Za darmo

Leiden und Freuden eines Schulmeisters

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Einunddreißigstes Kapitel. Wie ich meinen Nachfolger bewillkomme und auf der Schnabelweid Abschied nehme

An einem der nächsten Tage wußte ich nicht, warum so viele Leute vor die Häuser stunden, nach etwas sahen und dann wieder hineingingen. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich einen schlanken Mann in dunklem Kleide, der ein geputztes Weibsbild am Arm führte. Der stellte sich bei den Häuseren und die Leute nötigten ihn hinein, und nach langem kam er dann wieder heraus bis zu einem anderen Hause, wo der Auftritt sich wiederholte. Da fiel mir ein, wie es mir akurat so gegangen, als ich die Schule zu besichtigen gekommen; daß ich damals vor lauter essen und trinken fast zu Grunde gegangen, gerade umgekehrt wie zu Gytiwyl; daß das wahrscheinlich der neue Schulmeister sein werde, den man nun mit der gleichen Liebe und Ehre empfange, wie früher mich. Ich muß bekennen, es ging mir ein Stich durchs Herz. Es that mir weh, meinen Nachfolger sehen zu müssen, und doppelt weh, daß die Leute so närrisch mit ihm thaten, während ich noch da war. Ich dachte, was sie ihm alles über mich sagen, und wie sie ihn dagegen rühmen würden. Im ersten Augenblick wollte ich mich fortmachen, um ihn nicht sehen zu müssen; denn ich vermutete, er werde sicher auch das Schulhaus sehen wollen. Doch ermannte ich mich und blieb. Ich fühlte, die Leute würden das Gespött mit meinem Fortlaufen haben, und es regte sich eine Art Mitleiden in mir. Ich dachte: »Du guter Tropf, wenn bu wüßtest was ich!« Eine gewisse Ehrlichkeit rang mit der Schadenfreude. Die Ehrlichkeit wollte ihm Winke geben, die Schadenfreude ihn ungewarnt in den gleichen Fallen sich fangen lassen, die mir gelegt wurden. Dieser Streit währte noch, als sie kamen und ihn selbst entschieden. Ich wollte auch gastfreundlich sein, sie sitzen heißen und ihnen etwas aufstellen. Allein sie hatten nicht Zeit dazu, hatten schon mehr als genug gegessen und noch versprochen, bei der Rückkehr da und dort einzusprechen. Das seien gute Leute; bei denen sei es noch zu sein, meinte die Frau oder Braut, die mit schnippischen Blicken alles musterte und ein zimpferliches Wesen ins Feld führte. Er stimmte ein und meinte, solche Leute hätte er sich schon lange gewünscht, um etwas auszurichten. Ich wollte einige Winke fallen lassen; allein sie blickte mich so höhnisch an und er so übermütig, daß ich schwieg. Ihr und ihm war wenig, recht. Sie wollte das und jenes geändert haben und er konnte nicht begreifen, wie man in einer solchen Schulstube Schule halten könne; die müsse ihm auf der Stelle anders eingerichtet sein. Einige zurückgebliebene Schriften gaben ihm Anlaß zu erzählen, wie prächtig die Kinder in seiner Schule geschrieben. Er hätte es dort noch nicht sagen dürfen, daß er fortgehe; er wisse nicht, wie es gehe, wenn sie es vernehmen; das werde ein Wesen geben! Er dürfe gar nicht daran denken. Über den Stand der Schule u. fragte er nichts. So einer hat gar nichts nötig zu fragen; er weiß alles zum voraus und auf einmal, und auf das allerdeutlichste. Aus seinem ganzen Wesen sprach er zu mir: »Ja gschau mi nume, ich bi n-e-n-andere Kerli als du, und aus der Schnabelweid will ich ein Schnaraffenland machen.« Und als sie fortgingen, hatte er kaum, Zeit, mir Adie zu sagen, und sie sagte gar nichts. Beim nächsten Hause stellte man sich wieder und da sah ich ein Lächeln und Zäpfeln, daß ich wohl wußte, man hudle mich durch. Nun siegte die Schadenfreude und ich mochte die Zeit nicht erwarten, bis Erfahrungen diesen Übermut gebrochen, bis er mich gut gemacht und die Leute sagen würden: »Da Hoffertsnarr wette mr wieder a Käfer tusche u no schön nah gä.« Und diefe Gefühle wurden noch verstärkt, als ich sticheln hörte: der habe gesagt, wie es gehen müsse; das müsse jetzt ganz anders gehen, und sie seien doch glücklich gewesen, daß sie einen solchen bekommen hätten. Wartet nur, dachte ich, ihr werdet es schon erfahren. So stunden der Vorfahr und der Nachfahr zu einander. Der Nachfahr verkleinerte den Leuten mich und meine Arbeit, stellte sich recht hoch, erzeugte große Erwartungen, und sein Dichten und Trachten ging dahin, zu zeigen, daß er ein ganz anderer sei als ich, und daß ich alles verkehrt und unrecht vorgenommen. Er wollte der Liebe werden. Und der Vorfahr sah mit Neid auf den nachkommenden, der so wert aufgenommen wurde, fühlte tief die darin liegende Demütigung, hoffte aber mit Schadenfreude, die Herrlichkeit werde von kurzer Dauer, des Nachfahrs Mühen eitel sein; er werde die Schule nicht besser, die Kinder nicht geschickter machen, den Leuten nicht größere Liebe, größere Achtung einflößen, sondern von allem eher das Gegenteil. So gingen christliche Schulmeister an christlichen Schulen auseinander; so gehen noch viele Vorfahrer und Nachfahrer auseinander; so stehen aber auch viele Arbeiter nebeneinander. Ich frage aber: Kann es gut kommen, so lange es so in den Herzen der Menschen steht, so lange es so steht in den Herzen derer, die Unkraut aus den Herzen rotten und guten Samen hineinsäen sollen? Wenn die Arbeiter in einem Weinberge in sich zerrissen sind, einer die Arbeit des andern verachtet, zertrittet oder wenigstens, unbekümmert um sie, wieder jätet und säet, wie es ihm einfallt, wie muß es da mit dem Weinberg aussehen? Wenn jeder nur sich im Auge hat und das Seine, seine Ehre, seinen Gewinn, und nicht die Ehre dessen, von dem er sich gesandt glaubt, wie muß es da um die Arbeit aussehen, um das Näherschreiten dem Ziele von Gott gesetzt, das doch aller Arbeit Zweck ist?

Liebe Brüder! So lange nicht der Vorfahr im Nachfahr den Bruder sieht und mit aufrichtigem Herzen seine Arbeit in dessen Hände niederlegt und froh hoffet, daß derselbe es noch besser machen, die Arbeit noch weiter fördern werde; so lange der Nachfahr nicht mit demütigem Sinn die Arbeit übernimmt und zur Ehre des scheidenden Bruders fortarbeiten, sein Andenken in Ehren erhalten will: so lange alle Brüder nicht Hand in Hand schlagen und am gleichen Werk mit gleichem Sinn, keiner zu eigener Ehre, sondern alle zur Ehre des Herren des Weinberges arbeiten wollen: so lange kömmt es nicht gut, und wenn wir auch weise würden wie Salomo und reich wie er, und wenn wir auch alle Stiefelchen hätten, schön glänzend schwarz, und Anglaisen dazu von allen Farben, knapp und fein, und wenn man uns auch Herr Schullehrer sagen und den Hut abziehen würde hinten und vornen. Wahrlich das alles hilft nichts, und haben wir die Liebe nicht, so sind wir eitel tönend Erz und klingende Schellen.

O! ich kann nichts tiefer hassen als den Neid, mag er nun aus Eigennutz oder Einbildung entspringen. Wüst ist er schon zwischen Schneider und Schneider, zwischen Schuhmacher und Schuhmacher; aber unendlich wüster ist er noch an denen, die nicht bloß an Schuhen und Hosen arbeiten, sondern an Menschen, an Menschenglück und Wohlfahrt. Wohlverstanden, ich meine hier aber nicht nur Schulmeister und Pfarrer, sondern ich meine auch Regenten. Aus dem tiefsten Grund meines Herzens verachte ich alle Regenten alter und neuer Zeit, deren gehässigem und erbärmlichem Treiben Neid zum Grunde liegt, die von ihm getrieben verleumden, verdächtigen, unterdrücken. Sie spielen mit der Wohlfahrt eines ganzen Landes, um Gewinn für sich zu ziehen, für sich, die verachtungswürdigsten aller Kreaturen. Wahrlich solchen Kreaturen, die mit ihren breiten Buckeln ganze Länder in Schatten bringen, sollte man allen mit dem gleichen Stecken messen und zwar auf ihre H.., bis sie lernen zu Gott schreien, den sie, ehe ihr Fleisch mürbe war, nur verschrieen hatten in ihrem teils bestialischen, teils afterweisen Übermute.

Eine andere erwartete Prüfung war folgende. Ich fürchtete nämlich, wenn die Gytiwyler mit den Schnabelweideren zusammen kämen, so möchten die letzteren die ersteren einweihen in meine Vergangenheit, oder die Kinder möchten gar während dem Aufpacken ihr so oft eingeübtes Schauspiel wieder aufführen. Ich hatte daher alle mögliche Sorgfalt getroffen, ihr Zusammenkommen zu verhindern; hatte Futter zusammengebracht für Mann und Roß, und alles bestmöglichst vorbereitet, damit ich mit meinen Fuhrleuten wegkäme, so schnell als möglich. Das gelang mir auch. Um 7 Uhr waren sie schon da; denn zu Gytiwul stand man frühe auf, und wenn die Bauren schon nicht in einem Bienenkorb schliefen, um zu erwachen, sobald er gnepfe, wie man es den N. nachredet, so verschliefen sie doch nie die Stunde, in welcher Pferde gefüttert werden sollten. Ich hatte früher einmal von einem Schulmeister gehört, der beim Zügeln gar unbärdig sich eingestellt und auf alle Weise seinen Zorn gegen die zu verlassende Gemeinde an den Tag gelegt, so weit, daß er die Fuder mitten am Regen packen ließ, und ein Tenn, das man ihm dazu anbot, nicht annehmen wollte, zu eigenem Schaden. Dadurch gewann er nichts, als daß die ihn Abholenden allerlei Schlüsse zogen über sein Naturell und sein altes Verhältnis, und üble Mutmaßungen in ihre Gemeinde brachten. Ich gedachte dieser Warnung. Als meine Schnabelweider mich ruhig ließen, that ich zu guter Letzt noch so freundlich als möglich mit ihnen, rief die aus dem nächsten Hause herbei, um den Rest meiner Flasche mit ihnen zu teilen, ging durch das Dorf zu Fuß, und nahm noch hie und da mit aller Manierlichkeit Abschied und wünschte ihnen viel Gutes. Und meine Schnabelweider, das muß ich ihnen nachreden, zeigten sich in diesem Augenblick recht brav, besser als ich sie mir gedacht hatte. Sie stichelten nicht nur nicht, sondern gaben mir noch manches gute Wort auf den Weg. Wenn Einer diese Leute zu nehmen und nicht durch sie sich verleiten zu lassen gewußt hätte! Als ich dem alten Mann, der mich zuerst gewarnt, noch die Hand gab, sagte er mir: »Peter, hättest du Glauben gehabt an die, welche es gut mit dir meinten, so hättest du dir viel Leid erspart; es ist mir leid für dich und uns; denn in der letzten Zeit hast du gezeigt, daß du ein braver Kerli sein könntest. Fahr so fort, so kömmt noch alles gut.«

So geht es manchem mit dem Glauben; er kömmt ihm erst nach der Erfahrung, und viele machen gar keine Erfahrung, d. h. aus dem Erlebten lernen sie nie etwas, und darum kömmt ihnen auch der Glaube nie.

 

Zweiunddreißigstes Kapitel. Wie ein Schulmeister wohlfeil zügelt

Ich hoffte, recht frühe an Ort und Stelle zu kommen und noch bei Tagheitere einhausen zu können. So hatten meine Begleiter aber nicht gerechnet. Sie waren einmal vom Hause weg und begehrten nicht nach Hause, bis sie direkt ins Bett konnten. Sie führten einen Schulmeister, der für den Zug nichts zu bezahlen brauchte, von dem sie also billig erwarten zu können meinten, daß er an ihnen zu vergelten suche, was man großmütig für ihn thue.

Der Knecht konnte mit seinen 20 Kronen sich nicht oft den Durst so recht mit Wein löschen, und mancher Baurensohn, dessen Vater geizig oder schuldig ist, der zu Sackgeld etwa ein Schaf halten kann und mit der größten Not dem Alten zuweilen 5 oder 10 Btz. abbettelt für einen Märit, der verschmäht einen Schluck nicht, der nichts kostet, und sollten es auch zwei sein, verschmäht auch ein Trinkgeld nicht, und je größer es ist, desto lieber nimmt er es. Und auch der verschmäht es nicht, der wohl ganze Handvoll Neuthaler im Sack hat, damit munter klingelt und mit Mühe einige verlorne Stücke Münz daraus hervorsucht. Man sollte glauben, der nun habe Geld zum Fressen. Ohä! Sein Vater, und bei manchem Ehemann die Frau, finden es anständig, daß Sohn oder Mann Geld im Sack habe; es ist ihnen um des Hauses Ehre. Sie zählen ihm daher ein Dutzend Brabänter oder Fünfunddreißgler vor, und die kann er in Sack nehmen und schütteln darin; aber am Abend muß er, die ordentlich wieder einliefern, und wehe ihm, wenn er einen hätte wechseln lassen. Die wenigen Batzen Münze, die er fast nicht finden kann, die darf er brauchen, die sind eigentlich sein und mehr nicht.

Als sie ankamen, hatte ich ihnen Kaffee und Käs gegeben, durch den Morgen einen Schnaps, beim Abfahren Wein und wieder Brot und Käse, und glaubte nun mit einer kleinen Einkehr es machen zu können. Aber wir waren noch nicht zwei Stunden gefahren, so sagte der Sohn: er hätte Mut zu einem Teller Suppe; wenn er des Mittags nicht etwas Warmes habe, so werde es ihm allerdinge kötzerig. Ich wäre gerne noch eine Stunde weiter gefahren in die Mitte; aber auf einen solchen Grund hin durfte ich das Einkehren nicht länger aufschieben als bis zum nächsten Wirtshause.

Dort wurde den Pferden der Rest Heu vorgeworfen, und wir gingen und bestellten Suppe und eine Halbe. Ich rechnete auf circa 8 Btz. Kosten; denn so ein Schulmeister, der gerne aus den Schulden möchte, rechnet seine Üerti nach, ehe er sie verzehrt hat; macht es mancher Bauer auch so; fragen reiche Engländer ja, ehe sie etwas anrühren, was es koste? Als die Wirtin die Suppe brachte, sagte sie: wir werden noch etwas anderes auch wollen; sie hätte ein schönes Bitzli Fleisch und noch einen Schlemperlig von einer Sau. Da antwortete ihr niemand etwas. Ich mochte nicht und dachte nicht daran, daß die andern hungrig sein sollten; aber absagen durfte ich doch auch nicht. Die Wirtin hatte solche Fälle aber schon erlebt und sagte: sie wolle einmal bringen; wir könnten dann immer nehmen oder es sein lassen, wie wir wollten. Als die Dinge einmal da waren, konnte ich nicht anders als sagen: »Nät doch, we dr meut.« Der Knecht sagte: solches Fleisch sehe man nicht alle Tage; er wolle einmal ein Stücklein probieren; es werde nicht alles machen. »Dem guten Beispiel folgte der Andere nach, und als ich sah, daß doch geessen sein müsse, und es gleichviel koste, nehme ich oder nehme ich nicht, so fand ich auch noch ein Plätzchen im Magen. Das Essen machte durstig. Die erste Halbe verschwand im Umsehen; die Wirtin füllte sie, ohne zu fragen, wieder zu. Und wie diese bei der ersten war, nahm sie die Flasche wieder, sagend: »I gibe-n-ech no eini.« Und als wir Fleisch u. geessen hatten, fragte sie: ob wir noch etwas Dessert wollten? Da sagte doch der Knecht: ne, der Gattig bigehr er nüt. Statt der 8 Btz. hatte ich nun für das Essen 15 Btz., für den Wein 12 zu bezahlen, und als wir fortfahren wollten, sagte der Stallknecht: er hätte auch gerne noch etwas. In Verlegenheit, was man gebe, da ich mein Lebtag keinem Stallknecht noch ein Trinkgeld gegeben, fragte ich ihn sebst. Da sagte er mir, vom Roß einen Batzen sei das Wenigste; viele geben mehr. Natürlich hörte ich nur den ersten Teil seiner Antwort und hatte also dreißig Batzen ausgegeben. Nun wurden sie recht gspräch und erzählten mir viel von ihrem verstorbenen Schulmeister, was das für ein bsunderbar Gschichte gewesen wäre. Schreiben habe er gekonnt e-n-angere na furt, man hätte ihm vorgeben mögen, was man gewollt; es sei ihm alles gewesen wie ein Vater unser. Und Leichenreden hätte der halten können, weit und breit keiner so. Er habe gebetet so eifrig, daß man fry habe schwitzen müßen, und Amen hätte er immer zweimal gesagt. Aber er sei daneben gar ein Aufbegehrische gewesen; er habe sich gar nichts wolle sagen lassen und habe dazu doch das Maul in alles gehängt und über die Gmeindsmanne räsoniert und gesagt: sie bschytze dGmeind, was ihn doch nichts angegangen wäre. Auch gar ein uverschante sei er gewesen; alle Buechstabe, wo er einem geschrieben, hätte man ihm zahlen sollen, und doch sei es ihm so ring gange und heig, ihm nüt z‘thue gäh, und dennoch seien seine Kinder einem immer vor der Thüre gewesen, und hätten bald dieses gewollt, bald jenes. Es sei für die ganze Gemeinde ein Glück gewesen, daß er die Auszehrung bekommen und gestorben sei. Da habe man gesehen, wie schlecht er ghuset heyg; es hätte es niemand geglaubt, daß er so arm sei, und hätte doch so viel zu verdienen gehabt, und hätte noch viel mehr zu thun gehabt, wenn er nicht so uverschant mit dem Heuschen gewesen wäre. Da habe man aber wieder gesehen, daß so ein Pfarrer und dann bsunderbar ihre keinen Verstand habe. Habe der nicht lange sich gewehrt, in des Schulmeisters Gemeinde zu schreiben, und gemeint, die Gemeinde solle etwas für die Familie thun; einige Bauren sollten Kinder zu sich nehmen; die Frau könnte sich und das Jüngste mit Nähen schon durchbringen. Da habe da Sturm geglaubt, sie sollten Kindere z‘fresse geben und sie bekleiden, die nicht einmal da daheim seien, sondern in einer andern Gemeinde! Wohl, dem hatten sie die Meinig gesagt, daß er froh gewesen sei, zu schweigen und zu schreiben.

Unter diesen Gesprächen waren wir über zwei Stunden vorwärts gekommen, als der Knecht zu klagen ansing, wie das Fleisch doch so räß müsse gewesen sein; er habe einen Durst, daß er es kaum erleiden möge, er könne kaum mehr speuen. Auch den Rossen wollten sie es ansehen, daß sie durstig seien: sie hatten am früheren Orte nicht recht saufen wollen. Nachdem man mich so mit den Holzschuhen getrappet und mit dem Holzschlägel mir gewinkt hatte, sah ich wohl, daß die zweite Einkehr nicht zu vermeiden sei, und machte gute Miene zum bösen Spiel, während ich mit großer innerer Betrübnis mein Geldsäckeli in der Hand wog, das gar leicht und dünn war. Beim nächsten Wirtshause angelangt, zeigten die Rosse Menschenverstand und schienen von selbst stille zu stehen. Meine Begleiter fanden daher, sie sollten doch billig auch etwas haben, während wir hineingingen; man könne sie doch nicht wohl so z‘leerem da stehen lassen. Ein paar Batzen für Brot würden mich nicht reuen; man könne dann umso strenger fahren.

Zu dem Durst kam nun auch der Hunger unerwartet, und man fand, ein Stücklein Käse ginge gut zum Brot und mache es äsiger. Es war noch nicht spät; die muntern Rosse hatten meine leichte Habe, verteilt auf die zwei Fuhrwerke, rasch fortgezogen. Natürlich hatten die Leute mir die schönsten Rosse gesandt mit dem schönsten Geschirr, damit man dort im Lande wisse, daß in Gytiwyl auch noch Bauren seien und nicht bloß Tauner. Man fand also, es sei nicht zu pressieren; man komme immer noch heim; man wolle noch ein wenig sy. Es kam noch dem einen in Sinn, er könne seinen Tabak sparen, und sagte: »Schumeister, gimmer vo dym, er schmückt gar wohl!« Und der andere sagte: »Su will i o grad stopfe.« Und so saß ich wie auf Dornen, und dachte endlich: wenn es doch alles versöffe sein müsse, so wolle ich auch noch helfen, und that also. Endlich erlöste mich der Stallknecht, Er that die Thüre auf und rief: er wisse mit den Nassen nichts mehr anzufangen; sie wollten nicht mehr stille sein. Nun konnte ich wieder 20 Batzen Üerti bezahlen, ohne Trinkgeld. Der Wein hatte meine Leute recht natürlich gemacht, und sie erzählten mir: die Schwytikofer hätten auch einen besonders braven Schulmeister. Als diese ihm vorigen Jahres gezügelt, hätte er allen genug z‘saufen gezahlt und noch jedem Fuhrmann ein schönes Trinkgeld gegeben. Ich wußte nun, was ich zu thun hatte. Als ich nachrechnete, was mich das Zügeln gekostet hatte, so hätte ich fast Postrosse nehmen können dafür, und mußte am Ende mich noch schönstens bedanken. Es ging mir fast wie denen, die Fuehrig halten, d. h. wie denen, die bei Bauten von Waldbesitzern das Holz von Haus zu Haus sich erbitten. Diese bringen es, jedes Rafetannli mit drei Mann und dreien Rossen, und essen und trinken, daß man es mit einer Mäsbstryche oben ab machen könnte, wenn es nicht von selbst oben ab liefe. Und wenn der Bauende rechnet, so hat er grusfam anhalten, grusam danken, grusam z‘essen und z‘trinken geben müssen, und so lange sein Haus steht, werden die, welche ihm Holz gebracht, sagen, wenn sie beim Hause vorbeigehen: »Zu dem Haus habe ich auch eine Tanne brunge.« Und wenn die gestorben sind, so werden Kinder und Großkinder sagen: »A dem Hus isch o vo üsem Holz; dr Ätti oder dr Großätti het is mängisch vo der Fuehrig zellt, u wie dChüechleni so zäch u dr Wy so sure gst syg.«

Nein, liebe Leute, wollt ihr einem Schulmeister eine Wohlthat erweisen, die er anzunehmen nie zu stolz sein wird — denn sein Einkommen wird bei unsern Lebzeiten nie so groß werden, daß er überflüssiges hätte — so zügelt ihn; aber zügelt ihn so, daß es eine Ersparnis für ihn ist und nicht eine Schräpfete.

Spät genug kamen wir an, und bei Laternenschein mußte abgeladen werden. Große Mühe gab es, die Orgel in der Schulstube aufzustellen und sie zur Hausthüre hineinzubringen. Die Schulstube war kaum 7 Fuß hoch, und man wußte anfangs nicht, müsse man die Orgel abnehmen oder die Diele aufbrechen. Am Ende gab es sich. Nachdem man das übrige hoggis boggis über einander versorget hatte, lud der Baurensohn, der im Weine aufgeweicht war, mich für die erste Nacht zu ihnen ein. Ich machte mich zuerst etwas eigelich. Da ich aber erfahren hatte, daß man hier mit Anerbieten nicht schnitzig sei, wenn es einem nicht Ernst war, so ging ich endlich mit.

Am folgenden Morgen suchte ich mich einzuhaujen, konnte es aber nur mit Mühe. Wie gesagt, das Haus war klein und schlecht. Die Schulstube bot für 150 Kinder, die hinein sollten, kaum 3 Quadratfuß für ein Kind; die Hälfte Scheiben waren blind, der Ofen, ein ungeheures Tier, gespalten und mit Griffeln fast durchgewetzt. Als Behausung hatte ich nur eine Stube, und die war noch klein genug. Da kein Webkeller war, so mußte ich meinen Webstuhl darin aufschlagen, welcher neben dem Bett den Raum so ausfüllte, daß ich kaum wußte, wo mein übriges Mobiliar, welches in einem Schaft, einem Trögli, einem Tisch und dreien Stabellen bestund, aufstellen sollte. Der Stubenboden hatte Löcher, in welchen man einen Fuß verrenken konnte, und in der mit Lehm gepflasterten Küche waren die so zahlreich und tief, daß man da ordentliche Cisternen hätte anlegen können. Es wollte mir dieses alles schier übers Herz kommen. Ich hatte es früher nicht recht bemerkt, denn so ein lediger Mensch hat nur halben Verstand, und merkt solche Dinge erst, wenn man ihn mit der Nase darauf stößt. Doch der Gedanke: lieber Hier als dort! ließ darein mich schicken.