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Leiden und Freuden eines Schulmeisters

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Nun war wieder die Reihe an mir, mich zu versprechen. Das that ich dann auch ganz ehrlich und redlich, so daß Mädeli mir anfing zu glauben, wieder traulich zu mir aufsah und ohne Husten erzählte, wie unwohl es dabei gewesen und wie weh ihm der Gedanke gethan habe, daß auch ich es nicht gut mit ihm meine. So gab sich eine recht gründliche Versöhnung, eine innige Vertraulichkeit, und wir waren miteinander im Dorfe, ehe wir es uns versahen. Und kaum hatte ich noch Zeit, schnell und leise die Hoffnung auszusprechen, daß es wieder zur gewohnten Zeit beim Brunnen sein wolle, und ein Nicken zur Antwort erhalten, als begegnende Leute uns trennten und jedes seinem Häuschen zu mußte.

Ein heimlich Wort mit einem Mädchen sprechen, will schon was sagen, aber was eine Versöhnung, ist‘s doch nicht. Es gibt nichts gefährlicheres, aber auch nichts schöneres zwischen Mädchen und Knaben, als eine Versöhnung. Wie die einem den Kopf so heiter und lustig, das Herz so leicht und doch so voll macht! Aber, Mädchen, hütet euch davor, sie find gefährlich. Wie Liebeszank in untern Ständen viel häufiger ist als in obern, so sind da die Versöhnungen auch viel häufiger, viel inniger, viel gefährlicher. Gut wenn die Wege zur rechten Zeit auseinander gehen, dann gibt‘s wohl auch Hochzeiten, aber nicht Kindbetten vor denselben oder ohne dieselben. Kurios auch, daß die Mädchen so vieles herbeiziehen, das Versöhnungen nötig macht. Geschieht das absichtlich?

Ganz eigen war es mir selben Abend zu mute, und nachts in den Träumen sah ich Mädeli mir Knöpfe annähen, hörte es rufen: »Mannli, chumm, i ha gchochet; u sä, da hesch es sufers Hemli u-n-es glättets.« Und ans den Träumen der Nacht ging der Gedanke, Mädeli zu heiraten, in die Träume des Tages über. Immer notwendiger schien es mir, eine Frau zu nehmen, immer unerträglicher ward mir meine häusliche Bürde, immer glücklicher ward ich, wenn ich das Meitschi sah, und immer klarer zeigten mir meine Rechnungen, daß ich es nirgends besser machen könne, als gerade mit Mädeli.

Drittes Kapitel. Wie eine Wäscherin zum praktischen Professor wird

Da brachte mir eines Samstags abends die Wäscherin meine paar Hemdchen gewaschen wieder. Ich nahm sie ab und legte sie hin ohne weiter nachzusehen, da ich gerade daran war, mir die Schuhe für den Sonntag zu putzen. Als ich die Hemder in den Schaft thun und eins für Morgen z‘weg legen wollte, fehlte mir mein bestes, das gar kenntlich war an schön gestichelten Löchlein um den Kragen und vornen herunter. Ich wußte gar wohl, daß ich es auch zu waschen gegeben, und lief daher über Kopf und Hals zu der Wäscherin und forderte dasselbe zurück. Diese stellte sich ganz verwundert, wollte nichts darum wissen, fragte, warum ich nicht gleich es gesagt hätte, daß mir etwas fehle? Hintendrein könnte ein jeder kommen und sagen: mir fehlt dies oder das. Sie hätte da viel zu thun, wenn sie einem jeden Bescheid und Antwort geben wollte oder müßte. So könnte einer komod und wohlfeil zu vielen Hemdern kommen. Kurz, die Frau brauchte ihre Zunge wie ein Wascherweib, wälzte die Vorwürfe absichtlichen Betruges auf mich zurück, verdächtigte mich auf die schamloseste Weise. Sie sagte mir ins Gesicht, man habe sie schon lange vor mir gewarnt, sie werde noch Verdruß von mir bekommen, sie solle sich in acht nehmen. Jetzt erfahre sie es und sie begehre gar kein Stücklein mehr von mir zu waschen; sie werde es aber allen Leuten sagen, was ich für einer sei und wie ich es ihr gemacht hätte. Ich wußte auf ihren Wortstrom nichts zu erwidern als: »Du bisch e wüesti Frau, schäm di, i hätt nit glaubt, das es selligi Wyber gäbt.«

Das waren aber alles nur blinde Schüsse gegen ihre Kartätschen, so daß ich nichts besseres anzufangen wußte, als davon zu laufen, froh, daß das Weib mir nicht nachlief. Als ich aus dem Bereich des Feuers war, fing mein Kopf an immer mehr aufzuschwellen und zu brennen. Neben aller Not nun noch den Verlust und neben dem Verlust die Verdächtigung und das Verbrüllen — das hatte ich von meinem ledigen Leben. So wollte ich es nicht länger ertragen, einmal mußte die Sache ab Ort und am besten doch, während ich noch einige Hemder hatte. Und hatte ich einmal eine Frau, so hoffte ich, werde sie den Reden der Wäscherin wohl die Spitze zu bieten wissen. Ohne nun weiters mich zu besinnen, stürmte ich auf das Schuhmacherhäuschen zu. Ob ich klopfte, weiß ich nicht; wenigstens auf den Bescheid wartete ich nicht, und fand Mädeli im düstern Stübchen alleine, kämmend sein langes, schwarzes Haar, vor sich ein alt Buch, Arndt Schatzkästlein wahrscheinlich. Als ich hineinplötschte so ungestüm in‘s stille Stübchen, sprang Mädeli erschrocken auf, faßte mit der einen Hand das Licht und zündete nach der Thüre hin, während die andere die langen alle auf einer Seite herabwallenden Haare zurückhielt. Und als ob das Lämpchen selbst Freude hätte an dem lieblichen in Schrecken erglühten Mädchen, warf es seinen hellsten Schein auf dessen Gesichtchen und über dessen Gestalt. Vor mir stand lautlos das erleuchtete Mädchen, eher einer staunenden Fee als einem kämmenden Schuhmachermeitschi gleich, und ich brüllte dasselbe, ohne nur recht die Augen aufzuthun, an: »Mädeli, ich mueß e Frau ha, wotsch mi näh, wetsch mi hürate?« Da erschrak Mädeli noch mehr; die Hand, welche die Lampe hielt, erzitterte und Öl trat in den Docht. Finster, fast erlöschend, brannte das Lämpchen, als ob es eifersüchtig geworden wäre und mir Mädeli verhüllen wolle, und Mädeli sprach: »E, Herr Jses, Schumeister! was het‘s gä, was sinnet er o, was chunt ech a so ungereinisch!« Da stürmte ich allerlei untereinander in meinem Zorn, von Nichtmehraushalten, von Hemdern, Wäscherinnen, Heiraten und Kochen, daß der Tausend klug werden konnte daraus. Da mußte Mädeli noch einmal sagen, es wisse gar nicht, was ich eigentlich meine.

Endlich vermochte ich die Geschichte mit meinem Wäscherweib verständlich zu geben, aus welcher dann Mädeli soviel begriff, daß ich zornig geworden über meinen Verlust, über die Unverschämtheit des Weibes in Verzweiflung geraten sei und nun, statt mich in dieser Verzweiflung zu hängen an einen Nagel, an ein Weib mich hängen wolle. Darum antwortete Mädeli auch auf meine erneuerten Anträge: »Schumeister, es isch ech nit Ärst, we dTäubi us ech isch, su heit er mi o vergesse, mr wey lieber nüt me drvo rede, eh dr e grauni Sach gmacht heit.«

Da wurde ich dringlicher und sprach von Liebe und Zuneigung; aber noch immer fand ich keinen Glauben, sondern immer die Antwort: i wüß im Zorn nit, was ich mache. Da wurde ich noch dringlicher und inniger, setzte mich zu Mädeli auf die Bank und sagte ihm, wie ich nicht erst jetzt ans Heiraten mit ihm gedacht, wie es schon lange mir im Sinne gelegen, von allen Meitschene mir am besten gefallen; wie mein Herz mich zu ihm gezogen, und mir immer am wohlsten in seiner Nähe gewesen. Wie ich aber nie recht gewußt, woran ich mit ihm wäre; bald sei es freundlich gewesen, bald habe es mich geflohen. Jetzt aber hätte mich der Zorn nur gestärkt, einmal zu vernehmen, woran ich sei und ob ich meinem Knabenelend nicht ein Ende machen könne. Es solle mir doch recht nicht zürnen, daß ich so gekommen sei, und mir glauben, daß ich es schon lange lieb gehabt und ohne ihns nicht mehr sein könne. Es solle mich doch ja recht nicht verstoßen. Ich hatte es bei der Hand gefaßt und sah ängstlich ihm ins Auge. Und sein Auge trübte sich und füllte sich mit stillen Thränen, und während es seine Hand mir ließ, und diese Hand die meine fester umfaßte, schüttelte es wehmütig seinen Kopf und die losen Haare und sagte: »I cha‘s nit glaube, Schumeister, daß dr mi lieb heiget, u daß dr mi scho lang begehrt heiget! ach, i bi nume es arms Meitschi, u wer wett mi begehre!« Und in ein lautes Weinen brach das arme Mädchen aus, legte Kopf und Arme auf den Tisch und ließ in vollen Fluten rinnen Ströme der tiefsten Wehmut. Ich tröstete so gut ich konnte; aber es brach immer wieder in Jammer aus und rief: »Ach dr tusig Gottswille, Schumeister, löt mi sy u heit mi nit für e Narr!« Da fing es denn doch an mir wieder warm im Kopf zu werden und ich frug: ob es denn Ursache hätte zu glauben, daß ich ein so schlechter Kerli sei, der Meitscheni so für einen Narren hielte? ob es je etwas so schlechtes von mir gesehen oder gehört habe? Mädeli hängte ihr Köpfchen, hielt mir an, ich sollte doch recht nicht zürnen, aber sie hätte ihren bestimmten Grund dazu, aber sagen könne sie mir den nicht. Ich aber wollte ihn wissen, begehrte mehr und mehr auf, während Mädeli sich immer fester an mich schmiegte und mir anhielt, doch ja das nicht zu begehren. Aber je mehr eins nachgibt, desto hartnäckiger wird das andere. Ich behauptete: wenn ich Mädelin lieb wäre, so hätte es mir von Anfang geglaubt und würde jetzt den Grund auch sagen dürfen. Das erschütterte das Meitschi: es kapitulierte endlich mit mir dahin, daß es die Sache mir leise ins Ohr sagen wolle; laut dürfte es wahrhaftig nicht. Ich hielt mein Ohr hin, aber es kitzelte sein Atem mich so wunderlich, bald sprach es so leise, daß es gar oft wiederholen mußte: »Dr heit nie bigehrt by mr z‘ligge.« Da fiel ich wie aus den Wolken und wollte nicht begreifen, wie es daraus etwas hätte schließen können. Aber als Mädeli sagte: es hätte gedacht, wenn ich es lieb hätte, so würde ich auch machen, wie andere Bursche, die Mädchen liebten; die gingen alle zu ihnen oder versuchten wenigstens zu ihnen zu kommen; ich aber sei kein einzig Mal vor sein Fenster gekommen und habe nie gefragt, ob ich bei ihm liegen dürfe. Da hätte es doch sicher glauben müssen, ich wolle es für einen Narren halten, und wenn es mir ernst wäre, so thäte ich auch wie die andern Buben. Da begriff ich Mädeli.

Nun war es wieder an mir zu erklären, wie das gekommen. Ich erzählte, wie es mir früher ergangen, Stüdi mich zum Besten gehalten, Lisi mich angelockt und mißbraucht, wie mir das ganze Dorf aufgepaßt und mich zum Gespött gemacht habe. Wie ich da mir vorgenommen, mich solchem Elend nicht mehr auszusetzen, weil ein Schulmeister an einem fremden Orte immer ein verkaufter Mensch sei, und weil es mich denn doch dünke, es schicke sich nicht recht für einen Schulmeister, wenn er zu Kilt laufe, oder gar mit den Buben herumhürsche. Ich hätte den Pfarrer so manchmal gegen den Kiltgang predigen hören und hätte selbst beim 7. Gebote dagegen so reden müssen, da es in Müslis Analysen so stehe, daß ich gefunden hätte, es sei viel nützer für mich, wenn ich mich dieser Sachen enthalte, und hätte deswegen ein festes Gelübde abgelegt, das ich auch gehalten bis dato. Deswegen solle es mir doch recht nicht zürnen und deswegen mich etwa nicht wollen.

 

Alles dieses begleitete Mädeli mit den gehörigen Gebärden und Ausrufungen. Über die Weibsbilder ließ es manchen Ton hören und meinte, alle Weibervölker müßten sich dessen schämen, daß es sellige gebe, und man könne sich nicht wundern, wenn die Mannsbilder nicht besser wären und viele meinten, sie könnten mit jedem Meitschi machen, was sie wollten. Wenn es aber das nur gewußt hätte und wie leid es ihm nun sei, daß es mich mißkannt, und wie es sich schämen müsse, daß es an sellig Sachen nur gesinnet! Ich tröstete wieder und fragte es nun auch: ob es mich denn eigentlich lieb habe und begehre, meine Frau zu werden. Da hob Mädeli seine schönen Augen auf und schlang den Arm um mich und sagte: »O Schumeister, myr Lebelang ist mr nie ke Mönsch so lieb gsi wie dir; i ha geng glaubt, i vrsüng mi, daß mr nit emal dr Vatter so lieb gsi isch wi dir. Aber dä het mi geng balget u het mi nie grüemt, u die angere Meitschi hei mi vrachtet, wil i nit so schöni Kleider gha ha wi si, u dBuebe hei mr geng neuis fürgha, u dir syt dr erst Mönsch gsi, wo mi nie balget het und geng fründli mit mr gsi isch. Da het‘s mi grad vo Afang a dunkt, i möcht für ech durs Für laufe, u we-n-i nume ech öppis chönnt z‘Gfalle thue. U-n-i ha mängisch pläret daheim, daß i denkt ha, die angere müeßten-ech lieber sy as i, wil si hübscher syge u fürnehmer, u schöneri Kleider heyge. U als es us dr Schuel cho syg, heig es e Längiziti nah mr gha, es heig‘s dunkt, es well‘s töde, u we-n-es mi nume vo wytem gseh heig, so heig es ihm scho gwohlet. Und wo es gwüßt heig, daß i o zum Brunne chömm, so heig‘s es dunkt, mi heig ihm verehret, weiß kei Mönsch wie viel. U-n-es heig mengisch gsinnet u gstunet, es wüß nit was, u we me-n-ihm grüeft heig, su heig es nüt ghört, bis me-n-ihm i dOhre brüelet heig. U wo du di alti Frau ds Gspött mit ihm gha heig, da heig es du gmerkt, was es stuni, u-n-es heig si mengisch fast z‘tod pläret, wenn es däicht heig, es syg nume es arms Meitschi u niemer acht si sinere u-n-i frag ihm o nüt na u werd nit so-n-es arms Meitschi näh. U de heig es denkt, es well nie manne, sondere syr Lebtig ledig blybe; aber es müeßi es niemer meh uslache u niemer meh amerke, daß es mi lieber heig als die angere Mönsche. U de we-n-i mit ihm fründlich gsi syg und es gment heig, es syg mr lieb u-n-i doch de nüt heig welle säge vo bi-n-im ligge, da heig es es fast welle zersprenge. U-n-es chönn‘s no jetzt nit glaube, daß mer Ärst syg u daß i so-n-es arms Meitschi öppis schätzi. J chönt ja uslese unter den schönsten und reichsten Meitschene; es düech‘s, es sött mr‘s keis chönne absäge. Da war dann wieder die Reihe an mir, zu beteuren, wie es mir lieber sei als andere Meitscheni; und wie ich an seiner Liebe gezagt, der Küherhub mich eifersüchtig gemacht, und wie Mädeli ein Meitschi sei, das für einen Landvogtsbub zu gut wäre.

Solche Wechselrede ist gar süß und doch gar wunderlich. Man wird nicht satt zu hören und muß dann doch auch darein reden; und wenn man zu reden begonnen hat, so kann man wieder nicht aufhören, bis das andere aus vollem Herzen mit süßen Worten übersprudelt. Wir saßen so wonnereich aneinander, hatten die Hände zusammengelegt, sahen einander tief in die Seele hinein; in die Seele, die nun unser war und an deren Gewinn wir nicht satt uns freuen kannten. O, es ist so herrlich eine neue Seele sein nennen zu können, und doch können so viele Menschen sich nur über neue Kleider freuen, und so manche Braut nur über den Hochzeitrock. Die armen Leute mit ihren armen Freuden!

»So, so, das geht lustig zu; wenn die Katze aus dem Hause ist, so tanzen die Mäuse!« erscholl es auf einmal dicht vor uns. Wir fuhren auseinander und sahen den Papa Schuhmacher vor uns stehen, der von einem lustigen Schulmeister zu reden anfangen wollte, während Mädeli verschämt sich in eine Ecke drückte. Ich aber ermannte mich, trat dem redenden Schwiegerpapa mitten in seine Rede und erklärte: daß ich nichts unehrliches begehrt, sondern Mädeli gefragt hätte, ob es meine Frau werden wolle, und Mädeli habe nicht Nein gesagt und so hätten wir uns zusammen gefreut, daß wir zusammenkämen, wenn er nichts dawider hätte.

Da warf sich mein Schuhmachermeister in die Brust und meinte: das lasse sich noch luegen. Sein Mädeli sei ein Meitschi, wie es weit und breit keines gebe; das wäre für einen Bauren gut genug und nicht so für den ersten besten. Und wer ihm dann die Sache machen solle, wenn Mädeli heirate? eine Jungfrau vermöge er nicht! Man sei nur angeführt mit Meitschene; habe man sie groß gefüttert und ihnen alles angehängt, was man auf- und anbringen könne, so flögen sie aus, dem ersten Hudel zu, der sie wolle, und lassen die Alten im Stich. Wenn sie auch noch an die Alten dächten und ein Eckli zu erheiraten suchten, wohin sie die Alten mitnehmen könnten, so wäre das ein anderlei. Es frage sich, ob er mir das Meitschi gebe; wenn das noch ein wenig warte und öppe o thue, wie die andern Meitschi, so chönn das einen guten Schick machen, wenigstens ein Kühheimat fehle dem sy Seel nicht. So polterte der Alte und wollte lange nicht auf gute Worte hören. Als ich endlich sagte, meine Eltern hätten auch zwei Kühe zuweilen, und im Schulhaus werde wohl auch Platz sein für ihn, und Mädeli bittend ihn streichelte und ihm versprach, ihn nie zu verlassen: da ließ er allmählich die Milch herunter und nach einigem Brummen: so ein Meitschi sei doch dr dümmst Hung von der Welt, gab er sich zufrieden und erklärte: wenn es nicht anders sein könne, so wolle er das Wüstest nicht machen; aber säge müsse er, daß er nicht geglaubt, nume e Schumeister zum Tochtermann zu bekommen; so einer sei gerade zu ästimieren, wie gar niemer, und verlassen auf sie könne man sich auch nicht; unter Hunderten sei kaum einer, der selber gschlüfe mög, fürschwyge de angere helfe chönn. Kurz, es that dem Mann wohl, sich einmal breit zu machen und etwas von sich erbitten zu lassen, und als das geschehen war und er alle seine Höflichkeiten an Mann gebracht hatte, so wurde er zufrieden, ergötzte sich an dem Gedanken: was wohl die Leute sagen werden, daß sein Meitschi schon einen Mann bekäme, während manche reiche Tochter keinen kriegen könne, und schoß nebenbei allerlei Witze auf uns ab.

Es war spät geworden, der Alte schläfrig. Er sprach vom zu Bette gehen und ich rüstete mich zum weggehen. Da fragte er: was das bedeuten solle, seit wann es der Brauch sei, daß ein Hochzeiter um diese Zeit von seinem Mädchen weglaufe; ob das neue Moden seien, oder ob ich zu vornehm sei, bei seinem Meitschi z‘ligge? Ich stotterte etwas, daß ich nicht gewußt, ob es ihm recht sei, und daß ich gar gerne dableiben wolle, wenn er nichts dawieder habe und Mädeli nichts. Mein Gelübde war vergessen; dem Alten konnte ich doch nichts davon sagen, und dann schien‘s mir so traut, bei Mädeli länger zu sein in seinem geheimnisvollen Kämmerlein in verschwiegener Nacht. Aber Mädeli schüttelte den Kopf und bat mich heimzugehen ihm zu Lieb und Gefallen; es glaube sonst, ich hielte nichts auf ihm. Der alte polterte nun auf das Mädchen los: was das für dolders Flausen seien; es werde nicht besser sein wollen, als seine Alte auch gewesen, und es solle nicht glauben, wenn es einen Schulmeister kriege, so werde es eine Herrenfrau; das sei noch eine ganz andere Art von Krebsen. Wir sollten machen, daß wir ins Nest kämen, und da nicht so zimpferlich thun wie zwo Welschlandtöchtere. Ich stimmte dem Alten immer mehr bei. Aber Mädeli kehrte sich nicht an ihn, bat so treuherzig und sah mir so liebherzig in‘s Auge, bat nur um diesen Gefallen, sonst müsse es sich sein Lebtag vor mir schämen, daß es mir seine Gedanken bekannt, führte mich so sanft zur Stube aus, verabschiedete mich draußen mit einem so brünstigen aber kurzen Kuß, daß ich auf der Gasse stand, ehe ich mich versah, nichts mehr sah, als einige Augenblicke noch düstern Lampenschein, und nichts mehr hörte, als noch einige Spott- und Schimpfreden des Alten. Da stund ich nun, um ein Hemde ärmer und um eine Braut reicher; und von einem Hemde und zu einer Braut hatte mich ein wirklich eigentlich Wascherweib gebracht, das mir Couragi gemacht.

Es ist doch wirklich dumm vom Staat, wenn er Professoren besoldet und das noch ordentlich, um den Jünglingen, bei den Gymnasiasten anfangend, Mut zum Heiraten zu machen. Es mag ein Professor auch das mögliche thun, so viel zu leisten als ein Wöscherweib; er mag hundertmal ausrufen: nicht Heiraten sei nur Feigheit, drum frisch gewagt! Er mag akurat thun, wie ein Wöscherweib; so nachdrücklich und wirksam, wie eines, wird er nimmer.

Viertes Kapitel. Von den Verdrießlichkeiten eines Bräutigams

Erinnert sich noch jemand, wie er es trieb, als ihm sein Götti oder die Gotte den ersten neuen Batzen gab? Wie er den nicht aus der Hand brachte, höchstens auf Zureden der Mutter in den Hosensack auf Augenblicke, aber schnell ihn wieder hervorzog, und wie er jedem Menschen sagte: >Lue, was mir dr Götti gä het!< und wie der Batzen mit ins Bett mußte, wenigstens am Abend der letzte, am Morgen der erste Gedanken war? Ungefähr so macht es einer, wenn er zum erstenmal eine Braut hat, eine Braut nämlich, die er einigermaßen liebt und mit der er sich einigermaßen meint. Und ich stund alleine auf der Gasse und mußte mich einzig spazieren führen in mein einsames Häuschen, wo ich keinem Menschen es sagen konnte, daß ich eine Braut hätte und wie eine. Das war eine lange Nacht; es schien mir gar nicht Tag werden zu wollen, und ich glaube nicht, daß ich mein Lebtag an einem Wintersonntag, meinen Kaffee so früh z‘weg hatte und so früh z‘weg war, um in die Predigt zu gehen. Ich hatte mich geputzt nach Vermögen und wenigstens dreimal das Halstuch anders umgelegt und sah mehr als dreißigmal nach der Uhr, ob es nicht wohl Zeit sei, zu gehen?

Endlich machte ich mich auf die Beine, aber niemand war noch auf dem Wege; kein Meitschi sah ich hinter mir, keines vor mir. Mädeli hatte einen Sinn mit mir und wahrscheinlich war ihm die Nacht nicht kürzer vorgekommen als mir, und vielleicht war ihm wohl mehr als ein Seufzer entronnen, daß es an ihrer Länge Schuld sei. Er war auch frühe parad; aber so ein alter Schuhmachermeister läßt sich durch eine Braut nicht aus seinem Plamp bringen, höchstens zu einem Fluch: was das für es dolders Pressier sei hüt, und es werde noch lange frühe genug kommen, um an die Füße zu frieren und Langeweile zu haben. Ja, wenn der Pfarrer es könnte, wie der hinter Murten, so wollte er nichts sagen; der habe gepredigt, daß der Kalch von den Wänden gefahren sei, und auf das Kanzelbrett habe er geschlagen, daß es einen hoch aufgesprengt und es einem Wunder genommen habe, daß er es habe mögen erleiden. Ja, da sei es noch der wert gewesen, z‘Chilche z‘ga; aber hier könne keiner nichts, und im Winter sollte man es ihnen ganz abstellen. So machte er eher langsamer als geschwinder, daß ich ganz die Hoffnung aufgab, Mädeli zu sehen in der Kirche. Endlich, als man schon zu singen angefangen, kam es herein. O, wie wohl that mir das und wie ein ganz anderes Gesicht machte ich, wahrscheinlich eines, wie die Erde, wenn die Sonne sie anscheint. Was weiter kirchliches vorging, weiß ich nicht. Meine ganze Seele, alle meine Wahrnehmungskraft lag in meinen Augen und diese Augen sahen ein Stücklein von Mädelis Haaren und Stirne, und da blieben sie vor Anker unverwandt. Das Säumeitschi hätte mir wohl etwas besser z‘weg sitzen können, wie andere Meitscheni auch thun; allein es hatte sich hinter eine Bäurin gepflanzt, die einen Kopf hatte wie einen Bombenkessel, und dort blieb es fest und unbeweglich. Nur beim aufstehen und niedersitzen wußte es mir ein Äugelein zuzukehren, um sich zu überzeugen, ob ich noch immer ans gleiche Ort sehe. Nach der Predigt wollten mich einige Schulmeister aufhalten und mir berichten von einer neuen Mode Schul zu halten, wo die Kinder, wie die Soldaten auf der Schützenmatt, auf und ab marschierten; man nenne sie die gegenseitige, weil die Kinder immer gegen einander sehen müßten. Mir brannte aber der Boden unter den Füßen; ihren gelehrten Erörterungen entwand ich mich gewaltsam. Leider fand ich Mädeli nicht alleine, sondern der lange Chorrichter ging mit ihr und noch einige Meitschi. Und der Chorrichter erzählte den Meitschene lange Geschichten vom Chorgericht, und wie das einere ergehe, wenn sie vor Chorgericht müsse, und wie sie dann den Chorrichter müsse holen lassen, wie sie da ane chneue müsse, wenn sie kindbetten wolle, und wie der sie, wenn sie am nötlichsten thue, fragen müsse: ob sie den rechten als Vater angegeben? Da erlese es sie und er sei schon manchmal dabei gewesen, daß eine gar nicht habe kindbetten können, bis sie mit der Wahrheit fürecho syg. Wenn man einere das anwünsche, so könne kein Doktor nichts machen, bis sie den rechten füre gä heyg. Dann machte er einige praktische Anwendungen auf die Mädchen, die bang und andächtig zugehört hatten, und ermahnte sie: sie sollen sich in acht nehmen, und wenn sie das Ungfell hätten, so sollten sie gleich mit dem rechte füre. So konnte ich mit Mädeli gar nichts reden; aber ansehen konnte ich es doch vom Kopf bis zu den Füßen, wenn nicht etwa der lange Chorrichter, wie ein dicker Schatten, zwischen uns trat.

 

Ich hoffte nun, es komme in die Kinderlehre, doch umsonst; Mädeli ließ sich nicht sehen, wohlweislich. Ein rechtes Meitschi hat hundertmal mehr Verstand als ein Schulmeister. Was hätte das für eine Kinderlehre geben müssen, wenn Mädeli da gesessen und meine Gedanken und Augen immer bei ihm gewesen wären? Was das für einen langweiligen Nachmittag gab! und wie ich immer bei mir werweisete, ob ich nicht auch am hellen Tag zu ds Schuhmachers könne; das gehe ja niemand etwas an und die Leute würden es doch bald vernehmen. Aber ich hatte nicht mit Mädeli darüber gesprochen, wußte nicht, ob es dasselbe etwa ungern hätte, und wartete und wartete so, bis es dunkel ward. Da steckte ich meine Tubakpfeife an und füllte meinen Tubakseckel zu, um meinen Schwiegerätti mit dreikreuzerigem traktieren zu können, und wollte eben das Licht abblasen, da klopfte noch jemand. Ich meinte schon, es sei etwa Mädeli; aber da trat herein des Ammanns Knecht und sagte: »Schumeister, du mueßt mr neuis schrybe.« Damit zündete er seine Pfeife auch an, pflanzte sich auf den Ofen so lange er war, und brichtete erst lange von einer Kuh, welche wieder stierig geworden sei. Als ich ihn mit Mühe von diesem Kapitel abbrachte und wissen wollte, was ich schreiben solle, da blies er dicke Wolken aus seiner verschlammten Pfeife und etwas verlegen sagte er: »He, Schumeister, üsi Magd, wo z‘Wiehnecht furt isch, het mr gschrybe u het mr bifohle, daß i ere antworte söll, u jetz, Schumeister, mueßt du so-n-e Antwort ere schicke,« O Herrgott! wie mir da die Ungeduld im Blute krabbelte! Aber wenn einmal so ein Hans oder Benz auf dem Ofen liegt, mit einer Pfeife im Gesicht, so bringt da keine Ungeduld mehr etwas ab.

Ich wußte also nichts besseres, als so schnell möglich mich hinzusetzen, nahm Papier vor mich und fragte: »Nun Hans, was soll ich schreiben?« — »Myra was d‘witt; mach du ume so-n-e Brief, das me cha vrmache u-n-uf dPost thue.« — »Aber du muesch mr doch säge, was i dry mache soll i Brief.« — »He, i weiß das auf my S..l nit; du sottsch das wüsse, Schumeister, was me so i-n-e Brief macht.« — Ich sagte, es werde im Brief, wo er bekommen habe, wohl etwas gewesen sein, darauf hätte geantwortet werden sollen. — Ja, das wisse er nicht, sagte Hans, er hatte sich auf das Schribel nit chönne vrstah. — Ich fragte nach dem Briefe. — Ja, den habe er behalten wollen und ihn im Liblitäschli gehabt; allein heute beim Melken habe das Blöschli gar ein dreckig Uter gehabt und kein sauber Stroh hätte er im Stalle gehabt; da hätte er den Brief genommen und dem Blöschli das Uter damit abgewischt und ihn dann weggeworfen, weil er ganz voll K.. dreck gewesen. Aber das mache nichts ja, i söll nur neuis i Brief mache, was ich wolle; das sei doch ja gleich. — Ich fragte allerlei und brachte endlich heraus, daß ich schreiben solle: der Zingel habe zwei Kälber gehabt, beides Stierenkälber, und gebe einen ganzen Kessel voll Milch, und die neue Magd sei ihm nicht anständig; sie brauche ihm gar viel Stroh für die Schweine und verleg ihm den Säumist nie. Darnebe wär sie bravi gnue, aber aparti sust hätte er noch nichts mit ihr gehabt. U we sie wieder z‘sämme chöme, su söll es ihm de e Halbi zale, dr Brief heig-ne 6 Fr. gchostet u de löi er‘s no grüeße. So viel brachte ich endlich heraus und stilisierte das, so gut ich in meiner Ungeduld konnte.

Endlich war ich fertig, aber Hans begehrte nicht fort; er war gewillet, mir den Abend durch kurze Zyti zu machen. Er nahm den Brief, sagte: >Dankeigisch, Schumeister, oder chost er neuis?< und blieb liegen. Ich durfte nicht sagen, daß ich zu Schuhmachers wolle; sonst hätte er gesagt, er komme mit. Nach langem Sinnen wußte ich nichts anders zu machen, als notwendiges Reden mit dem Wirte vorzuschützen. Kam Hans mit, so konnte ich ihn dort sitzen lassen; kam er nicht, desto besser, so brauchte ich auch nicht hin. Hans sagte: er habe die Holzschuhe an u-n-es schick ihm si nüt, i dene i‘s Wirtshus z‘ga. Aber i söll ume ga; er mög sauft erwarte, bis ich wiederkomme; es schick ihm si gar wohl da uf em Ofe. Ohne weitere Komplimente ließ ich ihn nun liegen und eilte über Hals und Kopf zu meinem Meitschi.

Es ist kurios, wie der Brautstand eine Zeit der Sympathie ist, oder, wie Gelehrte sagen würden, wie zwei Brautleute in eine Art magnetischem Rapport zusammen stehen; was das eine fühlt, fühlt auch das andere; die gleichen Gedanken steigen zu gleicher Zeit auf, die gleichen Bedürfnisse wandeln sie zu gleicher Zeit an. Mädeli hatte nach mir blanget, so gut wie ich nach ihm, und zu seinem Blangen war noch die Angst gekommen: was das Ausbleiben zu bedeuten hätte, ob ich reuig geworden, oder sonst etwas? Da hatte es sein Näschen zwischen der Küchenthüre hinaus ins Freie gestreckt, bis es rot angelaufen war und es endlich endlich mich daher schnupen hörte. Da fuhr es erst zurück und ward bange ums Herz und dann wieder fröhlich und öffnete die Thüre, und hatte nun keine so große Eile mehr mich in die Stube zum Alten zu stoßen, und keine Angst, als mein Gesicht etwas nahe zu dem seinen kam. In der Stube saßen wir gar fröhlich beisammen, und Mädeli zog aus dem Ofenguggeli ein sorgsam zugedecktes Kacheli mit Kaffee und legte mir Brot vor, und hatte eine gar herzliche Freude, mich zum ersten Mal speisen und tränken zu können, und noch dazu mit so gutem Kaffee; denn zu dieser Kanne hatte es drei Bohnen mehr genommen, als gewöhnlich, nach der Tradition von seiner Mutter her, zu nehmen waren. Nun kam gar manches zur Sprache, was gestern im Sturm der Gefühle nicht berührt wurde.