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Leiden und Freuden eines Schulmeisters

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Es hatte geschneit über die Berge, der Schnee die Küher hinuntergetrieben von den Bergen ins tiefere Land. Sie kamen gar stolz herab, holeyeten noch einmal so laut, tranken nur zehnbatzigen Wein; die Jungen neckten alle Mädchen, die Küherstöchter sahen schnippisch drein und die Weiber saßen wie Gluggeren mitten unter den kleinern Kindern gar stolz und wohlgemut auf einem Bettstücki mitten in dem Grümpel ihrer Zügelten. Es hatte viele Käse gegeben auf dem Berg; wohlfeil war das Heu im Lande und wohlgenährte Kühe brachten sie heim, welche stolz die Köpfe hoben; darum trugen auch die Küher die ihrigen gar hoch. So war auch Toni, der Küher, der in meine Stube wollte, eines abends gekommen, ganz unerwartet, wenigstens mir. Die Kühe brüllten vor den bekannten Ställen und eine Schaar Kinder kletterte ab einem Wagen und stürzten dem bekannten Hause zu. Toni war ein Luzerner und hatte acht Kinder, alle schön, rot wie Milch und Blut, und schlank wie die Tannen im Walde, mit Zähnen weiß wie Schnee; aber mit Dreck waren alle überzogen wie mit einem Firniß, um die darunter liegende, durchschimmernde schöne, zarte Haut zu bewahren vor Kälte und Wind. Sauber war an Toni nur das, womit er seine Kühe berührte, seine Hände, sauber waren seine Milchgepsen, sauber waren seine Kühe; aber wie dann der übrige Leib, Häfen und Pfannen, Weib und Kinder versalbet und versauet seien, das kümmerte ihn nicht. Diese Kinder nun, und hintendrein eine gewaltige Entlibucherin, die im Fall der Not mit einem Morgenstern ein Dutzend Nationalvereine zum Gugger gejagt hätte, kam hinter ihnen her und machte gar wunderliche Augen, als sie die Stube nicht leer fand. Man kann sich vorstellen, daß uns fast gschmuechtete, als wir sie hereinbrechen sahen wie das Wüetisheer.

Mit diesen Kühersleuten mußten wir nun unsere Wohnung, Stube und Stübli, teilen, bis das Schulhaus fertig war. Man denke sich die Wirtschaft. Es waren ehrliche gute Leute und unsere Kinder kriegten Milch, bis sie ihnen oben auslief; aber säuisch waren sie, wie ich mir Menschen nie gedacht. Daher stund ich alle Tage zum Schulhaus, bat den Maurer, der anfangs November noch an den Ofen machte und noch keinen Stein zum Schornstein gelegt hatte, doch recht um Beschleunigung. Ein Wintersturm hatte ihn mit seinen Steinen in die Schulstube getrieben; aber auch dorthin verfolgte ihn der Schnee, der lustig durch die Fensterlöcher wirbelte und die ganze Stube bedeckte. Er nahm sein Pfeifchen aus dem Maul, tröhlte einige tüchtige Stöcke ab nach Maurer-Manier und sagte: es nähme ihn Wunder, ob es denn dem d. Dräyhansli von Kirchmeier bald in Sinn käme, die Fenster zu verdingen bei selligem Wetter? Da war es mir doch auch, als ob einer der Pulversäcke von Constantine mir unter den Füßen geplatzt wäre und die Explosion mir zum Munde ausführe in unübersehbarem Blitz und Donner. Der Maurer fuhr ordentlich zusammen, als es so aus mir zu krachen und zu scheinen anfing, und meinte endlich, als er den Mund wieder bewegen konnte: »E, e, ume hübschli, Schumeister! ume hübschli! we‘s dr Pfarrer ghörti, was seyti er?« — »Mira, was er wett; er fieng z‘letzt selber a z‘flueche.« Über Stock und Steine rannte ich dem Kirchmeier zu; denn mir kam es ganz graulich vor, in unserm Luzernermist neujahren zu müssen. Der 1. November und die Fenster noch nicht einmal akkordiert, die innern nicht, die äußern nicht! Das wie ein Lied immer vor mir herredend, stürzte ich ohne anzuklopfen in des Kirchmeiers Küche, wo derselbe eben Tubak anzündete, und schrie ihm mein Sprüchlein laut zu, daß es an den Wänden tönte. Der aber nahm die Sache kaltblütig, zog noch einigemal die Pfeife bedächtig an und sagte gelassen: er könne nichts dafür, er hatte seinen Buben schon mehr als einmal gesagt: we si öppe dr Tischmacher gseye, su solle si ihm säge, er soll öppe zu ihm cho.

So wolle ich gehen und ihn kommen heißen und zwar auf der Stelle, sagte ich; denn so könne das Ding nicht mehr gehen. Da sagte der Kirchmeier das merkwürdige Wort. »Jo, jo, gang ume; es düecht mi afe selber o, es sött pressiere.« Das hatte er sein Lebtag noch nie gefunden, noch viel weniger gesagt. O, so ein Kirchmeier ist ein wahrer Schatz für ein Dorf!

Der Tischmacher verstund sich endlich zur Übernahme, obgleich er die Kürze der Zeit und seine viele Arbeit geltend zu machen wußte. Man denke sich aber, wie lange es geht, bis so ein Tischmacher, der nur einen halbbatzigen Gesellen und einen kreuzerigen Lehrbuben hat, Fenster und Thüren für ein Schulhaus gemacht hat. Es war ein harter Winter, wo von Martistag bis im April die Kälte nie aufhörte, von welcher die armen Leute erzählten, bis ein neuer strenger Winter den frühern aus dem Gedächtnis brachte. Unsere Erdäpfel hatten wir in den neuen Keller gethan, wo nun auch ein tüchtiger Webkeller angebracht war, weil in Lättikofen auch einer war. In diesem Keller war nun auch noch keine Thüre, keine Treppe dazu, das Haus nicht eingemacht, so daß die Erdäpfel, ehe wir es uns versahen, überfroren, und wir mochten uns nun vorsehen, wie wir wollten, so gingen doch alle zu Grunde, welche die Mauern berührten, so daß wir im Frühjahr eine rechte Erdäpfelnot hatten und manchen schönen Batzen für solche ausgeben mußten. An Entschädnis dachte niemand. Endlich wurden die innern Fenster eingemacht. Es waren auch Fenster, wie man sie in den meisten Schulhausern sieht, auf alle Wöhlfeli eingerichtet; Fenster, die nicht eingehängt, sondern eingenagelt werden, so daß es eine halsbrechende oder vielmehr glasbrechende Arbeit ist, sie herauszunehmen um zu waschen, oder, wenn sie eingeschwallet sind, eine rein unmögliche, daher sie auch in so manchem Schulhause ungewaschen bleiben. Die meisten dieser Fenster sind ganz und können auf keine Weise geöffnet werden; wo man es recht gut meint, macht man in einige unten Flügel zum aufthun, sonst läßt man es bei Läufterlene bewenden; daher es dann um das Lüften solcher Schulstuben wunderlich genug aussieht. Als die innern Fenster da waren, meinte man, nun mit den äußern pressiere es nicht so: die könne man öppe darthun, wenn es sei. Die äußere Kälte machte starkes Heizen notwendig; zwischen zehn und eilf Uhr tauten dann die von unten bis oben dick gefrornen Fenster auf; es tauten die Wände auf und das Wasser floß in der Stube herum, daß man fast Fußwasser bekam in selbiger. Die Hitze und das Wasser dämpften nicht übel, so lange die Schule dauerte: sobald dann die Wärme entwich und die Kälte hineindrang, setzte sich an den Wänden Biecht an fingersdick; das floß dann am nächsten Morgen auch in der Stube herum, so daß die Gesimse und Wände unter den Fenstern ganz schwarz wurden. So war es auch in der Wohnstube, oder vielmehr noch ärger; denn da war der Estrich noch nicht eingemacht; so tropfte es auch noch von oben herunter, floß die Wände nieder, daß man manchmal nicht wußte, wo die Betten hinstellen, wenigstens an keine Wand; denn dort wären sie in kurzer Zeit verdorben. In den Wänden öffneten sich im Frühjahr Spalten, so daß, wenn der Bysluft ging, man nicht wußte, wo das Licht hinstellen; und glaubte man eine Spalte vermacht zu haben, so ging eine neue auf in den schlecht aus schlechtem Material zusammengefügten Wänden.

War‘s recht kalt, so ging es noch an; kam aber ein selten Tauwetter, dann sah es furchtbar aus. Innen wurde das ganze Haus naß und schwarz, und um das Haus herum bodenlos. Lehm war um das Haus herum geführt, aber nicht festgeknetet, hie und da noch zerstreut worden. Lösten sich dann diese Massen auf, so bildete sich um das Schulhaus herum ein Teig, durch den fast gar nicht zu kommen war. Wie manches kleinere Kind mußte ich dort herausholen, weil es sich mit seinen kleinen Kräften nicht mehr herausarbeiten konnte! wie manches paar Holzböden holte ich heraus, deren kleine Eigentümer barfuß und Mordio schreiend im Schöpfe stunden und ihre Schuhe schon verloren glaubten! Man kann sich vorstellen, welche Massen von Kot so ins Haus geschleppt wurden und wie der Ofen bald aussah; denn die Kinder zogen trotz allen Befehlen nicht immer die Schuhe aus. So blieb es einen ganzen Winter und an manchem Orte bleibt es noch länger so, weil man gewöhnlich die oberkeitlichen Steuren ausbezahlt, wenn man das Haus fertig glaubt (auch das nimmt man nicht immer genau), ohne die äußere Umgebung zu berücksichtigen. Wo wir unsere Kleider versorgen sollten, wußten wir kaum. Glücklicherweise gehörten zur Schule fast keine Bücher und war für die wenigen kein Schrank da; sonst hätten sie Bärte erhalten. Es gibt aber auch alte Schulhäuser, wo vorhandene Lehrmittel in den Schränken faulen oder Barte bekommen; ein schlagender Beweis, wie fleißig man sie benutzt, oder wie passend die (meist geschenkten) Lehrmittel für diese Schule sind.

Anfangs Christmonat waren die innern Fenster angeschlagen worden, anfangs Februars kamen die Vorfenster: da dann das Elend etwas abnahm und es etwas heimeliger wurde im Hause. Allein ich kann nicht sagen, wie oft mich und mein Weib das Heimweh ankam nach unserm alten Häuschen. War es auch eng und klein gewesen, so war es doch so traulich und warm! Aber unheimeligeres kann es nichts geben, als ein durchzügiges, luftiges Haus, wo das Licht allenthalben im Winde flackert und jede Hand naß wird, die man an eine Wand bringt, die einen Thüren nicht mehr zu-, die andern nicht mehr aufzubringen sind.

Als endlich die Schule beginnen konnte, da entstund bei mir die Frage: ob nicht eine eigentliche Einweihung des Hauses stattfinden sollte? Ich hatte etwas über solche Dinge läuten hören, aber ich wußte nicht recht, was? Es hatte mich schon geärgert, daß man den Pfarrer nicht ersucht hatte, die Aufrichti-Rede zu halten und das Haus einzusegnen; es war mir deswegen auch um so unheimlicher im Hause. Nenne man es nun Aberglauben, Vorurteil, kurz wie man will: Gott sollte alles geweiht werden, nicht nur der Mensch, der geboren wird, nicht nur die Ehe, welche der Mensch mit dem Menschen schließt, sondern auch das Haus, welches der Gott geweihte Mensch bewohnen soll. Das Haus ist des Menschen weiterer Leib, das Haus ist die Herberge seiner Freuden und Leiden, das Haus ist der Zeuge seiner Seele; das Haus soll aber auch der Magnet sein, der den Mann und das Weib immer heimwärts zieht, soll ihm Trost und Hafen sein in allen Stürmen des Lebens; aber nicht Magnet, nicht Trost, nicht Hafen wird es ihm, wenn nicht Gott mit seinem Segen darin wohnt. Zum Pfarrer ging ich daher mit der Frage: ob da nicht eine Einweihung des Schulhauses stattfinde, und ob er nicht die Hauptsache dabei übernehmen wolle?

 

Der Pfarrer antwortete: es komme alles darauf an, was man unter Einweihung verstehe. Verstehe man darunter ein großes Wesen mit Meyen, Kränzen (angefrornem Buchenlaub), Prozessionen etc., so wolle er mit der Sache nichts zu thun haben. Er hasse allen Spektakel und besonders jeden heiligen Spektakel, oder vielmehr jeden Spektakel in religiösen Dingen. Solcher Spektakel sei gewöhnlich nichts, als der Deckmantel für die fehlenden Gefühle, den mangelnden Geist. So sei es meist auch mit den Familienspektakelstücken, wo man sich bei jedem Anlaß umarme und mit rührsam verdrehten Augen einander anblicke, und mit den klingendsten Namen sich überschütte, mit sattsamer Beimischung des himmlischen Vaters und seines lieben Sohnes. Da fehle gewöhnlich dem Herzen die Wärme, der Seele die Innigkeit, wenn man nicht gar Schlimmeres mit diesen Worten verpflastern wolle. Am Ende laufe der ganze Spektakel auf ein drittes Plättli hinaus und manchmal sogar auf eine Flasche vom Mehbessere, aus welcher der Alte den Jungen die Tropfen zumödelet, seiner Dulcinea unter vielen: »Es isch gnue, hör doch!« ein halbes Glas abgibt, den Rest wohlbehaglich sich zu Gemüte führt, und, wenn nicht zufällig ein Zank dazwischen kömmt, beide, ehe sie sich den Mund abwischen, sprechen: »Das war heute wieder ein schöner Tag und die Köchin hat ihre Sache diesmal gut gemacht, das muß man ihr nachsagen. Die letzte Auskehrete hat gefruchtet.«

Solchen Spektakel treibe man auch mit Schulhäuserweihen. Er wisse einen Ort, wo man sogar den Landvogt dazu entboten, der hätte dem Zuge voranreiten sollen, er wisse nicht mehr, ob auf einem weißen oder braunen Pferde; und zwei Mädchen, ob weiß gekleidet oder anders, wisse er auch nicht, aber natürlich mit Meyen überhängt, hätten dann auf Kissen dem Landvogt die Schlüssel des Schulhauses entgegentragen sollen, u. s. w., u. s. w.

Der Geist sei‘s, der da lebendig mache, und diesen müsse man allein walten lassen da, wo etwas an die Seele dringen solle; alle äußere Beimischung feßle die Sinne derer, bei denen gewöhnlich nur die Sinne rege seien, so stark, daß dann das Geistige keinen Zugang finde, keine Empfänglichkeit.

Verstehe man also unter Schulhausweihe das, daß er die erste Kinderlehre halten solle in demselbigen, wo sich dann ein Wort über des Hauses Bedeutung und seinen Segen für das Dorf und die kommenden Geschlechter sagen lasse, so sei er von Herzen erbötig dazu. Brächte ich dann noch einen schönen Gesang zuwege, so sei das alles, was er nötig glaube.

Das war mir doch nicht ganz recht; einen Zug, irgend einen Zug, den ich anordnen könnte und demselben voranmarschieren und ihn regieren und vorsingen, hätte ich gar zu gerne gehabt. Da ihn aber der Pfarrer nicht wollte und ich allein es mir nicht recht klar machen konnte, wohin man zu ziehen hätte bei 10 Grad Kälte und zwei Fuß hohem Schnee, so unterließ ich den Zug — aber ungern.

Der Sonntag kam und anch der Pfarrer. Die Schulstube war gedrängt voll Weiber, denn die erste Kinderlehre in einem neuen Schulhause hatten sie noch nie erlebt; es nahm sie daher sehr Wunder, wie das zugehe. Der Pfarrer sprach nun recht deutlich von der Entwicklung des Menschen, daß jede Kraft in ihm genährt und geübt werden müsse, und daß er nach dem sich bilde, was man ihm vormache. Wenn er nur Spatzen pfeifen hörte oder Katzen miauen und keine Menschen reden, so würde er auch wie ein Spatz pfeifen oder wie eine Katze miauen. Aus diesem führte er den Leuten gar wichtiges zu Gemüte. Dann gab er zu bedenken, daß das, was der Mensch lerne, nicht nur für dieses Leben, aber auch nicht nur für jenes Leben ihm dienen solle. Die rechte Lehre lehre den Menschen hier das Leben beginnen, das er in der Nähe Gottes fortzuführen habe. Sie bringe ihm die rechte Erkenntnis; die Erkenntnis bringe ihm den Glauben, daß in Christo und seiner Nachfolge für den Menschen das Heil sei, d. h. ihn zu seiner göttlichen Bestimmung führe, und dieser Glaube gebe ihm dann des Geistes Kraft, den Kampf der Läuterung, der Heiligung, des Darstellens von Gottes Ebenbilde zu beginnen. Diese Heiligung und Läuterung, dieses Ebenbild Gottes und die Kraft, in Gottes heiligem Willen zu leben, mache sein Leben aus, bilde die Schätze der Seele, die der Mensch hinübernehme in die andere Wohnung. Alle andern Schätze, alle Geldkisten, alle gefüllten Spycher blieben auf Erden zurück. Sie sollten sich daher einmal gewöhnen, ihrer Kinder Seelen als die Kisten und die Spycher anzusehen, die sie vor allem zu behüten, anzufüllen hätten mit edeln Früchten und Metallen. Diese Spycher und Geldkisten blieben nicht auf der Erde, die folgeten ihnen überall nach; ja sie würden derselben gar nicht los, auch wenn sie es wollten, und was sie in den Seelen aufgespeichert hätten oder nicht, das müßten sie haben in der Ewigkeit; es möge nun sein, was es wolle, so werde es ihnen zum Heil oder zur Verdammnis.

Der Pfarrer redete recht schön und ich mußte diesmal doch zu mir selbst sagen: so schön hätte ich es nicht gemacht.

Wir sangen darauf recht schön und glaubten die Leute recht erbaut heimzusenden. Beim Herausgehen müpfte die Frau Ammännin die Frau Statthalterin und sagte: »Du, we üfe Pfarrer nit e Narr wird, su vrstoh-n-i mi oe nüt me druf! Mys Buebs Gring soll e Spycher sy u mr solle üsi Frucht dari thue, si chömm is de nache-n-i‘s anger Lebe! Dä donstigs Narr, daß i doch o säge mueß! Mr mache-n-alli Jahr meh as 200 Mütt Gwächs, dr Rogge-n-u dGerste-n-ume nüt grechnet, u das sölle mir alles i üses Buebs Gring thue; öppis dumms e so go z‘säge! I glaub‘s, we me das in-e Gring yche brächt, me chönt‘s de mitnäh i Himmel, aber ebe das Ychebringe-n-ist dKunst; es isch eis mügli wie ds angere; dä Narr!«

Ich hatte auch erwartet, der Pfarrer werde eine Inschrift über die Hausthüre oder an die Faßi angeben; allein er sagte nichts davon. Da durfte ich auch nichts sagen; aber eine hätte mir bsunderbar wohl gefallen. Sie soll im Schwabenland oder in Friesland sein und lautet also:

 
Allhier erzieht man die Jugend
Zu jeder Wissenschaft und Tugend;
Auch bearbeitet man unartigen Kindern
Den widerspenstigen Hintern, —
Und zieht daraus zur Not
Sein tägliches kärgliches Brot.
 

Neunundzwanzigstes Kapitel. Wie der Pfarrer mir die Schule dokteren will

Als die Leute aus der Stube waren, trat der Statthalter zum Pfarrer und sagte ihm schmunzelnd: »Gellit, Herr Pfarrer, mr hei es bravs Schuelhus jetzt? U zallt isch‘s o, dr Chilchmeier het geng nache-n-usgrechnet mit de Lüte-n-u dr Schumeister het e Wohnig wie-n-e Herr. Weit dr se nit o cho luege?« So mußte ich mit ihnen die Treppe auf und wie da Mädeli rot wurde, als der Pfarrer zur Thüre eintrat! Es lag zwar nicht alles darüber und darunter; die Better waren nicht ungemacht, die Stuben nicht ungekehrt, die Kinder nicht ungewaschen, der Ofen nicht voll verlöcherter Strümpfe und Hosen; aber es war das erstemal, daß der Herr in unsere Stube kam, das erstemal, daß Mädeli mit ihm reden sollte, vor dem es so großen Respekt und zu dem es so großen Glauben hatte; darum wurde es rot, und bang klopfte ihm das Herz sichtbarlich unterem weißen Hemde. Der Pfarrer rühmte Mädeli gar, wie es sauber Hus heig, ganz anders als mängi Schulmeisteren, und fast gar wäre Mädeli dazu gekommen, ihm ein Kaffee zu machen, wenn nicht der Statthalter absolut den Herrn Pfarrer hätte traktieren wollen. »Dr cheut o mitcho, Schumeister, we dr weyt,« sagte er mir; aber ich ging nicht mit. Ich sagte beim Abscheidnehmen dem Pfarrer: ich hätte gerne mit ihm geredet, wie ich die Schule einzurichten hätte? Neuis müeß doch ga, das mache mir schon lange Kummer. »Ja, ja, Schumeister,« sagte der Statthalter, »mr wey nit vergebe bauet ha; dr cheut mache, daß üser Buebe recht gschickt werde; m‘r heis gar übel nötig. We mr nit o öppis lere, su werde-n-is dHerre z‘schlimm.« Der Pfarrer sagte, mir, ich solle darüber nachdenken, was ich machen wolle, und dann solle ich zu ihm kommen; wir wollten sehen, wie etwas einzurichten sei.

Nun sann ich und sann; aber ich hatte es fast, wie jener Zimmermann, der fluchte, wie ihm doch das d. Sinne zuwider sei. Ich brachte nichts heraus, als daß ich großen Fleiß haben müsse. Am Morgen wolle ich schon vor 8 Uhr in der Schule sein und nachmittags die Kinder nicht vor 4 Uhr heimlassen; wolle während dem Mittag die Federn schneiden. Auch dünkte mich, es sei am kürzesten, die Heustöcke bruchsweise rechnen zu lassen; man verirre am wenigsten, wenn man es einmal könne. Auch etwas Themaschreiben, dachte ich mir, könne nicht schaden; auch Quittungen die Knaben abschreiben zu lassen, möchte nützlich sein. Ich hatte auch etwas von einer Lehr gehört, welcher man die gegenseitige sagte, die solle gar ring gehen, hatte man mir gesagt; aber ich verstund mich nicht darauf. Ich nahm mir vor, den Pfarrer zu fragen, ob er sie mir zeigen könne.

Mit diesen Resultaten meines Sinnens machte ich mich an einem schönen Dezemberabend zum Pfarrer auf. Ich teilte ihm die Ergebnisse meines Forschens mit und meinen Wunsch, von der gegenseitigen Lehre etwas zu vernehmen.

Der Pfarrer sagte mir, die gegenseitige Lehre sei keine besondere Lehre, sondern nur eine besondere Art und Manier, die Kinder zu unterrichten, so nämlich, daß, was ein Kind lerne, es wieder andere lehren müsse. Auf diese Weise vervielfältigten sich die Lehrer; die Kinder würden daher mehr beschäftigt, ihre Zeit besser benutzt.

Das Ding gefiel mir gar nicht übel und ich war gleich bereit, schon morgen das Ding in meiner Schule angehen zu lassen, bemerkend, etwas davon hätte ich immer gemacht; Fragen überhören und buchstabieren mit den kleinern hätte ich mir gar oft durch größere Kinder abnehmen lassen.

Der Pfarrer ärgerte mich mit einem Lächeln, das auf seinen Lippen schwebte, und sagte dann noch: »Schulmeister, das geht gar nicht so geschwinde; ich fürchte, wir würden ein gar arg Pfuschwerk bekommen; denn damit der gegenseitige Unterricht gut gehe, sind zwei Dinge vonnöten, und ich weiß nicht, wie es mit diesen beiden bei euch steht? »Vor allem aus muß die Schule in Abteilungen und Klassen scharf gesönderl sein, nicht nach der Größe oder dem Alter, oder der Zahl der Kühe und Pferde ihrer Vater, sondern genau nach ihrem Wissen und den Stufen, welche man in den verschiedenen Fächern zu machen pflegt. Wollt ihr eine Schule lancasterisch einrichten, so müßt ihr also vor allem aus des Stufenganges in jedem Fach euch klar bewußt fein und müßt genau wissen, auf welcher Stufe ein jedes Kind steht, auf welchem Punkte es muß angelangt sein, um es auf eine höhere zu befördern. Zweitens aber müssen die Kinder, da sie einander selbst unterrichten, alles klar und bestimmt wissen und deutlich begreifen; sonst können sie nicht deutlich und bestimmt lehren. Der Unterricht, der sie zu solchem Lehren befähigt, muß daher ein sehr regelmäßiger und planvoller, verständiger und verständlicher sein, sonst ist der gegenseitige Unterricht der verderblichste von allen: denn dann wird er zu einem förmlichen Abrichten, und keine Kraft im Kinde wird geübt als das Nachahmungsvermögen, welches den Affen bezeichnet. Und wenn ihr auch beides habt, dann erst geht die Not an, Schulmeister; dann erst müßt ihr beständig hinten und vornen sein, müßt allgegenwärtig sein in jedem Kreise, müßt selbst Unterricht geben und müßt besonders dafür sorgen, daß ihr kein einzig Kind aus dem Auge verliert, daß ihr über jedes alsobald könnt Rechenschaft geben, sowohl über seine Eigentümlichkeiten, seine Fähigkeiten, als seine Kenntnisse. Was meint ihr nun, Schulmeister, könnt ihr das Ding morgen angehen lassen?«

Ich sagte: nein! obgleich ich den Pfarrer nicht recht begriff da mit der Klassenabteilung und dem Stufengange. Aber was er denn meine, das gehen solle? fragte ich ihn.

»He, Schulmeister,« sagte er, »vor allem, dünkt mich, wollen wir die Schule ordentlich abteilen und einrichten in Klassen und Abteilungen. Ihr habt bis dahin nur diese Abteilungen gehabt: Namenbüchler, Buchstabierer, Leser und Fragenbüchler in zwei Abteilungen, solchen, die am Fragenbuch noch lernten, und solchen, die es ausgelernt.

»Diese Einteilung besteht in den meisten Schulen; sie bestimmt den Rang; nach ihr werden die Examenrödel gefertigt. Nun laßt uns auch Religion, Rechnen und Schreiben als Fächer ansetzen, zur Klasseneinteilung benutzen, wodurch wir dann auch in diese Fächer einen bestimmten Gang bringen müssen. Dann müssen mir nicht nur die Kinder, sondern auch die Zeit bestimmt einteilen, müssen abzählen, wie manche Stunde man diesem Fach oder jenem widmen und wie man die Fächer auf die verschiedenen Klassen so verteilen könne, daß sie sich am wenigsten stören und daß der Lehrer immer an einem Orte sein könne, ohne daß die andern Klassen dadurch besonders benachteiligt würden.« Ohne einen solchen Stundenplan werde die Zeit nie recht benutzt und bald das eine Fach, bald das andere benachteiligt, je nachdem der Lehrer in der Laune sei oder für ein Fach mehr befähigt, als für das andere.

 

Einen solchen Stundenplan hätte ich auch, aber nicht auf dem Papier, sondern nur im Kopfe, sagte ich. Da müsse man sich aber immer darnach richten: ob wenig, ob viel Kinder da seien. Wenn am Morgen aufgesagt und gelesen sei, so rechneten die obern, und wenn nachmittags gelesen sei, so schrieben die obern, was es noch ergeben möge, und dreimal in der Woche singe man.

Ja, das sei ganz gut; aber wenn dann die kleinern rechneten neten und schrieben? fragte der Pfarrer.

Ja, das ginge die noch nichts an; mit denen hätte man genug zu thun, sie lesen zu lehren, geschweige daß man sie noch schreiben und rechnen lehren könnte; da käme man nirgends hin. Es werde dem Herrn Pfarrer nicht Ernst sein damit? sagte ich.

Gar sehr Ernst sei ihm dieses; wenn man nicht bei den Kleinen die Schulverbesserungen anfange, da wo man meist gar nicht daran denke, so seien alle Versuche nur Wind und Thorheit. Die meisten gegenwärtigen Schulen thäten gerade das Gegenteil von dem, was sie sollten. Die Schulen sollten die Fähigkeiten der Kinder entwickeln, und gerade in den Schulen thäten die Kinder versumpfen, gewöhnten sich an Gedankenlosigkeit, Ohren zu haben und nicht zu hören, Augen und nicht zu sehen. Es sei ein Unsinn, und zwar ein gottloser, junge Kinder während der Zeit ihrer größten Lebendigkeit und Regsamkeit stundenlang hinter Buchstaben zu setzen, deren Sinn sie nicht begriffen, um diese Buchstaben anzusehen stundenlang und dann während einigen Augenblicken sie herzuplappern. Diese gräßliche Einförmigkeit töte alles Leben im Kinde; daher lernten Kinder, die zu Hause nicht getrüllet würden, in der Schule auf höchst langsame Weise lesen, und eben deswegen erleide ihnen das Lernen so furchtbar. Daher käme es, daß eine Menge Kinder in der Unterweisung weder wüßten, was im Fragenbuch noch was in der Kinderbibel stehe, obgleich sie dieselben hundertmal durchlesen, noch achtgeben könnten auf das, was der Pfarrer sage. Es hätte kein Lehrer sich der Kindergedanken bemeistert und Herrschaft über sie ausgeübt, sie fixiert auf einen Punkt; daher würden die Gedanken herrn- und meisterlos, und niemand könne sie festhalten, am wenigsten die, denen die Gedanken gehörten, daher eine Unzahl Menschen elende Sklaven ihrer Gedanken, Empfindungen, Triebe seien. Daher hätten eine Menge Menschen keine Augen für die Herrlichkeit der Natur, keine Ohren für die Stimme Gottes, nur Augen und Ohren für das, was ihre Lüste reize oder befriedige. Daher käme es, daß man eine Menge Schulmeister klagen höre im Frühjahr, nun hätten sie keine Freude mehr an der Schule; die Besten seien ausgetreten und es wäre nichts rechtes mehr da. Da geschehe ihnen recht; sie hätten eben in der furchtbaren Schulunordnung sich nur mit einigen abgegeben und nicht mit der ganzen Schule gleichmäßig; daher hätten sie keinen Nachwachs, daher hätten sie nur einige, die etwas könnten; die andern taugten nichts, aber durch des Lehrers Schuld. Es hätte aber auch selten einer den rechten Verstand, eine Schule zu werten. An den Examen prunke der Lehrer mit einigen Schriften, einigen Rechnungen, einigen Fragen, daß das ganze Examinatoren-Kollegium sämtlich auf den Kopf sich stellt vor Staunen und wieder Staunen. Wie erbärmlich es mit den übrigen aussehe, das beachte dann niemand; daß das die besten Schulen seien, wo durch die ganze Masse durch ein gleichmäßiges Streben, ein gleichmäßiges Ergriffensein und Fortschreiten sich zeige, das beachte ebenfalls niemand. Wenn es mir daher aufrichtig mit einer Schulverbesserung ernst sei, so müsse ich von unten auf anfangen. Nicht nur werde es sich zeigen, wie weit ich es in Rechnen und Schreiben z. B. bringe, wenn ich früher anfange, sondern auch, wie ganz andere Kinder, wie fassungsfertig ich sie erhalte, wenn es mir gelinge, die aufgeweckten, lebendigen Kleinen aufgeweckt und lebendig zu erhalten in der Schule. Lasset diese Kleinen zu mir kommen, habe der Heiland gesagt, und gerade die Kleinen seien es, die man in sogenannten christlichen Schulen auf die heilloseste Weise vernachlässige.

Ich saß da, wie vom Himmel herabgefallen. Also sollte ich jetzt nicht nur mit Reichen und Armen, sondern sogar noch mit Kleinen und Großen schreiben und rechnen in der Schule! Da schien‘s mir wirklich, als ob die Frau Statthalterin recht hätte und es mit dem Pfarrer nicht ganz richtig sei in seinem Obergaden. Nachdem ich den Pfarrer lange darauf angesehen hatte, was für ein Gesicht er dann eigentlich zu solchen Dingen mache, sagte ich ihm bescheidentlich: ich wüßte nicht, wie das gehen sollte; ich zweifle, ob die Kinder so klein schon einen Verstand hätten zu solchen Dingen; dann hätte man in einer so großen Schule nicht viel Zeit, sich mit den Kleinen abzugeben; man möchte ja jetzt kaum kommen nur mit dem Lesen und Buchstabieren; und endlich wüßte ich nicht, was die Bauren dazu sagen würden; sie seien das nicht gewohnt.

Der Pfarrer sagte mir: ich solle doch sagen, was die Kleinen für einen Verstand brauchten zu den Dingen, die ich jetzt mit ihnen mache? Ob es dann einen andern Verstand brauche, um einen geschriebenen oder einen gedruckten Buchstaben zu erkennen, oder eine Zahl? Etwas nachzubilden sei ja der Kinder größtes Vergnügen; ich solle sie nur betrachten in ihren Spielen. Er wolle wetten: wenn der Lehrer es verständig anfange, so hätten die Kinder ein viel größeres Vergnügen an der Schule als früher; ja ihr Vergnügen wüchse in dem Maße, in welchem ihr Thätigkeitstrieb beschäftigt werde. Auch solle ich nachdenken, ob dann eigentlich die meisten Kinder nicht vom ersten bis vierten Jahr am meisten lernten in ihrem ganzen Leben. Und wenn man es vernünftig anfange, so könne man Kinder von sechs bis sieben Jahren, ohne ihnen ein Buch in die Hand zu geben, weit gescheuter haben, als jetzt sechzehn- bis siebzehnjährige Kinder.

Ich wolle das dem Herrn Pfarrer glauben, sagte ich; aber da lernten die Kinder desto länger nicht lesen, und gegenwärtig brächte man es bei manchem schon nicht dahin, daß es lesen könne, wenn es in die Unterweisung solle.

Gerade das Gegenteil werde geschehen, sagte der Pfarrer. Ich solle doch nicht glauben, daß das Kind in der Zwischenzeit, während der Lehrer nicht bei ihm sei, lesen lerne. Nicht die Hälfte der Zeit sehe es ins Buch, und wenn es darein sehe, so geschehe es gedankenlos. Erhalte man es aufgeweckt durch andere Fächer und erleide es ihm nicht, daß es nur das Buch und immer das Buch habe, so komme es mit doppeltem Appetit wieder zum Buche und lerne in einer Viertelstunde mehr als sonst in zwei Stunden. Ich solle doch nur an das Lied vom Schlossergesellen denken.