Illusion Tod

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Dr. Amit Goswami

Interview mit Dr. Amit Goswami in London

JNM: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Wieso tut sich die derzeitige Wissenschaft so schwer damit, in den Schulen die neue Physik zu lehren: Dass Materie nicht auf Materie aufgebaut ist, sondern im Grunde nur auf so etwas wie Geist, Software oder sollen wir es Bewusstsein nennen – aufgebaut ist?

AG: Die materialistische Weltanschauung ist stark in unserem Denken verankert, denn die Materie können wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Wir nehmen die materielle Welt einfach deutlicher wahr, als das, was wir nur mental wahrnehmen. Die mentalen Erfahrungen lassen sich nicht festnageln.

JNM: Wir können keine Dampfschiffe und Züge damit bauen.

AG: Ganz genau. Wir können keine Dampfschiffe und Züge bauen oder mentale Technologie betreiben, obwohl es die vermutlich in der Zukunft geben wird. Wobei Bücher gewissermaßen erfinderische Technologie sind. Aber man braucht Subtilität und Intelligenz, um das zu verstehen. Die physikalische Seite verstehen wir sofort. Das ist der Vorteil. Zum anderen haben wir die letzten 400 Jahre diese Wissenschaft entwickelt, die auf Materie basiert. Die Wissenschaft wurde als Revolte entwickelt gegen die subtile Art, die Welt zu betrachten, als Revolte gegen die Religion. Man kann weder von den Religionsführern noch von den Wissenschaftlern erwarten, einfach so einen Waffenstillstand zu schließen, nur weil die Quantenphysik sie zusammenbringt. Das wird eine Weile dauern.

JNM: Was würde sich in unserem Denken ändern, wenn wir den Materialismus überwinden könnten?

AG: Das Wichtigste an der bewusstseinsbasierten Weltanschauung ist, dass es zu einem Verstehen führt, was das Leben ist und worum es im Leben geht. Was ist das Bewusstsein und worum geht es beim Bewusstsein, im Sinne von: Was macht uns glücklich, was gibt uns Sinn im Leben? Sobald wir von einem Denken abgerückt sind, das eine nur aufs Überleben ausgerichtete Sicht darstellt, wo Glück bedeutet gut zu essen und materiellen Wohlstand zu haben, die Fähigkeit zu schlafen und Sex zu haben, und uns hingewendet haben zu den feineren Dingen des Lebens, die Suche nach einem Sinn, einem Zweck, dann sind wir bereit.

In der westlichen Welt scheinen manche Länder den Sprung zu schaffen, Länder wie die USA, Deutschland und England. Dort sind die Menschen bereit, sich um die höheren Bedürfnisse zu kümmern. Sie sind nicht mehr zufrieden mit diesem weltlichen Leben, bestehend aus Essen, Trinken, Heiraten, Sex haben. Deswegen sind sie bereit für den höheren Sinn des Lebens. Die Quantenphysik gibt ihnen all das. Es ist wichtig, dass sich die menschlichen Potentiale entwickeln. Ohne die Bereitschaft dazu können diese neuen Ideen sich nicht durchsetzen.

JNM: Die Bereitschaft scheint da zu sein. Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, wird die Physik ihre Richtung ändern müssen, mehr in Richtung Psychologie und Theologie.

AG: Diese Trennung ist eigentlich willkürlich. In der materialistischen Weltanschauung kam es zu einer Trennung zwischen Naturwissenschaften und Biowissenschaften. Sogar in den Biowissenschaften scheint es einfacher zu sein, Amöben und höhere Tiere zu verstehen als die Menschen selbst. Auch die Humanwissenschaften werden unterteilt in Psychologie und Biologie. Die Neurowissenschaft gehört zur Biologie.

Aber die Neurowissenschaft beschäftigt sich nicht wirklich mit den subtileren Dingen. Die Naturwissenschaften beschäftigen sich nur mit Materie - Physik mit den Atomen, Chemie mit den Molekülen. Doch ist es der Wissenschaft nie gelungen, den Unterschied zwischen lebender und nicht-lebendiger Materie zu erklären. Auch war die Wissenschaft bisher nie in der Lage, den Unterschied zwischen vernunftbegabt und nicht-vernunftbegabt zu erklären. Es wird immer deutlicher, dass sich die Kategorien, die wir innerhalb der materialistischen Weltanschauung gesetzt haben, ändern müssen.

Im Gebiet der Chemie geht es noch, denn sie beschäftigt sich mit dem Nicht-lebendigen, Nicht-vernunftbegabten, doch in der Biologie und Psychologie müssen neue Kategorien her, und diese müssen interdisziplinär sein. Der Begriff Bewusstsein hört sich an, als gehöre er in die Psychologie, aber so ist es nicht. Bewusstsein ist die Grundlage von allem. Natürlich ist das Bewusstsein nur minimal vorhanden in der nicht-lebendigen Umwelt.

Die Physik wird in der neuen Wissenschaft keine so große Rolle mehr spielen. Sobald die Physik die Weltsicht festgelegt hat, werden Biologie, Psychologie, die Humanwissenschaften die prominente Rolle in der neuen Wissenschaft einnehmen.

Die Chemie trägt viel zu den mechanischen Wissenschaften bei, ebenso Ingenieurswissenschaften. Die neuen Wissenschaften werden Sozialwissenschaft sein, Aspekte der Biologie, dort wo mechanische Vorgehensweisen nicht passen, und vor allem Humanwissenschaften.

Die Menschen wissen, dass die momentane Weltanschauung hoffnungslos und hilflos ist. Sie kann keinen Einblick geben in die höheren Sphären des menschlichen Daseins, sondern nur in die niederen Aspekte des Lebens.

JNM: Die Menschen fühlen das. Sie finden sich nicht wieder mit ihren Gefühlen und Emotionen, wenn alles auf Hirnfunktionen reduziert wird. Es gibt eine gewisse Offenheit für diese neue Weltanschauung, von der Sie sagen, dass es eigentlich eine sehr alte ist.

AG: Sehr alt und gleichzeitig neu.

Die Leute müssen auch verstehen, dass es an den Wissenschaften liegt. Wissenschaftler werfen uns oft vor, dass wir uns zurück zu den alten Konzepten wenden. Aber das ist nicht der Fall. Die neuen Ideen betrachten die alten Konzepte in einem neuen Licht.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. In der alten Sicht wird das Einheits-Bewusstsein, das wir alle haben, als ein natürlicher, permanenter Aspekt der Menschen angesehen. Deswegen sagen sie zum Beispiel, Liebe ist in allen Menschen, Schönheit und Güte sind in allen Menschen. Aber die neue Sicht macht deutlich: Alles ist potentiell vorhanden, es muss nur verwirklicht werden. Und es gibt Bedingungen für eine Verwirklichung. Die Quantenphysik sagt nicht, dass man automatisch in der Lage ist zu lieben, aber man ist potentiell dazu in der Lage. Sie und ich sind eins, doch sind wir in der Praxis eins? Nein. Wir haben das Potential, eins zu sein. Wir müssen das Eins-sein verwirklichen durch Beziehung oder auf anderen Wegen, aber solange wir das Eins-sein nicht verwirklicht haben, sind wir nur potentiell eins. Dieses Verständnis von Verwirklichung und Potentialität ist der Unterschied zwischen dem alten und neuen Denken.

JNM: Also ist es nicht Gott, der einen gut erschafft, sondern es ist man selbst durch seine Taten?

AG: Es ist beides. Gott erschafft das Potential, aber wir müssen danach handeln.

JNM: Was halten Sie vom Leben nach dem Tod und den Nahtod-Berichten von Millionen Menschen auf der Welt?

AG: Meine Sicht vom Leben nach dem Tod hat sich im Laufe der Jahre verändert. Als ich Mitte der 80er Jahre das Bewusstsein als Basis des Seins entdeckte, war es mir nicht wichtig, was nach dem Tod passiert. Doch mein Denken entwickelte sich weiter mit der Quantenphysik. Die Quantenphysik umschließt all unsere Erfahrungen.

Sobald ich verstand, dass Materie auf dem Bewusstsein basiert, konnte ich mir auch vorstellen, dass es einen nicht-physischen Verstand, einen nicht-physischen Energiekörper und einen nicht-physischen Körper geben kann. Und nachdem ich das begriffen hatte, verstand ich, dass zwar der materielle Körper stirbt, aber dass es auch diese nicht-physischen Körper gibt, Energiekörper, die auch zu unserem Sein gehören und dass sie nicht zerstört werden wie der physische Körper. Diese Energiekörper beinhalten alles, was persönlich ist.

Ein Teil unseres Ichs ist nicht-lokal, nicht an unseren Körper gebunden. Es wird nicht im Gehirn aufbewahrt. Außerhalb von Raum und Zeit.

JNM: Das bedeutet, dass es in der Quantenphysik keinen Grund gibt, ein Leben nach dem Tod zu verleugnen, denn es kann alles erklärt werden?

AG: Das meiste davon. Nicht alles. Wenn man zum Beispiel sagt, Details aus diesem Leben sind im nicht-lokalen Gedächtnis, ist die Antwort gewissermaßen ja, aber wie kommt man da ran? Die Antwort ist auch nein. Doch die Neigungen, die wir uns in diesem Leben aneignen – wenn wir annehmen, dass es ein Karma-Gesetz gibt – sind wie Perlen an einem Faden. Dieses Konzept existiert auch im Hinduismus.

Wenn man also dieses Gesetz hat, sowie die Idee der Quantenphysik, dass Dinge nicht-lokal gespeichert werden können, kann man in Bezug auf Reinkarnation sagen, dass etwas weiterlebt, das notwendig ist, um die Lernaufgaben zu bestehen. Diese können sein: Lernen zu lieben, lernen gut zu sein, aber auch die andere Seite, denn ich will unsere negative Seite nicht leugnen. Diese und unsere Neigungen können weitergegeben werden von einem Leben zum nächsten und zum übernächsten. Das ist der Grund für die Reinkarnation.

Es gibt noch weitere Hinweise dafür, dass das Bewusstsein nicht im Gehirn sitzt, wie Channelings zum Beispiel. Sehen wir uns Channelings an: Leute, die tot sind, nehmen Kontakt mit Menschen aus dem Diesseits auf. Das geht nur, wenn ein Teil des Bewusstseins nach dem Tod weiterlebt.

Dann gibt es ein Phänomen in der Quantenmechanik, das sich „Delayed Choice Experiment“ nennt. Wie erinnern sich Menschen an Dinge, die passiert sind, während ihre Gehirne tot waren? Im Moment der Wiederbelebung erinnern sie sich an alles, was geschehen ist, nachdem das Gehirn eigentlich gestorben war. Sie müssen dennoch all diese Erfahrungen gemacht haben, um sich erinnern zu können.

 

JNM: Würden Sie differenzieren zwischen Bewusstsein und dem Träger des Bewusstseins? Denn das Bewusstsein ist ein Zustand, und dann ist da noch einer, der das Bewusstsein trägt?

AG: Ich würde nicht von Träger sprechen, sondern davon, dass das Gehirn das Bewusstsein repräsentiert.

JNM: Was ich meine, ist, wenn der Körper stirbt und jemand aus dem Körper austritt, wer ist dieser jemand?

AG: „Er“ existiert nicht, wenn das Gehirn stirbt. Die Erfahrung ist potentiell. Diese potentielle Erfahrung wird nach der Wiederbelebung verwirklicht. Im Moment der Wiederbelebung ist dieser jemand separat vom Subjekt oder Objekt. Doch in der Zeitspanne, in der dieser jemand tot ist, gibt es kein „er“ oder „sie“. Es gibt kein Ich oder kein Objekt, es gibt nur das reine Bewusstsein.

JNM: Gibt es nach Ihrer Theorie das Faktum der Reinkarnation?

AG: Die Erfahrungen, die wir im Leben machen, produzieren Neigungen, Eigenschaften. Diese können recycled, in das nächste Leben transportiert werden. Die Erfahrung selbst kann nicht recycled werden, denn wenn wir zu viele Wiederholungen haben, fangen sie an, uns zu langweilen. Wenn wir älter werden, merken wir das. Wir wiederholen nicht die Erfahrung, sondern Neigungen. Wie sich herausstellte, gehen unsere Neigungen nicht unbedingt von diesem Leben zum nächsten über. Neigungen summieren sich durch viele Reinkarnationen hindurch und man nimmt nur eine Auswahl davon mit, die in das Programm passt, das wir für uns selbst für dieses Leben geschrieben haben.

Dieses Konzept gab es schon vor Tausenden von Jahren in den hinduistischen Theorien über Reinkarnation. Die Quantenphysik bestätigt das, neue Forschungen bestätigen das. Es ist sehr interessant, in welche Richtung sich die neuen Wissenschaften in Bezug auf das Weiterleben nach dem Tod entwickeln.

In anderen Worten, wir werden überrascht davon. Es sieht sehr vielversprechend aus: Wir erkennen, dass wir in diese Welt nicht ohne Grund kommen, sondern mit einem Plan. Wir erforschen bestimmte Archetypen, die uns sehr wichtig sind, wie Liebe, Gerechtigkeit, Schönheit, Wahrheit. Wenn man sich das Leben der meisten Menschen ansieht, sieht man, dass fast jeder in jedem Beruf irgendeinem Archetyp folgt. Diese grundlegenden Konzepte von Denken und Fühlen erfüllen uns mit Freude und einem Ziel.

JNM: Was ist für Sie das Phänomen des Lebens. Gibt es einen Unterschied zwischen „toter“ und „lebendiger“ Materie?

AG: Eine sehr gute Frage. Niels Bohr, einer der ersten Quantenphysiker, ein sehr intelligenter Wissenschaftler, stellte immer diese Frage. Was ist der Unterschied? Hier ist die Zelle, sie lebt. Einen Moment später ist die Zelle tot, aber es sind dieselben Moleküle. Nach all den Jahren denke ich, ich kenne den Unterschied. Der Unterschied ist, im „nicht-lebendigen“ gibt es keine Erfahrungen. In anderen Worten: Das Bewusstsein kann sich nicht zeigen im „nicht-lebendigen“. Bei der lebendigen Materie ist etwas fundamental anders, was der lebendigen Materie ermöglicht, ein Bewusstsein zu entwickeln. Dieses etwas, fand ich durch Eingebung heraus, ist eine verwickelte Hierarchie. Dies ist ein sehr spezifisches Konzept, das ich genauer erklären muss. Verwickelte Hierarchie bedeutet, im elementaren Teil sind die Atome und Moleküle, aus diesen ist alle Materie aufgebaut. Ein Felsen hat auf der höchsten Ebene Moleküle, die in Atome geteilt werden können. Das ist die Struktur von nicht-lebendiger Materie. Auch die lebendige Materie ist aus Atomen und Molekülen aufgebaut, aber dann kommen wir zur lebendigen Zelle.

Im wörtlichen Sinne ist das Subjekt mehr als Moleküle, das Ganze ist mehr als seine Teile. Die Menschen nennen das Holismus. Obwohl man nur ein vages Konzept hat, dass da irgendetwas sein muss, das nicht in Moleküle zerlegt werden kann. Auch die Quantenphysik kann dieses Problem nicht lösen, es sei denn, man sagt, dass diese Dinge, wie Gehirne oder lebendige Zellen, etwas sehr spezielles an sich haben, das nicht zerlegt werden kann. Das ist die verwickelte Hierarchie. In einem holistischen System kann ein Teil nicht ohne das andere sein. Gehirne und lebendige Zellen sind der körperliche Teil, und dann gibt es noch die Erinnerungen. Diese Teile bilden einen Kreis. In diesem Kreis steckt das Bewusstsein fest. Wenn das Bewusstsein in diesen Kreis kommt, kann es nicht mehr heraus. Kommt es doch heraus, verliert das Subjekt das Bewusstsein. Das ist der Unterschied zwischen bewusst und unbewusst. Solange der Kreis Bewusstsein „einfangen“ kann, ist man lebendig. Verliert er die Fähigkeit, Bewusstsein einzufangen, ist man tot. So können wir nicht nur zwischen vernunftbegabt und nicht-vernunftbegabt unterscheiden, sondern auch zwischen lebendig und nicht-lebendig.

Was also ist diese verwickelte Hierarchie? Beim Gehirn ist das Bewusstsein sehr klar erkennbar; der Wahrnehmungsapparat und Erinnerungsapparat. Bei der Zelle ist es nicht so offensichtlich. Aber wie sich herausstellte, wie Bruce Lipton herausgefunden hat, hat auch die Zelle ein Bewusstsein. Und das Wasser in der Zelle ist offensichtlich der Erinnerungsapparat. Wir erkennen immer mehr, dass Erinnerungen in den Zellen abgespeichert werden. Also haben wir einen Wahrnehmungsapparat und einen Erinnerungsapparat in der Zelle. Nach und nach beginnen wir, den Unterschied zu verstehen. Sobald die Zelle die Fähigkeit besitzt, Bewusstsein einzufangen, hat sie ein Selbst, das getrennt ist vom Objekt. Das ist das Überraschendste an der lebendigen Zelle, dass sie ein Ganzes ist, getrennt von der Umgebung. Wo kommt diese Ganzheit her? Diese Ganzheit ist das, wovon ich spreche, die Repräsentation von Bewusstsein. Die Zelle betrachtet sich selbst als getrennt von der Umgebung. Diese Getrenntheit ist das, was wir Leben nennen.

Das ist die Ebene, die nach dem Unbelebten kommt. Das Belebte ist Bewusstsein, verwirklicht in der lebendigen Zelle.

JNM: Sie haben sich kritisch geäußert zur darwinistischen Evolutionstheorie. Was ist falsch an der bisherigen darwinistischen Evolutionstheorie bzw. wie entstehen ihrer Ansicht nach neue Arten?

AG: Eine sehr interessante Frage. Darwins Evolutionstheorie – ist es eine Theorie der Artenentwicklung oder nur eine Theorie der Anpassung? Darwin selbst begann die Evolutionstheorie nur als Theorie der Anpassung. Dann wurde er von seinem Erfolg verführt und machte sie zu einer Theorie der Artenentwicklung. Genau genommen hatte Darwin selbst Zweifel an seiner Theorie. Zum Beispiel wusste er, dass, wenn eine neue Art entsteht, die neue Art oft ein neues Organ hat. Und er fragte sich, wie kann ein neues Organ entstehen aus kleinen, langsamen, kaum merklichen Veränderungen? Darwin selbst sagte: Nehmt als Beispiel das Auge. Dazu sind Tausende von genetischen Mutationen nötig. Und dann zu erwarten, dass all diese Mutationen bleiben bis alles zusammenpasst, ist absolut unsinnig. Sie würden doch durch natürliche Auslese ausgelöscht werden. Wenn eine genetische Mutation dem Organismus beim Überleben hilft, nur dann wird die natürliche Auslese genau diese Mutation weitergeben. Alles andere wird eliminiert. Darwin selbst bemerkte, dass die meisten Mutationen nicht sehr effizient sind und deswegen eliminiert werden. Wieso werden so viele Mutationen, von denen die meisten nicht nützlich sind, weitergegeben? Die Antwort ist, dass die Arten sich nicht in einem Schritt entwickeln, sondern in zwei oder drei Schritten. Doch für jeden Schritt sind Tausende Mutationen nötig. Vom einfachen Insektenauge bis zum menschlichen Auge sind Millionen Mutationen nötig. Also war Darwins ursprüngliche Kritik an seiner eigenen Theorie berechtigt.

Wie erklären wir uns das in der Quantenphysik? Jede Veränderung ist eine potentielle Veränderung. Das Potential bleibt vorhanden, bis das neue Organ entsteht. Bis es nützlich ist, bis es genutzt wird, wird es nicht verwirklicht, sondern bleibt Potential. So einfach ist das. Die Frage ist nur, wer verwirklicht das Potential? Hat der Organismus die Intelligenz, das nötige Potential zu wählen, um das Organ zu entwickeln? Es ist nicht der einzelne Organismus, der wählt, sondern die ganze Spezies. Wenn man sich das Spezies-Bewusstsein betrachtet, und dazu den natürlichen Lebensraum ansieht; wenn sich der Lebensraum auf katastrophale Weise ändert, schafft es das Spezies-Bewusstsein, dass sich die Art auf richtige Weise an die Veränderungen der Umweltbedingungen anpasst. Das Spezies-Bewusstsein ist da sehr effektiv, und dafür haben wir Beweise, die sogenannte gezielte Mutation. Es ist ein sehr einfaches Experiment, aber die Leute, die es durchführten, verdienen wirklich Anerkennung dafür. Sie nahmen eine Spezies und ließen sie hungern, indem sie ihr Laktose fütterten, was sie nicht verdauen kann. Es brauchte nur einen Schritt, bis sie es verdauen konnte. Teuflisch, nicht wahr? Es sollte viel länger dauern, bis es zur Mutation kommt. Kann die Spezies auf diese Art überleben? Sie konnte. Das nennt man gezielte Mutation. Die Spezies hat gezielt ihre eigene Mutation vorangetrieben, machte den Schritt, damit sie überleben konnte. Das ist ein erstaunlicher Beweis für die Theorien, über die ich spreche. Das Spezies-Bewusstsein kann, wenn nötig, die notwendigen Veränderungen einleiten.

JNM: Man könnte es als die Absicht zu überleben sehen.

AG: Ja, die Absicht zu überleben ist die Grundlage. Woher kommt das? Ebenfalls vom Bewusstsein. Darwin schwindelte ein wenig, als er das Wort Überleben benutzte. Wir können nicht den Schritt machen vom Überleben eines Moleküls, zum Überleben zweier Moleküle, zur ganzen Spezies. Auch bei den einfachsten Lebensformen gibt es keine Grundlage für Darwinismus. Wir haben bisher keinen Hinweis gefunden, wie man eine Zelle dazu motivieren kann, zu überleben. Zuerst kommt das Leben, dann das Überleben.

Wenn man sich die Frage nach lebendig oder nicht-lebendig ansieht, ist es auffallend, dass die DNA und die Proteine programmierte Moleküle sind. Das Programm der DNA ist es, Proteine zu bauen, und das Protein hat das Programm, biologische Funktionen auszuüben. Das ist der Schlüssel. 1994 schrieb ich darüber eine Arbeit. Es gibt in der Biologie sozusagen Hardware und Software, das, was programmiert ist. Protein und DNA sind programmierte Moleküle. Wenn man sich Gentechnik ansieht, sie alle nutzen DNA und Proteine, doch wurden noch nie programmierte Moleküle im Labor hergestellt. Das sagt uns doch etwas!

JNM: Die ganze Sache ergibt keinen Sinn ohne das Konzept des Bewusstseins.

AG: Das Bewusstsein programmiert die Moleküle. Rupert Sheldrake mit seiner Theorie der „Morphogenetischen Felder“ kann Ihnen mehr dazu sagen.

JNM: Gehen wir weiter auf das Bewusstsein ein. Sie sagen, das Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins. Um es in die mondäne Welt zu übersetzen: Wie können Sie, so wie Sie hier sitzen, auf dem Bewusstsein basieren?

AG: Bewusstsein ist die Grundlage allen Seins, und es hat Potentialitäten. Es gibt zwei Arten von Potentialitäten. Die Potentialität für Objekte und die Potentialität für Subjekte. Wenn wir unsere Erfahrungen ansehen, hat jede Erfahrung zwei Pole: Objekte und Subjekte. Der Subjekt-Anteil des Bewusstseins ist es, der Erfahrungen macht. Der Objekt-Anteil ist passiv. Er macht keine Erfahrungen. Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Es ist nicht alles bewusst in dem Sinne, in dem Sie das Wort verstehen. Objekte wie dieses Sofa erfahren keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Doch für das Subjekt ist es ein Objekt der Erfahrung. In dem Sinne ist alles Bewusstsein. Es ist nicht außerhalb des Bewusstseins. Doch hat es kein Bewusstsein in dem Sinne, dass es keinen Wahrnehmungsapparat hat. Doch in der lebendigen Zelle oder im Gehirn ist so ein Wahrnehmungsapparat, Bewusstsein kann sich zeigen. Subjekt-Potentialität kann sich im Gehirn oder der lebendigen Zelle zeigen, Objekt-Potentialität wird nie eine Repräsentation des Bewusstseins darstellen. Materie, die niemals Bewusstsein einfangen kann.

JNM: Wenn das Bewusstsein die Grundlage von allem ist, warum gibt es dann überhaupt ein physisches Universum?

AG: Eine sehr gute Frage. Sehen wir uns Perfektion an. Bewusstsein mit Potentialitäten hat eine gewisse Perfektion. Potentialitäten sind nur Potentialitäten, es steckt keine Erfahrung darin. Erfahrungen können sowohl Leiden als auch Freude bedeuten. Die Manifestation der Potentialität ist nicht länger perfekt. Ohne Manifestation scheint es perfekt, denn es gibt keine Erfahrungen. Es ist schon ein Ganzes. Warum also das Ganze zerstören und für einen Moment zumindest imperfekt machen? Die Antwort lautet: Das ist das Spiel der Potentialitäten und des Bewusstseins. Das Bewusstsein hat Perfektion, aber diese Perfektion steckt auch in der manifestierten Welt. Kann die manifestierte Welt Perfektion ebenfalls manifestieren, nicht nur das Potential für Perfektion? Können Menschen oder höhere Wesen sich in eine Richtung entwickeln, die es ihnen ermöglicht, auf perfekte Art zu leben, ohne Leiden?

 

Das ist die Herausforderung. Wenn man sich die Menschen anschaut, und das habe ich ausführlich getan, sieht man, dass man über die prähistorischen Ereignisse nicht allzu viel sagen kann. Wir wissen, dass es die Jäger und Sammler gab, und dass die Gedankenwelt der Menschen damals sehr physisch war, sie konnten nur über physische Probleme nachdenken. Man musste jagen und sammeln, damit man etwas zu essen hatte. Doch im Zeitalter des Ackerbaus wurde die Vorstellungswelt subtiler. Die Leute begannen, sich mit ihren Gefühlen und Erinnerungen auseinanderzusetzen, sie waren näher beisammen als zu den Zeiten, als die Männer Jäger und die Frauen Sammler waren. Sie gingen Beziehungen ein.

Im nächsten Schritt wurden Männer und Frauen wieder mehr getrennt, Landherren schwangen sich auf. Unser Verstand bekam die Fähigkeit, den Geschehnissen Bedeutung zu geben und über den Sinn nachzudenken. Irgendwann kam die Industriegesellschaft und heute die Hightech-Gesellschaft. Unser rationales Denken hat sich tatsächlich extrem verfeinert.

Aber was kommt als nächstes? Der nächste Schritt wurde vor etwa 3000 Jahren vorbereitet durch die Entdeckung der Archetypen. Wir können liebend und gut sein, Liebe ist ein Archetyp in dem Sinne, dass wir nicht wirklich wissen, was sie ist. Doch gibt er uns den besten Zusammenhang für das Denken oder Fühlen. Es ist ein wundervolles Gefühl, so dass jeder, mit Ausnahme vielleicht von Soziopathen, nach Liebe strebt. Die Archetypen, obwohl wir nicht genau wissen was sie sind, führen unsere Zivilisation. Archetypen fühlen sich richtig an, wenn wir sie verkörpern. Das ist unser Weg zur Perfektion. Je mehr wir die Archetypen verkörpern, umso näher gelangen wir an die Perfektion.

JNM: Kann ich das so zusammenfassen: Das Bewusstsein nimmt die Herausforderung an, eine perfekte Welt zu schaffen, und es gibt nicht auf, bis das erreicht ist?

AG: Ja, und das kann Millionen von Jahren dauern. Es werden andere Planeten und Erden da sein, auf denen das Bewusstsein es weiter versucht. Nun haben wir die Dunkle Materie entdeckt, eine weitere große materielle Welt, wo das Sein sogar noch subtiler ist als das menschliche Sein. Es gibt unglaubliche Möglichkeiten für das Bewusstsein, Perfektion anzustreben.

JNM: Glauben Sie, dass es ein ultimatives Konzept, einen Plan gibt, wo das Leben hingeht?

AG: Ich denke, das ultimative Ziel des Universums führt zurück ins Nichts. Aber es ist beinahe unvorstellbar. Doch sehen wir uns die Weltanschauung der Quantenphysik an. Die Grundlage des Seins ist Bewusstsein. In der Wissenschaft sollte jedes Konzept überprüfbar sein. Wie überprüfen wir, dass das Bewusstsein die Grundlage allen Seins ist? Meine eigene Suche ist ein sehr gutes Beispiel dafür, denn wenn ich nicht diese zwei Ebenen der Realität erfahren hätte, dieses Eins-Sein wäre es für mich nicht nachvollziehbar. Es ist wichtig zu überprüfen, dass die Metaphysik real ist, aber das werden wir nicht mit Instrumenten messen können. Nur ein Mensch kann es erfahren. Nur ein Mensch kann das Eins-Sein mit der Grundlage allen Seins erfahren. In der spirituellen Literatur wird dieser Zustand Einheit ohne Trennung genannt. Die Einheit, die ich erfahren habe, war die Einheit mit Erfahrung. Einheit ohne Erfahrung kann sowohl geschehen als auch nicht geschehen; wir sprechen von Potentialität.

In der Quantenphysik gibt es das Konzept der „Delayed Choice“. Wir sind eins, dann wachen wir auf und sind manifestiert, getrennt. Man kann sich an das Eins-Sein erinnern, dabei geht man zurück in der Zeit. Spirituelle Lehrer wie Jesus und Buddha haben darüber nachgedacht und indirekte Andeutungen gemacht. Buddha vor allem beim Konzept des Nirwana.

Was bedeutet das? Es bedeutet, es ist das ultimative Ziel, dass jedes menschliche Wesen in der Lage sein wird, sich mit dem höheren Bewusstsein selbst zu verbinden. Und dass es dann zurückkommen kann und sagen kann „Schaut, ich habe es getan“.

JNM: Wenn das jeder getan hat, gibt es keinen Grund mehr, zurückzukommen.

AG: Das ist das ultimative Ziel.

JNM: Eine Frage zur Definition: Was ist Bewusstsein? Was ist das Quantenbewusstsein?

AG: Der Verstand ist das Vehikel, durch das das Bewusstsein denkt, das Bewusstsein ist die Grundlage. Das Problem ist, dass die Leute zwar das Bewusstsein und die Möglichkeiten haben, aber manche Möglichkeiten leben wir, die persönlichen Möglichkeiten. Dann gibt es noch die kollektiven Möglichkeiten im kollektiven Bewusstsein. Alle Möglichkeiten sind potentiell im Bewusstsein angelegt. Diesen Teil nennen wir das Quantenbewusstsein. Das Quantenbewusstsein ist ein neuer Teil der Möglichkeiten, die noch keiner verwirklicht hat. Noch nicht verwirklichte Potentialitäten. Ich nenne es Quantenbewusstsein, aber man könnte es auch anders interpretieren. Das Wort Quantum selbst hatte ursprünglich nur die Bedeutung einer begrenzten Menge von Energie. Heute benutzen wir das Wort Quantum, um ein Objekt zu bezeichnen, das auf zwei Ebenen existiert. Als Potentialität und als Manifestation.

Ein Quantenbewusstsein ist also ein Bewusstsein, das fähig ist, sowohl eine Potentialität als auch eine Verwirklichung zu sein.

JNM: Würden Sie es einfacher finden, Ihre Konzepte in Sanskrit zu erklären?

AG: So gut kann ich Sanskrit gar nicht. Ich habe es drei Jahre in der Schule gelernt, habe es aber seitdem kaum benutzt. Manche der Sanskrit-Sutras handeln von ähnlichen Themen, so nutze ich auch manchmal Ausdrücke aus dem Sanskrit, wenn die englische Sprache nicht subtil genug ist. „Somati“ zum Beispiel; im Christentum gibt es den Heiligen Geist, der dem Somati nahe kommt. Im Japanischen gibt es das Wort „Satori“, das ihm ähnelt, im Deutschen „Das Sein“. Somati beschreibt es am besten, denn es beinhaltet, dass Subjekt und Objekt aufeinander liegen. Normalerweise ist die Trennung zwischen Subjekt und Objekt groß, doch in diesem Zustand fühlt man sich, als ob alles eins wäre. Ich habe mich gefühlt, als ob das Gras ich wäre, als ob das Gebäude ich wäre, Dinge und Leute sind ich, alles verschmolz zu einem.

Wenn man ein falsches Wort benutzt, verstehen die Leute einen nicht richtig. Das Sein trifft es nicht ganz, denn Trennung ist ein Teil der Erfahrung. Es gibt ein Subjekt, das auf die Einheit blickt. Wenn Subjekt und Objekt aufeinander liegen, gibt es noch eine minimale Trennung.

JNM: Die letzte Frage. Ist der Tod nur eine Illusion?

AG: Warum soll man Angst vor dem Tod haben, wenn er doch nur ein tiefer Schlaf ist, nach dem wir zurückkehren in einem neuen Körper? Wir sollten uns auf den Tod freuen. Ja, die Angst vor dem Tod ist eine Illusion.

Ist der Tod selbst eine Illusion? Nein. In einer Illusion steckt keine Ordnung. Bei Leuten, die einen sehr bewussten Tod erlebten, beschrieben ihre Angehörigen es als sehr friedlich. Man kann es auch als Beweis sehen für die Quanten-Nichtlokalität. Ich frage mich bei Hospizmitarbeitern, ob sie bei so vielen Todesstunden dabei sind, weil sie diese speziellen Momente genießen, vielleicht auch nur unbewusst. Sie können wundervoll sein und einem Frieden geben.