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Reden an die deutsche Nation

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Was würden dagegen diejenigen, welche diese Furcht hegten und dieselbe durch ihr Handeln zugeständen, annehmen, und laut vor aller Welt bekennen, daß sie es annehmen? Sie würden bekennen, daß sie glaubten, daß ein menschenfeindliches und ein sehr kleines und niedriges Prinzip über uns herrsche, dem jede Regung selbständiger Kraft bange mache, der von Sittlichkeit, Religion, Veredlung der Gemüter nicht ohne Angst hören könne, indem allein in der Herabwürdigung der Menschen, in ihrer Dumpfheit und ihren Lastern für ihn Heil sei und Hoffnung, sich zu erhalten. Mit diesem ihrem Glauben, der unsern andern Uebeln noch die drückende Schmach hinzufügen würde, von einem solchen beherrscht zu sein, sollen wir nun ohne weiteres und ohne die vorhergegangene einleuchtende Beweisführung einverstanden sein und in demselben handeln?

Den schlimmsten Fall gesetzt, daß sie recht hätten, keineswegs aber wir, die wir das erstere durch unsre Tat annehmen: soll denn nun wirklich, einem zu Gefallen, dem damit gedient ist, und ihnen zu Gefallen, die sich fürchten, das Menschengeschlecht herabgewürdigt werden und versinken, und soll keinem, dem sein Herz es gebietet, erlaubt sein, sie vor dem Verfalle zu warnen? Gesetzt, daß sie nicht bloß recht hätten, sondern daß man sich auch noch entschließen sollte, im Angesichte der Mitwelt und der Nachwelt ihnen recht zu geben, und das eben hingelegte Urteil über sich selbst laut aussprechen: was wäre denn nun das Höchste und Letzte, das für den unwillkommenen Warner daraus erfolgen könnte? Kennen sie etwas Höheres, denn den Tod? Dieser erwartet uns ohnedies alle, und es haben vom Anbeginn der Menschheit an Edle um geringerer Angelegenheit willen – denn wo gab es jemals eine höhere, als die gegenwärtige? – der Gefahr desselben getrotzt. Wer hat das Recht zwischen ein Unternehmen, das auf diese Gefahr begonnen ist, zu treten?

Sollte es, wie ich nicht hoffe, solche unter uns Deutschen geben, so würden diese ungebeten, ohne Dank, und, wie ich hoffe, zurückgewiesen, ihren Hals dem Joche der geistigen Knechtschaft darbieten; sie würden, bitter schmähend, indem sie staatsklug zu schmeicheln glauben, weil sie nicht wissen, wie wahrer Größe zumute ist, und die Gedanken derselben nach denen ihrer eignen Klarheit messen – sie würden die Literatur, mit der sie nichts andres anzufangen wissen, gebrauchen, um durch die Abschlachtung derselben als Opfertier ihren Hof zu machen. Wir dagegen preisen durch die Tat unsers Vertrauens und unsers Mutes weit mehr, denn Worte es je vermöchten, die Größe des Gemüts, bei dem die Gewalt ist. Ueber das ganze Gebiet der ganzen deutschen Zunge hinweg, wo irgendhin unsre Stimme frei und unaufgehalten ertönt, ruft sie durch ihr bloßes Dasein den Deutschen zu: niemand will eure Unterdrückung, euren Knechtssinn, eure sklavische Unterwürfigkeit, sondern eure Selbständigkeit, eure wahre Freiheit, eure Erhebung und Veredlung will man, denn man hindert nicht, daß man sich öffentlich mit euch darüber beratschlage, und euch das unfehlbare Mittel dazu zeige. Findet diese Stimme Gehör und den beabsichtigten Erfolg, so setzt sie ein Denkmal dieser Größe und unsers Glaubens an dieselbe ein in den Fortlauf der Jahrhunderte, welches keine Zeit zu zerstören vermag, sondern das mit jedem neuen Geschlechte höher wächst und sich weiter verbreitet. Wer darf sich gegen den Versuch setzen, ein solches Denkmal zu errichten?

Anstatt also mit der zukünftigen Blüte unsrer Literatur über unsre verlorne Selbständigkeit uns zu trösten, und von der Aufsuchung eines Mittels, dieselbe wiederherzustellen, uns durch dergleichen Trost abhalten zu lassen, wollen wir lieber wissen, ob diejenigen Deutschen, denen eine Art von Bevormundung der Literatur zugefallen ist, den übrigen selbst schreibenden oder lesenden Deutschen eine Literatur im wahren Sinne des Worts noch bis diesen Tag erlauben, und ob sie dafür halten, daß eine solche Literatur dermalen in Deutschland noch erlaubt sei, oder nicht; wie sie aber wirklich darüber denken, das wird sich demnächst entscheiden müssen.

Nach allem ist das nächste, was wir zu tun haben, um bis zur völligen und gründlichen Verbesserung unsres Stammes uns auch nur aufzubehalten, dies, daß wir uns Charakter anschaffen, und diesen zunächst dadurch bewähren, daß wir uns durch eignes Nachdenken eine feste Meinung bilden über unsre wahre Lage, und über das sichere Mittel, dieselbe zu verbessern. Die Nichtigkeit des Trostes aus der Fortdauer unsrer Sprache und Literatur ist gezeigt. Noch aber gibt es andre, in diesen Reden noch nicht erwähnte Vorspiegelungen, welche die Bildung einer solchen festen Meinung verhindern. Es ist zweckmäßig, daß wir auch auf diese Rücksicht nehmen; jedoch behalten wir dieses Geschäft vor der nächsten Rede.

Dreizehnte Rede
Fortsetzung der angefangenen Betrachtung

Es sei noch ein Mehreres von nichtigen Gedanken und täuschenden Lehrgebäuden über die Angelegenheiten der Völker unter uns im Umlaufe, welches die Deutschen verhindere, eine ihrer Eigentümlichkeit gemäße feste Ansicht über ihre gegenwärtige Lage zu fassen, äußerten wir am Ende unsrer vorigen Rede. Da diese Traumbilder gerade jetzt mit größerem Eifer zur öffentlichen Verehrung herumgeboten werden, und, nachdem so vieles andre wankend geworden, von manchem lediglich zur Ausfüllung der entstandenen leeren Stellen aufgefaßt werden könnten: so scheint es zur Sache zu gehören, dieselben mit größerem Ernste, als außerdem ihre Wichtigkeit verdienen dürfte, einer Prüfung zu unterwerfen.

Zuvörderst und vor allen Dingen: Die ersten, ursprünglichen und wahrhaft natürlichen Grenzen der Staaten sind ohne Zweifel ihre innern Grenzen. Was dieselbe Sprache redet, das ist schon vor aller menschlichen Kunst vorher durch die bloße Natur mit einer Menge von unsichtbaren Banden aneinandergeknüpft; es versteht sich untereinander und ist fähig, sich immerfort klarer zu verständigen, es gehört zusammen und ist natürlich eins und ein unzertrennliches Ganzes. Ein solches kann kein Volk andrer Abkunft und Sprache in sich aufnehmen und mit sich vermischen wollen, ohne wenigstens fürs erste sich zu verwirren und den gleichmäßigen Fortgang seiner Bildung mächtig zu stören. Aus dieser innern, durch die geistige Natur des Menschen selbst gezogenen Grenze ergibt sich erst die äußere Begrenzung der Wohnsitze, als die Folge von jener, und in der natürlichen Ansicht der Dinge sind keineswegs die Menschen, welche innerhalb gewisser Berge und Flüsse wohnen, um deswillen ein Volk, sondern umgekehrt wohnen die Menschen beisammen, und wenn ihr Glück es so gefügt hat, durch Flüsse und Berge gedeckt, weil sie schon früher durch ein weit höheres Naturgesetz ein Volk waren.

So saß die deutsche Nation, durch gemeinschaftliche Sprache und Denkart sattsam unter sich vereinigt und scharf genug abgeschnitten von den andern Völkern, in der Mitte von Europa da als scheidender Wall nicht verwandter Stämme, zahlreich und tapfer genug, um ihre Grenzen gegen jeden fremden Anfall zu schützen, sich selbst überlassen, durch ihre ganze Denkart wenig geneigt, Kunde von den benachbarten Völkerschaften zu nehmen, in derselben Angelegenheiten sich zu mischen und durch Beunruhigungen sie zur Feindseligkeit aufzureizen. Im Verlaufe der Zeiten bewahrte sie ihr günstiges Geschick vor dem unmittelbaren Anteile am Raube der andern Welten; dieser Begebenheit, durch welche vor allen andern die Weise der Fortentwicklung der neuern Weltgeschichte, die Schicksale der Völker und der größte Teil ihrer Begriffe und Meinungen begründet worden sind. Seit dieser Begebenheit erst zerteilte sich das christliche Europa, das vorher auch ohne sein eignes deutliches Bewußtsein eins gewesen war, und als solches in gemeinschaftlichen Unternehmungen sich gezeigt hatte, in mehrere abgesonderte Teile; seit jener Begebenheit erst war eine gemeinschaftliche Beute aufgestellt, nach der jeder auf die gleiche Weise begehrte, weil alle sie auf die gleiche Weise brauchen konnten, und die jeder mit Eifersucht in den Händen des andern erblickte; erst nun war ein Grund vorhanden zu geheimer Feindschaft und Kriegslust aller gegen alle. Auch wurde es nun erst zum Gewinne für Völker, Völker auch andrer Abkunft und Sprachen durch Eroberung, oder, wenn dies nicht möglich wäre, durch Bündnisse sich einzuverleiben und ihre Kräfte sich zuzueignen. Ein der Natur treugebliebnes Volk kann, wenn seine Wohnsitze ihm zu enge werden, dieselben durch Eroberung des benachbarten Bodens erweitern wollen, um mehr Raum zu gewinnen, und es wird sodann die frühern Bewohner vertreiben; es kann einen rauhen und unfruchtbaren Himmelsstrich gegen einen mildern und gesegnetern vertauschen wollen, und es wird in diesem Falle abermals die frühern Besitzer austreiben; es kann, wenn es auch ausartet, bloße Raubzüge unternehmen, auf denen es, ohne des Bodens oder der Bewohner zu begehren, bloß alles Brauchbaren sich bemächtigt und die ausgeleerten Länder wieder verläßt; es kann endlich die frühern Bewohner des eroberten Bodens als eine gleichfalls brauchbare Sache, wie Sklaven der einzelnen unter sich verteilen: aber daß es die fremde Völkerschaft, so wie dieselbe besteht, als Bestandteile des Staates sich anfüge, dabei hat es nicht den geringsten Gewinn, und es wird niemals in Versuchung kommen, dies zu tun. Ist aber der Fall der, daß einem gleich starken, oder wohl noch stärkern Nebenbuhler eine reizende gemeinschaftliche Beute abgekämpft werden soll, so steht die Rechnung anders. Wie auch übrigens sonst das überwundene Volk zu uns passen möge, so sind wenigstens seine Fäuste zur Bekämpfung des von uns zu beraubenden Gegners brauchbar, und jedermann ist uns, als eine Vermehrung der öffentlichen Streitkraft, willkommen. So nun irgendeinem Weisen, der Friede und Ruhe gewünscht hätte, über diese Lage der Dinge die Augen klar aufgegangen wären, wovon hätte derselbe Ruhe erwarten können? Offenbar nicht von der natürlichen Beschränkung der menschlichen Habsucht dadurch, daß das Ueberflüssige keinem nütze; denn eine Beute, wodurch alle versucht werden, war vorhanden, und ebensowenig hätte er sie erwarten können von dem sich selbst eine Grenze setzenden Willen; denn unter solchen, von denen jedweder alles an sich reißt, was er vermag, muß der sich selbst Beschränkende notwendig zugrunde gehen. Keiner will mit dem andern teilen, was er dermalen zu eigen besitzt; jeder will dem andern das Seinige rauben, wenn er irgend kann. Ruht einer, so geschieht dies nur darum, weil er sich nicht für stark genug hält, Streit anzufangen; er wird ihn sicher anfangen, sobald er die erforderliche Stärke in sich verspürt. Somit ist das einzige Mittel die Ruhe zu erhalten dieses, daß niemals einer zu der Macht gelange, dieselbe stören zu können, und daß jedweder wisse, es sei auf der andern Seite gerade so viel Kraft zum Widerstande, als auf seiner Seite sei zum Angriffe; daß also ein Gleichgewicht und Gegengewicht der gesamten Macht entstehe, wodurch allein, nachdem alle andre Mittel verschwunden sind, jeder in seinem gegenwärtigen Besitzstande und alle in Ruhe erhalten werden. Diese beiden Stücke demnach: einen Raub, auf den kein einziger einiges Recht habe, alle aber nach ihm die gleiche Begierde, sodann die allgemeine, immerfort tätig sich regende wirkliche Raubsucht, setzt jenes bekannte System eines Gleichgewichts der Macht in Europa voraus; und unter diesen Voraussetzungen würde dieses Gleichgewicht freilich das einzige Mittel sein, die Ruhe zu erhalten, wenn nur erst das zweite Mittel gefunden wäre, jenes Gleichgewicht hervorzubringen und es aus einem leeren Gedanken in ein wirkliches Ding zu verwandeln.

 

Aber waren denn auch jene Voraussetzungen allgemein und ohne alle Ausnahme zu machen? War nicht im Mittelpunkte von Europa die übermächtige deutsche Nation rein geblieben von dieser Beute und von der Ansteckung mit der Lust danach, und fast ohne Vermögen, Anspruch auf dieselbe zu machen? Wäre nur diese zu einem gemeinschaftlichen Willen und einer gemeinschaftlichen Kraft vereinigt geblieben; hätten doch dann die übrigen Europäer sich morden mögen in allen Meeren und auf allen Inseln und Küsten: in der Mitte von Europa hätte der feste Wall der Deutschen sie verhindert aneinander zu kommen – hier wäre Friede geblieben, und die Deutschen hätten sich, und mit sich zugleich einen Teil der übrigen europäischen Völker in Ruhe und Wohlstand erhalten.

Es war dem nur den nächsten Augenblick berechnenden Eigennutze des Auslandes nicht gemäß, daß es also bliebe. Sie fanden die deutsche Tapferkeit brauchbar, um durch sie ihre Kriege zu führen, und die Hände derselben, um mit ihnen ihren Nebenbuhlern die Beute zu entreißen; es mußte ein Mittel gefunden werden, um diesen Zweck zu erreichen, und die ausländische Schlauheit siegte leicht über die deutsche Unbefangenheit und Verdachtlosigkeit. Das Ausland war es, welches zuerst der über Religionsstreitigkeiten entstandenen Entzweiung der Gemüter in Deutschland sich bediente, um diesen Inbegriff des gesamten christlichen Europa im kleinen aus der innig verwachsenen Einheit ebenso in abgesonderte und für sich bestehende Teile künstlich zu zertrennen, wie erst jenes über einen gemeinsamen Raub sich natürlich zertrennt hatte; das Ausland wußte diese also entstandenen besondern Staaten im Schoße der einen Nation, die keinen Feind hatte, denn das Ausland selbst, und keine Angelegenheit, denn die gemeinsame, gegen die Verführungen und die Hinterlist dieses mit vereinigter Kraft sich zu setzen – es wußte diese einander gegenseitig vorzustellen, als natürliche Feinde, gegen die jeder immerfort auf der Hut sein müsse, sich selbst dagegen darzustellen als die natürlichen Verbündeten gegen diese von den eignen Landsleuten drohende Gefahr; als die Verbündeten, mit denen allein sie selbst ständen oder fielen, und die sie daher gleichfalls in ihren Unternehmungen mit aller ihrer Macht unterstützen müßten. Nur durch dieses künstliche Bildungsmittel wurden alle Zwiste, die über irgendeinen Gegenstand in der Alten oder Neuen Welt sich entspinnen mochten, zu eignen Zwisten der deutschen Stämme untereinander; jeder aus irgendeinem Grunde entstandene Krieg mußte auf deutschem Boden und mit deutschem Blute ausgefochten werden, jede Verrückung des Gleichgewichts in derjenigen Nation, der der ganze Urquell dieser Verhältnisse fremd war, ausgeglichen werden, und die deutschen Staaten, deren abgesondertes Dasein schon gegen alle Natur und Vernunft stritt, mußten, damit sie doch etwas wären, zu Zulagen gemacht werden zu den Hauptgewichten in der Wage des europäischen Gleichgewichts, deren Zuge sie blind und willenlos folgten. So wie man in manchem ausländischen Staate die Bürger bezeichnet dadurch, daß sie von dieser oder einer andern fremden Partei seien und für dieses oder jenes auswärtige Bündnis stimmten, solche aber, die von der vaterländischen Partei seien, nicht namhaft zu machen weiß: so waren die Deutschen schon längst nur für irgendeine fremde Partei, und man traf selten auf einen, der die Partei der Deutschen gehalten und gemeint hätte, daß dieses Land sich mit sich selbst verbünden sollte.

Dies also ist der wahre Ursprung und die Bedeutung, dies der Erfolg für Deutschland und für die Welt von dem berüchtigten Lehrgebäude eines künstlich zu erhaltenden Gleichgewichts der Macht unter den europäischen Staaten. Wäre das christliche Europa eins geblieben, wie es sollte und wie es ursprünglich war, so hätte man nie Veranlassung gehabt, einen solchen Gedanken zu erzeugen; das eine ruht auf sich selbst und trägt sich selbst, und zerteilt sich nicht in streitende Kräfte, die miteinander in ein Gleichgewicht gebracht werden müßten; nur für das unrechtlich gewordene und zerteilte Europa erhielt jener Gedanke eine notdürftige Bedeutung. Zu diesem unrechtlich gewordenen und zerteilten Europa gehörte Deutschland nicht. Wäre nur wenigstens dieses eins geblieben, so hätte es auf sich selbst geruht im Mittelpunkte der gebildeten Erde, so wie die Sonne im Mittelpunkte der Welt; es hätte sich in Ruhe erhalten und durch sich seine nächste Umgebung, und hätte ohne alle künstliche Vorkehrung durch sein bloßes natürliches Dasein allem das Gleichgewicht gegeben. Nur der Trug des Auslandes mischte dasselbe in seine Unrechtlichkeit und seine Zwiste, und brachte ihm jenen hinterlistigen Begriff bei, als eins der wirksamsten Mittel, dasselbe über seinen wahren Vorteil zu täuschen und es in der Täuschung zu erhalten. Dieser Zweck ist nun hinlänglich erreicht, und der beabsichtigte Erfolg liegt vollendet da vor unsern Augen. Können wir nun auch diesen nicht aufheben: warum sollen wir nicht wenigstens die Quelle desselben in unserm eignen Verstande, der fast noch das einzige ist, das unsrer Botmäßigkeit überlassen geblieben, austilgen? Warum soll das alte Traumbild noch immer uns vor die Augen gestellt werden, nachdem das Uebel uns aus dem Schlafe geweckt hat? Warum sollen wir nicht wenigstens jetzt die Wahrheit sehen und das einzige Mittel, das uns hätte erretten können, erblicken – ob vielleicht unsre Nachkommen tun möchten, was wir einsehen; so wie wir jetzt leiden, weil unsre Väter träumten. Lasset uns begreifen, daß der Gedanke eines künstlich zu erhaltenden Gleichgewichts zwar für das Ausland ein tröstender Traum sein konnte bei der Schuld und dem Uebel, welche dasselbe drückten; daß er aber, als ein durchaus ausländisches Erzeugnis, niemals in dem Gemüte eines Deutschen hätte Wurzel fassen, und die Deutschen niemals in die Lage hätten kommen sollen, daß er bei ihnen Wurzel fassen gekonnt hätte; daß wir wenigstens jetzt in seiner Nichtigkeit ihn durchdringen, und daß wir einsehen müssen, daß nicht bei ihm, sondern allein bei der Einigkeit der Deutschen unter sich selber das allgemeine Heil zu finden sei.

Ebenso fremd ist dem Deutschen die in unsern Tagen so häufig gepredigte Freiheit der Meere; ob nun wirklich diese Freiheit oder ob bloß das Vermögen, daß man selbst alle andern von derselben ausschließen könne, beabsichtigt werde. Jahrhunderte hindurch, während des Wetteifers aller andern Nationen, hat der Deutsche wenig Begierde gezeigt, an derselben in einem ausgedehnten Maße teilzunehmen, und er wird es nie. Auch bedarf er derselben nicht. Sein reichlich ausgestattetes Land und sein Fleiß gewährt ihm alles, dessen der gebildete Mensch zum Leben bedarf; an Kunstfertigkeit, dasselbe für den Zweck zu verarbeiten, gebricht es ihm auch nicht; und um den einigen wahrhaften Gewinn, den der Welthandel mit sich führt, die Erweiterung der wissenschaftlichen Kenntnis der Erde und ihrer Bewohner an sich zu bringen, wird es sein eigner wissenschaftlicher Geist ihm nicht an einem Tauschmittel fehlen lassen. – O, möchte doch nur den Deutschen sein günstiges Geschick ebenso vor dem mittelbaren Anteile an der Beute der andern Welt bewahrt haben, wie es ihn vor dem unmittelbaren bewahrte! Möchte Leichtgläubigkeit und die Sucht, auch fein und vornehm zu leben, wie die andern Völker, uns nicht die entbehrlichen Waren, die in fremden Welten erzeugt werden, zum Bedürfnisse gemacht haben; möchten wir in Absicht der weniger entbehrlichen lieber unserm freien Mitbürger erträgliche Bedingungen haben machen, als von dem Schweiße und Blute eines armen Sklaven jenseit der Meere Gewinn ziehen wollen: so hätten wir wenigstens nicht selbst den Vorwand geliefert zu unserm dermaligen Schicksale und würden nicht bekriegt als Abkäufer und zugrunde gerichtet als ein Marktplatz. Fast vor einem Jahrzehnt, ehe irgend jemand voraussehen konnte, was seitdem sich ereignet, ist den Deutschen geraten worden, vom Welthandel sich unabhängig zu machen und als Handelsstaat sich zu schließen. Dieser Vorschlag verstieß gegen unsre Gewöhnungen, besonders aber gegen unsre abgöttische Verehrung der ausgeprägten Metalle, und wurde leidenschaftlich angefeindet und beiseite geschoben. Seitdem lernen wir, durch fremde Gewalt genötigt und mit Unehre, das und noch weit mehr entbehren, was wir damals mit Freiheit und zu unsrer höchsten Ehre nicht entbehren zu können versicherten. Möchten wir diese Gelegenheit, da der Genuß wenigstens uns nicht besticht, ergreifen, um auf immer unsre Begriffe zu berichtigen! Möchten wir endlich einsehen, daß alle jene schwindelnden Lehrgebäude über Welthandel und Fabrikation für die Welt zwar für den Ausländer passen und gerade unter die Waffen desselben gehören, womit er von jeher uns bekriegt hat, daß sie aber bei den Deutschen keine Anwendung haben, und daß, nächst der Einigkeit dieser unter sich selber, ihre innere Selbständigkeit und Handelsunabhängigkeit das zweite Mittel ist ihres Heils, und durch sie des Heils von Europa.

Wage man es endlich auch noch das Traumbild einer Universalmonarchie, das an die Stelle des seit einiger Zeit immer unglaublicher werdenden Gleichgewichts der öffentlichen Verehrung dargeboten zu werden anfängt, in seiner Hassenswürdigkeit und Vernunftlosigkeit zu erblicken! Die geistige Natur vermochte das Wesen der Menschheit nur in höchst mannigfaltigen Abstufungen an einzelnen, und an der Einzelheit im großen und ganzen, an Völkern, darzustellen. Nur wie jedes dieser letzten, sich selbst überlassen, seiner Eigenheit gemäß, und in jedem derselben jeder einzelne jener Gemeinsamen, so wie seiner besondern Eigenheit gemäß, sich entwickelt und gestaltet, tritt die Erscheinung der Gottheit in ihrem eigentlichen Spiegel heraus, so wie sie soll; und nur der, der entweder ohne alle Ahnung für Gesetzmäßigkeit und göttliche Ordnung oder ein verstockter Feind derselben wäre, könnte einen Eingriff in jenes höchste Gesetz der Geisterwelt wagen wollen. Nur in den unsichtbaren und den eignen Augen verborgenen Eigentümlichkeiten der Nation, als demjenigen, wodurch sie mit der Quelle ursprünglichen Lebens zusammenhängen, liegt die Bürgschaft ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Würde, Tugend, Verdienstes; werden diese durch Vermischung und Verreibung abgestumpft, so entsteht Abtrennung von der geistigen Natur aus dieser Flachheit, aus dieser die Verschmelzung aller zu dem gleichmäßigen und aneinander hängenden Verderben. Sollen wir es den Schriftstellern, die über alle unsre Uebel uns mit der Aussicht trösten, daß wir dafür auch Untertanen der beginnenden neuen Universalmonarchie sein werden, glauben, daß irgend jemand eine solche Zerreibung aller Keime des Menschlichen in der Menschheit beschlossen habe, um den zerfließenden Teig in irgendeine Form zu drücken; und daß eine so ungeheure Roheit oder Feindseligkeit gegen das menschliche Geschlecht in unserm Zeitalter möglich sei? Oder wenn wir uns auch entschließen wollten, dieses durchaus Unglaubliche fürs erste zu glauben: durch welches Werkzeug soll denn ferner ein solcher Plan ausgeführt werden; welche Art von Volk soll es denn sein, die bei dem gegenwärtigen Bildungszustande von Europa für irgendeinen neuen Universalmonarchen die Welt erobere? Schon seit einer Reihe von Jahrhunderten haben die Völker Europas aufgehört, Wilde zu sein und einer zerstörenden Tätigkeit um ihrer selbst willen sich zu freuen. Alle suchen hinter dem Kriege einen endlichen Frieden; hinter der Anstrengung die Ruhe, hinter der Verwirrung die Ordnung; und alle wollen ihre Laufbahn mit dem Frieden eines häuslichen und stillen Lebens gekrönt sehen. Auf eine Zeitlang mag selbst ein nur vorgebildeter Nationalvorteil sie zum Kriege begeistern; wenn die Aufforderung immer auf dieselbe Weise zurückkehrt, verschwindet das Traumbild und die Fieberkraft, die dasselbe gegeben hat; die Sehnsucht nach ruhiger Ordnung kehrt zurück, und die Frage: für welchen Zweck tue und trage ich denn nun dies alles? erhebt sich. Diese Gefühle alle müßte zuvörderst ein Welteroberer unsrer Zeit austilgen, und in dieses Zeitalter, das durch seine Natur ein Volk von Wilden nicht gibt, mit besonnener Kunst eins hineinbilden. Aber noch mehr. Dem von Jugend auf an einen gebildeten Anbau der Länder, an Wohlstand und Ordnung gewöhnten Auge tut, wenn man den Menschen nur ein wenig zur Ruhe kommen läßt, der Anblick derselben allenthalben, wo er ihn antrifft, wohl, indem er ihm den Hintergrund seiner eignen, doch niemals ganz auszurottenden Sehnsucht darstellt, und es schmerzt ihn selbst, denselben zerstören zu müssen. Auch gegen dieses dem gesellschaftlichen Menschen tief eingeprägte Wohlwollen und gegen die Wehmut über die Uebel, die der Krieger über die eroberten Länder bringt, muß ein Gegengewicht gefunden werden. Es gibt kein andres, denn die Raubsucht. Wird es zum herrschenden Antrieb des Kriegers, sich einen Schatz zu machen, und wird er gewöhnt, bei Verheerung blühender Länder an nichts andres mehr zu denken, denn daran, was er für seine Person bei dem allgemeinen Elende gewinnen könne, so ist zu erwarten, daß die Gefühle des Mitleids und des Erbarmens in ihm verstummen. Außer jener barbarischen Roheit müßte demnach ein Welteroberer unsrer Zeit die Seinigen auch noch zur kühlen und besonnenen Raubsucht bilden; er müßte Erpressungen nicht bestrafen, sondern vielmehr aufmuntern. Auch müßte die Schande, die natürlich auf der Sache ruht, erst wegfallen, und Rauben müßte für ein ehrenvolles Zeichen eines feinen Verstandes gelten, zu den Großtaten gezählt werden und den Weg zu allen Ehren und Würden bahnen. Wo ist eine Nation im neuern Europa also ehrlos, daß man sie auf diese Weise abrichten könnte? Oder setzet, daß ihm selbst diese Umbildung gelänge, so wird nun gerade durch sein Mittel die Erreichung seines Zwecks vereitelt werden. Ein solches Volk erblickt von nun an in eroberten Menschen, Ländern und Kunsterzeugungen nichts mehr, denn ein Mittel, in höchster Eile Geld zu machen, um weiter zu gehen und abermals Geld zu machen; es erpreßt schnell und wirft das Ausgesogene weg auf jedes mögliche Schicksal; es haut ab den Baum, zu dessen Früchten es gelangen will: wer mit solchen Werkzeugen handelt, dem werden alle Künste der Verführung, der Ueberredung und des Truges vereitelt; nur aus der Entfernung können sie täuschen, wie man sie in der Nähe erblickt, fällt die tierische Roheit und die schamlose und freche Raubsucht selbst dem Blödsinnigsten in die Augen, und der Abscheu des ganzen menschlichen Geschlechts erklärt sich laut. Mit solchen kann man die Erde zwar ausplündern und wüste machen und sie zu einem dumpfen Chaos zerreiben, nimmermehr aber sie zu einer Universalmonarchie ordnen.

 

Die genannten Gedanken und alle Gedanken dieser Art sind Erzeugnisse eines bloß mit sich selber spielenden und in seinem Gespinste zuweilen auch hängenbleibenden Denkens, unwert deutscher Gründlichkeit und Ernstes. Höchstens sind einige dieser Bilder, wie zum Beispiel das eines politischen Gleichgewichts, taugliche Hilfslinien, um in einem ausgedehnten und verworrenen Mannigfaltigen der Erscheinung sich zurecht zu finden und es zu ordnen; aber an das natürliche Vorhandensein dieser Dinge zu glauben oder ihre Verwirklichung anzustreben ist ebenso, als ob jemand die Pole, die Mittagslinie, die Wendekreise, durch die seine Betrachtung auf der Erde sich zurecht findet, an der wirklichen Erdkugel ausgedrückt und bezeichnet aufsuchte. Möchte es Sitte werden in unsrer Nation, nicht bloß zum Scherze und gleichsam versuchend, was dabei herauskommen werde, zu denken, sondern also, als ob wahr sein solle und wirklich gelten im Leben, was wir denken: so wird es überflüssig werden, vor solchen Truggestalten einer ursprünglich ausländischen und die Deutschen bloß berückenden Staatsklugheit zu warnen.

Diese Gründlichkeit, Ernst und Gewicht unsrer Denkweise wird, wenn wir sie einmal besitzen, auch hervorbrechen in unserm Leben. Besiegt sind wir; ob wir nun zugleich auch verachtet und mit Recht verachtet sein wollen, ob wir zu allem andern Verluste auch noch die Ehre verlieren wollen: das wird noch immer von uns abhängen. Der Kampf mit den Waffen ist beschlossen; es erhebt sich, so wir es wollen, der neue Kampf der Grundsätze, der Sitten, des Charakters.

Geben wir unsern Gästen ein Bild treuer Anhänglichkeit an Vaterland und Freunde, unbestechlicher Rechtschaffenheit und Pflichtliebe, aller bürgerlichen und häuslichen Tugenden, als freundliches Gastgeschenk mit in ihre Heimat, zu der sie doch wohl endlich einmal zurückkehren werden. Hüten wir uns, sie zur Verachtung gegen uns einzuladen; durch nichts aber würden wir es sicherer, als wenn wir sie entweder übermäßig fürchteten, oder unsre Weise dazusein aufzugeben, und in der ihrigen ihnen ähnlich zu werden strebten. Fern zwar sei von uns die Ungebühr, daß der einzelne die einzelnen herausfordere und reize; übrigens aber wird es die sicherste Maßregel sein, allenthalben unsern Weg also fortzugehen, als ob wir mit uns selber allein wären, und durchaus kein Verhältnis anzuknüpfen, das uns die Notwendigkeit nicht schlechthin auflegt; und das sicherste Mittel hierzu wird sein, daß jeder sich mit dem begnüge, was die alten vaterländischen Verhältnisse ihm zu leisten vermögen, die gemeinschaftliche Last nach seinen Kräften mit trage, jede Begünstigung aber durch das Ausland für eine entehrende Schmach halte. Leider ist es beinahe allgemeine europäische und so auch deutsche Sitte geworden, daß man im Falle der Wahl lieber sich wegwerfen, denn als das erscheinen wolle, was man imponierend nennt, und es dürfte vielleicht das ganze Lehrgebäude der angenommenen guten Lebensart auf die Einheit jenes Grundsatzes sich zurückführen lassen. Möchten wir Deutsche bei der gegenwärtigen Veranlassung lieber gegen diese Lebensart, denn gegen etwas Höheres verstoßen! Möchten wir, obwohl dies ein solcher Verstoß sein dürfte, bleiben, so wie wir sind, ja, wenn wir es vermöchten, noch stärker und entschiedener werden, also wie wir sein sollen! Möchten wir der Ausstellungen, die man uns zu machen pflegt, daß es uns gar sehr an Schnelligkeit und leichter Fertigkeit gebreche, und daß wir über allem zu ernst, zu schwer und zu gewichtig werden, uns so wenig schämen, daß wir uns vielmehr bestrebten, sie immer mit größerem Rechte und in weiterer Ausdehnung zu verdienen! Es befestige uns in diesem Entschlusse die leicht zu erlangende Ueberzeugung, daß wir mit aller unsrer Mühe dennoch niemals jenen recht sein werden, wenn wir nicht ganz aufhören wir selber zu sein, was dem überhaupt gar nicht mehr Dasein gleich gilt. Es gibt nämlich Völker, welche, indem sie selbst ihre Eigentümlichkeit beibehalten und dieselbe geehrt wissen wollen, auch den andern Völkern die ihrigen zugestehen, und sie ihnen gönnen und verstatten; zu diesen gehören ohne Zweifel die Deutschen, und es ist dieser Zug in ihrem ganzen vergangenen und gegenwärtigen Weltleben so tief begründet, daß sie sehr oft, um gerecht zu sein, sowohl gegen das gleichzeitige Ausland als gegen das Altertum, ungerecht gewesen sind gegen sich selbst. Wiederum gibt es andre Völker, denen ihr eng in sich selbst verwachsenes Selbst niemals die Freiheit gestattet, sich zu kalter und ruhiger Betrachtung des Fremden abzusondern, und die daher zu glauben genötigt sind, es gebe nur eine einzige mögliche Weise als gebildeter Mensch zu bestehen, und dies sei jedesmal die, welche in diesem Zeitpunkte gerade ihnen irgendein Zufall angeworfen; alle übrigen Menschen in der Welt hätten keine andre Bestimmung, denn also zu werden, wie sie sind, und sie hätten ihnen den größten Dank abzustatten, wenn sie die Mühe über sich nehmen wollten, sie also zu bilden. Zwischen Völkern der ersten Art findet eine der Ausbildung zum Menschen überhaupt höchst wohltätige Wechselwirkung der gegenseitigen Bildung und Erziehung statt, und eine Durchdringung, bei welcher dennoch jeder, mit dem guten Willen des andern, sich selbst gleich bleibt. Völker von der zweiten Art vermögen nichts zu bilden, denn sie vermögen nichts in seinem vorhandenen Sein anzufassen; sie wollen nur alles Bestehende vernichten und außer sich allenthalben eine leere Stätte hervorbringen, in der sie nur immer die eigne Gestalt wiederholen können; selbst ihr anfängliches scheinbares Hineingehen in fremde Sitte ist nur die gutmütige Herablassung des Erziehers zum jetzt noch schwachen, aber gute Hoffnung gebenden Lehrlinge; selbst die Gestalten der vollendeten Vorwelt gefallen ihnen nicht, bis sie dieselben in ihr Gewand gehüllt haben, und sie würden, wenn sie könnten, dieselben aus den Gräbern aufwecken, um sie nach ihrer Weise zu erziehen. Ferne zwar bleibe von mir die Vermessenheit, irgendeine vorhandene Nation im ganzen und ohne Ausnahme jener Beschränktheit zu beschuldigen. Laßt uns vielmehr annehmen, daß auch hier diejenigen, die sich nicht äußern, die bessern sind. Soll man aber die, die unter uns erschienen sind und sich geäußert haben, nach diesen ihren Aeußerungen beurteilen, so scheint zu folgen, daß sie in die geschilderte Klasse zu setzen sind. Eine solche Aeußerung scheint eines Beleges zu bedürfen, und ich führe, von den übrigen Ausflüssen dieses Geistes, die vor den Augen von Europa liegen, schweigend, nur den einigen Umstand an, den folgenden: – Wir haben miteinander Krieg geführt; wir unsersteils sind die Ueberwundenen, jene die Sieger; dies ist wahr und wird zugestanden. Damit nun könnten jene ohne Zweifel sich begnügen. Ob nun etwa jemand unter uns fortführe, dafür zu halten, wir hätten dennoch die gerechte Sache für uns gehabt und den Sieg verdient, und es sei zu beklagen, daß er nicht uns zuteil geworden: wäre denn dies so übel, und könnten es uns denn jene, die ja von ihrer Seite gleichfalls denken mögen, was sie wollen, so sehr verargen? Aber nein, jenes zu denken, sollen wir uns nicht unterstehen. Wir sollen zugleich erkennen, welch ein Unrecht es sei, jemals anders zu wollen, denn sie, und ihnen zu widerstehen; wir sollen unsre Niederlagen als das heilsamste Ereignis für uns selbst, und sie als unsre größten Wohltäter segnen. Anders kann es ja nicht sein, und man hat diese Hoffnung zu unserm guten Verstande! – Doch was spreche ich länger aus, was beinahe vor zweitausend Jahren mit vieler Genauigkeit zum Beispiel in den Geschichtsbüchern des Tacitus ausgesprochen worden ist? Jene Ansicht der Römer von dem Verhältnisse der bekriegten Barbaren gegen sie, welche Ansicht bei diesen denn doch auf einen einige Entschuldigung verdienenden Schein sich gründete, daß es verbrecherische Rebellion und Auflehnung gegen göttliche und menschliche Gesetze sei, ihnen Widerstand zu leisten, und daß ihre Waffen den Völkern nichts andres zu bringen vermöchten, denn Segen, und ihre Ketten nichts andres, denn Ehre – diese Ansicht ist es, die man in diesen Tagen von uns gewonnen, und mit sehr vieler Gutmütigkeit uns selbst angemutet und bei uns vorausgesetzt hat. Ich gebe dergleichen Aeußerungen nicht für übermütigen Hohn aus; ich kann begreifen, wie man bei großem Eigendünkel und Beschränktheit im Ernste also glauben und dem Gegenteile ehrlich denselben Glauben zutrauen könne, wie ich denn zum Beispiel dafürhalte, daß die Römer wirklich so glaubten; aber ich gebe nur zu bedenken, ob diejenigen unter uns, denen es unmöglich fällt, jemals zu jenem Glauben sich zu bekehren, auf irgendeine Ausgleichung rechnen können.