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Reden an die deutsche Nation

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Diese Reden beschwören euch Alte. So wie ihr eben gehört habt, denkt man von euch, und sagt es euch unter die Augen; und der Redner setzt in seiner eignen Person freimütig hinzu, daß, die freilich auch nicht selten vorkommenden und um so verehrungswürdigern Ausnahmen abgerechnet, in Absicht der großen Mehrheit unter euch man vollkommen recht hat. Gehe man durch die Geschichte der letzten zwei oder drei Jahrzehnte; alles außer ihr selbst stimmt überein, sogar ihr selbst, jeder in dem Fache, das ihn nicht unmittelbar trifft, stimmt mit überein, daß, immer die Ausnahmen abgerechnet und nur auf die Mehrheit gesehen, in allen Zweigen, in der Wissenschaft sowie in den Geschäften des Lebens, die größere Untauglichkeit und Selbstsucht sich bei dem höheren Alter gefunden habe. Die ganze Mitwelt hat es mit angesehen, daß jeder, der das Bessere und Vollkommenere wollte, außer dem Kampfe mit seiner eignen Unklarheit und den übrigen Umgebungen noch den schwersten Kampf mit euch zu führen hatte; daß ihr des festen Vorsatzes waret, es müsse nichts aufkommen, was ihr nicht ebenso gemacht und gewußt hättet; daß ihr jede Regung des Denkens für eine Beschimpfung eures Verstandes ansahet, und daß ihr keine Kraft ungebraucht ließet, um in dieser Bekämpfung des Bessern zu siegen, wie ihr denn gewöhnlich auch wirklich siegtet. So waret ihr die aufhaltende Kraft aller Verbesserungen, welche die gütige Natur aus ihrem stets jugendlichen Schoße uns darbot, so lange, bis ihr versammelt wurdet zu dem Staube, der ihr schon vorher waret, und das folgende Geschlecht, im Kriege mit euch, euch gleich geworden war und eure bisherige Verrichtung übernahm. Ihr dürft nur auch jetzt handeln, wie ihr bisher bei allen Anträgen zur Verbesserung gehandelt habt, ihr dürft nur wiederum eure eitle Ehre, daß zwischen Himmel und Erde nichts sein solle, das ihr nicht schon erforscht hättet, dem gemeinsamen Wohle vorziehen: so seid ihr durch diesen letzten Kampf alles fernern Kämpfens überhoben; es wird keine Verbesserung erfolgen, sondern Verschlimmerung auf Verschlimmerung, so daß ihr noch manche Freude erleben könnt.

Man wolle nicht glauben, daß ich das Alter als Alter verachte und herabsetze. Wird nur durch Freiheit die Quelle des ursprünglichen Lebens und seiner Fortbewegung aufgenommen in das Leben, so wächst die Klarheit und mit ihr die Kraft, solange das Leben dauert. Ein solches Leben lebt sich besser, die Schlacken der irdischen Abkunft fallen immer mehr ab, und es veredelt sich herauf zum ewigen Leben und blüht ihm entgegen. Die Erfahrung eines solchen Alters söhnt nicht aus mit dem Bösen, sondern sie macht nur die Mittel klarer und die Kunst gewandter, um dasselbe siegreich zu bekämpfen. Die Verschlimmerung durch zunehmendes Alter ist lediglich die Schuld unsrer Zeit, und allenthalben, wo die Gesellschaft sehr verdorben ist, muß dasselbe erfolgen. Nicht die Natur ist es, die uns verdirbt, diese erzeugt uns in Unschuld, die Gesellschaft ist's. Wer nun der Einwirkung derselben einmal sich übergibt, der muß natürlich immer schlechter werden, je länger er diesem Einflusse ausgesetzt ist. Es wäre der Mühe wert, die Geschichte andrer sehr verdorbener Zeitalter in dieser Rücksicht zu untersuchen und zu sehen, ob nicht zum Beispiel auch unter der Regierung der römischen Imperatoren das, was einmal schlecht war, mit zunehmendem Alter immer schlechter geworden.

Euch Alte sonach und Erfahrene, die ihr die Ausnahme macht, euch zuvörderst beschwören diese Reden: bestätigt, bestärkt, beratet in dieser Angelegenheit die jüngere Welt, die ehrfurchtsvoll ihre Blicke nach euch richtet. Euch andre aber, die ihr in der Regel seid, beschwören sie: helfen sollt ihr nicht, störet nur dieses einzige Mal nicht, stellt euch nicht wieder, wie bisher immer, in den Weg mit eurer Weisheit und euren tausend Bedenklichkeiten. Diese Sache, sowie jede vernünftige Sache in der Welt, ist nicht tausendfach, sondern einfach, welches auch unter die tausend Dinge gehört, die ihr nicht wißt. Wenn eure Weisheit retten könnte, so würde sie uns ja früher gerettet haben, denn ihr seid es ja, die uns bisher beraten haben. Dies ist nun, sowie alles andre, vergeben, und soll euch nicht weiter vorgerückt werden. Lernt nur endlich einmal euch selbst erkennen, und schweiget.

Diese Reden beschwören euch Geschäftsmänner. Mit wenigen Ausnahmen waret ihr bisher dem abgezogenen Denken und aller Wissenschaft, die für sich selbst etwas zu sein begehrte, von Herzen feind, obwohl ihr euch die Miene gabet, als ob ihr dieses alles nur vornehm verachtet; ihr hieltet die Männer, die dergleichen trieben, und ihre Vorschläge so weit von euch weg, als ihr irgend konntet; und der Vorwurf des Wahnsinnes, oder der Rat, sie ins Tollhaus zu schicken, war der Dank, auf den sie bei euch am gewöhnlichsten rechnen konnten. Diese hinwiederum getrauten sich zwar nicht über euch mit derselben Freimütigkeit sich zu äußern, weil sie von euch abhingen, aber ihres innern Herzens wahrhafte Meinung war die: daß ihr mit wenigen Ausnahmen seichte Schwätzer seiet und aufgeblasene Prahler, Halbgelehrte, die durch die Schule nur hindurchgelaufen, blinde Zutapper und Fortschleicher im alten Geleise, und die sonst nichts wollten oder könnten. Straft sie durch die Tat der Lüge, und erweiset hierzu die jetzt euch dargebotene Gelegenheit; legt ab jene Verachtung für gründliches Denken und Wissenschaft, laßt euch bedeuten, und höret und lernet, was ihr nicht wißt; außerdem behalten eure Ankläger recht.

Diese Reden beschwören euch Denker, Gelehrte, Schriftsteller, die ihr dieses Namens noch wert seid. Jener Tadel der Geschäftsmänner an euch war in gewissem Sinne nicht ungerecht. Ihr ginget oft zu unbesorgt im Gebiete des bloßen Denkens fort, ohne euch um die wirkliche Welt zu bekümmern, und nachzusehen, wie jenes an diese angeknüpft werden könne; ihr beschriebet euch eure eigne Welt, und ließet die wirkliche zu verachtet und verschmähet auf der Seite liegen. Zwar muß alle Anordnung und Gestaltung des wirklichen Lebens ausgehen vom höheren ordnenden Begriffe, und das Fortgehen im gewohnten Geleise tut's ihm nicht; dies ist eine ewige Wahrheit, und drückt in Gottes Namen mit unverhohlener Verachtung jeglichen nieder, der es wagt, sich mit den Geschäften zu befassen, ohne dieses zu wissen. Zwischen dem Begriffe jedoch und der Einführung desselben in jedwedes besondere Leben liegt eine große Kluft. Diese Kluft auszufüllen ist sowohl das Werk des Geschäftsmannes, der freilich schon vorher so viel gelernt haben soll, um euch zu verstehen, als auch das eurige, die ihr über der Gedankenwelt das Leben nicht vergessen sollt. Hier trefft ihr beide zusammen. Statt über die Kluft hinüber einander scheel anzusehen und herabzuwürdigen, beeifere sich vielmehr jeder Teil von seiner Seite dieselbe auszufüllen, und so den Weg zur Vereinigung zu bahnen. Begreift es doch endlich, daß ihr beide untereinander euch also notwendig seid, wie Kopf und Arm sich notwendig sind.

Diese Reden beschwören noch in andern Rücksichten euch Denker, Gelehrte, Schriftsteller, die ihr dieses Namens noch wert seid. Eure Klagen über die allgemeine Seichtigkeit, Gedankenlosigkeit und Verflossenheit, über den Klugdünkel und das unversiegbare Geschwätz, über die Verachtung des Ernstes und der Gründlichkeit in allen Ständen mögen wahr sein, wie sie es denn sind. Aber welcher Stand ist es denn, der diese Stände insgesamt erzogen hat, der ihnen alles Wissenschaftliche in ein Spiel verwandelt, und von der frühesten Jugend an zu jenem Klugdünkel und jenem Geschwätze sie angeführt hat? Wer ist es denn, der auch die der Schule entwachsenen Geschlechter noch immerfort erzieht? Der in die Augen fallendste Grund der Dumpfheit des Zeitalters ist der, daß es sich dumpf gelesen hat an den Schriften, die ihr geschrieben habt. Warum laßt ihr dennoch immerfort euch so angelegen sein, dieses müßige Volk zu unterhalten, unerachtet ihr wißt, daß es nichts gelernt hat und nichts lernen will; nennt es Publikum, schmeichelt ihm als eurem Richter, hetzt es auf gegen eure Mitbewerber, und sucht diesen blinden und verworrenen Haufen durch jedes Mittel auf eure Seite zu bringen; gebt endlich selbst in euren Rezensieranstalten und Journalen ihm so Stoff wie Beispiel seiner vorschnellen Urteilerei, indem ihr da ebenso ohne Zusammenhang, und so aus freier Hand in den Tag hinein urteilt, meist ebenso abgeschmackt, wie es auch der letzte eurer Leser könnte? Denkt ihr nicht alle so, gibt es unter euch noch Bessergesinnte, warum vereinigen sich denn nicht diese Bessergesinnten, um dem Unheile ein Ende zu machen? Was insbesondere jene Geschäftsmänner anbelangt; diese sind bei euch durch die Schule gelaufen, ihr sagt es selbst. Warum habt ihr denn diesen ihren Durchgang nicht wenigstens dazu benutzt, um ihnen einige stumme Achtung für die Wissenschaften einzuflößen, und besonders dem hochgeborenen Jünglinge den Eigendünkel beizeiten zu brechen, und ihm zu zeigen, daß Stand und Geburt in Sachen des Denkens nichts fördert? Habt ihr ihm vielleicht schon damals geschmeichelt, und ihn ungebührlich hervorgehoben, so traget nun, was ihr selbst veranlaßt habt!

Sie wollen euch entschuldigen, diese Reden, mit der Voraussetzung, daß ihr die Wichtigkeit eures Geschäfts nicht begriffen hättet; sie beschwören euch, daß ihr euch von Stund an bekannt macht mit dieser Wichtigkeit, und es nicht länger als ein bloßes Gewerbe treibt. Lernt euch selbst achten, und zeigt in eurem Handeln, daß ihr es tut, und die Welt wird euch achten. Die erste Probe davon werdet ihr ablegen durch den Einfluß, den ihr auf die angetragene Entschließung euch geben, und durch die Weise, wie ihr euch dabei benehmen werdet.

Diese Reden beschwören euch Fürsten Deutschlands. Diejenigen, die euch gegenüber so tun, als ob man euch gar nichts sagen dürfte, oder zu sagen hätte, sind verächtliche Schmeichler, sie sind arge Verleumder eurer selbst; weiset sie weit weg von euch. Die Wahrheit ist, daß ihr ebenso unwissend geboren werdet, als wir andern alle, und daß ihr hören müßt und lernen, gleich wie auch wir, wenn ihr herauskommen sollt aus dieser natürlichen Unwissenheit. Euer Anteil an der Herbeiführung des Schicksals, das euch zugleich mit euren Völkern betroffen hat, ist hier auf die mildeste, und wie wir glauben, auf die allein gerechte und billige Weise dargelegt worden, und ihr könnt euch, falls ihr nicht etwa nur Schmeichelei, niemals aber Wahrheit hören wollt, über diese Reden nicht beklagen. Dies alles sei vergessen, so wie wir andern alle auch wünschen, daß unser Anteil an der Schuld vergessen werde. Jetzt beginnt, so wie für uns alle, also auch für euch, ein neues Leben. Möchte doch diese Stimme durch alle die Umgebungen hindurch, die euch unzugänglich zu machen pflegen, bis zu euch dringen! Mit stolzem Selbstgefühl darf sie euch sagen: ihr beherrschet Völker, treu, bildsam, des Glücks würdig, wie keiner Zeit und keiner Nation Fürsten sie beherrscht haben. Sie haben Sinn für die Freiheit und sind derselben fähig; aber sie sind euch gefolgt in den blutigen Krieg gegen das, was ihnen Freiheit schien, weil ihr es so wolltet. Einige unter euch haben späterhin anders gewollt, und sie sind euch gefolgt in das, was ihnen ein Ausrottungskrieg scheinen mußte gegen einen der letzten Reste deutscher Unabhängigkeit und Selbständigkeit; auch weil ihr es so wolltet. Sie dulden und tragen seitdem die drückende Last gemeinsamer Uebel; und sie hörten nicht auf, euch treu zu sein, mit inniger Ergebung an euch zu hangen, und euch zu lieben, als ihre ihnen von Gott verliehenen Vormünder. Möchtet ihr sie doch, unbemerkt von ihnen, beobachten können; möchtet ihr doch, frei von den Umgebungen, die nicht immer die schönste Seite der Menschheit euch darbieten, herabsteigen können in die Häuser des Bürgers, in die Hütten des Landmanns, und dem stillen und verborgenen Leben dieser Stände, zu denen die in den höhern Ständen seltener gewordene Treue und Biederkeit ihre Zuflucht genommen zu haben scheint, betrachtend folgen können; gewiß, o gewiß würde euch der Entschluß ergreifen, ernstlicher denn jemals nachzudenken, wie ihnen geholfen werden könne. Diese Reden haben euch ein Mittel der Hilfe vorgeschlagen, das sie für sicher, durchgreifend und entscheidend halten. Lasset eure Räte sich beratschlagen, ob sie es auch so finden, oder ob sie ein besseres wissen, nur, daß es ebenso entscheidend sei. Die Ueberzeugung aber, daß etwas geschehen müsse, und auf der Stelle geschehen müsse, und etwas Durchgreifendes und Entscheidendes geschehen müsse, und daß die Zeit der halben Maßregeln und der Hinhaltungsmittel vorüber sei: diese Ueberzeugung möchten sie gern, wenn sie könnten, bei euch selbst hervorbringen, indem sie zu eurem Biedersinne noch das meiste Vertrauen hegen.

 

Euch Deutsche insgesamt, welchen Platz in der Gesellschaft ihr einnehmen möget, beschwören diese Reden, daß jeder unter euch, der da denken kann, zuvörderst denke über den angeregten Gegenstand, und daß jeder dafür tue, was gerade ihm an seinem Platze am nächsten liegt.

Es vereinigen sich mit diesen Reden und beschwören euch eure Vorfahren. Denket, daß in meine Stimme sich mischen die Stimmen eurer Ahnen aus der grauen Vorwelt, die mit ihren Leibern sich entgegengestemmt haben der heranströmenden römischen Weltherrschaft, die mit ihrem Blute erkämpft haben die Unabhängigkeit der Berge, Ebenen und Ströme, welche unter euch den Fremden zur Beute geworden sind. Sie rufen euch zu: vertretet uns, überliefert unser Andenken ebenso ehrenvoll und unbescholten der Nachwelt, wie es auf euch gekommen ist, und wie ihr euch dessen und der Abstammung von uns gerühmt habt. Bis jetzt galt unser Widerstand für edel und groß und weise, wir schienen die Eingeweihten zu sein und die Begeisterten des göttlichen Weltplans. Gehet mit euch unser Geschlecht aus, so verwandelt sich unsre Ehre in Schimpf, und unsre Weisheit in Torheit. Denn sollte der deutsche Stamm einmal untergehen in das Römertum, so war es besser, daß es in das alte geschähe, denn in ein neues. Wir standen jenem und besiegten es; ihr seid verstäubt worden vor diesem. Auch sollt ihr nun, nachdem einmal die Sachen also stehen, sie nicht besiegen mit leiblichen Waffen; nur euer Geist soll sich ihnen gegenüber erheben und aufrechtstehen. Euch ist das größere Geschick zuteil geworden, überhaupt das Reich des Geistes und der Vernunft zu begründen, und die rohe körperliche Gewalt insgesamt, als beherrschendes der Welt, zu vernichten. Werdet ihr dies tun, dann seid ihr würdig der Abkunft von uns.

Auch mischen in diese Stimmen sich die Geister eurer spätern Vorfahren, die da fielen im heiligen Kampfe für Religions- und Glaubensfreiheit. Rettet auch unsre Ehre, rufen sie euch zu. Uns war nicht ganz klar, wofür wir stritten; außer dem rechtsmäßigen Entschlusse, in Sachen des Gewissens durch äußere Gewalt uns nicht gebieten zu lassen, trieb uns noch ein höherer Geist, der uns niemals sich ganz enthüllte. Euch ist er enthüllt, dieser Geist, falls ihr eine Sehkraft habt für die Geisterwelt, und blickt euch an mit hohen klaren Augen. Das bunte und verworrene Gemisch der sinnlichen und geistigen Antriebe durcheinander soll überhaupt der Weltherrschaft entsetzt werden, und der Geist allein, rein und ausgezogen von allen sinnlichen Antrieben, soll an das Ruder der menschlichen Angelegenheiten treten. Damit diesem Geiste die Freiheit werde, sich zu entwickeln und zu einem selbständigen Dasein emporzuwachsen, dafür floß unser Blut. An euch ist's, diesem Opfer seine Bedeutung und seine Rechtfertigung zu geben, indem ihr diesen Geist einsetzt in die ihm bestimmte Weltherrschaft. Erfolgt nicht dieses, als das letzte, worauf alle bisherige Entwicklung unsrer Nation zielte, so werden auch unsre Kämpfe zum vorüberrauschenden leeren Possenspiele, und die von uns erfochtene Geistes- und Gewissensfreiheit ist ein leeres Wort, wenn es von nun an überhaupt nicht länger Geist oder Gewissen geben soll.

Es beschwören euch eure noch ungeborne Nachkommen. Ihr rühmt euch eurer Vorfahren, rufen sie euch zu, und schließt mit Stolz euch an an eine edle Reihe. Sorget, daß bei euch die Kette nicht abreiße: machet, daß auch wir uns eurer rühmen können, und durch euch, als untadeliges Mittelglied, hindurch uns anschließen an dieselbe glorreiche Reihe. Veranlasset nicht, daß wir uns der Abkunft von euch schämen müssen, als einer niedern, barbarischen, sklavischen, daß wir unsre Abstammung verbergen oder einen fremden Namen und eine fremde Abkunft erlügen müssen, um nicht sogleich, ohne weitere Prüfung, weggeworfen oder zertreten zu werden. Wie das nächste Geschlecht, das von euch ausgehen wird, sein wird, also wird euer Andenken ausfallen in der Geschichte: ehrenvoll, wenn dieses ehrenvoll für euch zeugt; sogar über die Gebühr schmählich, wenn ihr keine laute Nachkommenschaft habt, und der Sieger eure Geschichte macht. Noch niemals hat ein Sieger Neigung oder Kunde genug gehabt, um die Ueberwundenen gerecht zu beurteilen. Je mehr er sie herabwürdigt, desto gerechter steht er selbst da. Wer kann wissen, welche Großtaten, welche treffliche Einrichtungen, welche edle Sitten manches Volkes der Vorwelt in Vergessenheit geraten sind, weil die Nachkommen unterjocht wurden, und der Ueberwinder, seinen Zwecken gemäß, unwidersprochen Bericht über sie erstattete.

Es beschwöret euch selbst das Ausland, inwiefern dasselbe nur noch im mindesten sich selbst versteht und noch ein Auge hat für seinen wahren Vorteil. Ja, es gibt noch unter allen Völkern Gemüter, die noch immer nicht glauben können, daß die großen Verheißungen eines Reichs des Rechts, der Vernunft und der Wahrheit an das Menschengeschlecht eitel und ein leeres Trugbild seien, und die daher annehmen, daß die gegenwärtige eiserne Zeit nur ein Durchgang sei zu einem bessern Zustande. Diese, und in ihnen die gesamte neuere Menschheit, rechnet auf euch. Ein großer Teil derselben stammt ab von uns, die übrigen haben von uns Religion und jedwede Bildung erhalten. Jene beschwören uns bei dem gemeinsamen vaterländischen Boden, auch ihrer Wiege, den sie uns frei hinterlassen haben; diese bei der Bildung, die sie von uns als Unterpfand eines höhern Glücks bekommen haben – uns selbst auch für sie, und um ihrer willen zu erhalten, so wie wir immer gewesen sind, aus dem Zusammenhange des neu entsprossenen Geschlechts nicht dieses ihm so wichtige Glied herausreißen zu lassen, damit, wenn sie einst unsers Rates, unsers Beispiels, unsrer Mitwirkung gegen das wahre Ziel des Erdenlebens hin bedürfen, sie uns nicht schmerzlich vermissen.

Alle Zeitalter, alle Weise und Gute, die jemals auf dieser Erde geatmet haben, alle ihre Gedanken und Ahnungen eines Höhern, mischen sich in diese Stimmen und umringen euch, und heben flehende Hände zu euch auf; selbst, wenn man so sagen darf, die Vorsehung und der göttliche Weltplan bei Erschaffung eines Menschengeschlechts, der ja nur da ist, um von Menschen gedacht und durch Menschen in die Wirklichkeit eingeführt zu werden, beschwöret euch, seine Ehre und sein Dasein zu retten. Ob jene, die da glaubten, es müsse immer besser werden mit der Menschheit, und die Gedanken einer Ordnung und einer Würde derselben seien keine leeren Träume, sondern die Weissagung und das Unterpfand der einstigen Wirklichkeit, recht behalten sollen, oder diejenigen, die in ihrem Tier- und Pflanzenleben hinschlummern, und jedes Auffluges in höhere Welten spotten: – darüber ein letztes Endurteil zu begründen, ist euch anheimgefallen. Die alte Welt mit ihrer Herrlichkeit und Größe, sowie mit ihren Mängeln, ist versunken, durch die eigne Unwürde und durch die Gewalt eurer Väter. Ist in dem, was in diesen Reden dargelegt worden, Wahrheit, so seid unter allen neueren Völkern ihr es, in denen der Keim der menschlichen Vervollkommnung am entschiedensten liegt, und denen der Vorschritt in der Entwicklung derselben aufgetragen ist. Gehet ihr in dieser eurer Wesenheit zugrunde, so gehet mit euch zugleich alle Hoffnung des gesamten Menschengeschlechts auf Rettung aus der Tiefe seiner Uebel zugrunde. Hoffet nicht und tröstet euch nicht mit der aus der Luft gegriffenen, auf bloße Wiederholung der schon eingetretenen Fälle rechnenden Meinung, daß ein zweites Mal, nach Untergang der alten Bildung, eine neue, auf den Trümmern der ersten, aus einer halbbarbarischen Nation hervorgehen werde. In der alten Zeit war ein solches Volk, mit allen Erfordernissen zu dieser Bestimmung ausgestattet, vorhanden, und war dem Volke der Bildung recht wohl bekannt und ist von ihnen beschrieben; und diese selbst, wenn sie den Fall ihres Unterganges zu setzen vermocht hätten, würden an diesem Volke das Mittel der Wiederherstellung haben entdecken können. Auch uns ist die gesamte Oberfläche der Erde recht wohl bekannt, und alle die Völker, die auf derselben leben. Kennen wir denn nun ein solches, dem Stammvolke der neuen Welt ähnliches Volk, von welchem die gleichen Erwartungen sich fassen ließen? Ich denke, jeder, der nur nicht bloß schwärmerisch meint und hofft, sondern gründlich untersuchend denkt, werde diese Frage mit Nein beantworten müssen. Es ist daher kein Ausweg: wenn ihr versinkt, so versinkt die ganze Menschheit mit, ohne Hoffnung einer einstigen Wiederherstellung.

Dies war es, E. V., was ich Ihnen, als meinen Stellvertreter der Nation, und durch Sie der gesamten Nation, am Schlusse dieser Reden noch einschärfen wollte und sollte.