Moritz von Sachsen (1521-1553)

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Moritz wollte ebenso wie Johann Friedrich beherrschenden Einfluss auf die in seiner Nähe gelegenen Bistümer und ihre unter Reichsrecht stehenden Gebiete gewinnen. Er wollte die Bistümer nicht völlig seinen Territorien einverleiben, sondern strebte an, dass sie sich als eigenständige Bereiche an ihn hielten. Er selbst wollte sie gegenüber Kaiser und König vertreten. Sie sollten nur indirekt über ihn ihre Reichsstandschaft wahrnehmen. Dem Reich wollte Moritz schriftlich erklären, dass er in Ewigkeit dem Kaiser und dem Reich nichts an Lehen oder Diensten entziehen werde.115 Damit hätten sie den gleichen Rang gehabt wie die Bistümer der habsburgischen Erblande.

Das Amt Wurzen gehörte zur weltlichen Herrschaft des Bischofs von Meißen. Die Schutzherrschaft stand beiden wettinischen Linien zu. Es war der größte Herrschaftsbereich des Bischofs von Meißen und hatte die Türkensteuer nach Wittenberg zu liefern. Am 22. März 1542 ließ Kurfürst Johann Friedrich Wurzen von ca. 180 Reitern und Knechten besetzen, um die Ablieferung der Türkensteuer nach Wittenberg zu beschleunigen. Doch ging es nicht zuerst um die Türkensteuer, die der Meißner Bischof noch nicht, wie üblich, geschickt hatte, sondern Johann Friedrich wollte seinen Machtbereich auch an dieser Stelle erweitern. Der evangelische Gottesdienst wurde eingeführt. Der Kurfürst meinte wohl, dass der ihm gleichberechtigte junge Fürst keinen Widerstand leisten werde, da es ihm um gute Nachbarschaft gehen müsse. Dem aber widersetzte sich Moritz in heftiger Form und zog wie Johann Friedrich auch Truppen zusammen. Er ließ den Adel seines Landes aufbieten. Er wollte dem Kurfürsten eine Grenze setzen und verhindern, dass Johann Friedrich den letzten Übergang über die Mulde in seine Hand bekam, an dem die Albertiner zu bestimmen hatten.

Zugleich bat Moritz Philipp von Hessen um Hilfe. Dieser eilte sofort herbei, um den möglichen Kampf zwischen evangelischen Fürstentümern zu verhindern. Es standen sich südlich Wurzen schon 12000 ernestinische und 3500 albertinische Reiter und Kriegsknechte gegenüber. Philipp vermittelte in Oschatz einen Vertrag zwischen Moritz und dem Kurfürsten, der den bisherigen Status wiederherstellte.116 Der Evangelische Gottesdienst blieb, aber die Huldigung des Adels im Stift gegenüber Johann Friedrich als eigentliche Inbesitznahme wurde aufgehoben, und der Bischof blieb Landesherr. Weil die Aufgebote sich ohne jeden Kampf gegenüber gelegen und nur Verhandlungsschriften getauscht hatten, konnten alle Herren und Kriegsleute nach dem Abschluss des Friedensvertrages in Oschatz am Ostermontag, dem 10. April, miteinander Osterfladen essen. Der Krieg ohne Kampf erhielt dadurch den Namen „Wurzener Fladenkrieg“, denn allein die Osterfladen wurden vollkommen besiegt. Moritz hatte mit Hilfe des Landgrafen dem Vetter die Eigenständigkeit bewiesen, obwohl er als junger Mann noch kein Jahr regierte. Der Weg zwischen der Mark Meißen und dem Leipziger und Thüringer Bereich seiner Herrschaft blieb in seiner Hand.

Moritz hat es von nun an immer deutlich vermieden, Glied des Schmalkaldischen Bundes zu werden. Nach dem Wurzener Fladenkrieg begann auch für ihn ein langwieriger Weg in die Einsicht, dass nur der einen unabhängigen Platz und dann auch die Möglichkeit zur Vermittlung haben kann, der genügend Macht besitzt. Als er 1552 diese Macht auf kurze Dauer gegenüber dem Kaiser aufbringen konnte, hat er fehlende, langdauernde Macht durch schnelles Handeln ersetzt, das die Zustimmung der Mehrheit im Reich erwarten konnte, wie später darzustellen ist.117 Moritz hat aus den Fehlern des Schmalkaldischen Bundes gelernt.

Landgraf Philipp hat kurz vor dem Schmalkaldischen Krieg noch versucht, Moritz für einen Dreierbund zusammen mit Johann Friedrich und ihm zu gewinnen. Das kam aber vor diesem Krieg zu spät.

Evangelische Kirchenpolitik

Moritz übernahm von seinem Vater ein Herzogtum, in dem seit zwei Jahren die Kirche im Sinne des evangelischen Bekenntnisses erneuert war. Moritz war der Meinung, dass sich der evangelische Glaube, die christliche religion, durch eigene Kraft bei den Menschen durchsetzen werde.118 Er schrieb: Wäre Herzog Georg länger am Leben geblieben, er hätte die Menschen sulcher religion halben lenger nicht haben aufhalten konnen. Einige einflussreiche herzogliche Untertanen hätten sich schon gegen Georgs Willen zu dessen Lebzeiten zur christlichen, evangelischen Religion begeben. Das ist im herzoglichen Erbland und in den beiden Stiften Meißen und Merseburg bemerkt worden. Wenn auch die Bischöfe bisher die christliche Religion für ihre Person aufgehalten hätten, so konnen sie doch ire underthanen davon nicht zihen, sondern der mere teil sein derselben anhengig.119

Es gab in den Städten Mittweida und Leipzig und auf vielen Dörfern bereits vor 1539 eine selbstständige Bewegung des neuen Glaubens. Daher sah sich Moritz im Recht, von den Bischöfen die Reformation zu fordern. Er wollte aber die Stifte nicht ohne den Willen der Kapitel oder Bischöfe und gegen das Reichsrecht übernehmen.

Sehr wichtig für das persönliche Glaubensleben von Moritz war der Hofprediger Johannes Weiß, der Moritz auch 1542 nach Ungarn und 1544 nach Frankreich begleitete. Schon Herzog Heinrich hatte in seinen letzten Wochen Weiß nach Dresden geholt. Moritz sagte, er habe ihn gern gehört. Wenn man gern zuhört, finden die Predigtworte auch Zugang zum Denken und Handeln. Moritz verglich in seinen letzten Wochen sein fürstliches Handeln mit dem eines guten Hirten, der sein Leben für seine Schafe einsetzen müsste, dahinter scheint die Predigt von Johannes Weiß zu stehen. Weiß hatte wie die anderen albertinischen Superintendenten eine Zeit in Wittenberg studiert. Er wurde 1539 von Melanchthon zum Superintendent in Meißen empfohlen und war seit dem Jahre 1541 für Moritz Hofprediger. Moritz ging es persönlich um evangelischen Gottesdienst. Er vertrat auch die neuen evangelischen Pfarrer, die vom Adel abgelehnt wurden, gegen ihre Patronatsherren, die zum Teil gern bei altgläubigen Pfarrern geblieben wären.

In einer Denkschrift aus dem Anfang des Jahres 1543 wird das gesamte bisherige Handeln des Herzogs Moritz im Bereich der Kirche in zwölf Punkten dargestellt. Wenn diese Schrift auch von Georg von Karlowitz versandt wurde, wird sie doch auf Georg Komerstadt zurückgehen, der sie wie die allermeisten größeren Schriften, die Karlowitz verschickte, konzipiert hat.120 Da sie zum Gebrauch an den Habsburger Höfen bestimmt war, hat sich Komerstadt einer allgemein christlichen Terminologie bedient.

Die eigenständige Hinwendung zum evangelischen Glauben haben die albertinischen Fürsten aber nicht dem zufälligen Wachsen überlassen. Die Grundstruktur der evangelischen Superintendenturen entstand mit der ersten Visitation 1539 überall im albertinischen Sachsen. Die Superintendenten übten in den Amtsstädten ihren Dienst als Pfarrer der Stadt und Instanz über den umliegenden Dorfkirchen aus. Sie waren ein eigenständiger, kirchlicher Teil der herzoglichen Verwaltung in den Ämtern, der untersten Einheit der herzoglichen Verwaltung.

Diese allgemein üblichen Superintendenturen fassten als erste kirchliche Ordnung die einzelnen Gemeinden zusammen. In allen Gemeinden sollte das kirchliche Leben nach der Agende gehandhabt werden, die Herzog Heinrich von Wittenberger Theologen ausarbeiten und im September 1539 einführen ließ. Sie erhielt deshalb den Namen „Heinrichsagende“. Sie erschien im Druck, das war eine gute Voraussetzung für ihre allgemeine Verbreitung. Sie war von Wittenberger Theologen und in den meisten Teilen von Justus Jonas ausgearbeitet worden.

Die Verwaltung der weithin entvölkerten Klöster hatte Moritz wieder in die eigenen Hände genommen und nicht mehr dem Adel überlassen. 1543 wurde ein großer Teil der Klöster und ihres Besitzes verkauft, ein anderer zur Ausstattung der neuen Schulen genutzt. Am Lätaresonntag, dem 23. März, 1544 rief Moritz die Superintendenten in Leipzig zusammen, um das von ihm erbetene Gutachten zu besprechen, wie das Kirchenwesen in Bräuchen, Gottesdiensten und der christlichen Lebensführung vor sich gehen solle. Dabei sollten sie andere Ordnungen aus Hessen, Franken und Wittenberg als Vorbild nehmen. Aber die Agende Herzog Heinrichs sollte in Geltung bleiben.

Die Grundfrage für die Gestaltung der evangelischen Kirche im albertinischen Sachsen lautete: Sollte eine Gemeinschaft der evangelischen Einzelgemeinden das Zusammenleben in der Kirche bestimmen, oder sollte sie die Gestalt erneuerter Bistümer annehmen? Das Ergebnis der Leipziger Besprechung war von den Superintendenten her gedacht und antwortete auf alle Fragen in dem Entwurf einer Kirchenordnung, die von den einzelnen Gemeinden ausging. Es blieb die Frage offen, wie die übergemeindlichen Aufgaben der bisherigen Bistumsverwaltungen ausgeführt werden sollten.

Als Vorbild bestand in Wittenberg seit 1539 ein Konsistorium, das für Eheprobleme, Scheidungen und für Streitigkeiten unter Geistlichen zuständig war und von Kurfürst Johann Friedrich eingerichtet worden war. In Merseburg wurde 1544 dem Koadjutor Georg von Anhalt in seiner Bestallungsurkunde ein geplantes Konsistorium untergeordnet. Darauf legte Georg bei der Gründung des Konsistoriums großen Wert. In Merseburg und in Meißen wurden 1545 Konsistorien eingesetzt, für Merseburg geschah es durch Herzog August und Moritz und für Meißen durch Moritz allein. Die Konsistorien waren mit Theologen und Juristen besetzt und sollten den Bann als höchste Kirchenstrafe verwalten. Bann bedeutete für den Einzelnen den Ausschluss vom Abendmahl und vom Begräbnis, d.h. von der Hoffnung auf ewiges Leben und Vergebung vor Gott.

In den Vorverhandlungen hatten die Superintendenten dieses Recht für sich in Anspruch nehmen wollen. Die Konsistorien waren nun zuständig für Lehrfragen und damit für die Prüfung und Anstellung der Pfarrer, die kirchliche Disziplin und in besonderem Maße für alle Ehefragen.

 

Moritz betrieb 1544 die Einsetzung seines Bruders als weltlichen Herrscher in drei Bistümern gleichzeitig. Die Bemühungen um Magdeburg und Halberstadt begannen dabei vor denen um Merseburg. In Merseburg entstand erst durch den Tod des Bischofs Sigmund von Lindenau die Möglichkeit der Nachfolge, während für Magdeburg und Halberstadt vorgesehen war, dass Kardinal Albrecht auf sein Amt verzichten sollte.

Moritz und seine beiden Räte Karlowitz haben die Pläne für die drei Bistümer sehr wichtig genommen. Denn mit Moritz reisten Georg und Christoph von Karlowitz und auch Dr. Fachs 1544 auf den Reichstag nach Speyer. Der anwesende Kaiser ließ Moritz durch den kaiserlichen Rat Naves sagen, er verlange, die Stifte Merseburg und Meißen in ihrem Bestand unverändert zu lassen.121 Sinngemäß musste das Moritz auch auf Magdeburg und Halberstadt anwenden. Er befahl daher den Amtleuten 1547, die Regierung der Merseburger Ämter nicht in seinem Namen, sondern dem seines Bruders August, des Administrators, zu führen.122 Damit wurde er indirekt vom Kaiser auf eine bischöfliche Gestaltung der evangelischen Kirche im albertinischen Sachsen gedrängt.

Indem Karl V. offen mit Moritz einen Dienstvertrag gegen Frankreich am 7. April 1544 schloss, erkannte er damit dessen Absichten an, über seinen Bruder August die Bistümer Merseburg, Magdeburg und Halberstadt in seine Verfügung zu bekommen. Der Kaiser wusste aber zugleich, dass auch Kurfürst Johann Friedrich für die Bistümer Magdeburg und Halberstadt in Erweiterung seiner Burggrafschaft von Halle ähnliche Absichten wie Moritz hatte. Der Kaiser förderte so einen Gegensatz zwischen Moritz und dem Kurfürsten Johann Friedrich und dem Schmalkaldischen Bund.

Für Magdeburg und Halberstadt wurde schon seit 1543 sehr langwierig durch den erzbischöflich-magdeburgischen Rat Dr. Christoph Kruschwitz, genannt Türk, verhandelt. Moritz wollte erreichen, dass Kardinal und Erzbischof Albrecht von Brandenburg auf die Ausübung seines Amtes verzichtete, das sollte ein geistlicher Koadjutor übernehmen, während auch dort Herzog August weltlicher Bischof werden sollte. Moritz gab deshalb 1544 dem Kardinal ein Darlehen von 10000 Gulden und erhielt die vertragliche Zusage, dass Albrecht den Bruder August zum Koadjutor in Magdeburg und Halberstadt machen werde, mit dem Anrecht auf Nachfolge des Kardinals anstelle des jetzigen Koadjutors Johann Albrecht von Brandenburg. Damit hätten die Wettiner die Brandenburger vom Erzbistum verdrängt. August wäre als Verwalter der Reichsterritorien von drei Bistümern zu einem größeren Fürsten an Saale und Elbe geworden.

Am 4. Januar 1544 starb in Merseburg Bischof Sigmund von Lindenau. Moritz erreichte zunächst in Merseburg, dass das Kapitel seinen Bruder Herzog August zum weltlichen Verwalter des Bistums wählte. Für die geistlichen Aufgaben wurde Georg von Anhalt, ein Domherr des Merseburger Kapitels, zum geistlichen Koadjutor bestimmt. Georg war Jahre vorher evangelisch geworden und hatte im Fürstentum Anhalt 1530 bis 1532 zusammen mit seinen Brüdern die Reformation eingeführt.

Georg von Anhalt war persönlich fromm und einsatzbereit. Er hatte als Domherr die Leitung des Bistums schon selbst durchdacht. Er handelte und fühlte sich nun als evangelischer Bischof von Merseburg. Sein Aufsichtsbereich wurde von Moritz über das Bistum Merseburg hinaus auch über das nördliche Thüringen ausgedehnt, weil es zum Herrschaftsbereich des Herzogtums gehörte. Für die Verwaltung der Kirche als der Gemeinschaft der Gemeinden wurden die staatlichen Grenzen maßgeblich.

Georg von Anhalt wollte keine völlig neue Ordnung der Kirche gestalten, sondern die von ihm vorgefundene Kirche des späten Mittelalters von ihren Fehlern und falschen Entwicklungen im Sinne Luthers reinigen. Er hat alles beibehalten, was nicht der Bibel widersprach. Dadurch wurde die mittelalterliche Gottesdienstkleidung der Pfarrer im Bereich des Bistums Merseburg aufrechterhalten. Auch eine ganze Anzahl von Festen blieb bestehen. Diese hochkirchlichen Formen entsprachen ungefähr dem Erscheinungsbild der heutigen Anglikanischen Kirche in England. Moritz hat, als der Kaiser 1549/50 auf die Einhaltung seines Interims drängte, auf diese hochkirchlichen Formen verwiesen, um zu behaupten, dass dieser kaiserlichen Ordnung gefolgt werde. Das war aber ein nicht ganz ehrliches Ausweichen vor dem kaiserlichen Drängen.

Melanchthon war mit Georg von Anhalt so eng verbunden, dass er bis zum Ende der Tätigkeit Georgs 1550 als Bischof dessen Reden für die halbjährlichen Pfarrersynoden jeweils über eine Bibelstelle verfasste. Diese Synoden betrafen zuerst den direkten Herrschaftsbereich des Stiftes Merseburg. Georg bemühte sich aber, sie auf den ganzen Jurisdiktionsbereich seines Amtsgebietes auszudehnen. Sie sollten der Lehre dienen, die Gemeinschaft mit dem Bischof und unter den Pfarrern fördern und schließlich der öffentlichen, gemeinsamen Bitte, dass Gott sie bewahre, für die Kirche dienen.

Luther hatte zunächst große Vorbehalte gegen den „Raub von Kirchengut“ durch Moritz für die Ausstattung seines Bruders August. Nachdem ihn Fürst Georg in einem persönlichen Besuch in Wittenberg dazu bewegt hatte, hat er 1545 Georg in Merseburg, ein Jahr nachdem Georg dort seine Arbeit begonnen hatte, persönlich eingewiesen. Mit dieser Weihe hat Luther dem Handeln von evangelischen Bischöfen so zugestimmt, wie Moritz und seine Räte das Amt im Rahmen des Reichsrechtes ohne weltliche Macht gestaltet hatten.123 Ähnlich lief der Versuch für Magdeburg und Halberstadt. Wenn dort auch der große Finanzbedarf des Kardinals Albrecht ausgenutzt werden sollte.

Die alte Form der Bistümer blieb hinter der neuen Struktur der Superintendenturen der evangelischen Landeskirche im albertinischen Sachsen wirksam. Für jedes ehemalige Bistum (Meißen, Merseburg, Naumburg) wurde beispielsweise, wie schon dargestellt, eine Fürstenschule begründet. Ab 1544 beanspruchte Georg von Anhalt als Koadjutor in Merseburg den ihm zugeordneten Sprengel des Bistums Merseburg.

Die klare Trennung der weltlichen Aufgaben eines Bischofs als Reichsfürsten von dessen geistlicher Tätigkeit war eine neue Sicht, weil sie die reichsrechtlichen Formen des Bistums nicht änderte und dem evangelischen Glauben Raum schaffte, ohne das Kapitel zu vertreiben. Im Protokoll der Verhandlung am 7. April 1552 von Moritz, begleitet von Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, mit Herzog Albrecht von Bayern wird noch deutlicher gesagt, dass den Bischöfen die weltliche Obrigkeit nicht gebührt, die Bundesfürsten aber die Geistlichen – und mit ihnen die Bischöfe – bis zu einer christlichen Einigung in ihrem Schutz und Schirm haben wollen.124 Die katholische Kirche trennte sich erst 1803 durch die Veränderungen der napoleonischen Zeit von der fürstlichen Macht ihrer Bischöfe im Reich. In Merseburg wurde schon 1544 der „weltliche“ Bischof vom Kapitel gewählt, und der „geistliche“ Bischof ging aus der Mitte des Kapitels hervor.

Weil Moritz nach dem Erwerb der Bistümer strebte, die er ja als Reichslehen nicht verändern konnte und nicht verändern wollte, ist der Gedanke einer bischöflichen Struktur der Kirche in diesen Bereichen nicht allein auf die Person Georgs von Anhalt zurückzuführen. Doch Fürst Georg hat sie in seinem persönlichen Handeln in Merseburg lebendig gemacht. Seine evangelischen Visitationen und die Fürsorge für Gemeinden und Pfarrer in seinem Bereich wirkten so, dass Michael Helding, der ihm als katholischer Bischof folgte125, keine Möglichkeit fand, den alten Glauben wieder einzuführen.126 Nachdem Herzog August nach seiner Heirat 1548 auf das Stift Merseburg verzichtete, musste auch Georg von Anhalt seine Tätigkeit Ende 1550 beenden, als der romtreue Bischof Helding sein Amt in Merseburg angetreten hatte. Das Konsistorium wurde nach Leipzig verlegt. Es war nun allein eine kurfürstlich albertinische Behörde.

Moritz, der Kaiser und das Reich

Das Verhältnis zwischen Karl V. und Herzog Moritz ist allmählich gewachsen. Der Vertrag von Regensburg 1546 stand am Ende einer von den kaiserlichen Räten gesteuerten Entwicklung, aber er kam nicht plötzlich. Moritz war in den ersten Jahren seiner Regierung stark vom Schwiegervater Philipp von Hessen und von Georg von Karlowitz, dem wichtigsten Rat, bestimmt. Beide standen in engeren Bindungen zum Hause Habsburg. Karlowitz war durch die Haltung von Herzog Georg geprägt, der sich bewusst zu den Habsburgern gehalten hatte, um den katholischen Glauben im Lande zu erhalten. Landgraf Philipp hatte sich nach seiner Doppelehe in die Formel geflüchtet, man könne in den Dingen des evangelischen Glaubens Selbstständigkeit bewahren und in weltlichen Dingen dem Kaiser gehorsam sein. Dadurch konnte er alle persönlichen Strafen für seine Doppelehe vermeiden, musste jedoch von Karl V. den Vertrag vom 13. Juni 1541 annehmen. In diesen Vertrag hatte Philipp Moritz einbezogen, ohne ihm vorher Raum zu eigener Gedankenentwicklung zu lassen.

Moritz hat sich in den ersten Jahren seiner Herrschaft um Dienste für das Reich bemüht. Er wollte damit seine Absichten auf die Bistümer Merseburg und Meißen, Magdeburg und Halberstadt unterstützen.127 König Ferdinand hatte 1541 die vertragliche Anwartschaft auf Ungarn verloren, da die Magnaten des ungarischen Adels das nicht wollten und sich von den Türken gegen ihn helfen ließen. Dadurch konnten die Türken Oberherrn über Ungarn werden. 1542 suchte Ferdinand mit der Hilfe der Reichsstände die Türken zurückzudrängen. Moritz nahm nach dem Wurzener Fladenkrieg den ganzen Sommer über an diesem Feldzug teil. Im Juni ging er mit einer Reitertruppe nach Ungarn. Der Feldzug konnte gegen die Türken keine Erfolge verzeichnen. Am Ende des Jahres musste Moritz in Ungarn seine Fähigkeiten und seine Grenzen in einer für ihn im Letzten demütigenden Form kennen lernen.

Bei der Belagerung von Pest geriet Moritz in einem Gefecht durch Übermut zu weit unter die Türken. Am nächsten Tage schrieb er selbst: haben wir zu merung der gegenwehr und als der so wider diesen Feinde zefechten begirlichs gemuets – ungeacht, das vnsere diener unser eyl vnd wolberitikeit halber vns In dem hauffen aussem gesicht verloren, Do wir etlicher turcken gewar worden In sie neben vnserm getrewen diener Ribisch den man schnauber genant gerant vnd mit Inen nach unserm hochsten vormogen mit stechen vnd slagen vns dermassen geubt, das wir durch prechung unsers sattel gurts, zur erden gefallen, da dann die turcken Ir bests an vns versucht vnd seind vormittelst gotlicher gnad vnd vorgenants vnsers erlichen dieners schnaubers entschuttung, der auf vns ein turcken erstochen, vnd daruber in ansehung das er sowol als wir mit harnisch nit verwart noch angethan gewesen, dermassen gehawen, verwundt vnd geschossen, das er sein geist (den der lieb got gnediglich beselligen wolle) bald aufgeben hat auf ein ander pferd unbeschedigt vnsers leibs, doch Sye, die turcken, ohne Rum zu reden, nicht mit geringem vnserm Inen zugefuegten schaden davon gekommen, Es sol vns aber diese fraidickeit (beuor ab so vngefaßt) furaan ein exempel geben vns nit als gah auf die fart zemachen.128 Diese Schilderung entspricht wohl den Tatsachen, wenn Moritz auch weglässt, dass ungarische Husaren ihn heraushieben und auf das andere Pferd setzten. Beim Berichten in der Heimat wurden dann zwei Türken über ihm, der auf dem Boden lag, erstochen. Moritz betonte, dass es sein viertes Scharmützel war. Der Kampfesmut war also allmählich gewachsen. Von der bestimmt erlittenen Todesangst redete man damals als Krieger nicht. Aber noch 1544 ist Philipp von Hessen froh, dass Moritz nun beim Feldzug gegen Frankreich vorsichtiger war, sonderlich dass E. L. (also wie vor zweien jahren vor den Türken) nicht geeilt, sondern ihrer geschwader reuter gewartet und Ihrer sachen in gewahr gehabt haben.129 Moritz hatte sich das selbst damals gesagt. Freidigkeit ist Übermut ohne rechtes Nachdenken.

Der eigentliche Sturm auf Pest am 6. Oktober wurde von den Türken abgewiesen. Aber wann man berurts sturms halber einem jungen narren gefolgt, hette es sonder zweifel besser geraten und zugehen sollen. Damit meinte Moritz sich, der wohl als unerfahrener „junger Narr“ im Kriegsrat nicht ernst genommen wurde.130 Es muss ihn tief getroffen haben, dass er so als junger Mann abgewiesen wurde. Er war schließlich in seinen ersten drei Scharmützeln immer Sieger geblieben. Moritz musste sich aber eingestehen, wenn er so durch seinen unbedachten Tatendrang in höchste Lebensgefahr geraten war, dass dann auch sein vielleicht kühner, aber bedachter Vorschlag für den Sturm auf die Stadt bei den andern im Kriegsrat unter die gleiche Überschrift gestellt wurde. Moritz war noch nicht die in sich geschlossene überzeugende Person, als die er nach dem Ende des Schmalkaldischen Krieges auftrat. Auch gegenüber Johann Friedrich hatte er sich 1542 nur mit Hilfe Landgraf Philipps behaupten können. Das musste er in Ungarn erneut spüren. Das Heer zog ins Winterlager. Moritz war kaum vierzehn Tage später wieder in Leipzig.131

 

Im Januar 1543 setzte ein zweiter Reichstag zu Nürnberg den ersten Reichstag in Nürnberg vom Herbst 1542 fort. Der Kaiser selbst ließ für sich König Ferdinand und seinen Rat Nikolaus Granvella arbeiten. Granvella war wichtig, die Schmalkaldischen Stände einerseits für die Hilfe gegen die Türken zu gewinnen und sie andererseits von der Unterstützung des Herzogs von Kleve abzuhalten. Für Granvella ging es in Nürnberg nicht um die Türkenabwehr, sondern nur um den großen Plan, erst den Bund Frankreichs mit dem jungen Herzog von Kleve zu zerstören und Geldern der kaiserlichen Herrschaft in den Niederlanden einzuordnen, dann aber Frankreich zu besiegen, um schließlich gegen die deutschen Protestanten insgesamt vorgehen zu können.

In der Folge seines Ungarnzuges war man auf Moritz aufmerksam geworden. Die Schmalkaldener machten auf dem Reichstag ihre Hilfe gegen die Türken von der Reformation des Reichskammergerichtes und einem Religionsfrieden abhängig. Der Reichstag war gewissermaßen in Religionsparteien zerfallen. Es wurde kaum in den üblichen Gremien des Reichstages, im Kurfürstenrat, im Fürstenrat und unter den Städten, verhandelt. Ferdinand sprach, um Hilfe gegen die Türken zu erreichen, im Wesentlichen nur mit den beiden Religionsparteien, die jeweils durch alle drei Gruppen gingen.

Moritz ließ sich durch Christoph von Karlowitz vertreten. Man strebte eine neutrale Stellung an. Die albertinischen Räte sollten einer Türkenhilfe auch ohne Erfüllung der evangelischen Forderungen zustimmen. Sie hielten sich von den Schmalkaldenern möglichst fern, da sie mit dem Pfalzgrafen Johann im Streit um die Rangordnung des Sitzes im Reichstag lagen. Direkte Gespräche mit den Habsburgern führte Dr. Johann Stramburger. Die Schmalkaldener lehnten ohne Gleichberechtigung im Reich die Türkenhilfe ab, die nur von den katholischen Reichsständen beschlossen wurde.

Gegen Frankreich suchte Granvella die Hilfe junger evangelischer Fürsten. Nachdem Heinrich von Braunschweig aus seinem Land von Landgraf Philipp und Kurfürst Johann Friedrich vertrieben worden war, musste dessen Schwiegersohn Markgraf Johann von Küstrin offen für kaiserliche Angebote sein. Er war auch immer bereit, Geld zu erwerben. Sein Bruder Kurfürst Joachim von Brandenburg musste wohl auf seiner Seite stehen. Dem jungen Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach war jede gut bezahlte Gelegenheit recht, als Truppenführer tätig zu sein.

Herzog Moritz war der wichtigste der nicht fest an die Schmalkaldener gebundenen jungen Fürsten. Er war selbst nicht in Nürnberg erschienen. Moritz hatte Ostern 1542 mit Kurfürst Johann Friedrich den Oschatzer Vertrag geschlossen, weil sich Philipp von Hessen ausgleichend zwischen beide stellte. Granvella meinte wohl, Moritz wegen des Gegensatzes zu Johann Friedrich auch gegen dessen Schwager Wilhelm von Kleve und Frankreich gewinnen zu können. In Nürnberg 1543 suchte Granvella Moritz zu einem entsprechenden Dienstvertrag unter Befehl des Kaisers zu veranlassen. Auf den Einwand, dass dann Kurfürst Johann Friedrich als Schwager des Herzogs von Jülich und Kleve gegen Moritz vorgehen könne, wurde sehr dunkel angedeutet, dass das dem Kurfürsten schweren Schaden, Moritz aber ungeheuren Nutzen bringen könnte. Granvella riet außerdem Karlowitz dringend, das nur höchst verschwiegen und verschlüsselt in Geheimzeichen an Moritz mitzuteilen. Moritz müsse von Kurfürst Johann Friedrich nichts befürchten, der Kaiser müsste ihn nicht immer Kurfürst bleiben lassen. Hier wurde schon der Köder, selber Kurfürst zu werden, für Moritz ausgelegt!132

Granvella bemühte sich intensiv über Christoph von Karlowitz, Moritz zum Dienst unter dem Kaiser zu bewegen. Er vermochte mit dem Habsburgfreund Karlowitz viel leichter zu reden als mit seinem Herrn, dessen Gedanken sich nicht so gut lenken ließen. Für Karlowitz ist es wohl eine Art Standeserhöhung gewesen, vom wichtigsten kaiserlichen Rat ins persönliche Gespräch gezogen zu werden. Er war über die Gespräche mit dem großen alten Mann der kaiserlichen Politik glücklich und übermittelte sie in äußerst positiven Briefen an Moritz. Das erleichterte es Granvella, mit Lobreden auf Moritz die Vorschläge und angedeuteten Gewinnmöglichkeiten glaubhaft zu machen. Das nämlich entsprach den inneren Wünschen dieses Rates, der sehr genau nach Hause berichtete.

Alles schien so verheißungsvoll und ertragreich, dass schließlich noch der alte Georg von Karlowitz selbst nach Nürnberg reiste. Moritz wollte aber für den Kaiser nicht nur wieder wie in Ungarn eine Reiterschar befehligen, sondern ein Regiment aus Reitern und Knechten. Karls Grundsatz, den Granvella ausführte, war, die Schmalkaldischen von den anderen Protestanten und dazu untereinander zu trennen.133 Die Weichen für das Handeln Christophs von Karlowitz 1546 hatte der kaiserliche Rat damit schon auf den Reichstagen von Nürnberg 1542/43 für mehrere Jahre gestellt.

Mit geschickten Worten warb Granvella für den Kaiser. Es wäre die Zeit jetzt sicher vor der Tür, dass sich Landgraf Philipp und sein Schwiegersohn im Dienst des Kaisers groß machen könnten. Sie brauchten auch keine Sorge zu haben, dass der Kaiser jemanden wegen der Religion beschweren würde, wenn man sich ihm nicht widersetze. Moritz könne die Truppen der protestantischen Stände gegen Frankreich führen, der Landgraf aber als „General“ des Kaisers in Deutschland bleiben.134 Auf diese Weise würde der Schmalkaldische Verteidigungsbund sicher ruhig bleiben. Herzog Moritz und zuerst sein Rat Christoph von Karlowitz, der dem Kaiser treu ergeben war, sollten auf neue Denkmöglichkeiten der kaiserlichen Politik geleitet werden, denn es könnte ja sein, dass man Moritz brauchte.

Über all seine Gespräche mit dem kaiserlichen Rat Granvella und dem königlichen Rat Hans Hofmann berichtete Christoph von Karlowitz immer zuerst an Georg von Karlowitz. Erst in zweiter Linie wurde Moritz informiert. Der jüngere Karlowitz dachte wohl als Diplomat etwas abgehoben von den heimischen Problemen. Er hatte keine zu große Bindung an die alltägliche Verwaltung des evangelischen, albertinischen Landes, die dessen Menschen in Kirche und Bildung beim neuen Glauben halten und erziehen sollte. Er wollte wahrscheinlich die andere, auch den Schmalkaldenern, bestimmt aber Philipp von Hessen zugewandte Seite der sächsischen Politik nicht sehen.

Doch Moritz trat 1543 den Dienst mit einer Reiterschar für den Kaiser nicht an. Gegen Kleve wollte Moritz nicht kämpfen. Beim Kampf für den Kaiser gegen Frankreich forderte er das Kommando über ein Regiment von Reitern und Fußtruppen. Der ältere Karlowitz erreichte aber darüber keine Zusage.

Erst im Herbst 1543 besuchte Moritz, begleitet von Christoph von Karlowitz, den Kaiser bei der Belagerung von Landrecy in den Niederlanden. Wahrscheinlich hat sich Moritz in Flandern mehr für die Baukunst der Städte und Verteidigungsanlagen als für die Kriegsführung des Kaisers interessiert. Auch der Dresdner Baumeister und Techniker Caspar Vogt begleitete ihn, er sollte sich vielleicht mit ihm die modernen Festungsbauwerke in Antwerpen besehen, die italienischen Bauwerken folgten? Beim Festungsbau der nächsten Jahre wurden sie in Dresden als Vorbild verwendet.

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