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Leiden und Freuden eines Schulmeisters

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Als die Schule aus war, mahnte mich Mädeli daran, daß ich doch alsobald unsere Schulden, bei Hebamme und Wirt, bezahlen solle, es könne sonst nicht ruhig schlafen, und erst dann wüßten wir, woran wir wären und was wir noch hätten.

Ich suchte also unser vorrätig Geld hervor aus dem Gänterli und aus dem Hosensack, und fand zusammen doch noch 8 Kronen und 20 Batzen, ohne die Einbünde unseres Kindes, denn diese an das Mahl zu verwenden, schien uns nicht recht. Diese Summe nahm ich mit mir voll Angst und Bangen nichts mehr heim zu bringen, um Kind und Weib zu erhalten.

Der Wirt nahm mich in die Nebenstube und rechnete mir auf dem Tisch mit der Kreide vor, wie viel Wein wir gebraucht und wie viel Thee, und erzählte, daß es viel gebraucht hätte, aber ds Statthalters Bueb sei geng dr wüestisch und borg niemere nüt. Öpper angerem könnte er es, wie ich da sehe, nicht unter einer Duble machen; es hätte ja 10 Maß Wein gebraucht; aber weil ich es sei, so wolle er es mit 5 Kronen und 10 Batzen machen. Er hätte mir noch nie etwas gegeben, und ich ihn nie um etwas geplaget; ich hätte es nicht wie ander, die einem immer vor der Thüre seien. Ich hatte mehr gerechnet, und wehrte mich daher noch von dem Weine zu trinken, welchen er mir aufstellte; ich wolle ihm nicht alle Tage in den Kosten sein, sagte ich. Ich solle nur nehmen, er wolle es einem andern denn schon machen, sagte er. Der taxierte seine Leute! Nun mochte ich das wohl leiden, wenn er denen, die es vermochten, zu viel anrechnete, und dann den Ärmeren um so viel nachließ. Aber eine solche billige ausgleichende Taxation ist schwer für einen Wirt, wenigstens ebenso schwer, als dem Erz. Departement. Ich habe z. B. nie gehört, daß der Wirt, der bei der Gräbt eines reichen Junggesellen achtzig Maß süßen Thee verrechnete, den Überschuß ärmeren Hausmannlene habe zu gut kommen lassen.

Auch die Hebamme machte es billig und forderte nur 4 L., so daß mir noch 45 Batzen im Sack blieben. Mit diesen sollten wir nun haushalten drei Monate lang, und mein Nebenverdienst war, auch bei allem Fleiße, so viel als nichts; der Schwäher hatte im Winter auch nicht gar viel zu thun, so daß wir kümmerlich abbrechen mußten.

Es hätte für das Kind noch so manches angeschafft werden sollen, aber wir hatten es nicht. Mädeli tröstete sich damit, daß es dem Kinde deswegen doch nicht böser gehe. Seine Mutter habe immer gesagt, bei einem Kinde sei Reinlichkeit die Hauptsache, das mache es gesund und munter; dann hielt es mir das Kindlein vor und sagte, ich solle nur schmöcken, ob das Kind einen bösen Geruch hätte? während das Kind mancher reichen Bäurin rieche, wie vierzehntägige Ankenmilch; und ich solle nur sehen, wie sauber es sei; es habe schon viele Kinder gesehen, die köstliche Sachen angehabt, aber so schmutzig, daß es sie nicht hätte anrühren mögen, und dann hätten die Weiber gesagt: man könne die Kinder nicht immer sufer halten, man mög es machen, wie man wolle. Aber die Mutter habe allbets gesagt, die Weiber probierten es nur nicht. Es war eine Freude, meinem Weibchen zuzusehen, wie es dem Kindlein Rat schaffte und wie sanft und zärtlich es mit ihm umging, und doch noch arbeitete dazu, und das Kind nicht zum Vorwand brauchte, um nichts zu thun, oder dasselbe auf den Arm zu nehmen und in den Häusern herumzulaufen.

Eines ärgerte mich an meinem Weibchen, ohne daß ich lange etwas sagen durfte. Es verlor gar viel Zeit mit plätzen und flicken. Schon anfangs Winters hatte es fast einen ganzen Tag damit zugebracht, die Kutte, in welcher ich gewöhnlich Schule hielt, von ihren unzähligen Löchern zu befreien. Damals sagte ich ihm oft, es solle doch nicht so Mühe haben; es gebe doch gleich wieder andere Löcher. Da hatte es mir geantwortet, es mache das gar gerne, und wenn es wieder neue Löcher geben solle, so werde es sie schon wieder vermachen, und dann eins nach dem andern, das brauche dann fast keine Zeit mehr. Ich dachte bei mir selbst, das sei vielleicht eine der Schwachheiten, von denen ich gehört, daß schwangere Frauen damit behaftet würden. Nach der Kindbette, dachte ich, werde das sich schon geben. Allein ich hatte mich verrechnet. Kaum war irgend ein Loch an mir zu sehen, oder ein Häftli am Hemdekragen abgesprungen, so legte Mädeli alles andere aus der Hand und fiselte mit der Nadel an mir herum, oder nahm mir das Kleidungsstück ab, ja manchmal, wenn es am Abend nicht mehr Zeit hatte, so stund es am Morgen früher auf und ruhte nicht, bis ich wieder ganz in der Schule erscheinen konnte. So mußte ich oft herhalten, wenn es mir nicht recht komod war, und ich fing an nachzurechnen, wie viel Zeit doch auf so dumme Weise versäumt würde. Einst war ich eben am Brüten über einer Leichenrede, als Mädeli mit der Nadel herbei trippelte und mir das Häftli am Hemdekragen annähen wollte, da aus dem klaffenden mein Hals etwas kropfartig herausguckte. Da schnauzte ich es an, zum ersten Mal, glaube ich: es solle mich doch mit solchen Narrheiten in Ruhe lassen, und es wäre besser, es würde etwas arbeiten; es sehe ja, wie kaum wir thun müßten und jedes Stücklein Brot abzirkeln. Mädeli sah mich ganz erschrocken an und Thränen traten ihm in die Augen, und weichmütig sagte es: »Peter, bis doch nit höhn; i cha ja warte bis fertig bisch; aber wie hest o ds Herz, mr ds Nütthue fürz‘ha! ich mache ja vo früeh bis spät u bi nie müßig, und thue, weiß Gott, was mr mügli isch.» Und natürlich waren die Thränen ins Rinnen geraten.

Frauen verstehen gar zu leicht etwas falsch, oder nehmen einen Vorwurf allgemein, der nur auf etwas besonderes geht. Ich mußte daher erklären, das ich ihm nicht das Müßigsein vorhalte, sondern das machen von Sachen, die nichts abtrügen; denn ob ich ein Loch hätte am Rock oder keins, oder plätzte Hosen oder blutte Kniee, darauf komme doch nichts an, und hoffärtig zu werden, stehe einem übel an, wenn man längs Stück kein Geld im Hause habe. Aber mein Weibchen ward nicht böse, chupete nicht, sondern gar milde hielt es mir an, es doch darin machen zu lassen; es wolle nichts mehr darob versäumen, sondern diese Arbeit in der Nacht machen. Aber es könne es nicht übers Herz bringen, mich verhudelt in die Schule zu lassen; es wisse, was das könne. Sie hätten früher auch einen Schulmeister gehabt, der immer wie ein Fötzel ausgesehen; vor dem hätten sie gar keinen Respekt gehabt, sondern gar manchmal sich damit erlustiget, alle Löcher zu zählen, die er am Leibe gehabt, oder zu messen, wie groß ganzes er an seiner Kleidung habe, und ab seinem Hals voll Kröpfe habe es ihm manchmal gruset. Es hätte es immer gedünkt, ein Schulmeister sollte doch nicht so verhudelt daher kommen; das sei nicht anständig für ihn, wenn er eine Schulkutte habe, wie Küher Stallkutten. Kinder und Kühe, Ställe und Schulstuben sollten sich doch unterscheiden. Und Hoffahrt sei das ja keine; im Gegenteil, man brauche viel weniger, wenn man immer flicke; und wenn man immer ganz sei, so brauche man auch nichts köstliches, und doch sehe man darin anständig aus. Wenn es mir meine Werktigkutte nicht so fleißig zurecht gemacht hätte, so wäre sie schon lange in Fetzen und ich müßte meine Sonntagskutte tragen. So redete die Mutter; da lächelte das eben erwachende Kind ihr ganz holdselig zu, als ob es sagen wollte: »Ja, Mueterli, du hesch recht, und du bist ein gutes Mueterli.»

Da nahmen wir beide das Kind und küßten es beide, und wurden einig über demselben, daß das Mueterli wirklich recht habe. So ward das Kindlein unser Friedensrichter, und lächelte nun uns beiden doppelt so holdselig.

Dreizehntes Kapitel. Wenn Not auch kömmt, Wenn nur nicht die Liebe von dannen rennt!

Kein Kind konnte sich auf das Examen mehr freuen als wir, und zwar freuten wir uns, wie die Kinder, wegen den Batzen. Als wir am Abend vorher diese zählten, hatten wir noch 9 Kreuzer, doch aber keine laufenden Schulden. Diesmal lief das Examen recht gut ab. Der Herr Pfarrer hatte nichts zu frägeln, und nur einen kleinen Tadel ließ er laufen, den ich aber nicht schwer nahm. Er tadelte nämlich, daß die Kinder zum Schönschreiben aus Büchern abschrieben, und zwar ehe sie einen festen Buchstaben hatten; das trage ja gar nichts ab und verderbe jede Hand; denn die Kinder schrieben da, wie es ihnen in den Kopf käme, und nicht, wie es sein sollte. Ich entschuldigte mich gar sehr, daß es schon lange so der Brauch sei, daß ich bereits deswegen Verdruß gehabt. Ich hätte nämlich einige kleinere Kinder noch nicht aus dem Buche wollen abschreiben lassen, und da hätten die Eltern gar sehr mit mir aufbegehrt, sie wollten nicht, daß ihre Kinder zurückblieben, und sie wären so fürnehm als die andern, welche aus dem Buche abschrieben. Da hielt der Pfarrer den Vorgesetzten eine lange Vorlesung über die Grundsätze des Schönschreibens und die Notwendigkeit einer sichern Übung. Und die Vorgesetzten schauten gerade vor sich hin und dachten bei sich selbsten: red du ume bis chystig bisch. Als der Pfarrer aber gar lange nicht chystig werden wollte, sagte endlich der Chorrichter: es sei immer so gewesen, und allbets seien mehr Leute selig geworden, und aus der Kinderbibel schreibe man ja ab; das sei noch Religion; so auf ein Blatt könne ein jeder Stürmi kafeln, was er wolle; aber er merk wohl, es sei an der Religion gar wenig mehr gelegen. Da wollte der Pfarrer eine andere Vorlesung anfangen über den Zusammenhang des Schreibens und der Religion, allein der Chorrichter sagte: und er sei der Meinung, daß bei den Kindern alles auf die Religion gezogen werde. Die Kinder hätten Zeit dazu; wenn man einmal erwachsen sei und werchen müsse, da könne man sich damit nicht mehr abgeben. Aber es sei geng gut, wenn man einmal die Religion gelernt habe; man wisse doch nicht, wenn man sterbe; und wenn man alt werde und nicht mehr werchen möge, so könne man sie wieder fürenäh u heig no mengisch churzi Zyti dabei. »Es isch geng um dEwigkeit!» setzte er hinzu, und schloß da. Den eigentlichen Schluß überließ er jedem selbst zu machen, nämlich: daß man, wenn die fatale Ewigkeit nicht wäre, die Religion für diese Zeit eben nicht viel brauchte.

 

Nachdem endlich jedes Kind seine Batzen hatte, brösmete der Kirchmeier auch mir meinen Lohn aus. Ich zitterte fast mit den Händen, als ich meine 62 L. 5 Btz. einstrich, und gar gräßlich langsam kamen mir der Pfarrer und die Vorgesetzten beim Abscheidnehmen vor. Ich mochte gar nicht warten, bis ich den Haufen Geld vor Mädeli ausschütten konnte. Aber im Hausgang hielt mich noch die Weggenfrau, die sich da angesiedelt hatte, um den Kindern das Geld abzuläschlen, auf, und fragte mich: ob ich meinem Bübel nicht auch einen Weggen kramen wolle? Ich kaufte nicht nur einen, sondern vier auf einmal. Ich dachte, das Geld hätte ich sauer verdient, und es möge sich doch wohl erleiden, auch ein kleines Freudeli zu haben. Andere Schulmeister gingen mit Weib und Kindern ins Wirtshaus; das sei auch nicht bös, aber es koste doch mehr als vier Weggen, und so könne uns doch niemand vorhalten, daß wir verthünlich waren. O wir lebten nun ganz herrlich an unsern Weggen, und unser Kind schmatzete so behaglich an seinem ungewohnten Bröckeli, daß wir unsere Herzensfreude daran hatten, und jedes von uns wollte etwas von seinem Weggen erübrigen, um dem Kleinen noch einmal diese Freude zu machen. Man glaubt nicht, wie unendlich wohl dem Armen die Genüsse thun, die ihm selten werden. Ein Reicher, ein König hat gar keine Vorstellung davon, wie wohl zuweilen ein Armer nur an einem weißen Brötchen lebt, und wenn er einmal zu einem guten Stücklein Fleisch gekommen, das saftig und fett war, so erquickt ihn noch Jahre lang der Gedanke, wie gut ihm dasselbe geschmeckt, und seine Augen glänzen ihm dabei, als ob er es eben erst genieße. Solche innige Genüsse hat kein König; denn nichts ist ihm selten und ungewohnt, und darin liegt wohl die Ausgleichung der scheinbaren Ungerechtigkeit in der Austeilung der Genüsse.

Was mein Weibchen staunte, als ich 62 L. 5 Batzen minus 3 Btz. in einen Haufen vor ihns ausschüttete! So viel Geld hatte es noch nie bei einander gesehen; darum sah es dasselbe mit so freudig glänzenden Augen an und wagte es fast nicht, den Haufen mit der Hand zu berühren. »Jetz, Peterli,» sagte es, »jetz cheu mr‘s mache, jetz bruche mr ke Chummer meh z‘ha. Jetz hei mr Geld gnue. Jetz cheu mr aschaffe, was mr öppe nötig hei, u thue grad 10 Kr. dänne für dOrgele.» Ich that also; aber Mädeli erschrak ordentlich, als es sah, wie der Haufe sich verkleinert hatte durch das Wegnehmen der 10 Kronen, und als wir noch einiges Geld davon nahmen, um notwendige Bedürfnisse vom Krämer zu holen, da hätte es fast geweint über den kleinen Rest. Doch war es nun Sommer; die laufenden Bedürfnisse sollten aus dem Verdienst angeschafft und das vorrätige Geld gespart werden können. Dann rechneten wir wieder auf Flachs- und Hanf-Ertrag, rechneten auf etwas Korn u. s. w. Aber Mädeli konnte nun nicht ganz mehr so viel draußen sein; das Kind versäumte doch, obgleich dasselbe oft mitgenommen wurde auf den Acker und dort auf unsern ausgezogenen Kleidern schlafen sollte. Aber wenn es erwachte, so mußte man die Arbeit lassen und sich mit ihm versäumen. Dem Schwäher konnten wir es nicht wohl überlassen; er fragte nichts darnach mit Kindern umzugehen; zudem wurde er immer unachtsamer und unbehülflicher. In Zeit einem Jahr hatte es ihm gar fast böset. Ich mußte also desto mehr beim Pflanzen helfen und konnte um so weniger beim Webstuhl sein. Und wenn man nur so dazu und davon kann, so verrichtet man gar wenig. Und war ich daran, so kam hie einer und da einer und sagte: »Schumeister, du muesch mr neuis schrybe.»

Dabei mußte ich mich viel länger versäumen gewöhnlich, als nötig war, weil man mir entweder gar nicht zu sagen wußte, was man eigentlich wollte, oder weil man es so breit und verhürschet that, daß ich nicht daraus kommen konnte. Und während ich die Sache mühselig ins Klare zu setzen suchte, stopfte der Petent gelassen eine Pfeife von meinem Tabak, mit der Entschuldigung, er hätte vergessen zu kaufen, oder ich werde bessern haben, als er. War ich endlich fertig, so machten die einen es wie jener Knecht und sagten: »Dankeigisch! oder chost‘s neuis?» Andere sagten: »Schumeister, we mr einisch z‘säme chöme, su zahl i dr de-n-e Schoppe.» Die dritten fragten wohl: »Was isch di Sach, Schumeister?» und wenn ich antwortete, es sei nicht dr wert, öppis z‘heusche, so drangen sie freilich in mich. Es ist aber merkwürdig, hier die verschiedenen Töne der beiden streitenden zu beobachten. Unter 10 Fällen nähme der eine gerne und der andere gäbe lieber nichts. Nun wollen beide höflich sein, der eine sich anständig weigern, der andere anständig nötigen. Der eine will so lange weigern, bis es hohe Zeit ist zu nehmen, ehe der andere mit nötigen absteht; der andere will so lange nötigen, bis der genötigte darauf und dran ist, anzunehmen. Nun passen sie einander auf die Stimmen, um zu unterscheiden, auf welchem Punkte ein jeder sei, und wenn einer glaubt, der andere sei darauf und dran, sich zwängen zu lassen, so sagt er geschwinde: »He nu, we d‘s zwänge wottsch, su zwang‘s; es isch uverschant, aber du söllisch Dank ha z‘hunderttusig Male,» und nun nimmt er das dargebotene, oder er zieht es zurück, je nachdem der bietende oder der weigerende den Vorsprung gewonnen, und der andere ist kaput und macht ein lang Gesicht und eine weinerliche Stimme. Zu dem allem sind sich dieser Manövers die meisten Menschen nicht einmal bewußt, sondern sie üben sie instinktmäßig. Wenn ich viel versäumt hatte oder in Nöten war, so sagte ich wohl auch: »He du chasch mr gäh, was d‘öppe witt;» dann kriegte ich manchmal einen halben oder einen ganzen Batzen, und manchmal kramte einer lange im Sacke, zog verschiedene Stücke Geld hervor und sagte endlich: »Schumeister, i ha ke Münz, i will‘s dr de es angers Mal gäh; vergiß nit u mahn mi dra.» Aber der Schulmeister durfte nicht mahnen, und wer will es dem andern, der sich auf das gemahntwerden verließ, verargen, wenn er es vergaß?

Nur hie und da gab es auch einen, der ohne Frage oder ohne Komplimente in den Sack längte und mich ordentlich bezahlte; aber leider hatten gar wenige diesen Verstand.

War ich recht lange in der Schulstube gewesen, wo gewöhnlich solche Geschäfte verrichtet wurden, so sah mich dann Mädeli erwartungsvoll an und fragte wohl auch: ob ich etwas verdienet hätte? Und wenn ich Nein antwortete, so sagte es lange nichts darauf; aber wenn es wieder aufblickte, so hatte es trübe Augen. Mädelis trübe Augen, wenn ich immer wieder mit leeren Händen kam, gaben mir endlich den Mut, ein Billiges zu fordern denen, die zahlen konnten.

Und daß Mädelis Augen trübe wurden, hatte seine gegründete Ursachen. Mädeli ward wieder schwerfällig und blässer und hatte es in allen Gliedern. Diesmal liefen wir zu keinem Doktor; wir wußten wohl, daß es etwas anders sei. Allein wie das nun gehen sollte, konnten wir nicht begreifen. Noch war es nicht Winter und hatten wir doch bereits unsern Schullohn angreifen müssen, hatten nicht einmal alle 10 Kronen an die Orgel geben können, mußten nicht nur eine Kindbetti bestehen, sondern auch für das ältere Kind ein Bettlein anschaffen. So hatten wir billig Angst, und Mädeli jammerte: ob es wohl die Haushaltung nicht recht verstünde? Es möchte gerne wissen, wo es fehle? Wenn es an den Haufen Geld denke, den wir gehabt, und an das, was wir noch verdient, so könne es gar nicht begreifen, wo all das Geld hingekommen. Wenn es aber dann wieder nachsinne, was unnütz gebraucht oder überflüssig angeschafft worden wäre, so könne es wieder gar nichts erdenken; wir hätten ja noch so viel nötig und so schmal gelebt und im Wirtshaus keinen Kreuzer verthan. Und wenn es dann wieder sinne, wie andere Leute es machen, denen man gar keinen Mangel ansehe und von denen man nicht wüßte, daß sie so einen Haufen Geld auf einmal erhielten, die noch mehr Kinder hätten und trotzdem immer Geld zu einer Lustbarkeit, so verliere es allen Mut, müsse sich im Fehler glauben, müsse denken, es wäre ein Glück für mich, wenn es stürbe, eine andere Frau könnte mir wohl besser haushalten; und dann thue ihm dieser Gedanke, daß es von mir weg müsse, daß ich eine andere nehmen würde, so weh, daß es ganz wimselsinnig werde. Dann tröstete ich und versuchte nachzurechnen, was wir eigentlich brauchen, und fand von jeder Sache so wenig gebraucht, aber daß das wenige alles zusammen gethan das viele ausmache, daß ich es wohl von aller Schuld entheben konnte, aber eben wieder deswegen nicht allen Kummers für die Zukunft. Wir hatten weniger verdienen können, als wir gedacht. Unerwartete Ausgaben gibt es auch in der unbedeutendsten Haushaltung, und wäre es auch nur ein zerbrochenes Kaffeekacheli. Das Jahr war auch keins der besten gewesen: wir hatten wenig zu verkaufen gehabt, das Brot war um einen Rappen teurer geworden. Wenn man nun alles dieses zusammennimmt und bedenkt, wie schwer solche scheinbaren Kleinigkeiten bei einem Einkommen von 62 L. 5 Btz. drücken, der wird uns sicher nicht Liederlichkeit vorwerfen, wie man es so gerne bei einem Schulmeister zu thun pflegt; wird uns nicht gutes Leben mit Recht vorhalten können — denn wenn man alles kaufen muß, so rechne man doch, wohin nur Milch und Brot führen. Gebe man für jedes täglich nur einen Batzen aus, so macht dieser Batzen im Jahr bereits 73 £. Mein liebes Weibchen und ich brachen uns fast die Köpfe mit rechnen, wie wir ersparen wollten, und wie erwerben? Und dieses beständige rechnen im Kopf, das Batzenzählen allenthalben, nicht aus Geiz, sondern aus Not, verleidete uns wahrhaftig manchmal den Bissen Brot, und wenn der Mund noch so hungrig darnach geschnappt hatte, so quoll er uns doch im Halse. Denn hätten wir diesen Bissen nicht gegessen, so wäre immer so und so viel erspart gewesen. Aber es sparte jedes an sich selbsten, und den Bissen, den das andere aß, gönnte es ihm von ganzem Herzen, ja wir branzten oft mit einander, daß jedes dem andern mehr aufdringen wollte: ich dem Mädeli, weil sein Zustand es erfordere, Mädeli mir, weil die meiste Arbeit mir obliege. So läßt sich denn doch die Not noch mit einer gewissen Freudigkeit ertragen, weil man gemeinsam und einig trägt, und ein jedes den größten Teil der Bürde für sich will. Wenn aber in einer Ehe keins sich selbst etwas abbrechen will, sondern vom andern alle Entbehrungen fordert, wenn es für sich selbst nicht Kosten scheut, dem andern aber jeden Kreuzer nachrechnet; wenn es alle Entbehrungen, denen es nicht entkommen kann, dem andern zur Last legt, ihm allein die Schuld ihres Zustandes beimißt und vorwirft — wenn eins dies gegen das andere thut, so leiden beide, das vorwerfende die Hölle, das, welches die Last tragen soll, das Fegfeuer; denn der unschuldig Gequälte leidet weniger als der Mißvergnügte. Wenn aber beide einander mit scheelen Augen ansehen, jedes für sich sorgen, das andere schmalbarten lassen möchte, so leiden beide, was beide verdienen, die Hölle nämlich. Wie viele solche selbstgemachten Höllen gibt es wohl?