fulko) an und gemeinsam gingen sie zum Konzil. Dort baten sie beide den Herrn Innozenz, dass er den Orden des Dominikus und seiner Gefährten bestätigte. Der Orden solle ‚Predigerorden‘ genannt werden und auch ein solcher sein. Ebenso sollten den Brüdern ihre Einkünfte, die sie vom Grafen (Montfort von Toulouse) und vom Bischof bekommen hatten, bestätigt werden. Nachdem sich der Bischof von Rom ihr Ansuchen angehört hatte, forderte er Bruder Dominikus auf, zu seinen Mitbrüdern zurückzukehren, um sich mit ihnen zu beraten und nach reiflicher Überlegung gemeinsam eine bereits approbierte Ordensregel auszuwählen. Wenn dies geschehen sei, solle er zum Papst zurückkehren, damit dieser alles bestätige.“341

Unter Papst Honorius III. (1216 – 1227) wurde der neue Orden – der sich für die Regel des hl. Augustinus entschieden hatte – durch die Bullen von 1216 und 1217 bestätigt. Das erste Generalkapitel des Ordens erarbeitete 1220 in Bologna die Konstitutionen des Ordens, die erst 1259 abgeschlossen wurden.342 Dominikus starb 1221 in Bologna.