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Leiden und Freuden eines Schulmeisters

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Diese Nachricht war viel zu schön, als daß mir sie geglaubt hätten. Ach, wer so oft getäuscht wird, wird mißtrauisch! Unsere Herzen zitterten in Wonne, wenn wir gedachten, daß es so werden könnte; aber eben darum glaubten wir es nicht. Ach, dachte ich, wäre deine Arbeit doch schon fertig, könnte die jetzt hervortreten, dann vielleicht würden die erweichten Herzen stimmen für unser Glück. Aber, eben, weil ich noch so weit zurück war, daß die Würfel lange gefallen sein mußten, ehe ich zu Ende kam, verlor ich den Mut zur Fortsetzung und sagte Wehrdi: es werde nun am besten sein, es abzuwarten was komme, ohnehin könne ich jetzt so wenig zum Schreiben kommen und ich vermöge es wahrlich nicht, soviel Zeit zu gebrauchen um nichts und wieder nichts.

»Potz Tausend nein!« sagte Wehrdi, »das thut mir nicht. Es ist noch nicht gewiß, daß man macht, was die Kommisston vorschlägt. Und wenn auch entsprochen wird, so ist das Buch doppelt nötig. Es ist nötig, um eine Menge Leute mit euch zu versöhnen, die böse über euch sind und noch böser werden, wenn es euch besser geht. Es soll machen, daß die Leute den Lehrern ohne Ausnahme die Staatszulage gönnen, weil sie zur Führung einer nicht bettelhaften Haushaltung nötig ist. Es soll zeigen, daß man unter den stattgehabten Umständen euch in diesem Augenblick gar nicht anders verlangen kann, als ihr seid. Aber auch gar nötig ist‘s den Schulmeistern selbst; sie können gar vieles daraus lernen und besonders die jungen. Diese macht es aufmerksam anf eine Menge Steine im Wege, über die jeder fällt, der nur nach den Sternen guckt, nur nach den Sternen gucken lernt, und wird ihnen hoffentlich später auch durch Mädelis Bild den so frühe regen, heiratslustigen Sinn veredeln. Und der Pfarrer meint, es sollte auch aufs neue aufmerksam machen auf das eigentliche Wesen, das Innere der Schule, das man zu vergessen scheine, das in einem gräulichen Wirrwarr liege und dem nicht aufgeholfen werde bloß mit neuen Häusern und auch nicht allein mit neuen, ganz ihrer Willkür überlassenen Menschen. So weit werden wir aber kaum kommen. Wenn wir nur die Welt mit euch versöhnen und manches Lehrers Augen aufthun, sie lenken auf das Eine, das Not thut, so thun wir viel.«

So sprach Wehrdi zu mir, und der Pfarrer, der bis dahin that, als wisse er nichts davon, sagte mir einst im Vorbeigehen: »Käser, seid nur fleißig und setzet nicht ab, es wäre mir leid.«

So wendete ich denn alle mögliche Zeit dazu an, aber immer mühseliger. Wer 150 Kinder fünf bis sechs Stunden hintereinander unterrichtet hat, der weis, wie es einem im Kopf ist. Zudem mußte ich meiner Frau auch etwas beistehen in der Haushaltung; denn sie wurde ihr immer beschwerlicher und mit dem Spinnen kam sie fast gar nicht mehr fort. Es war ein gar gewaltig kalter Winter und am Morgen um fünfe das Heizen so schaurig, daß ich es ihr für kein Geld überlassen hätte, der Weg zum Brunnen so glatt, daß ich sie denselben nicht mehr gehen ließ, und das Wasser so kalt, daß ich gar zu gerne unser Zeug auswärts hätte waschen lassen, wenn nur Geld dazu vorhanden gewesen wäre. Die Kinder halfen freilich schon; aber man mußte sie dabei immer im Auge haben. Der Knabe konnte sich leider das Regieren und das daraus entstehende Zanken nicht abgewöhnen. Mädeli ward auch so still und weichmütig, wenn es alleine war, daß ich es nicht übers Herz bringen konnte, immer für mich zu sein und für mich zu arbeiten. Kam ich dann in die Stube, so erheiterte sich sein Gesicht; es war, als ob eine Wolke davon wegflöge. Freilich waren unsere Gespräche nicht immer die erheiterendsten; aber sie waren doch ein einiges Besprechen der gemeinsamen Sorgen. Der neue Ankömmling machte den Ankauf einer neuen Bettstelle für die zwei jüngern Kinder nötig. Da hatten wir tief und schwer zu sinnen, wie es sich am wohlfeilsten machen ließe und wie wir Geld auch für das Wohlfeilste aufbringen wollten. Wir rechneten Kreuzer für Kreuzer zusammen, und wie oft, wenn die Kinder im Bette waren, nahm ich das Körbchen aus dem Gänterli und zählte Stück um Stück und so langsam als möglich, aber immer waren eher weniger als mehr. An die Kindbetti und ihre Kosten durfte ich nicht einmal denken. Ich sprach einmal davon, Wehrdi einstweilen um ein Anleihen anzusprechen; aber Mädeli wurde ganz rot im Gesichte und ruhte nicht, bis ich es ihr versprochen, es doch ja nicht zu thun, wenigstens nicht bis in der größten Not und nicht ohne ihr Vorwissen.

Einmal, den 1. März war es 1837, hatte mich jemand lange aufgehalten in der Schulstube und erst losgelassen, als meine Kinder mir zweimal zu sagen kamen: ich solle doch kommen, wir wollten essen.

Mädeli stellte nun eine Mehlsuppe oder, wie andere sagen, eine Wassersuppe auf den Tisch und gewärmte Aepfelschnitze dazu, an die eine Portion Wasser gegossen war, um sie durch die Brühe ergiebiger zu machen. Ich schnitt ein etwas saures Gesicht und fragte: warum wir nicht Kaffee und Erdäpfelbitzli hätten, wie gewohnt? Da traten meinem Weibchen die Thränen in die Augen und es berichtete: es sei heute wieder einmal mit dem Licht im Keller gewesen, um Erdäpfel zu holen, und da sei es fast in den Boden gesunken vor Schrecken; denn es habe gesehen, wie wenig rote Erdäpfel wir noch hätten. Wollten wir deren noch zum Setzen behalten, so müßten wir bald aufhören von ihnen zu essen und an die Korsikaner gehen; aber dann hätten wir auch deren nicht genug, wir würden welche kaufen müssen. Da habe es vor Angst heute sparen wollen und nicht daran gedacht, daß ich der Suppe nichts nachfrage. Ich solle doch recht nicht zürnen; es sei ihm noch in allen Gliedern.

Ich gab meinem Weibchen zur Abbitte die Hand; aber sagen konnte ich nichts. Die Äpfelschnitze, so angefeuchtet sie waren, stachen mir im Halse wie buchene Spane, und mich dünkte, als schlucke mein Weibchen auch etwas hinunter, aber nicht Suppe, nicht Schnitze. So saßen wir da, während die Kinder lustig atzen und an der süßlichten, bläulichten Brühe sich labten, schweigsam Hand in Hand. Keines seufzte um des andern willen; aber jedes dachte in schwerem Harm an das Kinderbettli, an die Kindbetti, die fehlenden Erdäpfel. Diese dreifache Not sauste uns in den Ohren, flimmerte uns vor den Augen. Wir rangen nach Trost, aber wir fanden keinen. Wir sahen das Lämpchen nicht düsterer brennen, wir hörten die Hausthüre nicht girren; aber wir merkten, daß aus der leise geöffneten Stubenthüre eine Gestalt auf uns zuschritt durch den düstern Hintergrund der Stube. Ehe wir sie erkannten, sprach die wohlbekannte Stimme des Pfarrers: »Putzet das Licht und freuet euch. Gestern erkannte der Große Rat euch jährlich 150 L. als Staatsbeitrag zu; eure gegenwärtige Besoldung bleibt. Den Vernünftigen ist nun einstweilen geholfen.«

Wir saßen da, wie eingewurzelt. Wie die Sonne mit dem Nebel ringen muß, ehe sie die Erde erleuchten kann, so mußten diese Worte ringen mit unserm Gram, ehe ihr Sinn zum Bewußtsein kam und aufflammte in unsern Seelen.

Da faltete mein Weib die Hände und die nassen Augen hob es auf und mit bebender Stimme betete es: »Ach Gott! vrgieb is doch, daß mr di vergesse, daß mr wieder so gchummeret hey. Mr wey‘s nie meh thue. Was du a-n-is thuest, mr wey‘s nie vrgefse, mr vrdiene‘s nit. Ach, mir sy bösi, bösi Lüt; mir wen besser werde; aber we mr di noh meh vrgesse sötte, su straf is, aber vrgiß du is nie!«

Und »Amen!« sprach der Pfarrer.

Ende