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Italienische Reise — Band 2

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Nun möchte ich denn erst bei euch sein, da sollte es an ein Gespräch gehen, zu Ausführung einiger angedeuteten Punkte. Genug, das wird uns auch werden, und ich danke herzlich, daß eine Säule gesetzt ist, von welcher an wir nun unsre Meilen zählen können. Ich wandle starken Schrittes in den Gefilden der Natur und Kunst herum und werde dir mit Freuden von da aus entgegenkommen.

Ich habe es heute nach Empfang deines Briefes noch einmal durchgedacht und muß darauf beharren: mein Kunststudium, mein Autorwesen, alles fordert noch diese Zeit. In der Kunst muß ich es so weit bringen, daß alles anschauende Kenntnis werde, nichts Tradition und Name bleibe, und ich zwinge es in diesem halben Jahre, auch ist es nirgends als in Rom zu zwingen. Meine Sächelchen (denn sie kommen mir sehr im Diminutiv vor) muß ich wenigstens mit Sammlung und Freudigkeit enden.

Dann zieht mich alles nach dem Vaterlande zurück. Und wenn ich auch ein isoliertes, privates Leben führen sollte, habe ich so viel nachzuholen und zu vereinigen, daß ich für zehn Jahre keine Ruhe sehe.

In der Naturgeschichte bring' ich dir Sachen mit, die du nicht erwartest. Ich glaube dem Wie der Organisation sehr nahe zu rücken. Du sollst diese Manifestationen (nicht Fulgurationen) unsres Gottes mit Freuden beschauen und mich belehren, wer in der alten und neuen Zeit dasselbe gefunden, gedacht, es von eben der Seite oder aus einem wenig abweichenden Standpunkte betrachtet.

Bericht

August

Zu Anfang dieses Monats reifte bei mir der Vorsatz, noch den nächsten Winter in Rom zu bleiben; Gefühl und Einsicht, daß ich aus diesem Zustande noch völlig unreif mich entfernen, auch daß ich nirgends solchen Raum und solche Ruhe für den Abschluß meiner Werke finden würde, bestimmten mich endlich; und nun, als ich solches nach Hause gemeldet hatte, begann ein Zeitraum neuer Art.

Die große Hitze, welche sich nach und nach steigerte und einer allzu raschen Tätigkeit Ziel und Maß gab, machte solche Räume angenehm und wünschenswert, wo man seine Zeit nützlich in Ruh' und Kühlung zubringen konnte. Die Sixtinische Kapelle gab hiezu die schönste Gelegenheit. Gerade zu dieser Zeit hatte Michelangelo aufs neue die Verehrung der Künstler gewonnen; neben seinen übrigen großen Eigenschaften sollt' er sogar auch im Kolorit nicht übertroffen worden sein, und es wurde Mode, zu streiten, ob er oder Raffael mehr Genie gehabt. Die Transfiguration des letzteren wurde mitunter sehr strenge getadelt und die Disputa das beste seiner Werke genannt; wodurch sich denn schon die später aufgekommene Vorliebe für Werke der alten Schule ankündigte, welche der stille Beobachter nur für ein Symptom halber und unfreier Talente betrachten und sich niemals damit befreunden konnte.

Es ist so schwer, ein großes Talent zu fassen, geschweige denn zwei zugleich. Wir erleichtern uns dieses durch Parteilichkeit; deshalb denn die Schätzung von Künstlern und Schriftstellern immer schwankt und einer oder der andere immer ausschließlich den Tag beherrscht. Mich konnten dergleichen Streitigkeiten nicht irremachen, da ich sie auf sich beruhen ließ und mich mit unmittelbarer Betrachtung alles Werten und Würdigen beschäftigte. Diese Vorliebe für den großen Florentiner teilte sich von den Künstlern gar bald auch den Liebhabern mit, da denn auch gerade zu jener Zeit Bury und Lips Aquarellkopien in der Sixtinischen Kapelle für Grafen Fries zu fertigen hatten. Der Kustode ward gut bezahlt, er ließ uns durch die Hintertür neben dem Altar hinein, und wir hauseten darin nach Belieben. Es fehlte nicht an einiger Nahrung, und ich erinnere mich, ermüdet von großer Tageshitze, auf dem päpstlichen Stuhle einem Mittagsschlaf nachgegeben zu haben.

Sorgfältige Durchzeichnungen der unteren Köpfe und Figuren des Altarbildes, die man mit der Leiter erreichen konnte, wurden gefertigt, erst mit weißer Kreide auf schwarze Florrahmen, dann mit Rötel auf große Papierbogen durchgezeichnet.

Ebnermaßen ward denn auch, indem man sich nach dem Altern hinwendete, Leonard da Vinci berühmt, dessen hochgeschätztes Bild, Christus unter den Pharisäern, in der Galerie Aldobrandini ich mit Angelika besuchte. Es war herkömmlich geworden, daß sie Sonntag um Mittag mit ihrem Gemahl und Rat Reiffenstein bei mir vorfuhr und wir sodann mit möglichster Gemütsruhe uns durch eine Backofenhitze in irgendeine Sammlung begaben, dort einige Stunden verweilten und sodann zu einer wohlbesetzten Mittagstafel bei ihr einkehrten. Es war vorzüglich belehrend, mit diesen drei Personen, deren eine jede in ihrer Art theoretisch, praktisch, ästhetisch und technisch gebildet war, sich in Gegenwart so bedeutender Kunstwerke zu besprechen.

Ritter Worthley, der aus Griechenland zurückgekommen war, ließ uns wohlwollend seine mitgebrachten Zeichnungen sehen, unter welchen die Nachbildungen der Arbeiten des Phidias im Fronton der Akropolis einen entschiedenen und unauslöschlichen Eindruck in mir zurückließen, der um desto stärker war, als ich, durch die mächtigen Gestalten des Michelangelo veranlaßt, dem menschlichen Körper mehr als bisher Aufmerksamkeit und Studium zugewendet hatte.

Eine bedeutende Epoche jedoch in dem regsamen Kunstleben machte die Ausstellung der französischen Akademie zu Ende des Monats. Durch Davids "Horatier" hatte sich das übergewicht auf die Seite der Franzosen hingeneigt. Tischbein wurde dadurch veranlaßt, seinen "Hektor, der den Paris in Gegenwart der Helena auffordert", lebensgroß anzufangen. Durch Drouais, Gagneraux, Desmarais, Gauffier, St. Ours erhält sich nunmehr der Ruhm der Franzosen, und Boquet erwirbt als Landschaftsmaler im Sinne Poussins einen guten Namen.

Indessen hatte Moritz sich um die alte Mythologie bemüht; er war nach Rom gekommen, um nach früherer Art durch eine Reisebeschreibung sich die Mittel einer Reise zu verschaffen. Ein Buchhändler hatte ihm Vorschuß geleistet; aber bei seinem Aufenthalt in Rom wurde er bald gewahr, daß ein leichtes loses Tagebuch nicht ungestraft verfaßt werden könne. Durch tagtägliche Gespräche, durch Anschauen so vieler wichtiger Kunstwerke regte sich in ihm der Gedanke, eine Götterlehre der Alten in rein menschlichem Sinne zu schreiben und solche mit belehrenden Umrissen nach geschnittenen Steinen künftig herauszugeben Er arbeitete fleißig daran, und unser Verein ermangelte nicht, sich mit demselben einwirkend darüber zu unterhalten.

Eine höchst angenehme, belehrende Unterhaltung, mit meinen Wünschen und Zwecken unmittelbar zusammentreffend, knüpfte ich mit dem Bildhauer Trippel in seiner Werkstatt an, als er meine Büste modellierte, welche er für den Fürsten von Waldeck in Marmor ausarbeiten sollte. Gerade zum Studium der menschlichen Gestalt, und um über ihre Proportionen als Kanon und als abweichender Charakter aufgeklärt zu werden, war nicht wohl unter andern Bedingungen zu kommen. Dieser Augenblick ward auch doppelt interessant dadurch, daß Trippel von einem Apollokopf Kenntnis erhielt, der sich in der Sammlung des Palasts Giustiniani bisher unbeachtet befunden hatte. Er hielt denselben für eins der edelsten Kunstwerke und hegte Hoffnung, ihn zu kaufen, welches jedoch nicht gelang. Diese Antike ist seitdem berühmt geworden und später an Herrn von Pourtalčs nach Neufchatel gekommen.

Aber wie derjenige, der sich einmal zur See wagt, durch Wind und Wetter bestimmt wird, seinen Lauf bald dahin, bald dorthin zu nehmen, so erging es auch mir. Verschaffelt eröffnete einen Kurs der Perspektive, wo wir uns des Abends versammelten und eine zahlreiche Gesellschaft auf seine Lehren horchte und sie unmittelbar ausübte. Das Vorzüglichste war dabei, daß man gerade das Hinreichende und nicht zuviel lernte.

Aus dieser kontemplativ tätigen, geschäftigen Ruhe hätte man mich gerne herausgerissen. Das unglückliche Konzert war in Rom, wo das Hin — und Widerreden des Tags wie an kleinen Orten herkömmlich ist, vielfach besprochen; man war auf mich und meine schriftstellerischen Arbeiten aufmerksam geworden; ich hatte die "Iphigenie" und sonstiges unter Freunden vorgelesen, worüber man sich gleichfalls besprach. Kardinal Buoncompagni verlangte, mich zu sehen, ich aber hielt fest in meiner wohlbekannten Einsiedelei, und ich konnte dies um so eher, als Rat Reiffenstein fest und eigensinnig behauptete, da ich mich durch ihn nicht habe präsentieren lassen, so könne es kein anderer tun. Dies gereichte mir sehr zum Vorteil, und ich benutzte immer sein Ansehn, um mich in einmal gewählter und ausgesprochener Abgeschiedenheit zu erhalten.

September

Korrespondenz

Den 1. September 1787

Heute, kann ich sagen, ist "Egmont" fertig geworden; ich habe diese Zeit her immer noch hier und da daran gearbeitet. Ich schicke ihn über Zürich, denn ich wünsche, daß Kayser Zwischenakte dazu und was sonst von Musik nötig ist, komponieren möge. Dann wünsch' ich euch Freude daran.

Meine Kunststudien gehen sehr vorwärts, mein Prinzip paßt überall und schließt mir alles auf. Alles, was Künstler nur einzeln mühsam zusammensuchen müssen, liegt nun zusammen offen und frei vor mir. Ich sehe jetzt, wie viel ich nicht weiß, und der Weg ist offen, alles zu wissen und zu begreifen.

Moritzen hat Herders Gotteslehre sehr wohl getan, er zählt gewiß

Epoche seines Lebens davon, er hat sein Gemüt dahin geneigt und war durch meinen Umgang vorbereitet, er schlug gleich wie wohl getrocknet Holz in lichte Flammen.

Rom, den 3. September

Heute ist es jährig, daß ich mich aus Karlsbad entfernte. Welch ein Jahr! und welch eine sonderbare Epoche für mich dieser Tag, des Herzogs Geburtstag und ein Geburtstag für mich zu einem neuen Leben. Wie ich dieses Jahr genutzt, kann ich jetzt weder mir noch andern berechnen; ich hoffe, es wird die Zeit kommen, die schöne Stunde, da ich mit euch alles werde summieren können.

 

Jetzt gehn hier erst meine Studien an, und ich hätte Rom gar nicht gesehen, wenn ich früher weggegangen wäre. Man denkt sich gar nicht, was hier zu sehen und zu lernen ist; auswärts kann man keinen Begriff davon haben.

Ich bin wieder in die ägyptischen Sachen gekommen. Diese Tage war ich einigemal bei dem großen Obelisk, der noch zerbrochen zwischen Schutt und Kot in einem Hofe liegt. Es war der Obelisk des Sesostris, in Rom zu Ehren des Augusts aufgerichtet, und stand als Zeiger der großen Sonnenuhr, die auf dem Boden des Campus Martius gezeichnet war. Dieses älteste und herrlichste vieler Monumente liegt nun da zerbrochen, einige Seiten (wahrscheinlich durchs Feuer) verunstaltet. Und doch liegt es noch da, und die unzerstörten Seiten sind noch frisch, wie gestern gemacht und von der schönsten Arbeit (in ihrer Art). Ich lasse jetzt eine Sphinx der Spitze und die Gesichter von Sphinxen, Menschen, Vögeln abformen und in Gips gießen. Diese unschätzbaren Sachen muß man besitzen, besonders da man sagt, der Papst wolle ihn aufrichten lassen, da man denn die Meroglyphen nicht mehr erreichen kann. So will ich es auch mit den besten hetrurischen Sachen tun u. s. w. Nun modelliere ich nach diesen Bildungen in Ton, um mir alles recht eigen zu machen.

Den 5. September

Ich muß an einem Morgen schreiben, der ein festlicher Morgen für mich wird. Denn heute ist "Egmont" eigentlich recht völlig fertig geworden. Der Titel und die Personen sind geschrieben und einige Lücken, die ich gelassen hatte, ausgefüllt worden; nun freu' ich mich schon zum voraus auf die Stunde, in welcher ihr ihn erhalten und lesen werdet. Es sollen auch einige Zeichnungen beigelegt werden.

Den 6. September

Ich hatte mir vorgenommen, euch recht viel zu schreiben und auf den letzten Brief allerlei zu sagen, nun bin ich unterbrochen worden, und morgen geh' ich nach Frascati. Dieser Brief muß Sonnabends fort, und nun sag' ich nur noch zum Abschied wenige Worte. Wahrscheinlich habt ihr jetzt auch schönes Wetter, wie wir es unter diesem freieren Himmel genießen. Ich habe immer neue Gedanken, und da die Gegenstände um mich tausendfach sind, so wecken sie mich bald zu dieser, bald zu jener Idee. Von vielen Wegen rückt alles gleichsam auf einen Punkt zusammen, ja, ich kann sagen, daß ich nun Licht sehe, wo es mit mir und meinen Fähigkeiten hinaus will; so alt muß man werden, um nur einen leidlichen Begriff von seinem Zustande zu haben. Es sind also die Schwaben nicht allein, die vierzig Jahre brauchen, um klug zu werden.

Ich höre, daß Herder nicht wohl ist, und bin darüber in Sorge, ich hoffe bald bessere Nachrichten zu vernehmen.

Mir geht es immer an Leib und Seele gut, und fast kann ich hoffen, radikaliter kuriert zu werden; alles geht mir leicht von der Hand, und manchmal kommt ein Hauch der Jugendzeit, mich anzuwehen. "Egmont" geht mit diesem Brief ab, wird aber später kommen, weil ich ihn auf die fahrende Post gebe. Recht neugierig und verlangend bin ich, was ihr dazu sagen werdet.

Vielleicht wäre gut, mit dem Druck bald anzufangen. Es würde mich freuen, wenn das Stück so frisch ins Publikum käme. Seht, wie ihr das einrichtet, ich will mit dem Rest des Bandes nicht zurückbleiben.

Der "Gott" leistet mir die beste Gesellschaft. Moritz ist dadurch wirklich aufgebaut worden, es fehlte gleichsam nur an diesem Werke, das nun als Schlußstein seine Gedanken schließt, die immer auseinander fallen wollten. Es wird recht brav. Mich hat er aufgemuntert, in natürlichen Dingen weiter vorzudringen, wo ich denn, besonders in der Botanik, auf ein en kai pan gekommen bin, das mich in Erstaunen setzt; wie weit es um sich greift, kann ich selbst noch nicht sehn.

Mein Prinzip, die Kunstwerke zu erklären und das auf einmal aufzuschließen, woran Künstler und Kenner sich schon seit der Wiederherstellung der Kunst zersuchen und zerstudieren, find' ich bei jeder Anwendung richtiger. Eigentlich ist's auch ein Kolumbisches Ei. Ohne zu sagen, daß ich einen solchen Kapitalschlüssel besitze, sprech' ich nun die Teile zweckmäßig mit den Künstlern durch und sehe, wie weit sie gekommen sind, was sie haben und wo es widerstößt. Die Türe hab' ich offen und stehe auf der Schwelle und werde leider mich von da aus nur im Tempel umsehen können und wieder scheiden.

So viel ist gewiß, die alten Künstler haben ebenso große Kenntnis der Natur und einen ebenso sichern Begriff von dem, was sich vorstellen läßt und wie es vorgestellt werden muß, gehabt als Homer. Leider ist die Anzahl der Kunstwerke der ersten Klasse gar zu klein. Wenn man aber auch diese sieht, so hat man nichts zu wünschen, als sie recht zu erkennen und dann in Friede hinzufahren. Diese hohen Kunstwerke sind zugleich als die höchsten Naturwerke von Menschen nach wahren und natürlichen Gesetzen hervorgebracht worden. Alles Willkürliche, Eingebildete fällt zusammen, da ist die Notwendigkeit, da ist Gott.

In einigen Tagen werde ich die Arbeiten eines geschickten Architekten sehen, der selbst in Palmyra war und die Gegenstände mit großem Verstand und Geschmack gezeichnet hat. Ich gebe gleich Nachricht davon und erwarte mit Verlangen eure Gedanken über diese wichtigen Ruinen.

Freut euch mit mir, daß ich glücklich bin, ja, ich kann wohl sagen, ich war es nie in dem Maße: mit der größten Ruhe und Reinheit eine eingeborne Leidenschaft befriedigen zu können und von einem anhaltenden Vergnügen einen dauernden Nutzen sich versprechen zu dürfen, ist wohl nichts Geringes. Könnte ich meinen Geliebten nur etwas von meinem Genuß und meiner Empfindung mitteilen.

Ich hoffe, die trüben Wolken am politischen Himmel sollen sich zerstreuen. Unsre modernen Kriege machen viele unglücklich, indessen sie dauern, und niemand glücklich, wenn sie vorbei sind.

Den 17. September 1787

Es bleibt wohl dabei, meine Lieben, daß ich ein Mensch bin, der von der Mühe lebt. Diese Tage her habe ich wieder mehr gearbeitet als genossen. Nun geht die Woche zu Ende und ihr sollt ein Blatt haben.

Es ist ein Leid, daß die Aloe in Belvedere eben das Jahr meiner Abwesenheit wählt, um zu blühen. In Sizilien war ich zu früh, hier blüht dies Jahr nur eine, nicht groß, und sie steht so hoch, daß man nicht dazu kann. Es ist allerdings ein indianisch Gewächs auch in diesen Gegenden nicht recht zu Hause.

Des Engländers Beschreibungen machen mir wenig Freude. Die Geistlichen müssen sich in England sehr in acht nehmen, dagegen haben sie auch das übrige Publikum in der Flucht. Der freie Engländer muß in sittlichen Schriften sehr eingeschränkt einhergehn.

Die Schwanzmenschen wundern mich nicht, nach der Beschreibung ist es etwas sehr Natürliches. Es stehen weit wunderbarere Sachen täglich vor unsern Augen, die wir nicht achten, weil sie nicht so nah mit uns verwandt sind.

Daß B. wie mehr Menschen, die kein Gefühl echter Gottesverehrung während ihres Lebens gehabt haben, in ihrem Alter fromm werden, wie man's heißt, ist auch recht gut, wenn man nur sich nicht mit ihnen erbauen soll.

Einige Tage war ich in Frascati mit Rat Reiffenstein, Angelika kam Sonntags, uns abzuholen. Es ist ein Paradies.

"Erwin und Elmire" ist zur Hälfte schon umgeschrieben. Ich habe gesucht dem Stückchen mehr Interesse und Leben zu verschaffen und habe den äußerst platten Dialog ganz weggeschmissen. Es ist Schülerarbeit oder vielmehr Sudelei. Die artigen Gesänge, worauf sich alles dreht, bleiben alle, wie natürlich.

Die Künste werden auch fortgetrieben, daß es saust und braust.

Meine Büste ist sehr gut geraten; jedermann ist damit zufrieden. Gewiß ist sie in einem schönen und edlen Stil gearbeitet, und ich habe nichts dagegen, daß die Idee, als hätte ich so ausgesehen, in der Welt bleibt. Sie wird nun gleich in Marmor angefangen und zuletzt auch in den Marmor nach der Natur gearbeitet. Der Transport ist so lästig, sonst schickte ich gleich einen Abguß; vielleicht einmal mit einem Schiffstransport, denn einige Kisten werd' ich doch zuletzt zusammenpacken.

Ist denn Kranz noch nicht angekommen, dem ich eine Schachtel für die Kinder mitgab?

Sie haben jetzt wieder eine gar graziose Operette auf dem Theater in Valle, nachdem zwei jämmerlich verunglückt waren. Die Leute spielen mit viel Lust, und es harmoniert alles zusammen. Nun wird es bald aufs Land gehen. Es hat einigemal geregnet, das Wetter ist abgekühlt, und die Gegend macht sich wieder grün.

Von der großen Eruption des ätna werden euch die Zeitungen gesagt haben oder sagen.

Den 15. September

Nun hab' ich auch Trencks Leben gelesen. Es ist interessant genug, und lassen sich Reflexionen genug darüber machen.

Mein nächster Brief wird meine Bekanntschaft mit einem merkwürdigen Reisenden erzählen, die ich morgen machen soll.

Freuet euch übrigens meines hiesigen Aufenthalts! Rom ist mir nun ganz familiär, und ich habe fast nichts mehr drin, was mich überspannte. Die Gegenstände haben mich nach und nach zu sich hinaufgehoben. Ich genieße immer reiner, immer mit mehr Kenntnis, das gute Glück wird immer weiter helfen.

Hier liegt ein Blatt bei, das ich, abgeschrieben, den Freunden mitzuteilen bitte. Auch darum ist der Aufenthalt in Rom so interessant, weil es ein Mittelpunkt ist, nach dem sich so vieles hinzieht. Die Sachen des Cassas sind außerordentlich schön. Ich habe ihm manches in Gedanken gestohlen, das ich euch mitbringen will.

Ich bin immer fleißig. Nun hab' ich ein Köpfchen nach Gips gezeichnet, um zu sehen, ob mein Prinzipium Stich hält. Ich finde, es paßt vollkommen und erleichtert erstaunend das Machen. Man wollte nicht glauben, daß ich's gemacht habe, und doch ist es noch nichts. Ich sehe nun wohl, wie weit sich's mit Applikation bringen ließe.

Montag geht es wieder nach Frascati. Ich will sorgen, daß doch heute über acht Tage ein Brief abgehen kann. Dann werd' ich wohl nach Albano gehen. Es wird recht fleißig nach der Natur gezeichnet werden. Ich mag nun von gar nichts mehr wissen, als etwas hervorzubringen und meinen Sinn recht zu üben. Ich liege an dieser Krankheit von Jugend auf krank, und gebe Gott, daß sie sich einmal auflöse.

Den 22. September

Gestern war eine Prozession, wo sie das Blut des heiligen Franziskus herumtrugen; ich spekulierte auf Köpfe und Gesichter, indes die Reihen von Ordensgeistlichen vorbeizogen.

Ich habe mir eine Sammlung von zweihundert der besten Antikengemmen-Abdrücke angeschafft. Es ist das Schönste, was man von alter Arbeit hat, und zum Teil sind sie auch wegen der artigen Gedanken gewählt. Man kann von Rom nichts Kostbareres mitnehmen, besonders da die Abdrücke so außerordentlich schön und scharf sind.

Wie manches Gute werd' ich mitbringen, wenn ich mit meinem Schiffchen zurückkehre, doch vor allem ein fröhliches Herz, fähiger, das Glück, was mir Liebe und Freundschaft zudenkt, zu genießen. Nur muß ich nichts wieder unternehmen, was außer dem Kreise meiner Fähigkeit liegt, wo ich mich nur abarbeite und nichts fruchte.

Den 22. September

Noch ein Blatt, meine Lieben, muß ich euch mit dieser Post eilig schicken. Heute war mir ein sehr merkwürdiger Tag. Briefe von vielen Freunden, von der Herzogin-Mutter, Nachricht von meinem gefeierten Geburtsfeste und endlich meine Schriften.

Es ist mir wirklich sonderbar zumute, daß diese vier zarten Bändchen, die Resultate eines halben Lebens, mich in Rom aufsuchen. Ich kann wohl sagen: es ist kein Buchstabe drin, der nicht gelebt, empfunden, genossen, gelitten, gedacht wäre, und sie sprechen mich nun alle desto lebhafter an. Meine Sorge und Hoffnung ist, daß die vier folgenden nicht hinter diesen bleiben. Ich danke euch für alles, was ihr an diesen Blättern getan habt, und wünsche euch auch Freude bringen zu können. Sorgt auch für die folgenden mit treuen Herzen!

Ihr vexiert mich über die Provinzen, und ich gestehe, der Ausdruck ist sehr uneigentlich. Da kann man aber sehen, wie man sich in Rom angewöhnt, alles grandios zu denken. Wirklich schein' ich mich zu nationalisieren, denn man gibt den Römern schuld, daß sie nur von cose grosse wissen und reden mögen.

Ich bin immer fleißig und halte mich nun an die menschliche Figur. O wie weit und lang ist die Kunst, und wie unendlich wird die Welt, wenn man sich nur einmal recht ans Endliche halten mag.

 

Dienstag, den 25., geh' ich nach Frascati und werde auch dort mühen und arbeiten. Es fängt nun an zu gehen. Wenn es nur einmal recht ginge.

Mir ist aufgefallen, daß in einer großen Stadt, in einem weiten Kreis auch der ärmste, der Geringste sich empfindet, und an einem kleinen Orte der Beste, der Reichste sich nicht fühlen, nicht Atem schöpfen kann.

Frascati, den 28. September 1787

Ich bin hier sehr glücklich, es wird den ganzen Tag bis in die Nacht gezeichnet, gemalt, getuscht, geklebt, Handwerk und Kunst recht ex professo getrieben. Rat Reiffenstein, mein Wirt, leistet Gesellschaft, und wir sind munter und lustig. Abends werden die Villen im Mondschein besucht, und sogar im Dunkeln die frappantesten Motive nachgezeichnet. Einige haben wir aufgejagt, die ich nur einmal auszuführen wünsche. Nun hoff' ich, daß auch die Zeit des Vollendens kommen wird. Die Vollendung liegt nur zu weit, wenn man weit sieht.

Gestern fuhren wir nach Albano und wieder zurück; auch auf diesem Wege sind viele Vögel im Fluge geschossen worden. Hier, wo man recht in der Fülle sitzt, kann man sich was zugute tun, auch brenne ich recht vor Leidenschaft, mir alles zuzueignen, und ich fühle, daß sich mein Geschmack reinigt, nach dem Maße, wie meine Seele mehr Gegenstände faßt. Wenn ich nur statt all des Redens einmal etwas Gutes schicken könnte! Einige Kleinigkeiten gehen mit einem Landsmann an euch ab.

Wahrscheinlich hab' ich die Freude, Kaysern in Rom zu sehen. So wird sich denn auch noch die Musik zu mir gesellen, um den Reihen zu schließen, den die Künste um mich ziehen, gleichsam als wollten sie mich verhindern, nach meinen Freunden zu sehen. Und doch darf ich kaum das Kapitel berühren, wie sehr allein ich mich oft fühle, und welche Sehnsucht mich ergreift, bei euch zu sein. Ich lebe doch nur im Grunde im Taumel weg, will und kann nicht weiter denken.

Mit Moritz hab' ich recht gute Stunden, und habe angefangen, ihm mein Pflanzensystem zu erklären, und jedesmal in seiner Gegenwart aufzuschreiben, wie weit wir gekommen sind. Auf diese Art konnt' ich allein etwas von meinen Gedanken zu Papier bringen. Wie faßlich aber das Abstrakteste von dieser Vorstellungsart wird, wenn es mit der rechten Methode vorgetragen wird und eine vorbereitete Seele findet, seh' ich an meinem neuen Schüler. Er hat eine große Freude daran und ruckt immer selbst mit Schlüssen vorwärts. Doch auf alle Fälle ist's schwer zu schreiben und unmöglich aus dem bloßen Lesen zu begreifen, wenn auch alles noch so eigentlich und scharf geschrieben wäre.

So lebe ich denn glücklich, weil ich in dem bin, was meines Vaters ist. Grüßt alle, die mir's gönnen und mir direkt oder indirekt helfen, mich fördern und erhalten!