Das geheimnisvolle Merkmal

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»Du musst dich nicht sofort entscheiden, aber ich denke, eine offene Aussprache wäre für uns alle drei der beste Weg zur Klärung der Situation.«

»Vielleicht hast du recht.«

»Es ist immer noch mein Vater, den ich einmal sehr gemocht habe. Außerdem habe ich ihm viele Erkenntnisse zu verdanken.«

»Das macht das Geschehene nicht ungeschehen.«

»Ich weiß, aber ich denke er hat eine neue Chance verdient.«

»Das klingt als hättest du ihm doch verziehen«, zweifelte die Mutter.

»Nein, aber ich will endgültig damit abschließen.«

»Lass uns das Thema wechseln. Wie gefällt dir deine Arbeit?«

»Gut, die Leute sind sehr freundlich und die Chefin korrekt.«

»Wie geht deine Qualifizierung voran?«

»Ebenfalls gut, ich denke, dass ich für ein Studium gut vorbereitet werde.«

»Wann willst du mit dem Studium beginnen?«

»Habe mich noch nicht entschieden. Ich möchte erst etwas Geld verdienen und dir damit helfen.«

»Wegen des Geldes solltest du dir keine Gedanken machen. Bis jetzt bin ich mit meinem Gehalt für uns ausgekommen und es hat für uns beide gereicht«, erwiderte die Mutter.

»Ich möchte, dass du dir eine Reise leisten kannst.«

»Wie kommst du darauf, Kind?«, fragte die Mutter ungläubig.

»Du hast in den letzten Jahren viel wegen mir entbehren müssen und das möchte ich gern zurückgeben. Du musst dich nur etwas gedulden, Mutti«, sprach Beate.

»Du bist ein Schatz, aber du bist nicht schuld an den Geschehnissen.«

»Dennoch möchte ich mich bei dir bedanken. Du warst in der schweren Zeit eine große Stütze für mich und hast mir immer beigestanden.«

»Das habe ich gern getan, du bist schließlich meine einzige Tochter und mein Glück.«

»Ich werde mir zum Dank für dich auf jeden Fall etwas einfallen lassen und hoffe du wirst dich etwas darüber freuen. Ich wäre sehr glücklich darüber.«

»Was hast du heute für Schicht?«, fragte Beate ihre Mutti.

»Ich habe wieder Nachtschicht.«

»Dann können wir gemeinsam Abendbrot essen«, sagte Beate und ging in ihr Zimmer.

Beate hatte sich nicht ohne Grund bei ihrer Mutter nach ihrer Schicht im Pflegeheim erkundigt. Sie verschwieg ihr, dass sie seit ungefähr acht Wochen ein Verhältnis mit einem Mann hatte. Der Mann war zwanzig Jahre älter als Beate und sie hatten sich in einem Kaufhaus in Brandenburg zum ersten Mal gesehen. Beate war auf Einkaufstrip und hatte sich, nach Erledigung ihrer Einkäufe, zu einem Kaffee in ein Café gesetzt. Nach einiger Zeit des Hinschauens hatte sich der Mann an ihren Tisch gesetzt und sie angesprochen. Er sagte ihr, dass er von ihrer Schönheit angetan sei und sie gern näher kennenlernen würde. Beate war anfangs über das Verhalten des Mannes erschrocken, fühlte sich jedoch geschmeichelt von einem solch attraktiv aussehenden, reiferen Mann angesprochen zu werden. Der Mann strahlte großes Selbstvertrauen und hohe Intelligenz aus, was Beate tief beeindruckte. Sie unterhielten sich, wobei die Unterhaltung im Laufe der Zeit immer entspannter und gelöster wurde. Beate fühlte sich zu diesem Mann hingezogen, ohne sagen zu können, was der Grund für ihr dieses Gefühl war.

Bei ihrer Verabschiedung vereinbarten sie ein weiteres Treffen und es entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis, wobei der Mann Beate gegenüber in sexueller Hinsicht sehr zurückhaltend war. Nach einiger Zeit gestand er ihr, dass er verheiratet sei und eine Familie hatte, was Beate anfangs stark abschreckte und sie bemüht war, dieses Verhältnis sofort zu beenden. Zu Beates Überraschung gelang ihr der Bruch des Verhältnisses nicht, da sie sich bereits zu sehr zu diesem Mann hingezogen fühlte. Die beiden trafen sich heimlich, wenn es die Schicht von Beates Mutti und die familiären Verpflichtungen des Mannes zuließen. Beate konnte und wollte nicht einschätzen wie sich das Verhältnis weiterentwickeln würde, sie war mit der gegebenen Situation zufrieden.

Sie verschwieg ihrem Verehrer, dass sie sich gelegentlich mit Freunden traf, mit ihnen Ausflüge unternahm und zu später Stunde in einem barackenähnlichen Gebäude Haschisch rauchte. Sie überlegte die Möglichkeit, sich von ihren Freunden zu trennen und damit auch dem Haschisch abzusagen, konnte sich jedoch nicht zu diesem Schritt endgültig entschließen. Beate hatte für heute Abend wieder ein Treffen mit ihrem Verehrer vereinbart, war sich aber nicht sicher, dieses Treffen einzuhalten. Nach dem Erscheinen ihres Vaters in der Boutique hatte sich die Situation in ihren Augen verändert. Beate hatte schlagartig das Gefühl, dass es sich bei den Gefühlen ihrem Verehrer gegenüber lediglich um väterliche Gefühle handelt, die ihr in den letzten Jahren sehr gefehlt hatten. Sie stellte sich eine Zukunft mit ihrem Verehrer vor, welcher zudem durch seine Familie und deren gemeinsames Leben gebunden war. Sie kam zu dem Entschluss, dass es für sie beide keine gemeinsame Zukunft geben kann und war bereit dieses Verhältnis, welches ihr dennoch gut getan hatte, zu beenden und sich wieder gänzlich ihrer Qualifizierung zur Vorbereitung zum Studium zu widmen.

Beate überlegte die Möglichkeit noch heute ein Gespräch mit dem Pfarrer Nordin zu führen und ihm, wie sie es schon mehrmals getan hatte, um seinen Rat zu fragen. Der Pfarrer hatte ihr in der schweren Zeit oft geholfen und sie nach ihrer Entlassung aus der Klinik sofort in die Junge Gemeinde der Kirchgemeinde aufgenommen. Er kannte ihre Problematik und unterstützte sie bei der Bewältigung ihrer psychischen Krise, was ihr sehr gut getan hatte. Sie überlegte die Möglichkeit das heutige Treffen abzusagen oder sich ein letztes Mal mit dem Mann zu treffen und ihm dabei ihren endgültigen Entschluss mitzuteilen. Sie fühlte genügend Kraft und innerliche Stärke in sich, um diese Problematik selbst zu lösen und sich dabei gleichzeitig ihres gestiegenen Selbstbewusstseins zu überzeugen. Über diese Gedanken schlief Beate in ihrem Zimmer ein und wurde erst zum Abendessen von ihrer Mutti geweckt. Sie ging in die Küche, um das gemeinsame Abendessen zu genießen, wobei ihr Entschluss bezüglich ihres Verhältnisses unwiderruflich feststand.

In der Likörfabrik Ludwig saß Katja Meier über der Bilanz des Umsatzes der Firma im letzten Quartal. Sie rechnete die einzelnen Posten des Umsatzes und der eingesetzten finanziellen Mittel zur Produktion der Erzeugnisse gegeneinander auf, unter Berücksichtigung der Personalkosten und kam zu der Erkenntnis, dass die Firma finanziell gut aufgestellt war. Im Endergebnis rechnete sie ein Plus in den Bilanzen aus. Sie war zufrieden und rechnete das zu erwartende Ergebnis für das laufende Quartal aus. Frau Meier war bereits seit vielen Jahren in der Likörfabrik als Vertriebsleiterin tätig und ihr Chef Sven Ludwig war mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Sie arbeitete gern in der Firma und hatte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten beim Erlernen der Erzeugnisse gut eingearbeitet.

In den letzten Jahren war ihr die Verantwortung als Vertriebsleiterin übertragen worden und sie war für die Erarbeitung aller Abschlüsse der Firma verantwortlich. Am heutigen Morgen hatte ihr Sven Ludwig die Vorverträge zur Lieferung des neuesten Erzeugnisses, dem kürzlich erprobten Himbeerlikör, mit den beiden Weinhändlern, Konrad Welpe und Thomas Schulte, zur Überprüfung und Kontrolle übergeben. Sie las diese Vorverträge gründlich durch und runzelte die Stirn. Sie war mit seinen teilweise unüberlegten Vertragsabschlüssen, zu denen er Katja Meier eingesetzt hatte, nicht einverstanden und hatte ihm dies mehrmals gesagt. Ihr Chef war in Abschlüssen von Verträ-gen zu gutmütig und hatte bereits mehrmals keine guten Ergebnisse erzielt.

Katja Meier hatte die Gabe sich mit den einzelnen Vertretern oder Handelsketten in längeren Gesprächen durchzusetzen ohne zukünftige Abschlüsse durch überzogene Forderungen zu gefährden. Katja war eine gut aussehende rothaarige Frau mit schlanken Beinen und einen muskulösen Körper, der in ihrem Fitnessprogramm begründet war. Sie war beliebt, was bei ihrer Tätigkeit nicht einfach war, denn sie musste dem Firmenchef bezüglich der finanziellen Belastbarkeit der Firma bereits zweimal die Realisierung von Kurzarbeit nahelegen, was bei einigen Mitarbeitern zu Verstimmungen geführt hatte. Die vorliegenden Vorverträge gefielen ihr nicht, aber sie kannte auch die Freundschaft ihres Vorgesetzten mit den beiden Weinhändlern. Sie rief bei Sven Ludwig im Büro an und bat um ein Gespräch. Sven stimmte sofort zu, da er wusste, dass Katja nur in dringenden Fällen um ein Gespräch bat. Katja betrat das Zimmer und sagte: »Was hast du dir bei diesen Verträgen gedacht?«

»Sind die Verträge nicht in Ordnung?«

»Du sagst es.«

»Was ist falsch?«, erkundigte sich Sven.

»Die entscheidende Klausel.«

»Es sind nur Vorverträge.«

»Im entscheidenden Passus ist dies unerheblich, abgesehen von dem Fakt, dass wir zur Auslieferung des neuen Erzeugnisses keine Angaben machen können.«

»Deshalb sind es Vorverträge.«

»Vorverträge sind gesetzlich ebenso bindend wie abgeschlossene Verträge.«

»Ich dachte zwischen diesen Verträgen bestehen diesbezüglich Unterschiede.«

»Im Kleingedruckten hättest du den Passus der strafrechtlichen Verantwortung des Herstellers bei Nichteinhaltung der Auslieferung streichen müssen.«

»Gilt dieser Passus auch bei Vorverträgen.«

»Zur Bearbeitung von Verträgen hast du mich auf den Stuhl der Vertriebsleiterin gesetzt. Hast du kein Vertrauen mehr zu mir?«, fragte Katja.

»Doch, doch«, sprudelte Sven.

»Ich weiß, dass die Beiden deine Freunde sind, aber bei finanziellen Belangen der Firma solltest du mich mit ihnen verhandeln lassen«, forderte Katja.

 

»Ich werde es mir merken.«

»Leider ist dies nicht das erste Mal.«

»Es war bestimmt das letzte Mal«, errötete Sven.

»Weiß Martina davon?«, wollte Katja wissen.

»Nein und ich bitte dich, sie nicht zu informieren.«

Martina Ludwig, die Ehefrau von Sven, war Teilhaberin der Firma und mit finanziellen Mitteln an der Firma beteiligt. Vor fünf Jahren war die Likörfabrik in finanzielle Schieflage geraten und hatte eine Finanzspritze benötigt oder einen größeren Kredit bei ihrer Hausbank beantragen müssen. Die Eltern von Martina waren damals der Firma zu Hilfe gekommen und hatten die fehlenden Mittel aufgebracht, dabei aber eine Teilhaberschaft ihrer Tochter gefordert. Sven war auf die Forderungen von Martinas Eltern eingegangen und war bisher gut damit gefahren, da Martina eine sehr vernünftige Frau war und keine überzogene Mitarbeit in der Firma forderte, was ein gehöriges Maß an Vertrauen zu ihrem Mann forderte.

»Können wir diesen Passus streichen?«, erkundigte sich Sven.

»Nein, unterschrieben ist unterschrieben.«

»Was besagt dieser Passus?«

»Die Textstelle weist darauf hin, dass bei Nichteinhaltung der eingegangenen vertraglichen Bindungen die Zahlung von entstandenen Verlusten fällig wird.«

»Wie hoch könnte der Betrag sein?«, wollte Sven wissen.

»Der kann in den 5-stelligen Bereich gehen, da der eventuell entgangene Gewinn der Vertragspartner nicht konkret im Vertrag ausgehandelt wurde und somit manipulierbar ist.«

»Meine Freunde werden mich nicht betrügen«, empörte sich Sven.

»Ich habe dir schon mehrmals gesagt, was ich von deinen sogenannten Freunden halte. Für mich versuchen sie nur mit dir gute Geschäfte zu tätigen, ich glaube nicht, dass sie dir im Ernstfall entgegen kommen würden. Echte Freunde sind sie nicht.«

»Ich kenne deine Meinung über Konrad und Thomas, aber du irrst dich.«

»Wollen wir es hoffen«, entgegnete Katja.

»Was können wir nun tun?«

»Ihr müsst unbedingt den neuen Himbeerlikör in ausreichender Menge herstellen, dann kann nichts geschehen, aber das ist Grundvorrausetzung. Unabhängig davon werde ich mich mit beiden zusammensetzen und eine Konkretisierung des Vorvertrages vornehmen und dabei hoffen, dass sie einsichtig sind oder was noch besser wäre, diesen Passus übersehen haben.«

»Ich danke dir. Sag mir bitte schnellstens Bescheid. Ich setze mich mit unserer Produktion in Verbindung, damit die Herstellung des Likörs abgesichert werden kann. Unsere Materialwirtschaft bekommt den dringlichen Auftrag zur Absicherung der benötigten Materialien.«

»Gut, Sven. Wir bekommen es schon in Griff. Wir haben schon andere Klippen umschifft«, lächelte Katja Meier ihren Chef an, als Klaus Helbig das Zimmer betrat.

»Was willst du hier?«, fragte Sven.

»Ich habe gehört ihr habt ein neues Produkt im Angebot«, erwiderte der Apotheker.

»Es ist aber erst in drei Monaten im Verkauf«, sagte Sven.

»Kein Problem. Ich als einer eurer treuesten Kunden möchte mich anmelden.«

»Das könnt ihr ohne mich abstimmen«, sprach Sven, der Klaus Helbig offensichtlich nicht besonders gut gesinnt war und deshalb das Zimmer verließ.

Katja Meier war stets von Klaus Helbig beeindruckt. Ihr gefiel sein selbstbewusstes und sicheres Auftreten, ohne seinem Gegenüber seine Überlegenheit spüren zu lassen. Für sie war er eine glänzende Erscheinung ohne besondere Starallüren. Sein dunkles Haar, welches bereits graue Strähnen an den Schläfen zeigte, erweckte einen besonderen Reiz. Er war stets adrett und modisch gekleidet. Katja Meier hatte sich oftmals gefragt, wie Klaus Helbig zu seinem großen Reichtum gekommen sein könnte. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass man von dem Betrieb einer Apotheke reich werden konnte. Der Lebensstil der Familie Helbig, eingeschlossen ihres großen Grundstückes, setzte große finanzielle Mittel voraus. Sowohl seine Frau, als auch Klaus Helbig, waren stets auf dem neuesten modischen Stand und beide fuhren die teuersten Fahrzeuge, wobei spätestens nach zwei Jahren neue Fahrzeuge angeschafft wurden. Zu ihren Feierlichkeiten, die für ihre Ausgelassenheit umgebungsweit bekannt waren, war der Familie kein Aufwand zu groß. Bei diesen Feiern der Familie Helbig waren fast immer bedeutende Persönlichkeiten eingeladen, welche aus der Gemeinde und teilweise aus größeren Städten der näheren Umgebung stammten. Diese Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kamen den Einladungen der Familie Helbig stets gern nach und brachten zahlreiche Geschenke mit. Katja Meier war sich sicher, dass bei diesen Feiern Geschäfte abgeschlossen wurden.

Sie freute sich immer, wenn er zu ihr kam und eine kleine Bestellung für eine Familienfeier oder ähnliche Veranstaltungen auslöste. Katja Meier hatte ebenfalls von dem Gerücht eines Verhältnisses von Klaus Helbig mit seiner blonden Apothekergehilfin gehört. Sie ertappte sich dabei, dass sie auf die Mitarbeiterin der Apotheke neidisch war, wobei sie eingestand, dass diese Frau eine reizvolle Persönlichkeit mit einem sehr guten Aussehen und Auftreten war. Katja wunderte es nicht, dass sich viele Frauen in der Umgebung gern die nähere Bekanntschaft mit Klaus Helbig gewünscht haben und sicher einen Flirt mit ihm eingegangen wären. In vielen Gesprächen mit ihren Arbeitskolleginnen konnte sie diesen Wunsch einiger Frauen entnehmen. Sie zählte sich selbst dazu, aber sie würde niemals den ersten Schritt zu solch einem Flirt eingehen, außerdem war sie glücklich verheiratet und konnte sich nicht vorstellen, ihren Mann zu betrügen.

»Welche Bestellung darf ich entgegennehmen?«, fragte sie Klaus Helbig.

»Wir haben am Wochenende einige Bekannte zu uns zum Gartenfest eingeladen und da sind einige gute Trinker dabei, denen möchte ich etwas Besonderes vorsetzen.«

»Haben sie konkrete Vorstellungen?«

»Ich habe eine Aufstellung vorbereitet.«

»Kann ich diese sehen?«

»Selbstverständlich, deshalb habe ich sie erstellt«, lächelte Klaus Helbig.

Katja Meier überflog die ihr übergebene Aufstellung und sagte:

»Kein Problem, Herr Helbig.«

»Ich möchte die Lieferung für Samstagnachmittag bestellen.«

»Wir werden das ermöglichen, aber sie wissen, dafür erheben wir einen Zuschlag.«

»Ich weiß Bescheid, Betrag wie immer«, schmunzelte Klaus die charmante Katja an.

Klaus Helbig verabschiedet sich von der Vertriebsleiterin der Likörfabrik und verließ mit einem freudigen Strahlen das Zimmer. Katja lehnte sich zurück und schaute Herrn Helbig beim Verlassen des Werkhofes nach. Sie vertrieb ihre Gedanken und widmete sich der Bearbeitung des von Sven Ludwig mit den Weinhändlern vereinbarten Vorvertrages.

5

Die Mädchen und Jungen der 2. Klasse der Grundschule von Waldstadt hatten Wandertag und gingen mit ihrer Klassenlehrerin und einer weiteren Aufsichtsperson in den Wünsdorfer Wald, um die Natur näher kennen zu lernen. Die Lehrerin erklärte ihnen die Bäume und andere Gewächse. Die ersten Pilze waren ebenfalls bereits zu sehen und die Kinder nahmen die Erläuterungen ihrer Lehrerin wissbegierig auf. Den Kindern machte dieser Wandertag viel Spaß und sie konnten sich frei im Wald bewegen, sofern sie sich nicht aus der Sichtweite des Aufsichtspersonals entfernten. Die Lehrerin erklärte den Schülern an Hand der Blätter die Bäume, welche in diesem Mischwald wuchsen. Sie stellte den Schülern Fragen zu den entsprechenden Gewächsen und erklärte ihnen welche Früchte an den Sträuchern wuchsen. Sie naschten die Früchte von den Himbeersträuchern, wobei sie feststellten, dass die Früchte der Brombeersträucher noch nicht ausgereift waren. Einige Kinder hatten auch Glück und entdeckten im Unterholz bzw. auf dem feuchten Waldboden einige Pilze. Sie gingen mit den gefundenen Pilzen zu ihrer Lehrerin und befragten sie nach der Essbarkeit der gefundenen Pilze.

Die Stimmung der Schüler und ihres Aufsichtspersonals war sehr gut, wozu auch das schöne Wetter beitrug. Die Kinder tollten freudig im Wald umher und da die Lehrerin gesagt hatte, dass sie sich entsprechend der Gestaltung des Wandertages bekleiden sollen, brauchten sie auf eventuelle Verschmutzung ihrer Kleidung keine Rücksicht zu nehmen. Nach ungefähr zwei Stunden hatte die Lehrerin ihre Zöglinge zu einer kleinen Pause und der Einnahme ihres mitgebrachten Imbisses gebeten, wobei sie auf einer Lichtung Platz genommen hatten. Die Lehrerin hatte im Vorfeld des Wandertages die Gegend erkundet und dabei diese Lichtung mit aufgestellten Tischen und Bänken entdeckt. Die Kinder verspeisten ihre Stullen und tranken Limonade und scherzten gutgelaunt. Nach der Pause bat die Lehrerin ihre Schüler den Wandertag fortzusetzen, sich weiterhin ordentlich zu benehmen und sich nicht von der Gruppe zu entfernen. Gleichzeitig bat sie die Kinder um Aufmerksamkeit, da sie in den nächsten Unterrichtsstunden eine Auswertung der Erkenntnisse des heutigen Tages bezüglich des Waldbestandes vornehmen und sie nach der Zuordnung der Blätter zu den einzelnen Gewächsen fragen werde.

Horst und Klaus baten um eine kleine Pause, da sie dringend austreten mussten. Die Lehrerin stimmte zu und bat gleichzeitig alle Kinder, die eventuell das gleiche Bedürfnis haben, sich anzuschließen. Die Kinder suchten sich unauffällige Stellen zur Erledigung ihrer Bedürfnisse. Die Lehrerin und die Begleitperson des Wandertages saßen beieinander, als plötzlich aus einem etwas weiter entfernten Gebüsch ein wilder erschrockener Laut ertönte. Beide waren erschrocken und hatten die Befürchtung, dass sich eines der Kinder verletzt hatte. Sie rannten zu der Stelle aus welcher der Schrei ertönt war und entdeckten zwei völlig verstörte Jungen vor einem Gebüsch stehen. Sie gingen zu den Jungen und diese zeigten mit vorgestreckten Händen und bleichen Gesichtern auf einen aufgeworfenen Laubhaufen. Die Lehrerin schaute genauer hin und erschreckte ebenso wie ihre Schulkinder. Sie wurde bleich und überlegte blitzschnell die nächsten Schritte ihres Handelns. Aus dem Laubhaufen, der etwas aufgeschüttet war, lugte eine geballte Faust hervor. Die Situation war für sie eindeutig und sie wusste augenblicklich, dass die Kinder einen Leichnam entdeckt hatten.

Die Lehrerin schickte die Kinder sofort zurück zu der Lichtung und wies die Begleitperson des Wandertages an, keines der Kinder aus den Augen zu lassen und zu versuchen die Kinder zu beruhigen. Sie selbst überzeugte sich genauer über den schrecklichen Fund und griff, nachdem sie sich sicher war einen toten Menschen gefunden zu haben, zu ihrem Handy und wählte die Nummer der Polizei. Sie erläuterte dem Diensthabenden die Situation, wobei sie sehr aufgeregt war.

»Sind sie ganz sicher betreffs ihres Fundes?«, fragte dieser nach.

»Ja.«

»Wo befinden sie sich?«

Die Lehrerin beschrieb, so gut sie vor lauter Aufregung konnte, ihren Standort. Für die Situation blieb sie dennoch gelassen und konnte dem Diensthabenden konkrete Aussagen machen.

»Bitte bleiben sie vor Ort.«

»Bitte benachrichtigen sie unseren Schulleiter, dass er die Abholung der Kinder veranlasst«, bat sie.

»Wird erledigt. Geben sie mir bitte ihre Handynummer«, bat der Diensthabende.

»Wozu?«, fragte die Lehrerin.

»Falls es Rückfragen gibt und lassen sie das Handy eingeschaltet.«

»Selbstverständlich, bitte beeilen sie sich.«

»Ich schicke sofort einen Streifenwagen zu ihnen. Ich habe noch eine Bitte.«

»Welche?«

»Entfernen sie die Kinder vom Fundort. Ich werde gleichzeitig, in Abstimmung mit ihrem Direktor, psychologische Betreuung der Kinder veranlassen.«

»Ich werde vor Ort warten«, entgegnete die Lehrerin.

Es dauerte nur wenige Minuten bis die ersten Fahrzeuge der Schule eintrafen und die Kinder von dem schrecklichen Ort abholten. Einige der Schüler waren leicht verstört, obwohl nur die beiden Jungs die tote Person unter dem leicht aufgeschütteten Haufen gesehen hatten. Die Schilderung der beiden Knaben zu ihrer Lehrerin hatte sie jedoch auch erfasst. Der Schuldirektor hatte sofort reagiert und einige Lehrer mit der Abholung der Schüler beauftragt. Nach wenigen Minuten traf ein Streifenwagen der Polizei am Fundort ein, wobei die Kinder bereits in den Fahrzeugen der Lehrer zur Abholung saßen.

»Hauptwachtmeister Müller und das ist mein Kollege Wachtmeister Wolf«, stellten sie sich vor.

Die Lehrerin nickte und fragte: »Können die Schüler zurück in die Schule?«

 

»Ja, wir benötigen nur ihre Aussage.«

»Ich muss hierbleiben?«

»Ja, zeigen sie uns bitte den Fundort.«

Die Polizisten gingen gemeinsam mit der Lehrerin zu dem Fundort des Leichnams. Nach einigen Sekunden sagte Hauptwachtmeister Müller: »Sie können zurück zur Lichtung und auf uns warten, wir schauen uns diesen Ort etwas genauer an. Bitte warten sie auf uns, wir sind gleich zurück.«

Während die erschöpfte Lehrerin sich nichts weiter wünschte, als diesen schrecklichen Ort schnellstens zu verlassen, schauten sich die Streifenpolizisten den Fundort genauer an, wobei sie den Körper der toten Person etwas von dem leicht aufgeschütteten Waldboden befreiten. Den beiden war bereits nach dem ersten genaueren hinschauen klar, dass die Person einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Sie waren gut geschult und versuchten eventuelle Spuren nicht zu verletzen. Hauptwachtmeister Müller hatte die Situation sofort erfasst und sagte zu seinem Kollegen: »Geh zu der Frau zurück, ich werde die Dienststelle informieren.«

»Es sieht nach einem schrecklichen Verbrechen aus.«

»Das stimmt, hier muss die MUK tätig werden.«

»Ich gehe zu der Frau und versuche sie zu beruhigen.«

»Richtig, aber lasse sie nicht gehen. Wenn die Morduntersuchungskommission eintrifft, ist es gut, wenn sie sich vor Ort befindet.«

»Das kann aber einige Zeit dauern.«

»Ich weiß.«

»Denkst du nicht, es wäre besser sie von dem Ort fortzubringen?«

»Besser schon, ich frage wie schnell die Kameraden vor Ort sein können.«

»Einverstanden«, erwiderte Wachtmeister Wolf.

Hauptwachtmeister rief seine Dienststelle an und schilderte die Situation, wobei er deutlich zum Ausdruck brachte, dass es sich offensichtlich um einen gewaltsamen Tod der Person handelt. Er bat seinen Kollegen am Telefon unverzüglich die Kollegen der Mordkommission vor Ort zu schicken und erkundigte sich über die Zeitdauer bis zum ihrem Eintreffen.

»Ich veranlasse den Einsatz der Gerichtsmedizin.«

»Jawohl und schicke auch die Kollegen der Spurensicherung vor Ort.«

»Wird eingeleitet«, kam die knappe Rückmeldung.

Hauptwachtmeister Müller ging zu seinem Kollegen und der mit der Zeit nervös werdenden Lehrerin, die anfangs gut und gelassen reagiert hatte. Er sprach mit ruhigen Worten auf sie ein und erreichte offensichtlich eine Beruhigung der Frau.

»Mir geht es um meine Schüler, hoffentlich verkraften sie das Erlebte.«

»Ich denke schon.«

»Wieso sind sie so sicher?«

»Ich habe in meinem Berufsleben als Polizist bereits mehrere solche Situationen erlebt und meine Erfahrung sagt mir, dass ihre Schüler in wenigen Tagen das Geschehene verarbeitet haben.«

»Es sind noch kleine Kinder«, zweifelte die Lehrerin.

»Kleine Kinder verarbeiten solche Vorkommnisse meistens besser, außerdem haben nach ihrer Aussage nur zwei Kinder wirklich die tote Person gesehen. Ihre Aufgabe besteht darin, dass diese beiden Kinder über das Erlebte nicht mehr sprechen. Sie haben jetzt eine schwere Aufgabe, denn sie sind für das Erlebte die Bezugsperson der Kinder. Gegebenenfalls sollten sie professionelle Hilfe zur Aufarbeitung des Erlebten für die Kinder in Anspruch nehmen.«

»Ich werde mit ihren Eltern sprechen.«

»Das ist dringend nötig«, stimmte Hauptwachtmeister Müller zu.

Der Hauptwachtmeister unterhielt sich mit der Lehrerin über allgemeine Probleme um, sie von dem Gesehenen abzulenken. Als Erste trafen die Kollegen der Spurensicherung am Fundort ein und der Hauptwachtmeister führte sie zum Fundort, wobei er die Lehrerin bat sich nicht von ihrem Standort zu entfernen und auf die Kollegen der MUK zu warten. Die Gerichtsmedizinerin, Frau Silvia Kesser, eine gutaussehende Erscheinung war ebenfalls bereits vor Ort. Die Mitarbeiter der Spurensicherung hatten den leblosen Körper vom Waldboden, der ihn teilweise bedeckte, freigelegt, so dass Frau Kesser ihn genauer in Augenschein nehmen konnte, um die Todesursache festzustellen. Die Mitarbeiter der Spurensicherung und die Gerichtsmedizinerin waren von dem Anblick des Leichnams erschüttert und es fiel ihnen schwer, eine sachliche Einschätzung zu treffen.

»Ich habe schon viele getötete Personen gesehen, aber dieser Anblick erschüttert mich dennoch«, sagte mit belegter Stimme Heinz Müller, der Chef der Spurensicherung.

»In diesen Fall bin ich mit ihnen einer Meinung«, stimmte Frau Kesser zu.

»Das geschieht selten genug«, lächelte Heinz Müller die Gerichtsmedizinerin an.

Frau Kesser war eine selbstbewusste und energische Frau und ihre Einschätzung betreffs der Beurteilung jeweiliger Tatgeschehen wurde ohne Zweifel anerkannt. Sie hatte sich gut in das Gesamtgefüge der Ermittlungsorgane bei Verbrechen eingelebt und wurde von allen Mitarbeitern geschätzt. Sie war stets gutgelaunt, was die meisten Kollegen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als Gerichtsmedizinerin verwunderte. Heinz Müller und Frau Kesser schauten auf den Leichnam und Heinz Müller sagte: »Hier liegt auf jeden Fall ein Gewaltverbrechen vor.«

»Mit Sicherheit«, kam die knappe Antwort.

Heinz Müller hatte seinen Mitarbeitern die Anweisung zur großräumigen Absperrung des Fundortes gegeben und diese sperrten mittels rotweißem Absperrbands den Fundort ab. Die Nachricht des Fundes einer Leiche im Waldgebiet hatte schlagartig in den kleinem Ort die Runde gemacht, so dass die Mitarbeiter große Mühe hatten, die Schaulustigen vom Fundort fernzuhalten. Während Frau Kesser den Leichnam untersuchte, waren die Mitarbeiter der Mordkommission eingetroffen. Hauptkommissar Klaus Ullmann ging auf Silvia Kesser zu und beobachtete sie bei ihrer Tätigkeit.

»Auch schon eingetroffen?«, sagte Frau Kesser und schaute mit einem Lächeln zum Kommissar auf.

»Wir sind immer schnell.«

»Aber erst nach mir«, erwiderte die Gerichtsmedizinerin.

Der Hauptkommissar schaute die Gerichtsmedizinerin etwas erstaunt an und fragte: »Waren wir beim Friseur?«

»Bei ihnen weiß ich das leider nicht, ich schon.«

»Ich muss gestehen, sie sehen wieder sehr gut aus, wenn ich das in dieser Situation bemerken darf. Die Frisur steht ihnen gut und lässt sie noch jugendlicher wirken«, lobte Ullmann.

»Dann habe ich mein Ziel erreicht«, gestand Silvia Kesser.

»Frau Kesser, können sie schon Aussagen zur Todesursache machen?«

»Ja.«

»Welche?«

»Der Mann wurde einfach gesagt erschlagen. Die Tat wurde mit einem runden harten Gegenstand ausgeführt, klingt fast wie ein Klassiker.«

»Geht es noch genauer?«

»Nach meiner jetzigen Einschätzung erfolgte der tödliche Schlag von hinten und hat die Schädeldecke zertrümmert. Der Mann muss augenblicklich tot gewesen sein.«

»Der Mann sieht aus, als hätte er sich gewehrt.«

»Mit Sicherheit, es gibt eine Reihe von Kampfspuren. Vor dem tödlichen Schlag muss es eine harte Auseinandersetzung gegeben haben, was eine Vielzahl von Hautabschürfungen und Blutergüssen beweisen.«

»Können sie etwas zum Zeitpunkt sagen?«

»Ja, der Mann ist bereits einige Tage Tod.«

»Wie viele Tage?«

»Herr Hauptkommissar, da müssen sie die Ergebnisse der Obduktion abwarten. Sie kennen den üblichen Weg und in diesem Fall wird die Ermittlung des Todeszeitpunktes durch die Liegezeit auf dem feuchten Waldboden erschwert. Ich werde versuchen, den Zeitpunkt so nahe wie möglich zu ermitteln.«

»Dessen bin ich gewiss.«

»Danke.«

»Der Mann wurde dem Anschein nach nicht nur erschlagen«, sagte der Kommissar.

»Ich würde einschätzen das Gesicht der Person wurde nach seiner Tötung mit einer Säure übergossen, denn seine Gesichtshaut ist verätzt.«

»Ein fürchterlicher Anblick, habe so etwas selten gesehen.«

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