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Reineke Fuchs

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Siebenter Gesang

 
  Und nun sah man den Hof gar herrlich bestellt und bereitet,
  Manche Ritter kamen dahin; den sämtlichen Tieren
  Folgten unzählige Vögel, und alle zusammen verehrten
  Braun und Isegrim hoch, die ihrer Leiden vergaßen.
  Da ergötzte sich festlich die beste Gesellschaft, die jemals
  Nur beisammen gewesen; Trompeten und Pauken erklangen,
  Und den Hoftanz führte man auf mit guten Manieren.
  Überflüssig war alles bereitet, was jeder begehrte.
  Boten auf Boten gingen ins Land und luden die Gäste,
  Vögel und Tiere machten sich auf, sie kamen zu Paaren,
  Reiseten hin bei Tag und bei Nacht und eilten zu kommen.
 
 
  Aber Reineke Fuchs lag auf der Lauer zu Hause,
  Dachte nicht nach Hofe zu gehn, der verlogene Pilger;
  Wenig Dankes erwartet' er sich. Nach altem Gebrauche
  Seine Tücke zu üben, gefiel am besten dem Schelme.
  Und man hörte bei Hof die allerschönsten Gesänge,
  Speis und Trank ward über und über den Gästen gereichet,
  Und man sah turnieren und fechten. Es hatte sich jeder
  Zu den Seinen gesellt, da ward getanzt und gesungen,
  Und man hörte Pfeifen dazwischen und hörte Schalmeien.
  Freundlich schaute der König von seinem Saale hernieder;
  Ihm behagte das große Getümmel, er sah es mit Freuden.
 
 
  Und acht Tage waren vorbei (es hatte der König
  Sich zu Tafel gesetzt mit seinen ersten Baronen,
  Neben der Königin saß er), und blutig kam das Kaninchen
  Vor den König getreten und sprach mit traurigem Sinne:
  Herr! Herr König! und alle zusammen! erbarmet Euch meiner!
  Denn Ihr habt so argen Verrat und mördrische Taten,
  Wie ich von Reineken diesmal erduldet, nur selten vernommen.
  Gestern morgen fand ich ihn sitzen, es war um die sechste
  Stunde, da ging ich die Straße vor Malepartus vorüber;
  Und ich dachte, den Weg in Frieden zu ziehen. Er hatte,
  Wie ein Pilger gekleidet, als läs er Morgengebete,
  Sich vor seine Pforte gesetzt. Da wollt ich behende
  Meines Weges vorbei, zu Eurem Hofe zu kommen.
  Als er mich sah, erhub er sich gleich und trat mir entgegen,
  Und ich glaubt, er wollte mich grüßen; da faßt' er mich aber
  Mit den Pfoten gar mörderlich an, und zwischen den Ohren
  Fühlt ich die Klauen und dachte wahrhaftig das Haupt zu verlieren:
  Denn sie sind lang und scharf, er druckte mich nieder zur Erde.
  Glücklicherweise macht ich mich los, und da ich so leicht bin,
  Konnt ich entspringen; er knurrte mir nach und schwur, mich zu finden.
  Aber ich schwieg und machte mich fort, doch leider behielt er
  Mir ein Ohr zurück, ich komme mit blutigem Haupte.
  Seht, vier Löcher trug ich davon! Ihr werdet begreifen,
  Wie er mit Ungestüm schlug, fast wär ich liegen geblieben.
  Nun bedenket die Not, bedenket Euer Geleite!
  Wer mag reisen? wer mag an Eurem Hofe sich finden,
  Wenn der Räuber die Straße belegt und alle beschädigt?
 
 
  Und er endigte kaum, da kam die gesprächige Krähe,
  Merkenau, sagte: Würdiger Herr und gnädiger König!
  Traurige Märe bring ich vor Euch, ich bin nicht imstande,
  Viel zu reden vor Jammer und Angst, ich fürchte, das bricht mir
  Noch das Herz: so jämmerlich Ding begegnet' mir heute
  Scharfenebbe, mein Weib, und ich, wir gingen zusammen
  Heute früh, und Reineke lag für tot auf der Heide,
  Beide Augen im Kopfe verkehrt, es hing ihm die Zunge
  Weit zum offenen Munde heraus. Da fing ich vor Schrecken
  Laut an zu schrein. Er regte sich nicht, ich schrie und beklagt ihn,
  Rief. O weh mir! und Ach! und wiederholte die Klage:
  Ach! er ist tot! wie dauert er mich! wie bin ich bekümmert!
  Meine Frau betrübte sich auch, wir jammerten beide.
  Und ich betastet ihm Bauch und Haupt, es nahte desgleichen
  Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob irgend der Atem
  Einiges Leben verriet', allein sie lauschte vergebens:
  Beide hätten wir drauf geschworen. Nun höret das Unglück.
 
 
  Wie sie nun traurig und ohne Besorgnis dem Munde des Schelmen
  Ihren Schnabel näher gebracht, bemerkt' es der Unhold,
  Schnappte grimmig nach ihr und riß das Haupt ihr herunter.
  Wie ich erschrak, das will ich nicht sagen. O weh mir! o weh mir!
  Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und schnappte mit einmal
  Auch nach mir; da fuhr ich zusammen und eilte zu fliehen.
  Wär ich nicht so behende gewesen, er hätte mich gleichfalls
  Festgehalten; mit Not entkam ich den Klauen des Mörders,
  Eilend erreicht ich den Baum! O hätt ich mein trauriges Leben
  Nicht gerettet! ich sah mein Weib in des Bösewichts Klauen.
  Ach! er hatte die Gute gar bald gegessen. Er schien mir
  So begierig und hungrig, als wollt er noch einige speisen;
  Nicht ein Beinchen ließ er zurück, kein Knöchelchen übrig.
  Solchen Jammer sah ich mit an! Er eilte von dannen,
  Aber ich konnt es nicht lassen und flog mit traurigem Herzen
  An die Stätte; da fand ich nur Blut und wenige Federn
  Meines Weibes. Ich bringe sie her, Beweise der Untat.
  Ach, erbarmt Euch, gnädiger Herr, denn solltet Ihr diesmal
  Diesen Verräter verschonen, gerechte Rache verzögern,
  Eurem Frieden und Eurem Geleite nicht Nachdruck verschaffen,
  Vieles würde darüber gesprochen, es würd Euch mißfallen.
  Denn man sagt: der ist schuldig der Tat, der zu strafen Gewalt hat
  Und nicht strafet; es spielet alsdann ein jeder den Herren.
  Eurer Würde ging' es zu nah, Ihr mögt es bedenken.
 
 
  Also hatte der Hof die Klage des guten Kaninchens
  Und der Krähe vernommen. Da zürnte Nobel, der König,
  Rief: So sei es geschworen bei meiner ehlichen Treue,
  Diesen Frevel bestraf ich, man soll es lange gedenken!
  Mein Geleit und Gebot zu verhöhnen! Ich will es nicht dulden.
  Gar zu leicht vertraut ich dem Schelm und ließ ihn entkommen,
  Stattet ihn selbst als Pilger noch aus und sah ihn von hinnen
  Scheiden, als ging' er nach Rom. Was hat uns der Lügner nicht alles
  Aufgeheftet! Wie wußt er sich nicht der Königin Vorwort
  Leicht zu gewinnen! Sie hat mich beredet, nun ist er entkommen.
  Aber ich werde der Letzte nicht sein, den es bitter gereute,
  Frauenrat befolget zu haben. Und lassen wir länger
  Ungestraft den Bösewicht laufen, wir müssen uns schämen.
  Immer war er ein Schalk und wird es bleiben. Bedenket
  Nun zusammen, ihr Herren, wie wir ihn fahen und richten!
  Greifen wir ernstlich dazu, so wird die Sache gelingen.
 
 
  Isegrimen und Braunen behagte die Rede des Königs.
  Werden wir doch am Ende gerochen! so dachten sie beide.
  Aber sie trauten sich nicht zu reden, sie sahen, der König
  War verstörten Gemüts und zornig über die Maßen.
  Und die Königin sagte zuletzt: Ihr solltet so heftig,
  Gnädiger Herr, nicht zürnen, so leicht nicht schwören; es leidet
  Euer Ansehn dadurch und Eurer Worte Bedeutung.
  Denn wir sehen die Wahrheit noch keineswegs am Tage;
  Ist doch erst der Beklagte zu hören. Und wär er zugegen,
  Würde mancher verstummen, der wider Reineken redet.
  Beide Parteien sind immer zu hören; denn mancher Verwegne
  Klagt, um seine Verbrechen zu decken. Für klug und verständig
  Hielt ich Reineken, dachte nichts Böses und hatte nur immer
  Euer Bestes vor Augen, wiewohl es nun anders gekommen.
  Denn sein Rat ist gut zu befolgen, wenn freilich sein Leben
  Manchen Tadel verdient. Dabei ist seines Geschlechtes
  Große Verbindung wohl zu bedenken. Es werden die Sachen
  Nicht durch übereilung gebessert, und was Ihr beschließet,
  Werdet Ihr dennoch zuletzt als Herr und Gebieter vollziehen.
 
 
  Und Lupardus sagte darauf: Ihr höret so manchen;
  Höret diesen denn auch. Er mag sich stellen, und was Ihr
  Dann beschließt, vollziehe man gleich. So denken vermutlich
  Diese sämtlichen Herrn mit Eurer edlen Gemahlin.
 
 
  Isegrim sagte darauf: Ein jeder rate zum Besten!
  Herr Lupardus, höret mich an. Und wäre zur Stunde
  Reineke hier und entledigte sich der doppelten Klage
  Dieser beiden, so wär es mir immer ein leichtes, zu zeigen,
  Daß er das Leben verwirkt. Allein ich schweige von allem,
  Bis wir ihn haben. Und habt Ihr vergessen, wie sehr er den König
  Mit dem Schatze belogen? Den sollt er in Hüsterlo neben
  Krekelborn finden, und was der groben Lüge noch mehr war.
  Alle hat er betrogen und mich und Braunen geschändet;
  Aber ich setze mein Leben daran. So treibt es der Lügner
  Auf der Heide. Nun streicht er herum und raubet und mordet.
  Deucht es dem Könige gut und seinen Herren, so mag man
  Also verfahren. Doch wär es ihm Ernst, nach Hofe zu kommen,
  Hätt er sich lange gefunden. Es eilten die Boten des Königs
  Durch das Land, die Gäste zu laden, doch blieb er zu Hause.
 
 
  Und es sagte der König darauf: Was sollen wir lange
  Hier ihn erwarten? Bereitet euch alle (so sei es geboten!),
  Mir am sechsten Tage zu folgen. Denn wahrlich das Ende
  Dieser Beschwerden will ich erleben. Was sagen die Herren?
  Wär er nicht fähig, zuletzt ein Land zugrunde zu richten?
  Macht euch fertig, so gut ihr nur könnt, und kommet im Harnisch,
  Kommt mit Bogen und Spießen und allen andern Gewehren,
  Und betragt euch wacker und brav! Es führe mir jeder,
  Denn ich schlage wohl Ritter im Felde, den Namen mit Ehren.
  Malepartus, die Burg, belegen wir, was er im Haus hat,
  Wollen wir sehen. Da riefen sie alle: Wir werden gehorchen!
 
 
  Also dachte der König und seine Genossen, die Feste
  Malepartus zu stürmen, den Fuchs zu strafen. Doch Grimbart,
  Der im Rate gewesen, entfernte sich heimlich und eilte,
  Reineken aufzusuchen und ihm die Nachricht zu bringen;
  Traurend ging er und klagte vor sich und sagte die Worte:
  Ach, was kann es nun werden, mein Oheim! Billig bedauert
  Dich dein ganzes Geschlecht, du Haupt des ganzen Geschlechtes!
  Vor Gericht vertratest du uns, wir waren geborgen:
  Niemand konnte bestehen vor dir und deiner Gewandtheit.
 
 
  So erreicht' er das Schloß, und Reineken fand er im Freien
  Sitzen. Er hatte sich erst zwei junge Tauben gefangen;
  Aus dem Neste wagten sie sich, den Flug zu versuchen,
  Aber die Federn waren zu kurz; sie fielen zu Boden,
  Nicht imstande, sich wieder zu heben, und Reineke griff sie,
  Denn oft ging er umher, zu jagen. Da sah er von weiten
  Grimbart kommen und wartete sein; er grüßt' ihn und sagte:
  Seid mir, Neffe, willkommen vor allen meines Geschlechtes!
  Warum lauft Ihr so sehr! Ihr keichet! bringt Ihr was Neues?
 
 
  Ihm erwiderte Grimbart: Die Zeitung, die ich vermelde,
  Klingt nicht tröstlich, Ihr seht, ich komm in ängsten gelaufen;
  Leben und Gut ist alles verloren! Ich habe des Königs
  Zorn gesehen: er schwört, Euch zu fahen und schändlich zu töten.
  Allen hat er befohlen, am sechsten Tage gewaffnet
  Hier zu erscheinen mit Bogen und Schwert, mit Büchsen und Wagen.
  Alles fällt nun über Euch her, bedenkt Euch inzeiten!
  Isegrim aber und Braun sind mit dem Könige wieder
  Besser vertraut, als ich nur immer mit Euch bin, und alles,
  Was sie wollen, geschieht. Den gräßlichsten Mörder und Räuber
  Schilt Euch Isegrim laut, und so bewegt er den König;
  Er wird Marschall, Ihr werdet es sehen, in wenigen Wochen.
  Das Kaninchen erschien, dazu die Krähe, sie brachten
  Große Klagen gegen Euch vor. Und sollt Euch der König
  Diesmal fahen, so lebt Ihr nicht lange! das muß ich befürchten.
 
 
  Weiter nichts? versetzte der Fuchs. Das ficht mich nun alles
  Keinen Pfifferling an. Und hätte der König mit seinem
  Ganzen Rate doppelt und dreifach gelobt und geschworen:
  Komm ich nur selber dahin, ich hebe mich über sie alle.
  Denn sie raten und raten und wissen es nimmer zu treffen.
  Lieber Neffe, lasset das fahren, und folgt mir und sehet,
  Was ich Euch gebe. Da hab ich soeben die Tauben gefangen,
  Jung und fett. Es bleibt mir das liebste von allen Gerichten!
  Denn sie sind leicht zu verdauen, man schluckt sie nur eben hinunter;
  Und die Knöchelchen schmecken so süß! sie schmelzen im Munde,
  Sind halb Milch, halb Blut. Die leichte Speise bekommt mir,
  Und mein Weib ist von gleichem Geschmack. So kommt nur, sie wird uns
  Freundlich empfangen; doch merke sie nicht, warum Ihr gekommen!
  Jede Kleinigkeit fällt ihr aufs Herz und macht ihr zu schaffen.
  Morgen geh ich nach Hofe mit Euch; da hoff ich, Ihr werdet,
  Lieber Neffe, mir helfen, so wie es Verwandten geziemet.
 
 
  Leben und Gut verpflicht ich Euch gern zu Eurem Behufe,
  Sagte der Dachs, und Reineke sprach: Ich will es gedenken;
  Leb ich lange, so soll es Euch frommen! Der andre versetzte:
  Tretet immer getrost vor die Herren und wahret zum besten
  Eure Sache, sie werden Euch hören; auch stimmte Lupardus
  Schon dahin, man sollt Euch nicht strafen, bevor Ihr genugsam
  Euch verteidigt; es meinte das gleiche die Königin selber.
  Merket den Umstand und sucht ihn zu nutzen! Doch Reineke sagte:
  Seid nur gelassen, es findet sich alles. Der zornige König,
  Wenn er mich hört, verändert den Sinn, es frommt mir am Ende.
 
 
  Und so gingen sie beide hinein und wurden gefällig
  Von der Hausfrau empfangen; sie brachte, was sie nur hatte.
  Und man teilte die Tauben, man fand sie schmackhaft, und jedes
  Speiste sein Teil; sie wurden nicht satt und hätten gewißlich
  Ein halb Dutzend verzehrt, wofern sie zu haben gewesen.
 
 
  Reineke sagte zum Dachse: Bekennt mir, Oheim, ich habe
  Kinder trefflicher Art, sie müssen jedem gefallen.
  Sagt mir, wie Euch Rossel behagt und Reinhart, der Kleine?
  Sie vermehren einst unser Geschlecht und fangen allmählich
  An, sich zu bilden, sie machen mir Freude von Morgen bis Abend.
  Einer fängt sich ein Huhn, der andre hascht sich ein Küchlein;
  Auch ins Wasser ducken sie brav, die Ente zu holen
  Und den Kiebitz. Ich schickte sie gern noch öfter zu jagen;
  Aber Klugheit muß ich vor allem sie lehren und Vorsicht,
  Wie sie vor Strick und Jäger und Hunden sich weise bewahren.
  Und verstehen sie dann das rechte Wesen und sind sie
  Abgerichtet, wie sichs gehört, dann sollen sie täglich
  Speise holen und bringen und soll im Hause nichts fehlen,
  Denn sie schlagen mir nach und spielen grimmige Spiele.
  Wenn sies beginnen, so ziehn den kürzern die übrigen Tiere,
  An der Kehle fühlt sie der Gegner und zappelt nicht lange:
  Das ist Reinekens Art und Spiel. Auch greifen sie hastig,
  Und ihr Sprung ist gewiß; das dünkt mich eben das Rechte!
 
 
  Grimbart sprach: Es gereichet zur Ehre, und mag man sich freuen,
  Kinder zu haben, wie man sie wünscht, und die zum Gewerbe
  Bald sich gewöhnen, den Eltern zu helfen. Ich freue mich herzlich,
  Sie von meinem Geschlechte zu wissen, und hoffe das Beste.
  Mag es für heute bewenden, versetzte Reineke: gehn wir
  Schlafen, denn alle sind müd und Grimbart besonders ermattet.
  Und sie legten sich nieder im Saale, der über und über
  War mit Heu und Blättern bedeckt, und schliefen zusammen.
 
 
  Aber Reineke wachte vor Angst; es schien ihm die Sache
  Guten Rats zu bedürfen, und sinnend fand ihn der Morgen.
  Und er hub vom Lager sich auf und sagte zu seinem
  Weibe: Betrübt Euch nicht! es hat mich Grimbart gebeten,
  Mit nach Hofe zu gehn; Ihr bleibet ruhig zu Hause.
  Redet jemand von mir, so kehret es immer zum besten
  Und verwahret die Burg, so ist uns allen geraten.
 
 
  Und Frau Ermelyn sprach: Ich find es seltsam! Ihr wagt es
  Wieder nach Hofe zu gehn, wo Eurer so übel gedacht wird.
  Seid Ihr genötigt? Ich seh es nicht ein, bedenkt das Vergangne!
 
 
  Freilich, sagte Reineke drauf: es war nicht zu scherzen!
  Viele wollten mir übel, ich kam in große Bedrängnis;
  Aber mancherlei Dinge begegnen unter der Sonne.
  Wider alles Vermuten erfährt man dieses und jenes,
  Und wer was zu haben vermeint, vermißt es auf einmal.
  Also laßt mich nur gehn, ich habe dort manches zu schaffen.
  Bleibet ruhig, das bitt ich Euch sehr, Ihr habet nicht nötig,
  Euch zu ängstigen. Wartet es ab! Ihr sehet, mein Liebchen,
  Ist es mir immer nur möglich, in fünf, sechs Tagen mich wieder.
  Und so schied er von dannen, begleitet von Grimbart, dem Dachse.
 

Achter Gesang

 
  Weiter gingen sie nun zusammen über die Heide,
  Grimbart und Reineke, grade den Weg zum Schlosse des Königs.
  Aber Reineke sprach: Es falle, wie es auch wolle,
  Diesmal ahndet es mir, die Reise führet zum besten.
  Lieber Oheim, höret mich nun! Seitdem ich zum letzten
  Euch gebeichtet, verging ich mich wieder in sündigem Wesen;
  Höret Großes und Kleines, und was ich damals vergessen.
 
 
  Von dem Leibe des Bären und seinem Felle verschafft ich
  Mir ein tüchtiges Stück; es ließen der Wolf und die Wölfin
  Ihre Schuhe mir ab; so hab ich mein Mütchen gekühlet.
  Meine Lüge verschaffte mir das, ich wußte den König
  Aufzubringen und hab ihn dabei entsetzlich betrogen:
  Denn ich erzählt ihm ein Märchen, und Schätze wußt ich zu dichten.
  Ja, ich hatte daran nicht genug, ich tötete Lampen,
  Ich bepackte Bellyn mit dem Haupt des Ermordeten; grimmig
  Sah der König auf ihn, er mußte die Zeche bezahlen.
  Und das Kaninchen, ich drückt es gewaltig hinter die Ohren,
  Daß es beinah das Leben verlor, und war mir verdrießlich,
  Daß es entkam. Auch muß ich bekennen, die Krähe beklagt sich
  Nicht mit Unrecht, ich habe Frau Scharfenebbe, sein Weibchen,
  Aufgegessen. Das hab ich begangen, seitdem ich gebeichtet.
  Aber damals vergaß ich nur eines, ich will es erzählen,
  Eine Schalkheit, die ich beging, Ihr müßt sie erfahren,
  Denn ich möchte nicht gern so etwas tragen; ich lud es
  Damals dem Wolf auf den Rücken. Wir gingen nämlich zusammen
  Zwischen Kackyß und Elverdingen, da sahn wir von weitem
  Eine Stute mit ihrem Fohlen, und eins wie das andre
  Wie ein Rabe so schwarz; vier Monat mochte das Fohlen
  Alt sein. Und Isegrim war vom Hunger gepeinigt, da bat er:
  Fraget mir doch, verkauft uns die Stute nicht etwa das Fohlen?
  Und wie teuer? Da ging ich zu ihr und wagte das Stückchen.
  Liebe Frau Mähre, sagt ich zu ihr: das Fohlen ist Euer,
  Wie ich weiß; verkauft Ihr es wohl? Das möcht ich erfahren.
  Sie versetzte: Bezahlt Ihr es gut, so kann ich es missen,
  Und die Summe, für die es mir feil ist, Ihr werdet sie lesen,
  Hinten steht sie geschrieben an meinem Fuße. Da merkt ich,
  Was sie wollte, versetzte darauf: Ich muß Euch bekennen,
  Lesen und Schreiben gelingt mir nicht eben so, wie ich es wünschte.
  Auch begehr ich des Kindes nicht selbst: denn Isegrim möchte
  Das Verhältnis eigentlich wissen; er hat mich gesendet.
 
 
  Laßt ihn kommen! versetzte sie drauf. er soll es erfahren.
  Und ich ging, und Isegrim stand und wartete meiner.
  Wollt Ihr Euch sättigen, sagt ich zu ihm: so geht nur, die Mähre
  Gibt Euch das Fohlen, es steht der Preis am hinteren Fuße
  Unten geschrieben; ich möchte nur, sagte sie, selber da nachsehn.
  Aber zu meinem Verdruß mußt ich schon manches versäumen,
  Weil ich nicht lesen und schreiben gelernt. Versucht es, mein Oheim,
  Und beschauet die Schrift, Ihr werdet vielleicht sie verstehen.
 
 
  Isegrim sagte: Was sollt ich nicht lesen! das wäre mir seltsam!
  Deutsch, Latein und Welsch, sogar Französisch versteh ich:
  Denn in Erfurt hab ich mich wohl zur Schule gehalten,
  Bei den Weisen, Gelahrten, und mit den Meistern des Rechtes
  Fragen und Urteil gestellt; ich habe meine Lizenzen
  Förmlich genommen, und was für Skripturen man immer auch findet,
  Les ich, als wär es mein Name. Drum wird es mir heute nicht fehlen.
  Bleibet, ich geh und lese die Schrift, wir wollen doch sehen!
 
 
  Und er ging und fragte die Frau: Wie teuer das Fohlen?
  Macht es billig! Sie sagte darauf: Ihr dürft nur die Summe
  Lesen, sie stehet geschrieben an meinem hinteren Fuße.
  Laßt mich sehen! versetzte der Wolf. Sie sagte: Das tu ich!
  Und sie hub den Fuß empor aus dem Grase, der war erst
  Mit sechs Nägeln beschlagen; sie schlug gar richtig und fehlte
  Nicht ein Härchen, sie traf ihm den Kopf, er stürzte zur Erden,
  Lag betäubt wie tot. Sie aber eilte von dannen,
  Was sie konnte. So lag er verwundet, es dauerte lange.
 
 
  Eine Stunde verging, da regt' er sich wieder und heulte
  Wie ein Hund. Ich trat ihm zur Seite und sagte: Herr Oheim,
  Wo ist die Stute? Wie schmeckte das Fohlen? Ihr habt Euch gesättigt,
  Habt mich vergessen! Ihr tatet nicht wohl: ich brachte die Botschaft!
  Nach der Mahlzeit schmeckte das Schläfchen. Wie lautete, sagt mir,
  Unter dem Fuße die Schrift? Ihr seid ein großer Gelehrter.
 
 
  Ach, versetzt' er: spottet Ihr noch? Wie bin ich so übel
  Diesmal gefahren! Es sollte fürwahr ein Stein sich erbarmen.
  Die langbeinige Mähre! Der Henker mags ihr bezahlen!
  Denn der Fuß war mit Eisen beschlagen, das waren die Schriften!
  Neue Nägel! Ich habe davon sechs Wunden im Kopfe.
 
 
  Kaum behielt er sein Leben. Ich habe nun alles gebeichtet.
  Lieber Neffe! vergebet mir nun die sündigen Werke!
  Wie es bei Hofe gerät, ist mißlich; aber ich habe
  Mein Gewissen befreit und mich von Sünden gereinigt.
  Saget nun, wie ich mich beßre, damit ich zu Gnaden gelänge.
 
 
  Grimbart sprach: Ich find Euch von neuem mit Sünden beladen.
  Doch es werden die Toten nicht wieder lebendig; es wäre
  Freilich besser, wenn sie noch lebten. So will ich, mein Oheim,
  In Betrachtung der schrecklichen Stunde, der Nähe des Todes,
  Der Euch droht, die Sünde vergeben als Diener des Herren:
  Denn sie streben Euch nach mit Gewalt, ich fürchte das Schlimmste,
  Und man wird Euch vor allem das Haupt des Hasen gedenken!
  Große Dreistigkeit war es, gestehts, den König zu reizen,
  Und es schadet Euch mehr, als Euer Leichtsinn gedacht hat.
 
 
  Nicht ein Haar! versetzte der Schelm: und daß ich Euch sage,
  Durch die Welt sich zu helfen, ist ganz was Eignes; man kann sich
  Nicht so heilig bewahren als wie im Kloster, das wißt Ihr.
  Handelt einer mit Honig, er leckt zuweilen die Finger.
  Lampe reizte mich sehr; er sprang herüber, hinüber,
  Mir vor den Augen herum, sein fettes Wesen gefiel mir,
  Und ich setzte die Liebe beiseite. So gönnt ich Bellynen
  Wenig Gutes. Sie haben den Schaden; ich habe die Sünde.
  Aber sie sind zum Teil auch so plump, in jeglichen Dingen
  Grob und stumpf. Ich sollte noch viel Zeremonien machen?
  Wenig Lust behielt ich dazu. Ich hatte von Hofe
  Mich mit ängsten gerettet und lehrte sie dieses und jenes,
  Aber es wollte nicht fort. Zwar jeder sollte den Nächsten
  Lieben, das muß ich gestehn; indessen achtet ich diese
  Wenig, und tot ist tot, so sagt Ihr selber. Doch laßt uns
  Andre Dinge besprechen; es sind gefährliche Zeiten.
  Denn wie geht es von oben herab? Man soll ja nicht reden;
  Doch wir andern merken darauf und denken das Unsre.
 
 
  Raubt der König ja selbst so gut als einer, wir wissens;
  Was er selber nicht nimmt, das läßt er Bären und Wölfe
  Holen und glaubt, es geschähe mit Recht. Da findet sich keiner,
  Der sich getraut, ihm die Wahrheit zu sagen – so weit hinein ist es
  Böse – kein Beichtiger, kein Kaplan; sie schweigen! Warum das?
  Sie genießen es mit, und wär nur ein Rock zu gewinnen.
  Komme dann einer und klage! der haschte mit gleichem Gewinne
  Nach der Luft, er tötet die Zeit und beschäftigte besser
  Sich mit neuem Erwerb. Denn fort ist fort, und was einmal
  Dir ein Mächtiger nimmt, das hast du besessen. Der Klage
  Gibt man wenig Gehör, und sie ermüdet am Ende.
  Unser Herr ist der Löwe, und alles an sich zu reißen,
  Hält er seiner Würde gemäß. Er nennt uns gewöhnlich
  Seine Leute: fürwahr, das Unsre, scheint es, gehört ihm!
 
 
  Darf ich reden, mein Oheim? Der edle König, er liebt sich
  Ganz besonders Leute, die bringen und die nach der Weise,
  Die er singt, zu tanzen verstehn. Man sieht es zu deutlich.
  Daß der Wolf und der Bär zum Rate wieder gelangen,
  Schadet noch manchem. Sie stehlen und rauben, es liebt sie der König;
  Jeglicher sieht es und schweigt: er denkt, an die Reihe zu kommen.
  Mehr als vier befinden sich so zur Seite des Herren,
  Ausgezeichnet vor allen, sie sind die Größten am Hofe.
  Nimmt ein armer Teufel, wie Reineke, irgendein Hühnchen,
  Wollen sie alle gleich über ihn her, ihn suchen und fangen,
  Und verdammen ihn laut mit Einer Stimme zum Tode.
  Kleine Diebe hängt man so weg, es haben die großen
  Starken Vorsprung, mögen das Land und die Schlösser verwalten.
  Sehet, Oheim, bemerk ich nun das und sinne darüber,
  Nun, so spiel ich halt auch mein Spiel und denke daneben
  Öfters bei mir: es muß ja wohl recht sein, tuns doch so viele!
  Freilich regt sich dann auch das Gewissen und zeigt mir von ferne
  Gottes Zorn und Gericht und läßt mich das Ende bedenken.
  Ungerecht Gut, so klein es auch sei, man muß es erstatten.
  Und da fühl ich denn Reu im Herzen; doch währt es nicht lange.
  Ja, was hilft dichs, der Beste zu sein, es bleiben die Besten
  Doch nicht unberedet in diesen Zeiten vom Volke.
  Denn es weiß die Menge genau nach allem zu forschen,
  Niemand vergessen sie leicht, erfinden dieses und jenes;
  Wenig Gutes ist in der Gemeine, und wirklich verdienen
  Wenige drunter auch gute, gerechte Herren zu haben.
  Denn sie singen und sagen vom Bösen immer und immer;
  Auch das Gute wissen sie zwar von großen und kleinen
  Herren, doch schweigt man davon, und selten kommt es zur Sprache.
  Doch das Schlimmste find ich den Dünkel des irrigen Wahnes,
  Der die Menschen ergreift: es könne jeder im Taumel
  Seines heftigen Wollens die Welt beherrschen und richten.
  Hielte doch jeder sein Weib und seine Kinder in Ordnung,
  Wüßte sein trotzig Gesinde zu bändigen, könnte sich stille,
  Wenn die Toren verschwenden, in mäßigem Leben erfreuen!
  Aber wie sollte die Welt sich verbessern? Es läßt sich ein jeder
  Alles zu und will mit Gewalt die andern bezwingen.
  Und so sinken wir tiefer und immer tiefer ins Arge.
  Afterreden, Lug und Verrat und Diebstahl und falscher
  Eidschwur, Rauben und Morden, man hört nichts anders erzählen.
  Falsche Propheten und Heuchler betrügen schändlich die Menschen.
 
 
  Jeder lebt nur so hin! und will man sie treulich ermahnen,
  Nehmen sies leicht und sagen auch wohl: Ei, wäre die Sünde
  Groß und schwer, wie hier und dort uns manche Gelehrte
  Predigen, würde der Pfaffe die Sünde selber vermeiden.
  Sie entschuldigen sich mit bösem Exempel und gleichen
  Gänzlich dem Affengeschlecht, das, nachzuahmen geboren,
  Weil es nicht denket und wählt, empfindlichen Schaden erduldet.
 
 
  Freilich sollten die geistlichen Herren sich besser betragen!
  Manches könnten sie tun, wofern sie es heimlich vollbrächten:
  Aber sie schonen uns nicht, uns andre Laien, und treiben
  Alles, was ihnen beliebt, vor unsern Augen, als wären
  Wir mit Blindheit geschlagen; allein wir sehen zu deutlich,
  Ihre Gelübde gefallen den guten Herren so wenig,
  Als sie dem sündigen Freunde der weltlichen Werke behagen.
 
 
  Denn so haben über den Alpen die Pfaffen gewöhnlich
  Eigens ein Liebchen; nicht weniger sind in diesen Provinzen,
  Die sich sündlich vergehn. Man will mir sagen, sie haben
  Kinder wie andre verehlichte Leute; und sie zu versorgen,
  Sind sie eifrig bemüht und bringen sie hoch in die Höhe.
  Diese denken hernach nicht weiter, woher sie gekommen,
  Lassen niemand den Rang und gehen stolz und gerade,
  Eben als wären sie edlen Geschlechts, und bleiben der Meinung,
  Ihre Sache sei richtig. So pflegte man aber vor diesem
  Pfaffenkinder so hoch nicht zu halten; nun heißen sie alle
  Herren und Frauen. Das Geld ist freilich alles vermögend.
 
 
  Selten findet man fürstliche Lande, worin nicht die Pfaffen
  Zölle und Zinsen erhüben und Dörfer und Mühlen benutzten.
  Diese verkehren die Welt, es lernt die Gemeine das Böse:
  Denn man sieht, so hält es der Pfaffe, da sündiget jeder,
  Und vom Guten leitet hinweg ein Blinder den andern.
  Ja, wer merkte denn wohl die guten Werke der frommen
  Priester, und wie sie die heilige Kirche mit gutem Exempel
  Auferbauen? Wer lebt nun darnach? Man stärkt sich im Bösen.
  So geschieht es im Volke, wie sollte die Welt sich verbessern?
 
 
  Aber höret mich weiter. Ist einer unecht geboren,
  Sei er ruhig darüber, was kann er weiter zur Sache?
  Denn ich meine nur so, versteht mich. Wird sich ein solcher
  Nur mit Demut betragen und nicht durch eitles Benehmen
  Andre reizen, so fällt es nicht auf, und hätte man unrecht,
  Über dergleichen Leute zu reden. Es macht die Geburt uns
  Weder edel noch gut, noch kann sie zur Schande gereichen.
  Aber Tugend und Laster, sie unterscheiden die Menschen.
  Gute, gelehrte geistliche Männer, man hält sie, wie billig,
  Hoch in Ehren, doch geben die bösen ein böses Exempel.
  Predigt so einer das Beste, so sagen doch endlich die Laien:
  Spricht er das Gute und tut er das Böse, was soll man erwählen?
  Auch der Kirche tut er nichts Gutes, er prediget jedem:
  Leget nur aus und bauet die Kirche; das rat ich, ihr Lieben,
  Wollt ihr Gnade verdienen und Ablaß! so schließt er die Rede,
  Und er legt wohl wenig dazu, ja gar nichts, und fiele
  Seinetwegen die Kirche zusammen. So hält er denn weiter
  Für die beste Weise zu leben, sich köstlich zu kleiden,
  Lecker zu essen. Und hat sich so einer um weltliche Sachen
  Übermäßig bekümmert, wie will er beten und singen?
  Gute Priester sind täglich und stündlich im Dienste des Herren
  Fleißig begriffen und üben das Gute; der heiligen Kirche
  Sind sie nütze, sie wissen die Laien durch gutes Exempel
  Auf dem Wege des Heils zur rechten Pforte zu leiten.
 
 
  Aber ich kenne denn auch die Bekappten; sie plärren und plappern
  Immer zum Scheine so fort und suchen immer die Reichen,
  Wissen den Leuten zu schmeicheln und gehn am liebsten zu Gaste.
  Bittet man einen, so kommt auch der zweite; da finden sich weiter
  Noch zu diesen zwei oder drei. Und wer in dem Kloster
  Gut zu schwatzen versteht, der wird im Orden erhoben,
  Wird zum Lesemeister, zum Kustos oder zum Prior.
  Andere stehen beiseite. Die Schüsseln werden gar ungleich
  Aufgetragen. Denn einige müssen des Nachts in dem Chore
  Singen, lesen, die Gräber umgehn; die anderen haben
  Guten Vorteil und Ruh und essen die köstlichen Bissen.
 
 
  Und die Legaten des Papstes, die äbte, Pröpste, Prälaten,
  Die Beguinen und Nonnen, da wäre vieles zu sagen!
  Überall heißt es: Gebt mir das Eure und laßt mir das Meine.
  Wenige finden sich wahrlich, nicht sieben, welche der Vorschrift
  Ihres Ordens gemäß ein heiliges Leben beweisen.
  Und so ist der geistliche Stand gar schwach und gebrechlich.
 
 
  Oheim! sagte der Dachs: ich find es besonders, Ihr beichtet
  Fremde Sünden. Was will es Euch helfen? Mich dünket, es wären
  Eurer eignen genug. Und sagt mir, Oheim, was habt Ihr
  Um die Geistlichkeit Euch zu bekümmern, und dieses und jenes?
  Seine Bürde mag jeglicher tragen, und jeglicher gebe
  Red und Antwort, wie er in seinem Stande die Pflichten
  Zu erfüllen strebt; dem soll sich niemand entziehen,
  Weder Alte noch Junge, hier außen oder im Kloster.
  Doch Ihr redet zu viel von allerlei Dingen und könntet
  Mich zuletzt zum Irrtum verleiten. Ihr kennet vortrefflich,
  Wie die Welt nun besteht und alle Dinge sich fügen;
  Niemand schickte sich besser zum Pfaffen. Ich käme mit andern
  Schafen, zu beichten bei Euch und Eurer Lehre zu horchen,
  Eure Weisheit zu lernen; denn freilich muß ich gestehen:
  Stumpf und grob sind die meisten von uns und hättens vonnöten.
 
 
  Also hatten sie sich dem Hofe des Königs genähert.
  Reineke sagte: So ist es gewagt! und nahm sich zusammen.
  Und sie begegneten Martin, dem Affen, der hatte sich eben
  Aufgemacht und wollte nach Rom; er grüßte die beiden.
  Lieber Oheim, fasset ein Herz! so sprach er zum Fuchse,
  Fragt' ihn dieses und jenes, obschon ihm die Sache bekannt war.
  Ach, wie ist mir das Glück in diesen Tagen entgegen!
  Sagte Reineke drauf da haben mich etliche Diebe
  Wieder beschuldigt, wer sie auch sind, besonders die Krähe
  Mit dem Kaninchen; sein Weib verlor das eine, dem andern
  Fehlt ein Ohr. Was kümmert mich das? Und könnt ich nur selber
  Mit dem Könige reden, sie beide solltens empfinden.
  Aber mich hindert am meisten, daß ich im Banne des Papstes
  Leider noch bin. Nun hat in der Sache der Dompropst die Vollmacht,
  Der beim Könige gilt. Und in dem Banne befind ich
  Mich um Isegrims willen, der einst ein Klausner geworden,
  Aber dem Kloster entlief, von Elkmar, wo er gewohnet.
  Und er schwur, so könnt er nicht leben, man halt ihn zu strenge,
  Lange könn er nicht fasten und könne nicht immer so lesen.
  Damals half ich ihm fort. Es reut mich; denn er verleumdet
  Mich beim Könige nun und sucht mir immer zu schaden.
  Soll ich nach Rom? Wie werden indes zu Hause die Meinen
  In Verlegenheit sein! Denn Isegrim kann es nicht lassen,
  Wo er sie findet, beschädigt er sie. Auch sind noch so viele,
  Die mir übels gedenken und sich an die Meinigen halten.
  Wär ich aus dem Banne gelöst, so hätt ich es besser,
  Könnte gemächlich mein Glück bei Hofe wieder versuchen.
 
 
  Martin versetzte: Da kann ich Euch helfen, es trifft sich! Soeben
  Geh ich nach Rom und nütz Euch daselbst mit künstlichen Stücken.
  Unterdrücken laß ich Euch nicht! Als Schreiber des Bischofs,
  Dünkt mich, versteh ich das Werk. Ich schaffe, daß man den Dompropst
  Grade nach Rom zitiert, da will ich gegen ihn fechten.
  Seht nur, Oheim, ich treibe die Sache und weiß sie zu leiten;
  Exequieren laß ich das Urteil, Ihr werdet mir sicher
  Absolviert, ich bring es Euch mit; es sollen die Feinde
  Übel sich freun und ihr Geld zusamt der Mühe verlieren:
  Denn ich kenne den Gang der Dinge zu Rom und verstehe,
  Was zu tun und zu lassen. Da ist Herr Simon, mein Oheim,
  Angesehn und mächtig; er hilft den guten Bezahlern.
  Schalkefund, das ist ein Herr! und Doktor Greifzu und andre,
  Wendemantel und Losefund hab ich alle zu Freunden.
  Meine Gelder schickt ich voraus; denn, seht nur, so wird man
  Dort am besten bekannt. Sie reden wohl von Zitieren:
  Aber das Geld begehren sie nur. Und wäre die Sache
  Noch so krumm, ich mache sie grad mit guter Bezahlung.
  Bringst du Geld, so findest du Gnade; sobald es dir mangelt,
  Schließen die Türen sich zu. Ihr bleibet ruhig im Lande;
  Eurer Sache nehm ich mich an, ich löse den Knoten.
  Geht nur nach Hofe, Ihr werdet daselbst Frau Rückenau finden,
  Meine Gattin; es liebt sie der König, unser Gebieter,
  Und die Königin auch, sie ist behenden Verstandes.
  Sprecht sie an, sie ist klug, verwendet sich gerne für Freunde.
  Viele Verwandte findet Ihr da. Es hilft nicht immer,
  Recht zu haben. Ihr findet bei ihr zwei Schwestern, und meiner
  Kinder sind drei, daneben noch manche von Eurem Geschlechte,
  Euch zu dienen bereit, wie Ihr es immer begehret.
  Und versagte man Euch das Recht, so sollt Ihr erfahren,
  Was ich vermag. Und wenn man Euch druckt, berichtet mirs eilig!
  Und ich lasse das Land in Bann tun, den König und alle
  Weiber und Männer und Kinder. Ein Interdikt will ich senden,
  Singen soll man nicht mehr, noch Messe lesen, noch taufen,
  Noch begraben, was es auch sei. Des tröstet Euch, Neffe!
 
 
  Denn der Papst ist alt und krank und nimmt sich der Dinge
  Weiter nicht an, man achtet ihn wenig. Auch hat nun am Hofe
  Kardinal Ohnegenüge die ganze Gewalt, der ein junger
  Rüstiger Mann ist, ein feuriger Mann von schnellem Entschlusse.
  Dieser liebt ein Weib, das ich kenne; sie soll ihm ein Schreiben
  Bringen, und was sie begehrt, das weiß sie trefflich zu machen.
  Und sein Schreiber Johannes Partey, der kennt aufs genauste
  Alte und neue Münze; dann Horchegenau, sein Geselle,
  Ist ein Hofmann; Schleifenundwenden ist Notarius.
  Bakkalaureus beider Rechte, und bleibt er nur etwa
  Noch ein Jahr, so ist er vollkommen in praktischen Schriften.
  Dann sind noch zwei Richter daselbst, die heißen Moneta
  Und Donarius; sprechen sie ab, so bleibt es gesprochen.
 
 
  So verübt man in Rom gar manche Listen und Tücken,
  Die der Papst nicht erfährt. Man muß sich Freunde verschaffen!
  Denn durch sie vergibt man die Sünden und löset die Völker
  Aus dem Banne. Verlaßt Euch darauf, mein wertester Oheim!
  Denn es weiß der König schon lang, ich laß Euch nicht fallen;
  Eure Sache führ ich hinaus und bin es vermögend.
  Ferner mag er bedenken, es sind gar viele den Affen
  Und den Füchsen verwandt, die ihn am besten beraten,
  Und das hilft Euch gewiß, es gehe, wie es auch wolle.
 
 
  Reineke sprach: Das tröstet mich sehr; ich denk es Euch wieder,
  Komm ich diesmal nur los. Und einer empfahl sich dem andern.
  Ohne Geleit ging Reineke nun mit Grimbart, dem Dachse,
  Nach dem Hofe des Königs, wo man ihm übel gesinnt war.