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Reden an die deutsche Nation

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Hier bei dieser Anführung zur mechanischen Arbeit ist der Ort, wo die in der allgemeinen Nationalerziehung liegende und auf sie gestützte Gelehrtenerziehung von der ersteren sich absondert, und wo von derselben zu sprechen ist. Die in der allgemeinen Nationalerziehung liegende Gelehrtenerziehung, habe ich gesagt. Ob es nicht auch fernerhin jedem, der eignes Vermögen genug zu haben glaubt, um zu studieren, oder der sich aus irgendeinem Grunde zu den bisherigen höhern Ständen rechnet, freistehen werde, den bisher üblichen Weg der Gelehrtenerziehung zu beschreiten, lasse ich dahingestellt sein: wie, wenn es nur einmal zur Nationalerziehung kommen sollte, die Mehrheit dieser Gelehrten, ich will nicht sagen gegen den in der neuen Schule gebildeten Gelehrten, sondern sogar gegen den aus ihr hervorgehenden gemeinen Mann, mit ihrer erkauften Gelehrsamkeit, bestehen werde, wird die Erfahrung lehren: ich aber will jetzt nicht davon, sondern von der Gelehrtenerziehung in der neuen Weise reden.

In den Grundsätzen derselben muß auch der künftige Gelehrte durch die allgemeine Nationalerziehung hindurchgegangen sein, und den ersten Teil derselben, die Entwicklung der Erkenntnis an Empfindung, Anschauung und dem, was an die letztere geknüpft wird, vollständig und klar erhalten haben. Nur dem Knaben, der eine vorzügliche Gabe zum Lernen, und eine hervorstechende Hinneigung nach der Welt der Begriffe zeigt, kann die neue Nationalerziehung erlauben, diesen Stand zu ergreifen; jedem aber, der diese Eigenschaften zeigt, wird sie es ohne Ausnahme, und ohne Rücksicht auf einen vorgeblichen Unterschied der Geburt, erlauben müssen; denn der Gelehrte ist es keineswegs zu seiner eignen Bequemlichkeit, und jedes Talent dazu ist ein schätzbares Eigentum der Nation, das ihr nicht entrissen werden darf.

Der Ungelehrte ist bestimmt, das Menschengeschlecht auf dem Standpunkte der Ausbildung, die es errungen hat, durch sich selbst zu erhalten, der Gelehrte, nach einem klaren Begriffe und mit besonnener Kunst, dasselbe weiter zu bringen. Der letztere muß mit seinem Begriffe der Gegenwart immer voraus sein, die Zukunft erfassen und dieselbe in die Gegenwart zu künftiger Entwicklung hineinzupflanzen vermögen. Dazu bedarf es einer klaren Uebersicht des bisherigen Weltzustandes, einer freien Fertigkeit im reinen und von der Erscheinung unabhängigen Denken, und, damit er sich mitteilen könne, des Besitzes der Sprache bis in ihre lebendige und schöpferische Wurzel hinein. Alles dieses erfordert geistige Selbsttätigkeit ohne alle fremde Leitung und einsames Nachdenken, in welchem darum der künftige Gelehrte von der Stunde an, da sein Beruf entschieden ist, geübt werden muß, keineswegs bloß, wie beim Ungelehrten, ein Denken unter dem Auge des stets gegenwärtigen Lehrers; es erfordert eine Menge Hilfskenntnisse, die dem Ungelehrten für seine Bestimmung durchaus unbrauchbar sind. Die Arbeit des Gelehrten und das Tagwerk seines Lebens wird eben jenes einsame Nachdenken sein; zu dieser Arbeit ist er nun sogleich anzuführen, die andre mechanische Arbeit ihm dagegen zu erlassen. Indes also die Erziehung des künftigen Gelehrten zum Menschen überhaupt mit der allgemeinen Nationalerziehung wie bisher fortginge, und er dem dahin einschlagenden Unterrichte mit allen übrigen beiwohnte, würden ihm nur diejenigen Stunden, die für die andern Arbeitsstunden sind, gleichfalls zu Lehrstunden gemacht werden müssen in demjenigen, was sein einstiger Beruf eigentümlich erfordert; und dieses wäre der ganze Unterschied. Die allgemeinen Kenntnisse des Ackerbaues, andrer mechanischen Künste und der Handgriffe dabei, die schon dem bloßen Menschen anzumuten sind, wird er ohne Zweifel schon bei seinem Durchgange durch die erste Klasse gelernt haben, oder diese Kenntnisse wären, falls dies nicht der Fall sein sollte, nachzuholen. Daß er, weit weniger denn irgendein andrer, von den eingeführten körperlichen Uebungen losgesprochen werden könne, versteht sich von selbst. Die besondern Lehrgegenstände aber, die in den gelehrten Unterricht fallen würden, sowie den dabei zu beobachtenden Lehrgang noch anzugeben, liegt außerhalb des Planes dieser Reden.

Elfte Rede
Wem die Ausführung dieses Erziehungsplanes anheimfallen werde

Der Plan der neuen deutschen Nationalerziehung ist für unsern Zweck hinreichend dargelegt. Die nächste Frage, die sich nun aufdringt, ist die: wer soll sich an die Spitze der Ausführung dieses Plans stellen, auf wen ist dabei zu rechnen, und auf wen haben wir gerechnet?

Wir haben diese Erziehung als die höchste und dermalen sich einzig aufdringende Angelegenheit der deutschen Vaterlandsliebe aufgestellt, und wollen an diesem Bande die Verbesserung und Umschaffung des gesamten Menschengeschlechts zuerst in die Welt einführen. Jene Vaterlandsliebe aber soll zunächst den deutschen Staat, allenthalben wo Deutsche regiert werden, begeistern, und den Vorsitz haben und die treibende Kraft sein bei allen seinen Beschlüssen. Der Staat also wäre es, auf welchen wir zuerst unsre erwartenden Blicke zu richten hätten.

Wird dieser unsre Hoffnungen erfüllen? Welches sind die Erwartungen, die wir, immer wie sich versteht, auf keinen besondern Staat, sondern auf ganz Deutschland sehend, nach dem bisherigen von ihm fassen können?

Im neuern Europa ist die Erziehung ausgegangen nicht eigentlich vom Staate, sondern von derjenigen Gewalt, von der die Staaten meistens auch die ihrige hatten, von dem himmlisch-geistigen Reiche der Kirche. Diese betrachtete sich nicht sowohl als ein Bestandteil des irdischen Gemeinwesens, sondern vielmehr als eine demselben ganz fremde Pflanzstatt aus dem Himmel, die abgesandt sei, diesem auswärtigen Staate allenthalben, wo sie Wurzel fassen konnte, Bürger anzuwerben; ihre Erziehung ging auf nichts andres, denn daß die Menschen in der andern Welt keineswegs verdammt, sondern selig würden. Durch die Reformation wurde diese kirchliche Gewalt, die übrigens fortfuhr sich ebenso anzusehen wie bisher, mit der weltlichen Macht, mit der sie bisher gar oft sogar im Widerstreite gelegen hatte, nur vereinigt; dies war der ganze Unterschied, der in dieser Rücksicht aus jener Begebenheit erfolgte. Es blieb daher auch die alte Ansicht des Erziehungswesens. Auch in den neuesten Zeiten, und bis auf diesen Tag, ist die Bildung der vermögenden Stände betrachtet worden als eine Privatangelegenheit der Eltern, die sich nach eignem Gefallen einrichten möchten, und die Kinder dieser wurden in der Regel nur dazu angeführt, daß sie sich selbst einst nützlich würden; die einzige öffentliche Erziehung aber, die des Volks, war lediglich Erziehung zur Seligkeit im Himmel; die Hauptsache war ein wenig Christentum und Lesen, und falls es zu erschwingen war, Schreiben, alles um des Christentums willen. Alle andre Entwicklung der Menschen wurde dem ohngefähren und blind wirkenden Einflusse der Gesellschaft, in welcher sie aufwuchsen, und dem wirklichen Leben selbst überlassen. Sogar die Anstalten zur gelehrten Erziehung waren vorzüglich auf die Bildung von Geistlichen berechnet; dies war die Hauptfakultät, zu der die übrigen nur den Anhang bildeten, und meistens auch nur den Abgang von jener abgetreten erhielten.

Solange diejenigen, die an der Spitze des Regiments standen, über den eigentlichen Zweck desselben im dunkeln blieben, und selbst für ihre eigne Person ergriffen waren von jener gewissenhaften Sorge für ihre und andrer Seligkeit, konnte man auf ihren Eifer für diese Art der öffentlichen Erziehung und auf ihre ernstlichen Bemühungen dafür sicher rechnen. Sobald sie aber über den ersten ins klare kamen und begriffen, daß der Wirkungskreis des Staates innerhalb der sichtbaren Welt liege, so mußte ihnen einleuchten, daß jene Sorge für die ewige Seligkeit ihrer Untertanen ihnen nicht zur Last fallen könne, und daß, wer da selig werden wolle, selbst sehen möge, wie er es mache. Sie glaubten von nun an genug zu tun, wenn sie nur die aus gottseligern Zeiten herrührenden Stiftungen und Anstalten ihrer ersten Bestimmung fernerhin überließen; so wenig angemessen und ausreichend dieselben auch für die ganz veränderten Zeiten sein mochten, ihnen mit Ersparung an ihren anderweitigen Zwecken selbst zuzulegen, hielten sie sich nicht für verbunden, tätig einzugreifen, und das zweckmäßige Neue an die Stelle des Veralteten und Unbrauchbaren zu setzen, nicht für berechtigt, und auf alle Vorschläge dieser Art war die stets fertige Antwort: hierzu habe der Staat kein Geld. Wurde ja einmal eine Ausnahme von dieser Regel gemacht, so geschah es zum Vorteile der höhern Lehranstalten, die einen Glanz weitumher verbreiten und ihren Beförderern Ruhm bereiten; die Bildung derjenigen Klasse aber, die der eigentliche Boden des Menschengeschlechts ist, aus welcher die höhere Bildung sich immerfort ergänzt, und auf welcher die letztere fortdauernd zurückwirken muß, die des Volks, blieb unbeachtet und befindet sich seit der Reformation bis auf diesen Tag im Zustande des steigenden Verfalles.

Sollen wir nun für die Zukunft und von Stund an für unsre Angelegenheit vom Staate eine bessere Hoffnung fassen können, so wäre nötig, daß derselbe den Grundbegriff vom Zwecke der Erziehung, den er bisher gehabt zu haben scheint, mit einem ganz andern vertauschte; daß er einsehe, er habe mit seiner bisherigen Ablehnung der Sorge für die ewige Seligkeit seiner Mitbürger vollkommen recht, indem es für diese Seligkeit gar keiner besondern Bildung bedürfe, und eine solche Pflanzschule für den Himmel, wie die Kirche, deren Gewalt zuletzt ihm übertragen worden, gar nicht stattfinde, aller tüchtigen Bildung nur im Wege stehe und des Dienstes entlassen werden müsse; daß es dagegen gar sehr bedürfe der Bildung für das Leben auf der Erde, und daß aus der gründlichen Erziehung für dieses sich die für den Himmel, als eine leichte Zugabe, von selbst ergebe. Der Staat scheint bisher, je aufgeklärter er zu sein meinte, desto fester geglaubt zu haben, daß er, auch ohne alle Religion und Sittlichkeit seiner Bürger, durch die bloße Zwangsanstalt, seinen eigentlichen Zweck erreichen könne, und daß in Absicht jener diese es halten möchten, wie sie könnten. Möchte er aus den neuen Erfahrungen wenigstens dies gelernt haben, daß er das nicht vermag, und daß er gerade durch den Mangel der Religion und der Sittlichkeit dahin gekommen ist, wo er sich dermalen befindet.

 

Möchte man ihn, in Absicht seines Zweifels, ob er auch wohl das Vermögen habe, den Aufwand einer Nationalerziehung zu bestreiten, überzeugen können, daß er durch diese einzige Ausgabe seine meisten übrigen auf die wirtschaftlichste Weise besorgen, und daß, wenn er diese nur übernimmt, er bald nur diese einzige Hauptausgabe haben werde. Bis jetzt ist der bei weitem größte Teil der Einkünfte des Staates auf die Unterhaltung stehender Heere verwendet worden. Den Erfolg dieser Verwendung haben wir gesehen, dies reicht hin; denn tiefer in die besondern Gründe dieses Erfolgs aus der Einrichtung dieser Heere hineinzugehen, liegt außerhalb unsers Plans. Dagegen würde der Staat, der die von uns vorgeschlagene Nationalerziehung allgemein einführte, von dem Augenblicke an, da ein Geschlecht der nachgewachsenen Jugend durch sie hindurch gegangen wäre, gar keines besondern Heeres bedürfen, sondern er hätte an ihnen ein Heer, wie es noch keine Zeit gesehen. Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft vollkommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zur Ertragung jeder Anstrengung und Mühseligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüte lebt die Liebe des Ganzen, dessen Mitglied er ist, des Staates und des Vaterlandes, und vernichtet jede andre selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen und sie unter die Waffen stellen, sobald er will, und kann sicher sein, daß kein Feind sie schlägt. Ein andrer Teil der Sorgfalt und der Ausgabe in weise regierten Staaten ging bisher auf die Verbesserung der Staatswirtschaft, im ausgedehntesten Sinne und in allen ihren Zweigen, und es ist hierbei durch die Ungelehrigkeit und Unbehilflichkeit der niedern Stände manche Sorgfalt und mancher Aufwand vergebens gemacht worden, und die Sache hat allenthalben nur geringen Fortgang gehabt. Durch unsre Erziehung erhält der Staat arbeitende Stände, die des Nachdenkens über ihr Geschäft von Jugend auf gewohnt sind, und die schon sich selbst durch sich selbst zu helfen vermögen und Neigung haben; vermag nun noch überdies der Staat ihnen auf eine zweckmäßige Weise unter die Arme zu greifen, so werden sie ihn auf das halbe Wort verstehen und seine Belehrung sehr dankbar aufnehmen. Alle Zweige der Haushaltung werden ohne viele Mühe in kurzer Zeit einen Flor gewinnen, den auch noch keine Zeit gesehen hat, und dem Staate wird, wenn er ja rechnen will, und wenn er etwa bis dahin nebenbei auch noch den wahren Grundwert der Dinge kennen lernen sollte, seine erste Auslage tausendfältige Zinsen tragen. Bisher hat der Staat für Gerichts- und Polizeianstalten vieles tun müssen, und doch niemals genug für sie tun können; Zucht- und Verbesserungshäuser haben ihm Ausgaben gemacht, die Armenanstalten endlich erforderten, je mehr auf sie gewendet wurde, einen um so größern Aufwand und erschienen in der ganzen bisherigen Lage eigentlich als Anstalten, Arme zu machen. Die erstern werden in einem Staate, der die neue Erziehung allgemein macht, sehr verringert werden, die letztern gänzlich wegfallen. Frühe Zucht sichert vor der spätern sehr mißlichen Zucht und Verbesserung; Arme aber gibt es unter einem also erzogenen Volke gar nicht.

Möchte der Staat und alle, die denselben beraten, es wagen, seine eigentliche dermalige Lage ins Auge zu fassen und sie sich zu gestehen; möchte er lebendig einsehen, daß ihm durchaus kein andrer Wirkungskreis übriggelassen ist, in welchem er als ein wirklicher Staat, ursprünglich und selbständig sich bewegen und etwas beschließen könne, außer diesem, der Erziehung der kommenden Geschlechter; daß, wenn er nicht überhaupt nichts tun will, er nur noch dieses tun kann; daß man aber auch dieses Verdienst ihm ungeschmälert und unbeneidet überlassen werde. Daß wir es nicht mehr vermögen, tätigen Widerstand zu leisten, ist, als in die Augen springend und von jedermann zugestanden, schon früher von uns vorausgesetzt worden. Wie können wir nun die Fortdauer unsers dadurch erwirkten Daseins gegen den Vorwurf der Feigheit und einer unwürdigen Liebe zum Leben rechtfertigen? Auf keine andre Weise, als wenn wir uns entschließen, nicht für uns selbst zu leben, und dieses durch die Tat dartun; wenn wir uns zum Samenkorne einer würdigern Nachkommenschaft machen und lediglich um dieserwillen uns so lange erhalten wollen, bis wir sie hingestellt haben. Jenes ersten Lebenszwecks verlustig, was könnten wir denn noch andres tun? Unsre Verfassungen wird man uns machen, unsre Bündnisse und die Anwendung unsrer Streitkräfte wird man uns anzeigen, ein Gesetzbuch wird man uns leihen, selbst Gericht und Urteilsspruch, und die Ausübung derselben wird man uns zuweilen abnehmen; mit diesen Sorgen werden wir auf die nächste Zukunft verschont bleiben. Bloß an die Erziehung hat man nicht gedacht; suchen wir ein Geschäft, so laßt uns dieses ergreifen! Es ist zu erwarten, daß man in demselben uns ungestört lassen werde. Ich hoffe – vielleicht täusche ich mich selbst darin, aber da ich nur um dieser Hoffnung willen noch leben mag, so kann ich es nicht lassen, zu hoffen; – ich hoffe, daß ich einige Deutsche überzeugen und sie zur Einsicht bringen werde, daß es allein die Erziehung sei, die uns retten könne von allen Uebeln, die uns drücken. Ich rechne besonders darauf, daß die Not uns zum Aufmerken und zum ernsten Nachdenken geneigter gemacht habe. Das Ausland hat andern Trost und andre Mittel; es ist nicht zu erwarten, daß es diesem Gedanken, falls er je an dasselbe kommen sollte, einige Aufmerksamkeit schenken, oder einigen Glauben beimessen werde; ich hoffe vielmehr, daß es zu einer reichen Quelle von Belustigung für die Leser ihrer Journale gedeihen werde, wenn sie je erfahren, daß sich jemand von der Erziehung so große Dinge verspreche.

Möge der Staat und diejenigen, die denselben beraten, sich nicht lässiger machen lassen, in Ergreifung dieser Aufgabe durch die Betrachtung, daß der gehoffte Erfolg in der Entfernung liege. Wollte man unter den mannigfaltigen und höchst verwickelten Gründen, die unser dermaliges Schicksal zur Folge gehabt haben, das, was allein und eigentümlich den Regierungen zur Last fällt, absondern, so würde sich finden, daß diese, die vor allen andern verbunden sind, die Zukunft ins Auge zu fassen und zu beherrschen, beim Andrange der großen Zeitbegebenheiten auf sie immer nur gesucht, sich aus der unmittelbar gegenwärtigen Verlegenheit zu ziehen, so gut sie es vermocht; in Absicht der Zukunft aber nicht auf ihre Gegenwart, sondern auf irgendeinen Glückszufall, der den stetigen Faden der Ursachen und Wirkungen abschneiden sollte, gerechnet haben. Aber dergleichen Hoffnungen sind betrüglich. Eine treibende Kraft, die man einmal in die Zeit hinein hat kommen lassen, treibt fort und vollendet ihren Weg, und nachdem einmal die erste Nachlässigkeit begangen worden, kann die zu spät kommende Besinnung sie nicht aufhalten. Des ersten Falles, bloß die Gegenwart zu bedenken, hat fürs nächste unser Schicksal uns überhoben; die Gegenwart ist nicht mehr unser. Mögen wir nur nicht den zweiten beibehalten, eine bessere Zukunft von irgend etwas anderm zu hoffen, denn von uns selber. Zwar kann keinen unter uns, der zum Leben noch etwas mehr bedarf denn Nahrung, die Gegenwart über die Pflicht zu leben trösten; die Hoffnung einer bessern Zukunft allein ist das Element, in dem wir noch atmen können. Aber nur der Träumer kann diese Hoffnung auf etwas andres gründen denn auf ein solches, das er selbst für die Entwicklung einer Zukunft in die Gegenwart zu legen vermag. Vergönnen diejenigen, die über uns regieren, daß wir ebensogut auch von ihnen denken, als wir unter uns voneinander denken, und als der Bessere sich fühlt; stellen sie sich an die Spitze des auch uns ganz klaren Geschäfts, damit wir noch vor unsern Augen dasjenige entstehen sehen, was die dem deutschen Namen vor unsern Augen zugefügte Schmach einst vor unserm Andenken abwaschen wird!

Uebernimmt der Staat die ihm angetragene Aufgabe, so wird er diese Erziehung allgemein machen, über die ganze Oberfläche seines Gebiets, für jeden seiner nachgebornen Bürger ohne alle Ausnahme; auch ist es allein diese Allgemeinheit, zu der wir des Staates bedürfen, indem zu einzelnen Anfängen und Versuchen hier und da auch wohl das Vermögen von wohlgesinnten Privatpersonen hinreichen würde. Nun ist allerdings nicht zu erwarten, daß die Eltern allgemein willig sein werden, sich von ihren Kindern zu trennen, und sie dieser neuen Erziehung, von der es schwer sein wird ihnen einen Begriff beizubringen, zu überlassen; sondern es ist nach der bisherigen Erfahrung darauf zu rechnen, daß jeder, der noch etwa das Vermögen zu haben glaubt, seine Kinder im Hause zu nähren, gegen die öffentliche Erziehung und besonders gegen eine so scharf trennende und so lange dauernde öffentliche Erziehung sich setzen wird. In solchen Fällen ist man nun, bei zu erwartender Widersetzlichkeit, von den Staatsmännern bisher gewohnt, daß sie den Vorschlag mit der Antwort abweisen: der Staat habe nicht das Recht, für diesen Zweck Zwang anzuwenden. Indem sie nun warten wollen, bis die Menschen im allgemeinen den guten Willen haben, ohne Erziehung aber es niemals zu allgemeinem guten Willen kommen kann, so sind sie dadurch gegen alle Verbesserung geschützt und können hoffen, daß es beim alten bleiben wird bis an das Ende der Tage. Inwiefern dies nun etwa solche sind, welche entweder überhaupt die Erziehung für einen entbehrlichen Luxus halten, in Rücksicht dessen man sich so spärlich einrichten müsse als möglich, oder die in unserm Vorschlage nur einen neuen wagenden Versuch mit der Menschheit erblicken, der da gelingen könne, oder auch nicht, ist ihre Gewissenhaftigkeit zu loben; solchen, die von der Bewunderung des bisherigen Zustandes der öffentlichen Bildung, und von dem Entzücken, zu welcher Vollkommenheit dieselbe unter ihrer Leitung emporgewachsen sei, eingenommen sind, läßt sich nun vollends gar nicht anmuten, daß sie auf etwas, das sie nicht auch schon wissen, eingehen sollten; mit diesen insgesamt ist für unsern Zweck nichts zu tun, und es wäre zu beklagen, wenn die Entscheidung über diese Angelegenheit ihnen anheimfallen sollte. Möchten sich aber Staatsmänner finden und hierbei zu Rate gezogen werden, welche vor allen Dingen durch ein tiefes und gründliches Studium der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt sich selbst Erziehung gegeben haben, denen es ein rechter Ernst ist mit ihrem Geschäft, die einen festen Begriff vom Menschen und seiner Bestimmung besitzen, die da fähig sind, die Gegenwart zu verstehen, und zu begreifen, was eigentlich der Menschheit dermalen unausbleiblich nottut; hätten diese aus jenen Vorbegriffen etwa selbst eingesehen, daß nur Erziehung vor der außerdem unaufhaltsam über uns hereinbrechenden Barbarei und Verwilderung uns retten könne, schwebte ihnen ein Bild vor von dem neuen Menschengeschlecht, das durch diese Erziehung entstehen würde, wären sie selbst innig überzeugt von der Unfehlbarkeit und Untrüglichkeit der vorgeschlagenen Mittel: so ließe von solchen sich auch erwarten, daß sie zugleich begriffen, der Staat, als höchster Verweser der menschlichen Angelegenheiten und als der Gott und seinem Gewissen allein verantwortliche Vormund der Unmündigen habe das vollkommene Recht, die letzteren zu ihrem Heile auch zu zwingen. Wo gibt es denn dermalen einen Staat, der da zweifle, ob er auch wohl das Recht habe, seine Untertanen zu Kriegsdiensten zu zwingen und den Eltern für diesen Behuf die Kinder wegzunehmen, ob nun eins von beiden oder beide wollen oder nicht wollen? Und dennoch ist dieser Zwang, zu Ergreifung einer dauernden Lebensart wider den eignen Willen, weit bedenklicher und häufig von den nachteiligsten Folgen für den sittlichen Zustand und für Gesundheit und Leben der Gezwungenen; da hingegen derjenige Zwang, von dem wir reden, nach vollendeter Erziehung die ganze persönliche Freiheit zurückgibt und gar keine andern, denn die heilbringendsten Folgen haben kann. Wohl hat man früher auch die Ergreifung der Kriegsdienste dem freien Willen überlassen; nachdem sich aber gefunden, daß dieser für den beabsichtigten Zweck nicht ausreichend war, hat man kein Bedenken getragen ihm durch Zwang nachzuhelfen; darum, weil die Sache uns wichtig genug war und die Not den Zwang gebot. Möchten nun auch in dieser Rücksicht uns die Augen aufgehen über unsre Not, und der Gegenstand uns gleichfalls wichtig werden, so würde jene Bedenklichkeit von selbst wegfallen; da, zumal es nur in dem ersten Geschlechte des Zwanges bedürfen und derselbe in den folgenden, selber durch diese Erziehung hindurch gegangenen, hinwegfällt, auch jener erste Zwang zum Kriegsdienste dadurch aufgehoben wird, indem die also Erzogenen alle gleich willig sind, die Waffen für das Vaterland zu führen. Will man ja, um anfangs des Geschreies nicht zu viel zu haben, diesen Zwang zur öffentlichen Nationalerziehung auf dieselbe Weise beschränken, wie bisher der Zwang zum Kriegsdienste beschränkt gewesen, und die von dem letztern befreiten Stände auch von jenem ausnehmen, so ist dies von keinen bedeutenden nachteiligen Folgen. Die verständigen Eltern unter den ausgenommenen werden freiwillig ihre Kinder dieser Erziehung übergeben; die gegen das Ganze unbedeutende Anzahl der Kinder unverständiger Eltern aus diesen Ständen mag immer auf die bisherige Weise aufwachsen und in das zu erzeugende bessere Zeitalter hineinreichen, brauchbar lediglich als ein merkwürdiges Andenken der alten Zeit, und um die neue zur lebhaften Erkenntnis ihres höheren Glücks anzufeuern.

 

Soll nun diese Erziehung Nationalerziehung der Deutschen schlechtweg sein, und soll die große Mehrheit aller, die die deutsche Sprache reden, keineswegs aber etwa nur die Bürgerschaft dieses oder jenes besonderen deutschen Staates, dastehen als ein neues Menschengeschlecht, so müssen alle deutsche Staaten, jeder für sich und unabhängig von allen andern, diese Aufgabe ergreifen. Die Sprache, in der diese Angelegenheit zuerst in Anregung gebracht worden, in der die Hilfsmittel verfaßt sind und ferner werden verfaßt werden, in der die Lehrer geübt werden, der durch alles dieses hindurchgehende eine Gang der Sinnbildlichkeit, ist allen Deutschen gemeinsam. Ich kann mir kaum denken, wie und mit welchen Umwandlungen diese Bildungsmittel insgesamt, besonders in derjenigen Ausdehnung, die wir dem Plane gegeben haben, in irgendeine Sprache des Auslandes übertragen werden könnten, also, daß es nicht als fremdes und übersetztes Ding, sondern als einheimisch und aus dem eignen Leben ihrer Sprache hervorgehend, erschiene. Für alle Deutsche ist diese Schwierigkeit auf die gleiche Weise gehoben; für sie ist die Sache fertig, und sie dürfen nur dieselbe ergreifen.

Wohl uns hierbei, daß es noch verschiedene und voneinander abgetrennte deutsche Staaten gibt! Was so oft zu unserm Nachteile gereicht hat, kann bei dieser wichtigen Nationalangelegenheit vielleicht zu unserm Vorteile dienen. Vielleicht kann Nacheiferung der mehreren und die Begierde, einander zuvorzukommen, bewirken, was die ruhige Selbstgenügsamkeit des einzelnen nicht hervorgebracht hätte; denn es ist klar, daß derjenige unter allen deutschen Staaten, der in dieser Sache den Anfang machen wird, an Achtung, an Liebe, an Dankbarkeit des Ganzen für ihn, den Vorrang gewinnen wird, daß er dastehen wird als der höchste Wohltäter und der eigentliche Stifter der Nation. Er wird den übrigen Mut machen, ihnen ein belehrendes Beispiel geben und ihr Muster werden; er wird Bedenklichkeiten, in denen die andern hängen blieben, beseitigen; aus seinem Schoße werden die Lehrbücher und die ersten Lehrer ausgehen und den andern geliehen werden; und wer nach ihm der zweite sein wird, wird den zweiten Ruhm erwerben. Zum erfreulichen Zeugnisse, daß unter den Deutschen ein Sinn für das Höhere noch nie ganz ausgestorben, haben bisher mehrere deutsche Stämme und Staaten miteinander um den Ruhm größerer Bildung gestritten; diese haben ausgedehntere Preßfreiheit, freiere Hinwegsetzung über die hergebrachte Meinung, andre besser eingerichtete Schulen und Universitäten, andre ehemaligen Ruhm und Verdienste, andre etwas andres für sich angeführt, und der Streit hat nicht entschieden werden können. Bei der gegenwärtigen Veranlassung wird er es werden. Diejenige Bildung allein, die da strebt, und die es wagt, sich allgemein zu machen und alle Menschen ohne Unterschied zu erfassen, ist ein wirkliches Bestandteil des Lebens, und ist ihrer selbst sicher. Jede andre ist eine fremde Zutat, die man bloß zum Prunk anlegt, und die man nicht einmal mit recht gutem Gewissen an sich trägt. Es wird sich bei dieser Gelegenheit verraten müssen, wo etwa die Bildung, deren man sich rühmt, nur bei wenigen Personen des Mittelstandes stattfindet, die dieselbe in Schriften darlegen, dergleichen Männer alle deutschen Staaten aufzuweisen haben; und wo hingegen dieselbe auch zu den höhern Ständen, welche den Staat beraten, hinaufgestiegen sei. Es wird sich sodann auch zeigen, wie man den hier und da gezeigten Eifer für die Errichtung und den Flor höherer Lehranstalten zu beurteilen habe, und ob demselben reine Liebe zur Menschenbildung, die ja wohl jedweden Zweig und besonders die allererste Grundlage derselben, mit dem gleichen Eifer ergreifen würde, oder ob ihm bloß Sucht zu glänzen, und vielleicht dürftige Finanzspekulationen, zugrunde gelegen haben.

Welcher deutsche Staat in Ausführung dieses Vorschlags der erste sein wird, der wird den größten Ruhm davon haben, sagte ich. Aber ferner, es wird dieser deutsche Staat nicht lange allein stehen, sondern ohne allen Zweifel bald Nachfolger und Nacheiferer finden. Daß nur der Anfang gemacht werde, ist die Hauptsache. Wäre es auch nichts andres, so wird Ehrgefühl, Eifersucht, die Begierde auch zu haben, was ein andrer hat, und, womöglich, es noch besser zu haben, einen nach dem andern treiben, dem Beispiele zu folgen. Auch werden sodann die oben von uns beigebrachten Betrachtungen über den eignen Vorteil des Staates, die vielleicht dermalen manchem zweifelhaft vorkommen dürften, in der lebendigen Anschauung bewährt, einleuchtender werden.

Wäre zu erwarten, daß sogleich jetzt und von Stund an alle deutsche Staaten ernstliche Anstalten machten, jenen Plan auszuführen, so könnte schon nach fünfundzwanzig Jahren das bessere Geschlecht, dessen wir bedürfen, dastehen, und wer hoffen dürfte, noch so lange zu leben, könnte hoffen, es mit seinen Augen zu sehen.

Sollte aber, wie wir denn freilich auch auf diesen Fall rechnen müssen, unter allen dermalen bestehenden deutschen Staaten kein einziger sein, der unter seinen höchsten Beratern einen Mann hätte, der da fähig wäre, alles das oben Vorausgesetzte einzusehen und davon ergriffen zu werden, und in welchem die Mehrheit der Berater diesem einen sich wenigstens nicht widersetzte: so würde freilich diese Angelegenheit wohlgesinnten Privatpersonen anheimfallen, und es wäre nun von diesen zu wünschen, daß sie einen Anfang mit der vorgeschlagenen neuen Erziehung machten. Zuvörderst haben wir hierbei im Auge große Gutsbesitzer, die auf ihren Landgütern dergleichen Erziehungsanstalten für die Kinder ihrer Untertanen errichten könnten. Es gereicht Deutschland zum Ruhme und zur sehr ehrenvollen Auszeichnung vor den übrigen Nationen des neuern Europa, daß es unter dem genannten Stande immerfort hier und da mehrere gegeben hat, die sich's zum ernstlichen Geschäfte machten, für den Unterricht und die Bildung der Kinder auf ihren Besitzungen zu sorgen, und die gern das Beste, was sie wußten, dafür tun wollten. Es ist von diesen zu hoffen, daß sie auch jetzt geneigt sein werden, über das Vollkommene, das ihnen angetragen wird, sich zu belehren und das Größere und Durchgreifende ebenso gern zu tun, als sie bisher das Kleinere und Unvollständige taten. Wohl mag hier und da die Einsicht dazu beigetragen haben, daß es vorteilhafter für sie selbst sei, gebildete Untertanen zu haben, denn ungebildete. Wo etwa der Staat durch Aufhebung des Verhältnisses der Untertänigkeit diesen letzten Antrieb weggenommen hat – möge er da desto ernstlicher seine unerläßliche Pflicht bedenken, nicht zugleich das einzige Gute, das bei Wohldenkenden an dieses Verhältnis geknüpft wurde, mit aufzuheben, und möge er in diesem Falle ja nicht versäumen zu tun, was ohnedies seine Schuldigkeit ist, nachdem er diejenigen, die es freiwillig statt seiner taten, dessen erledigt hat. Wir richten ferner, in Absicht der Städte, hierbei unsre Augen auf freiwillige Verbindungen gut gesinnter Bürger für diesen Zweck. Der Hang zur Wohltätigkeit ist noch immer, so weit ich habe blicken können, unter keinem Drucke der Not in deutschen Gemütern erloschen. Durch eine Anzahl von Mängeln in unsern Einrichtungen, die sich insgesamt unter der Einheit der vernachlässigten Erziehung würden zusammenfassen lassen, hilft diese Wohltätigkeit der Not dennoch selten ab, sondern scheint oft sie noch zu vermehren. Möchte man jenen trefflichen Hang endlich vorzüglich auf diejenige Wohltat richten, die aller Not und aller fernern Wohltätigkeit ein Ende macht, auf die Wohltat der Erziehung. – Noch aber bedürfen wir, und rechnen wir auf eine Wohltat und Aufopferung andrer Art, die nicht im Geben, sondern im Tun und Leisten besteht. Möchten angehende Gelehrte, denen es ihre Lage verstattet, den Zeitraum, der ihnen zwischen der Universität und ihrer Anstellung in einem öffentlichen Amte übrigbleibt, dem Geschäfte, über diese Lehrweise an diesen Anstalten sich zu belehren und an denselben selbst zu lehren, widmen! Abgerechnet, daß sie sich hierdurch höchst verdient um das Ganze machen werden, kann man ihnen noch überdies versichern, daß sie selbst den allerhöchsten Gewinn davontragen werden. Ihre gesamten Kenntnisse, die sie aus dem gewöhnlichen Universitätsunterricht oft so erstorben mit hinwegtragen, werden im Elemente der allgemeinen Anschauung, in welches sie hier hineinkommen, Klarheit und Lebendigkeit erhalten, sie werden lernen, dieselben mit Fertigkeit wiederzugeben und zu gebrauchen, sie werden sich, da im Kinde die ganze Fülle der Menschheit unschuldig und offen daliegt, einen Schatz von der wahren Menschenkenntnis, die allein diesen Namen verdient, erwerben, sie werden zu der großen Kunst des Lebens und Wirkens angeleitet werden, zu welcher in der Regel die hohe Schule keine Anweisung gibt.