Die Sterne in uns

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Ich schüttelte tadelnd den Kopf.

»Für eine Lesbe bist du jetzt aber ziemlich bi!«

»Aber ich bin ja auch wirklich ein bisschen bi«, antwortete sie mit kindlicher Fröhlichkeit.

»Hab ich dir eben nur noch nicht so klar gesagt, Woodi.«

Ich schüttelte erneut den Kopf. Zwischen ihr und mir gab es manchmal so ein gewisses Knistern, aber sie sprach oft anzüglich über andere Menschen, meist über Frauen. Das passte nicht ganz zu der Realität, die ich erlebt hatte. Seit ich sie kannte, hatte sie keine Affären oder Beziehungen gehabt, nicht mal ein Date. Wir waren eng befreundet, sie hätte es mir garantiert erzählt. Angeblich war sie aber früher, also vor Beginn unserer Zusammenarbeit, sexuell sehr aktiv gewesen. Trotz aller Zuneigung zu ihr und ihrer offenen Art wollte ich hier trotzdem eine ernsthafte, professionelle Mission haben, keine Mischung aus Sauferei und Orgie.

Manchmal kam der Offizier in mir durch.

Er hatte es aber verdammt schwer gegen den Rest in mir.

Als ich das dachte, so hübsch streng und vorbildlich, knackte etwas in meinen Ohren.

Was denk ich denn da?

Wahrscheinlich knackte nicht wirklich etwas. Ein Schalter im Hirn war gekippt und ich bildete mir nur ein, das hören zu können.

Ich trank und flirtete ja selber gern, also früher! Oder wenn ich nicht ganz ich selbst war. Als ich selbst, als mein wirkliches Selbst, flirtete ich nämlich gar nicht. Aber für einen Moment setzte sich ein Bild in meinen Kopf fest, das nicht abstoßend war, obwohl es das vielleicht hätte sein sollen.

Noona, Flink, Jill und ich … wir sind alle nackt, und dann kommt Stan in Uniform durch eine leuchtende Tür und schüttelt mit ironischem Gesichtsausdruck langsam den Kopf wie ein tadelnder Vater. Und er sagt, dass er nur mich will und …

»Woodi?«

Jill stupste mich an.

Vorbei der schöne Gedanke! Zum Glück!

Ich bohrte mir mit einem Finger im Ohr herum und schüttelte lächelnd den Kopf. Der Gedanke war zu seltsam und zu intensiv gewesen, um ihn per Wimpernschlag loswerden zu können.

»Jaja, äh, also lernen wir uns alle kennen und gehen dann schnell an die Arbeit. Die beiden haben schon angefangen, aber du kennst die Anlage besser. Mal sehen, was wir noch so alles finden.«

Sie nickte, beäugte mich aber skeptisch, als wir weitergingen. Sie merkte mir an, dass irgendetwas in mir in Bewegung geraten war - nicht durch die Anschläge und Morde, sondern durch Flink und Noona.

Natürlich erinnerten sie mich an Stan, an früher, an den Weltraum. Aber das sollte ja auch so sein! Ich wollte eine Mission wie früher. Ich wollte alles durchziehen, aufklären, überleben – und schnell sollte es gehen – damit danach alles wieder ruhig und genau wie vorher werden konnte.

Keine galaktische Ekstase, nur eine winzig kleine Supernova.

X
TEAMARBEIT

Jill Bekker und Noona Striker waren auf geradezu erschreckende Weise kompatibel.

Bei Noona äußerte sich die Verrücktheit andersartig, aber sie verstanden sich blind und hatten Spaß miteinander, während sie Daten und Aufzeichnungen durchgingen. Ihre Kommunikation war eine irritierende Mischung aus Beleidigungen, Anzüglichkeiten und Gags, die beiden gleichermaßen recht zu sein schienen.

Jill kicherte und gackerte natürlich lauter, geradezu betont extrovertiert, obwohl sie sonst auf gewisse Weise eher introvertiert war.

Naja, und Noona war Noona: Eine aalglatte, gefährliche Existenz, die auf unerklärliche Weise trotzdem anziehend bis richtiggehend niedlich rüberkommen konnte. Und ihr derber Humor ließ mich nicht selten mit den beiden grinsen.

Flink und ich hockten nebeneinander auf zwei Kisten, obwohl Stühle und sogar gepolsterte Sessel frei waren. Manchmal sitzt man eben lieber auf der Steintreppe vor dem Haus statt in den teuren Gartenmöbeln auf der Terrasse dahinter.

Weil es sich gut anfühlte, kein verwöhntes Mädchen zu sein. Flink tickte ähnlich, aber für ihn war es ja auch leichter, kein verwöhntes Mädchen zu sein. Also vor allem kein Mädchen.

Wir hackten uns in diverse Nachrichtenkanäle.

Es war interessant, was so alles um den Globus gezwitschert wurde. Die Anschlagsserie war gekommen und gegangen. Seitdem herrschte offizielles Unverständnis. Die Regierung und die Squadronica taten so, als könnten sie sich das Ganze nicht recht erklären, als hätten sie absolut keine Anhaltspunkte, keine Verdächtigen, aber sie spielten es auch herunter. Überwiegend Sachschaden sei entstanden, und eigentlich sei gar nicht so viel kaputt gegangen.

Dennoch, obwohl man ja nichts zu wissen vorgab, schloss man außerirdische Aktivitäten kategorisch aus. Immerhin ging man damit klar gegen Rassismus vor. Das gefiel mir.

Dennoch war es das übliche Muster: Man versuchte, aus gesteuertem Terrorismus kriminelle Einzelaktionen ohne jeglichen Sinn zu machen.

Also falls das mit dem Terrorismus überhaupt stimmt und die uns nicht alle verarschen. Und ich muss … ich muss aufhören, allem zu misstrauen!

Geschütze zu zerstören, mochte für militante Pazifisten einen gewissen Sinn ergeben. Dass man dazu in meine Anlage eindringen musste, war auch logisch. Zwei, drei Leute vom Wachdienst umbringen? Heldenhaft! Aber Lennox zu zerhacken, passte nicht. Überhaupt erschien keiner der Morde unausweichlich, ganz im Gegenteil.

Gut, Andrew hatte vielleicht jemanden überrascht. Dann war es vielleicht zum Kampf gekommen. Schuss. Tot.

Jill war von Jensen niedergeschlagen worden, aber Jensen hatte nicht Lennox zerhackt. Und wieso überhaupt zerhackt? Um jemanden zu zerhacken, musste man doch vor Hass triefen!

Und Maryja? Da war die Anschlagssache schon vorbei gewesen. War die Bombe falsch programmiert worden?

»Das muss eigentlich eine Mischung sein«, sagte Flink plötzlich und sah von seinem elektronischen Block auf. Die Bilder darauf verschwanden und er massierte sich die Stirn.

Wir saßen im gleichen Raum, in dem Noona und Jill stehend an Konsolen hantierten und redeten, aber doch nicht in direkter Hörweite, sondern einige Meter entfernt.

Ich schaltete ebenfalls meinen Block aus und sah ihn an.

»Eine Mischung aus Terrorismus und psychopathischem Serienkiller?«

Flink neigte den Kopf.

»Ich glaube, die haben verschiedene Abteilungen in ihrer Terror-Firma. Experten für Technik, die Anlagen sabotieren. Verräter, die nichts können, außer an der richtigen Stelle zu sitzen Verräter zu sein. Und ein paar Irre für die Gewalttaten.«

Ich sah ihn an. Das klang nicht dumm.

»Jensen fühlte sich sicher wichtig«, sagte ich. »Er hält das wahrscheinlich für eine Heldentat, dabei hat er nur ein paar Knöpfe gedrückt, feige von hinten jemandem auf den Kopf gehauen, und dann hat er sich verpisst. Aber schwache Menschen voller Komplexe wollen Schaden anrichten, um sich wertvoll zu fühlen. Solche Typen hat es immer schon gegeben.«

Flink nickte.

»Sie werden ihm danken, ihn irgendwo eine Weile verstecken und dann versuchen, ihn weiter zu radikalisieren. Da er wahrscheinlich nicht genug Fachwissen oder Fähigkeiten für wirklich spannende Erfolge mitbringt, ist er vermutlich als Kanonenfutter eingeplant, also entweder als Infanterie oder als Selbstmordattentäter.«

Ich nickte und nahm einen Schluck lauwarmen Kaffee. Ich mochte Kaffee, wenn er heiß war. Lauwarm war das letzte der denkbaren Gefühle. Gleich würde ich ihn wegschütten. Kalter Kaffee ging gar nicht!

»Dass hier noch jemand drin war, nachdem Jensen weg war, ist nicht nur wahrscheinlich, sondern Fakt. Das war dann einer von der Mörder-Fraktion. Unterbrich mich jetzt nicht!«

Flink grinste müde und deutete an, sich den Mund mit einem Reißverschluss zu verschließen.

»Mit den Leuten, die Geschütze haben hochgehen lassen, haben wir ja gar nichts zu tun. Uns interessieren der Killer und das Netzwerk dahinter – und wie man reinkommt, um es aufzudecken. Wenn die Organisation dahinter, wie auch immer die sich wirklich nennt, jemanden herschickt, um Leute umzubringen, damit Jensen seinen Job machen und abhauen kann, warum mit Axt, Searer und Bombe, sowohl vor als auch nach dem Anschlag auf die Geschütze? Falls die Bombe nicht vorprogrammiert war. Warum zerhackt jemand, der Jensen rausbringen soll, einen Lennox, wenn Lennox Jensen gar nicht aufhält? Lennox Torgan war nett und gemütlich. Der hätte sich brav auf den Boden gelegt und die Augen geschlossen, wenn ihn jemand bedroht hätte.«

Flinks Mund öffnete sich, aber ich wollte noch weiterreden und das zeigte ich ihm auch.

Jetzt war ich dran, bis ich fertig war. Frauen wurden ständig unterbrochen, und das ging mir auf die Eierstöcke!

»Dieser Killer wollte auch zu mir – falls ich keine Halluzinationen hatte - aber ich war eingeschlossen. Panic Room-Situation. Ist also kein übermenschlich starker Android. Ob es ein Mensch war, weiß ich nicht hundertprozentig. Die meisten außerirdischen Völker, die wir kennen, können durch so eine Tür auch nicht durch. Außer…«

»Stopp!«

Jetzt war es Flink wohl egal, dass ich noch nicht fertig war, aber ich ließ ihn damit durchkommen.

»Wenn du jetzt mit Delta Empire, Morphern und so weiter anfängst, bin ich raus. Das passiert nicht immer und immer wieder, Woodi. Niemand hat es auf dich oder mich persönlich abgesehen, dafür sind wir einfach zu unwichtig. Der Killer ist kein schleimiges Tentakelmonster, das ein Imperium aus einem Paralleluniversum geschickt hat. Das klingt eh so lächerlich, ich würd´s verlachen, wär ich nicht dabei gewesen. Aber diesmal nicht, Vanessa!«

 

Er kam mir ein bisschen zu nah und streichelte unnötigerweise meine Schulter.

Ich glaube, ich zog ein sehr bitteres Gesicht und lehnte mich zurück, um aus der Reichweite seiner Hand zu gelangen. Das für sexuelle Belästigung zu halten, wäre allerdings auch lächerlich gewesen.

Flink und ich waren schon lange befreundet, trotzdem passte das Anfassen nicht zu dem Flink, den ich kannte.

»Ich schließe nichts aus, bis ich das Gegenteil weiß, Flink. Ich habe hier das Sagen. Du wirst den ganzen Fall darauf abklopfen, ob wir es mit alten Bekannten zu tun haben!«

Ich wollte jetzt ungemütlich werden. Ja, ich wollte es!

Erst unterbricht er mich, dann deutet er an, ich sei ein bisschen verrückt, und am Ende befummelt er mich? Bist ein toller Typ, Flink P. Garrett, aber manche Affentriebe stecken in Männern eindeutig zu tief drin. Vermutlich im Arsch!

Immerhin checkte Flink, dass sich gerade etwas verändert hatte, und er war klug und freundlich genug, nicht zu fauchen oder zu keifen. Männer konnten das mindestens genauso gut wie wir angeblich dauergenervten und zickigen Prinzessinnen. Ich kannte mehr zickige Typen als Frauen, und da stand ich absolut nicht drauf, weder privat noch beruflich.

Flink nickte betont unterwürfig.

Eindeutig ironisch. Du bist ne Zicke, Flink!

Dann ging er zu einem Terminal und tat, was ich wollte.

Ich blieb einen Moment allein mit dem traurigen Rest des inzwischen kalten Kaffees und starrte Jill und Noona auf ihre Hintern in den engen Uniformhosen.

Beide schmaler als mein eigener.

Jill war lesbisch – oder neuerdings bi - und manchmal wollte sie ein bisschen was von mir, aber immer, ohne aufdringlich zu sein. Ich hatte nicht nur einmal darüber nachgedacht, sie einfach mal zu küssen. Oder mehr.

Es reizte mich, aber es kam und ging wie Wind im Spätsommer. Ich hatte keinerlei moralischen oder sonstigen Bedenken, mit einer Frau zusammen zu sein, aber jetzt in diesem Moment starrte ich einfach nur auf zwei Hintern, die Männer vermutlich großartig fanden, und empfand absolut nichts dabei.

Vielleicht bedauerte ich ein wenig, dass ich eine andere Hosengröße als die beiden hatte, aber sonst war da nichts außer Neutralität und kaltem Kaffee.

Ich bin wohl leider hetero.

Ich sollte vermutlich besser homo sein.

Oder wenigstens richtig bi.

Zehn Prozent bi reichen kaum für einen großen Schritt.

Man verrennt sich so leicht.

Also ich zumindest.

Aber ich mochte mein kleines Kommando.

Am allerliebsten hatte ich zwar meine Ruhe, einen Schluck Whisky und ein gutes Buch, aber wenn schon Arbeit, dann nicht als kleines dummes Ding, das die ganze Zeit »Alright, Patronus!« sagen muss.

Am Anfang ist man Rekrut, dann Dewie, da ist das völlig okay, aber ich war sehr schnell und sehr jung aus dieser Situation rausgekommen. Und das war auch gut so. Richtiges Machtinteresse in Richtung Stalord oder Commodore hatte ich nicht, aber das, was ich in dieser Station normalerweise war, und das, was ich aktuell in diesem Team war, mochte ich.

Meine Vorgesetzten waren weit weg, ich aber hatte ein kleines Kommando. Perfekt.

»Hast du jetzt genug in deine braune Suppe geglotzt, Teamleiter Woodman?«, fragte Noona Striker in nicht sehr freundlichem Tonfall.

»Schau dir mal an, was Jill und ich für dich haben!«

Ich ging zu den Terminals hinüber, an denen die beiden gearbeitet hatten.

Jill lächelte mich an und zwinkerte mir zu.

Ich musste zurücklächeln.

Sie sah immer so anders aus als andere Crewies, obwohl sie nun wieder Uniform trug. Es half mir, wenn ein Team Uniform trug. Es drückte Ernsthaftigkeit aus. Die engen, schwarzen Klamotten mit den silberglänzenden Applikationen standen uns allen gut. Die coolen Lederjacken trug hier drin keiner, aber die schwarzen Stiefel schon.

Im Labor hatte Jill meist ohne Uniform gearbeitet oder nur einzelne Teile davon getragen, jetzt aber sah sie von den Füßen bis zum Hals sehr ordentlich aus. Darüber aber schloss sich das neckisch grinsende Gesicht mit dem strohblonden Wirrwarr aus lockigen Haarbüscheln obenauf an. Im Haar trug sie natürlich die Pilotenbrille mit den gelben Gläsern, obwohl sie dieses Ding die meiste Zeit über nicht zu brauchen schien. Das machte den kompletten Look völlig zunichte, aber ich liebte diesen Anblick.

»Also?«, fragte ich und verschränkte die Arme, weil keine von beiden etwas sagte.

Sie sahen sich an.

»Also erst einmal sind wir uns einig, dass es unfair ist, dass du das Kommando hast, nur weil du die größten Titten hast«, sagte Jill und tat todernst.

»Eigentlich hast du sogar mehr als wir beide zusammen, und das, wo du sonst voll der androgyne Typ bist. Das ist unfair und unnatürlich.«

Ich weiß gar nicht, wie weit mein Unterkiefer runterklappen konnte, aber ich versuchte, es in diesem Moment herauszufinden.

»Das aber nur als einführende Bemerkung«, sagte Noona todernst und aktivierte etwas auf dem Terminal.

Ich kam nicht dazu, zu diesem unverschämten Blödsinn etwas zu sagen. Vermutlich war das auch besser so.

Ich musste mir nun einen Film ansehen, den die beiden zusammengeschnitten hatten. Eine Präsentation, wenn man so will. Sie gab einen verwirrend schnellen Überblick über alle Zeitpunkte, Daten, Meldungen und Funksignale, die unsere Station aus ihren Eingeweiden hatte kratzen können.

Den erklärenden Text dazu teilten sich die beiden, als hätten sie das tagelang geübt. Meist beendete die eine die Sätze der anderen. Zweiköpfiger Drachen-Style.

Ich fand einen Großteil der Details uninteressant, aber es war wichtig, Vermutungen durch Fakten auszuschließen. Ich konnte daher auch keine Blindarbeit der beiden erkennen.

Das war ich von meinem üblichen Team hier ganz anders gewohnt.

Sonst auch von Jill. Sie kam selten direkt zum Punkt.

Während ich mir also dieses Feuerwerk von Analyse anhörte, musste ich mir eingestehen, dass die hohe Effektivität und außerordentliche Gründlichkeit wohl auf Noona Striker zurückzuführen war. Das bestätigte mich zwar in meiner Entscheidung, sie ins Team berufen zu haben, aber es war auch ein Beleg für ihre faszinierende Vielschichtigkeit, in die sich auch Stan verliebt haben musste. Es war nicht leicht, sie toll zu finden und zu loben, wenn man einen Knoten im Herz oder im Bauch hatte.

Apropos, was ist eigentlich mit Stan? Ich hätte wenigstens mal nachhaken und…

Ich brach den Gedanken binnen einer Millisekunde ab. Ich hätte dem Bericht nicht mehr folgen können, und ich wollte ihn ungern zwei Mal hören.

Schließlich endeten das Filmchen und die Wort-Kaskaden der beiden Frauen vor mir.

Noona sah mich skeptisch an. Vermutlich fragte sie sich, ob ich alles verstanden hatte.

In der Tat war es manchmal schwierig gewesen, der Sache so schnell zu folgen, aber ich war verdammt nochmal auch nicht bescheuert! Wenn das ein Test war, würde sie ganz sicher keine Freude an mir haben.

Also nickte ich in aller Seelenruhe, während meine Gedanken ihre Pullis noch zu Ende strickten.

»Vielen Dank für die gute Arbeit, Stalev Striker und Dewie Bekker. Noona. Jill. Den Blödsinn am Anfang könnt ihr euch für private Anlässe aufheben, sonst endet die Mitarbeit in diesem Team für euch sehr schnell. Verstanden?«

Sie hatten offensichtlich nicht damit gerechnet, dass ich auf die Titten-Thematik noch eingehen würde, aber ich verstand so einen Scheiß einfach nicht.

Hätte Flink daneben gestanden, wäre es noch sehr viel unangemessener gewesen, aber es galt, das sofort zu unterbinden, bevor es Wiederholungen fände.

Sie nickten brav, ohne dabei zu lächeln.

»Gut, zur Analyse, und korrigiert mich, wenn etwas nicht korrekt wiedergeben wurde. Hinterher!«

Das Wort war wohl ebenfalls bei beiden angekommen.

Sie nickten wieder brav und freudlos.

Noona hatte garantiert geplant, mich zu unterbrechen. Sie hatte oft diese schlechte, altmodisch-männliche Besserwisserei im Leib.

»Ihr habt mir gezeigt, was es alles nicht sein kann. Von den Abläufen her kann es keiner aus meinem Team gewesen sein, auch nicht Jensen. Interessant war eure Auswertung der minimalen Infos, die der Doc geliefert hat, also bezüglich der Todeszeitpunkte von Andrew und Lennox. Das lässt die Sicherheitsleute der Unyon zu 99,9 Prozent außen vor. Ganz davon abgesehen sagte Jill, sie hätten Gewehre dabei gehabt, keine Äxte. Und ihr sagt, die Bombe in der Tiefgarage kann nicht vorab programmiert worden sein, weil sich keinerlei Chrono-Partikel in den Aufzeichnungen finden, ebenso wenig wie Zündsignale. Das lässt den seltsamen Schluss zu, dass jemand etwas sehr Altmodisches an Maryjas Gleiter deponiert hat. Plastiksprengstoff mit Funkzündung? Ich hab im Unterricht aufgepasst. Anmerkung: Vermutlich nicht, um Maryja zu töten, sondern mich, während ich sie begrüße. Jemand, der dringend eine Verstärkung anfordert, sollte diese auch schon am Fahrzeug willkommen heißen. Spekulation. Und ihr sagt, Andrew sei nicht in dieser Station erschossen worden. Das ist neu und seltsam. Man hat ihn tot hergebracht? Da es keine Einbrüche oder Überbrückungen im System gibt, muss er ferngeneriert worden sein, sagt ihr, obwohl ihr keine Spuren nachweisen könnt. Aber okay, das ist ja allgemein auch immer sehr schwer. Weiß ich selbst aus vielfacher Erfahrung. Diese Anfrage konnte ich oft nicht erfüllen, und das mit dem Tendrae-Potential eines fetten Schiffs. So könnte der Typ, der mich in die Zentrale gejagt hat, also auch rein und wieder rausgekommen sein. Frage meinerseits: Wieso hat er sich dann nicht ferngenerieren lassen, um zu mir reinzukommen? Die Antwort gebe ich auch gleich selbst: Der Ursprungsstandort war zu jenem Zeitpunkt nicht verfügbar, da getarnt beziehungsweise pendelnd, um nicht standorttreu zu sein. Vermutlich Erdumrundung. Auch die Bombe kann ans Fahrzeug generiert worden sein, mit minimaler Detonationsverzögerung. Es deutet also alles, auch wenn ihr das nicht explizit sagt, auf ein Schiff hin, vermutlich im Orbit. War das auch eure Schlussfolgerung?«

Sie verarbeiteten meine Worte für lange Sekunden, die ich ihnen aber gar nicht ließ.

»Bleibt über Garrett auszuschließen, dass es extraterrestrisch war«, sagte ich und ließ sie stehen.

Ach, es war schön, sie stehen zu lassen, vor allem Noona. Sie suchte wohl noch immer meine Aussagen auf Fehler ab, fand aber keine. Ich hoffte, dass sie etwas daraus lernte, zumindest in Bezug auf mich.

»Hast du´s mitbekommen?«, fragte ich Flink.

Er sah mich an, dann über mich hinweg zu Noona und Jill.

Die beiden standen immer noch unbeweglich da und schwiegen.

»Äh, ja, zumindest das Wichtigste. Du hast viel gesagt. Ich kann dazu nur noch mal ergänzen, dass physisch und technisch überprüft worden ist, ob sich aktuell noch jemand in dieser Anlage befindet. Klares Nein. Deine andere Schlussfolgerung klingt nicht beruhigend, aber logisch.«

»Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt, sondern nur, ob du´s mitbekommen hast. Jetzt würde ich gern die Ergebnisse deiner Arbeit sehen, Flink«, sagte ich humorlos.

Er stellte sich tatsächlich etwas gerader hin und räusperte sich.

»Gut, okay. Stalev Woodman, es gibt keine Anzeichen für Technologien, die nicht dem terrestrischen Standard oder Squadronica-Signaturen entsprechen. Die Life Activity-Tendrae liefern Scan-Ergebnisse im Sekundentakt seit der letzten Protokolllöschung. Das größte Nichtmenschliche, das sich dieser Anlage in den letzten drei Monaten genähert hat, war ein fetter Dachs. Es gibt keine Lücken, keine Glättungen, keine Rillen in den Dateien. Alle Streams sind authentisch, auch mit Rückkoppelungs-Abfrage inklusive Kennwort. Keine Spiegelung nach draußen, kein Datentunnel nach innen, kein Interface mit verswitchter …«

»Reicht an Nerd-Kram, Stalev Garrett!«, unterbrach ich ihn. Natürlich kannte ich das alles aus meiner Ausbildung und aus anderen Einsätzen, aber er ging mir einfach zu sehr ins Detail, vermutlich um sich besonders schlau anzuhören.

»Also keine fremde Technik und kein fremdes Leben nachweisbar. Auch nicht in den Molekülfiltern?«, fragte ich.

»Ähm, die habe ich nun nicht gecheckt, weil …«

»Weil du´s vergessen hast. Bitte nachholen, klar?!«

»Alright, Patronia!«

»Patronia sagen wir nicht in der Squadronica, Flink. Die sexistische Ironie kannst du dir sparen!«

 

Er wirkte zerknirscht, aber das hatte er sich redlich verdient. Eine Frau verdiente ein »Patronus« wie jeder Mann auch, so wie ein weiblicher Commodore auch keine Commodorin war. Kein Mensch konnte ernsthaft allein durch die Vergewaltigung von Sprache aus Dreck Gold machen.

Armer Flink! Nicht, dass er noch einen Gleichstellungsbeauftragten braucht.

Ich überwachte schweigend und mit eisigem Blick Flinks Arbeit. Auch Noona und Jill hielten den Schnabel.

Dann war er fertig.

»Auch in den Molekülfiltern keine Rückstände.«

Jetzt schenkte ich ihm ein Lächeln.

»Danke, Flink. Dann war´s doch nur Morpher-Spinnerei von mir.«

Er erwiderte das Lächeln und war offensichtlich erleichtert, dass ich die neue Strenge nicht komplett durchzog.

Ich hob die Stimme und wandte mich an alle.

»Für die kurze Zeit verdammt viel gute Arbeit. Danke! Commodore Dangler oder irgendein Vertreter unserer Auftraggeber sollte sich eigentlich bald bei mir melden. Dann kann ich als vorläufiges Ergebnis mitteilen, dass wir sehr wahrscheinlich ein Schiff suchen. Auf jeden Fall handelt es sich um eine Organisation, die einflussreich genug ist, nicht nur Verrückte und Sprengstoff, sondern auch Ferngeneratoren ins Spiel zu bringen. Möglich, dass uns das bald von hier wegführt. Wenn wir als einziges Team an der Sache dran sind, sollten wir die Vorgänge in anderen von den Anschlägen betroffenen Einrichtungen untersuchen. Vielleicht gibt es bei einem der anderen auch Hinweise auf den Ursprungsort des Anschlags oder das Schiff. Oder die Schiffe, falls es mehrere sind. Whatever.«

Es gab keinen Widerspruch.

Ich sah auf eine Uhr.

Weitere Analysen hatten momentan wenig Sinn. Mein Team war sehr viel schneller als der Durchschnitt gewesen.

Ich konnte mich nicht aufplustern, um größer als auch nur einer der Anwesenden zu sein, aber ich konnte die Brust rausstrecken und ein ernstes Gesicht machen.

»Gut, also wir schalten die Anlage auf höchste Sicherheitsstufe, setzen alle Log-Ins außer Kraft. Niemand kommt rein, auch nicht mit Kennwort oder Daten-Signatur. Eine komplette Ferngenerator-Abschirmung haben wir nicht. War nie eingeplant. Aber wir können die Zentrale entsprechend abschirmen. Jill weiß wie und zeigt es euch.«

Jill nickte und hielt einen Daumen hoch. Dann setzte sie die gelbe Brille auf, als bräuchte sie das Ding für die bevorstehende Programmierung.

Ich sah, dass Flink sie beobachtete und angetan lächelte.

»Wer Angst vor reingenerierten Axtmördern hat, kann im Panic Room schlafen. Besetzt sein muss sie nachts auf jeden Fall. Ich werde dort schlafen. Keine Wachwechsel. Wer heute Abend bis 0 Uhr nicht drin ist, kommt vor morgen früh um 6 Uhr auch nicht mehr rein. Ihr müsst nicht, aber ihr dürft. Und bis dahin, wenn alles versiegelt ist: Freizeit! Geht duschen, schlafen, lesen … was auch immer.«

»19 Uhr Snacks und Drinks im Labor«, sagte Jill Bekker knapp, dann rieb sie sich die Hände und begann mit der Programmierung. Es sah aus, als spiele sie Klavier.

Ich schüttelte den Kopf, musste aber lächeln.

Es läuft. Ich brauche aber Kontakt zu Dangler, sonst ist morgen auch wieder nichts als Freizeit. Wobei sie sagte, ich könne mich frei bewegen und würde Zugriff erhalten. Aber wie? Womit soll ich die Autorisation für eine andere Anlage bitte nachweisen? Und welche Anlage wäre das überhaupt?

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