Jesus und die himmlische Welt

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Wenn man in der Formulierung dennoch christliche Bearbeitung sehen will, so wird man freilich angesichts dieses traditionsgeschichtlichen Hintergrundes feststellen, dass der Bearbeiter hier jüdische Tradition allenfalls zugespitzt hat, jedoch traditionsimmanent geblieben ist.

TJuda 22,2 bezieht das Ende des Exils und der Unheilszeit auf die Parusie des Gottes der Gerechtigkeit. Auch in diesem Fall mag die Formulierung christlich sein und eine ursprüngliche Abfolge durch eine falsch vorangestellte Parusie unterbrechen; dennoch geschieht dies unter Einfluss der grundlegenden Theophanie-Tradition. Im Hinweis auf Israel und Jakob könnte Anspielung auf die 2-Messias-Lehre begegnen19, während 22,3 das Königtum Judas herausstellt. Die Bearbeitung stellt messianische und Theophanie-artige Prozesse zusammen, die aber nicht weiter verwoben werden.

Ein Überblick über diese Theophanie-Stücke zeigt, dass das Wirken einer Erlösergestalt in ihnen keinen festen traditionellen Platz hat. Es ist Gott, der im eschatologischen Kampf oder in der Beendigung der Unheilzeit durch seine Theophanie Israel das Heil zuwendet.20 Diese Theophanie hat ihren Platz auf dem Zion. Daraus ergeben sich zwei grundlegende Aspekte, unter denen die Einbringung messianischer Erlösergestalten geschehen kann:

- die Theophanie wird ‚vernahtet‘ mit vorlaufenden und hinweisenden Formen kultischer Mittlung, weil die eschatologische Erlösung Theophanie auf dem Zion ist. Deshalb wird der Levi-Dienst die Heilsgröße, welche die eschatologische Einwohnung Gottes vorbereitet, zu ihr hinführt, sie vorwegnimmt.

Diese Konzeption, nach der das Levi-Amt für eine geschichtliche Zwischenperiode, jedoch nicht für die eschatologische Erfüllung, Gültigkeit hat, ist zu vergleichen mit der Tempellehre in Tempelrolle, Kol. 29,8-10: Der ideale21 Tempel, der gemäß der biblischen Urbild-Abbild-Ontologie entworfen ist,22 wird gewürdigt von Gott – er lässt seine Herrlichkeit über ihm wohnen. Dennoch ist mit der Realisierung dieses Ideals noch nicht die eschatologische Erfüllung erreicht, denn es kommt der Tag des Segens, „an dem ich (neu) schaffe mein Heiligtum, um es mir zu bereiten für allezeit entsprechend dem Bund, den ich geschlossen habe mit Jakob in Bethel.“ Die eschatologische Zeit bringt eine andere Verwirklichung der Einwohnung Gottes, die über den vorlaufend pneumatischen Bezug auf das ideale Heiligtum hinausgeht.23 Die eschatologische Überhöhung bedeutet eine nochmalige Steigerung der kultischen Einwohnung Gottes. Die Verwendung von ברא in Kol. 29,9 bezeugt, dass die eschatologische Neuschöpfung auch an einer kultischen Neuschöpfung hängt.

- der eschatologische Krieg Gottes gegen die Widersacher, die die Rückkehr zur ursprünglichen Gottesgemeinschaft behindern, ist ein Vorgang, an dem sowohl himmlische als auch irdische Kämpfer beteiligt werden. Levi und Juda sind Kämpfer, die in diesem Prozess von Gott durch Herrschaftsübergabe beteiligt sind.

Beide Themenkreise müssen wir nun noch näher in den Blick nehmen. Mit irdischen Gestalten, Levi und Juda, explizit verbunden ist die eschatologische Theophanie in TNaph 8, 3 und Dan 5,10.

TNaph 8,3 heißt es im vermuteten Urtext:24 „Durch ihre Stämme/Szepter (διὰ τῶν σκήπτρων αὐτῶν) wird Gott (wohnend unter den Menschen) auf Erden erscheinen (ὀρθήσεται), um das Geschlecht Israels zu retten und um Gerechte aus den Völkern herbeizuführen.“

Nahe verwandt ist TL 2,11: Καὶ διὰ σου καὶ τοῦ Ἰούδου ὀρθήσεται Κύριος τοῖς ἀνθρώποις σώζων ἐν ἑαυτοῷ πᾶν γένος ἀνθρώπων.

Van der Woude, der diesen Satz für jüdisch hält, überträgt folgendermaßen: „In Levi und Juda findet Gott demnach die Organe zur Herbeiführung der endgültigen Erlösung …“25 Der mit ‚Organ für‘ übertragene Sachverhalt ist freilich philologisch auffällig. LXX kennen eine Ausdrucksweise ὀρθήσεται Κύριος διὰ N.N. nicht; sie scheint auf den ersten Blick nicht jüdisch zu sein. Man muss hierin einen weiteren Grund sehen, mit Becker eine christliche Ergänzung zu finden, die – unter Einfluss vor allem johanneischer Wendungen26 – Gottes Theophanie direkt an die Gestalten der Erlöser bindet.27 Aber dieser Bearbeiter kennt das traditionsgeschichtliche Milieu, in dem er sich bewegt, hervorragend, insofern er diese eschatologische Theophanie ‚vernahtet‘ mit der kultischen Mittlerposition des Levi (2,10). Der Bearbeiter hat die Mittlerposition des Levi, ihren amtlichen Heilscharakter, ins Eschatologische ausgezogen. Das Wissen des Levi aus dem Himmel bezieht sich auf die eschatologische Erlösung Israels, darum gehört dieser Offenbarer mit seinem eschatologischen Wissen zur irdischen Gestaltwerdung des Heils. Ferner ist in 2,10 umschrieben das Mittleramt des Levi in seiner kultrechtlichen Form. Levi ist עבד, ja auch auf den (Haus-)Sohn-Zusammenhang sind wir gestoßen. Dies sind elementare Bildzusammenhänge, die auch die kultrechtliche Bevollmächtigung des Priesters durch die Gottheit implizieren und im strenger juristischen Denken auf den שליח/ἀπόστολος-Begriff hinauslaufen können.28 Da im Priesterbegriff der Test XII die Maleachi-Tradition eine Rolle spielt, wird man auch Mal 2,7 besonders nennen müssen. Im Priester als מלאך und Apostel Gottes ist Gott präsent, und zwar nicht nur im Wort, sondern zugleich strahlt der Diener des Bundes als kultischer Repräsentant Gottes vom Glanz der Schekina ab, weshalb das Levi-Amt ein Lichtamt ist.29 Dass die eschatologische Heilstheophanie sich auf die Rettung der ganzen Menschheit bezieht, entspricht dem Rückgriff auf die Adam-Paradies-Tradition: So wie im ersten Adam das Heil der Menschheit in der Gestalt direkten Umgangs mit Gott gegeben war, so ist die eschatologische Rückführung zum Urstand auf das Adamsgeschlecht im ganzen gerichtet. Diese universalistische Ausrichtung stammt bezeichnenderweise aus der spätprophetischen Zionstradition.30 Die genannten Zusammenhänge erklären, dass der Beginn der Heilsepoche, nämlich die diese eröffnende Theophanie, gerade mit dem Wirken einer hochpriesterlichen Figur verbunden wird.

Dass nicht nur Levi, sondern auch Juda die irdische Gestalt der eschatologischen Heilstheophanie trägt, hängt an dem für TXII ganz fest gefügten Zusammenhang der 2-Messias-Lehre. Sie sind Führer im eschatologischen Heiligen Krieg, und dieser ist die wesentliche Form, in der das eschatologische Heil geschichtlich wird. Der Heilige Krieg setzt seinerseits eine Art Repräsentationslehre voraus, insofern es ein Krieg des Herrn ist und die irdischen Kriegsführer unter Mitwirkung und in Einheit mit den himmlischen agieren.

Die Aussage von TL 2,11, dass Gott durch Levi und Juda erscheint, setzt also traditionsgeschichtlich den Zusammenhang kultischer Heilsmittlung und Repräsentierung der Gottheit voraus. Diese Linie wird mit der eschatologischen Theophanie, welche die kultische Mittlung ‚aufhebt‘, verbunden. Daneben ist in der Tradition des Heiligen Krieges der irdische Heerführer irdische Entsprechungsfigur zur himmlischen. Dabei spielt Levi auch im Heiligen Krieg die entscheidende Rolle, da er Zugang zur himmlischen Welt hat und deshalb er, bzw. sein himmlisches Gegenstück, die Gegenstreitmacht auf der Ebene des ‚geistlichen‘ Krieges angehen kann. Deshalb wird er durchweg an erster Stelle vor Juda genannt.

Das Levi-Juda-Stück Naphth. 8,3, zu dem wir nun das Augenmerk zurücklenken, hängt wie TJ 24,5 (SER-Stück, in dem 24 eschatologische Überhöhung von R ist) an dem Bileamspruch Nu 24,17 M: „Ein Szepter erhebt sich aus Israel“. Wenn es in TJ 24,5 heißt, dass das Szepter ‚aufleuchtet‘, so ist hier die Astralsymbolik von Nu 24,17 aufgenommen. Dass diese Astralsymbolik, an den Worten ἀνατελεῖ und ἀναλάμψει erkennbar, für die Beschreibung des eschatologischen Heils zentral ist, liegt auch an dem Einfluss von Mal 3,20, wie TJ 24,6 zeigt. Das eschatologische Auftreten der beiden Heilsgestalten wird also unter Einfluss der Astralsymbolik zu einer Epiphanie, die, wie die Umdeutung von Mal 3, 20 zeigt, mit der eschatologischen Heilstheophanie zusammenfällt. Die göttliche Sonne der Gerechtigkeit (Mal 3,20, vgl. TSeb 9,8 und TL 8,11) ist das Licht der Epiphanie der beiden Heilsfiguren nach Nu 24,17. Das Licht Gottes umhüllt die eschatologischen Heilsmittler, wird durch sie sichtbar.

Zu den die Aussage, dass Gott durch Levi und Juda erscheint, tragenden Fundamenten ‚kultische Heilsmittlung‘, ‚Aktionseinheit im eschatologischen Heiligen Krieg‘ kommt als drittes also das der vereinheitlichenden Phänomenologie der Astralsymbolik, welche Theophanie und messianische Epiphanie in der Gestalt eines Lichtes sieht.

Die Qumran-Texte (vgl. bes. CD 7,18-21) deuten den aufgehenden Stern von Nu 24,17 auf den דורש התורה = den messianischen Hohenpriester Elia31 und das Zepter auf משיח כל העדה = den messianischen König.32 Auch in TXII scheint Nu 24,17 Grundtext für die 2-Messias-Lehre zu sein, indem man den par. memb. als Bezeichnung zweier Figuren verstand. Dabei ist die zuerst genannte Gestalt, der Stern aus Jakob, der priesterliche Heilsmittler, dem Szepter aus Israel, dem königlichen Heilsmittler, übergeordnet. Die Lichtsymbolik hat ja einen traditionsgeschichtlich engen Bezug zum Kultus33, so dass die Übertragung von Lichtmotiven aus der Theophanie auf die messianische Epiphanie im Bereich der Ausformung einer hochpriesterlichen Erlöserlehre nahelag. Biblisches Urgeschehen ist die Verklärung des Mose, der als Kultdiener des ersten Bundes vom Glanz der Schekina widerspiegelte.

An den Nahtstellen, an denen die eschatologische Heilstheophanie und das Wirken der Erlöser aus Levi und Juda zusammenstoßen, ist in einigen Texten von εὐλογία und σωτηρία die Rede.

Die εὐλογία bzw. das εὐλογεῖν sind Kennzeichen des Levi-Amtes in der Grundschicht, die die Bedeutung des kultischen Mittlungsamtes bespricht:

TR 6,10f.: Levi segnet Israel und Juda; aus seinem Mund empfängt man Segen, wenn man sich ihm demütig naht.

 

TL 4,4 ist die εὐλογία geradezu eine himmlische Potenz, die dem Levi und seinem Amt für immer gegeben ist.

TL 5,2 wird diese himmlische Potenz des Levi-Amtes als εὐλογίαι τῆς ἱεροσύνης bezeichnet und, wie wir sahen, direkt auf die eschatologische Einwohnung Gottes bezogen. Die εὐλογία als himmlische Potenz wird bei der Einwohnung Gottes gleichsam von der kultischen Mittlungsinstanz gelöst, insofern die Gegenwart der Schekina die Kraft priesterlicher εὐλογία weit überragt. Während die εὐλογία des Levi-Amtes vom kultischen Anabatiker auf die Erde geholt wird, kommt mit der eschatologischen Einwohnung die himmlische εὐλογία zur unmittelbaren Gegenwart auf die verklärte Erde. Der eschatologische Bezug der kultischen εὐλογία kommt auch in TJ 24,2 (vgl. auch TJos 12,3) zum Ausdruck: Hier ist εὐλογία verbunden mit dem Geist, den der hochpriesterliche ‚Stern aus Jakob‘ bekommen wird. In diesem Stück ist – zunächst unabhängig von der Frage einer christlichen Ergänzung – die himmlische Segenspotenz, die der Priester von Amts wegen empfängt, in das eschatologische Denken hinübergenommen, und zwar nach dem oben genannten kultapokalyptischen Schema der eschatologischen Neuschöpfung qua Heiligung durch den Geist. Der Erstling unter den eschatologisch Neugeschaffenen, der hochpriesterliche Pneumatiker und Erlöser, gibt von diesem Geist ab und macht so alle zu Söhnen in Wahrheit. Die Gemeinschaft mit himmlischer Heiligkeit wird vom kultischen Amtsträger allen übermittelt, die an seiner geistlichen Segenskraft Anteil bekommen.

Becker referiert auf S. 319f. die Lösungsversuche zu TJ 24. Misslich ist, dass er von vornherein das Schlagwort ‚messianisch‘ einführt und die Feststellung ins Zentrum stellt, es sei „(n)irgends … in einem jüdisch-messianischen Text vom Messias gesagt, er sei ‚niedrig, demütig‘.“ (321f.) Nun ist aber gerade Mose nach Nu 12,3LXX πραὺς σφόδρα παρὰ πάντας τοὺς ἀνθρώπους τοὺς ὄντας ἐπὶ τῆς γῆς. Diese Kennzeichnung des Mose steht in einem ausgesprochenen Kontext: πραὺς σφόδρα ist der Mose, der über Gottes ganzes Haus gesetzt ist und unmittelbaren Zugang zu ihm hat. Mose als Begründer des Kultdienstes an einem von Gott gestifteten Heiligtum gibt offenbar das Maß ab für die idealen Möglichkeiten des Kultdienstes und der durch ihn vermittelten Gottesoffenbarung. Dazu gehören πραύτης, Gottunmittelbarkeit, Vermittlung von Gnade an das Volk und Hinführung zu den Geboten – Züge, die in TJ 24 über die Kultapokalyptik, beispielsweise Ez 36, hinaus zurückweisen auf Mose.

Der Bezug der kultischen εὐλογία auf das eschatologische Leben aus den Toten kommt TJ 25,2 zum Ausdruck, insofern Levi bei der Auferstehung der Toten die εὐλογία, die Kennzeichen dieses Heilsstandes ist, direkt aus dem Munde Gottes empfängt. Kultische εὐλογία, kultisch gesegnetes Leben, ist Mittlung eines Lebens und Teilhabe an einem Leben der himmlischen Welt, eschatologisch gesprochen: eines Lebens aus der Auferstehung der Toten. Dies gilt für den Priester in unmittelbarer, für das Volk in der durch priesterlichen Segen gemittelten Weise.

Εὐλογία ist also ein Heilsmerkmal des Priesteramtes, welches auch Kennzeichen des eschatologischen Heils ist. Das eschatologische Leben ist ein Leben aus der Kraft himmlischer Segenspotenz, die einstweilen an das Priesteramt gebunden ist.

Auch die σωτηρία, das andere in TXII verwendete Wort für das Heil der eschatologischen Zeit, erinnert an das Amt des Levidienstes, insofern שלום Ausstattung und Gabe des Priesteramtes ist34 und σωτηρία vom Zion ausgeht.35

TJ 22,2 ist die σωτηρία in einem SER-Stück Kennzeichen der Rückkehr Israels zum Heil, das – erst in christlicher Bearbeitung?36 – auf Gottes Parusie und Jakobs Frieden bezogen ist. Eine Mitwirkung Levis ist allenfalls ungefähr impliziert, die des Juda nur lose angehängt.

Ähnlich allgemein vom σωτήριον im Sinne einer ‚endgültigen Heilswende‘ – ohne messianische Zuspitzung – spricht TB 10,5. Die Formulierung, wonach Gott sein Heil auf der ganzen Erde offenbaren wird, weist auf den traditionsgeschichtlichen Hintergrund der vor allen Völkern sichtbaren Verklärung des Zion.

Einen festen traditionsgeschichtlichen und bis in die Formulierungen hineinreichenden Zusammenhang zeigen die übrigen Stellen, an denen das Auftreten eschatologischer Gestalten aus Levi und Juda als σωτηρία bezeichnet wird:

S 7,1: ἐξ αὐτῷ ἀνατελεῖ ἡμῖν τὸ σωτήριον τοῦ θεοῦ;

D 5,10: ἀνατελεῖ ὑμῖν ἐκ τῆς φυλῆς Ἰούδα καὶ τοῦ Λευὶ τὸ σωτήριον Κυρίου;

Naph 8,2: διὰ γὰρ αὐτῶν ἀνατελεῖ ἡ σωτηρία τῷ Ἰσραήλ;

Gad 8,1: ὅτι ἐξ αὐτῶν ἀνατελεῖ ἡμῖν Κύριος σωτηρίαν τῷ Ἰσραήλ;

Jos 19,11: ὅτι ἐξ αὐτῶν ἀνατελεῖ ἡμῖν Κύριος σωτηρίαν τῷ Ἰσραήλ.

Dieser feste Zusammenhang stammt aus der exegetischen Tradition, die Nu 24,17 mit Mal 3,20 kombiniert. Diese Verbindung begegnet relativ ausgeführt in TJ 24,1. Es ist möglich, dass über die gemeinsame Astralsymbolik und den gemeinsamen Heilscharakter hinaus diese Verse durch den phonetischen Gleichlaut der Anfangswοrte זרח/דרךauf einander bezogen wurden. Das σωτήριον entspricht מרפא, LXX ίάσις, Tg אסותא= σωτήριον37 in Mal 3,20 .

Van der Woude, 209, sieht hinter Mal 3,20 auch das im Umfeld verhandelte Thema der Sendung des Bundes-מלאך Elia durchschimmern: Elia als eschatologischer Hoherpriester ist der Stern aus Jakob.

Dieser kurze Überblick über die beiden Begriffe, mit denen Levi und Juda als Heilsmittler mit der eschatologischen Erlösung verbunden werden, zeigt, dass εὐλογία zu Levis Amt gehört und deshalb, weil die εὐλογία mit dem Leben in seinem himmlischen Ursprung verbindet, auf die eschatologische Vollendung dieses Lebens hinweist. Die σωτηρία hängt fest an der Tradition der eschatologischen Heilstheophanie auf dem Zion. Diese Tradition ist durch eine Verbindung von Mal 3,20 (מרפא/אסותא/σωτήριον) mit Nu 24,17 ‚messianisiert‘. Auch wenn man hinter Mal 3,20 nicht unmittelbar hochpriestermessianische Traditionen sehen will, so ist doch deutlich, dass dort, wo man Gottes Theophanie auf dem verklärten Zion erwartete, nur an die Mitwirkung einer irdischen Erlösergestalt gedacht werden konnte, die eben nicht nur irdisch ist, sondern zum Bereich himmlischer Heiligkeit zu vermitteln imstande ist. Dafür kommt nur der Priester infrage, der ja mit dem Besitz von שלום und חיה eschatologisches Leben erschließt. Dem Erlöser aus Juda kommt dabei offenbar eine zweite, untergeordnete Rolle zu, auch in dem Bereich der Führung des Heiligen Krieges, denn Levi hat Zugang zur himmlischen Welt und steht in diesem Kampf den Truppen Beliars unmittelbar gegenüber.38

Dem Amt des Levi kommt also insofern eine soteriologische Dimension zu, als es Bezugspunkt einer kultischen (Neu)verortung der Schöpfung ist. Durch Levi wird eine Segensgemeinschaft zwischen Himmel und Erde geschichtliche Wirklichkeit. Levi rückt geradezu in die Position der ursprünglichen Herrlichkeit Adams, insofern er Geistträger ist, dem die Überwindung des Geistes der Sünde und der Unreinheit gewährt wurde. Eschatologischer Bezugspunkt der Erlösung durch die Mittlung des Leviamtes ist die Verklärung des Zion, welche begründet ist durch die eschatologische Theophanie. Das eschatologische Heil wird aussagbar im Rahmen einer kultischen Gestaltung der Schöpfung, zu welcher die Vereinigung der geschichtlich getrennten Schöpfungsräume gehören: Durch die Einwohnung Gottes und seiner Heiligen einerseits und durch die mit dem eschatologischen Hohenpriester als dem neuen Adam beginnende pneumatische Menschheit andererseits.

Trifft diese Deutung der heilsgeschichtlichen Bedeutung des Leviamtes zu, so scheint es letztlich doch möglich, auch Kapp. 17f. des TL bis auf wenige redaktionelle Zusätze39 als genuin jüdisch zu deuten.

Kap. 17 ordnet die Geschichte nach dem durch Dan 9,24 populär gewordenen Maß der 70 Jahrwochen und den sie gliedernden 7 Jubiläen à 10 Jahrwochen. Das erste Jubiläum kennt einen zum Priestertum Gesalbten, der groß sein wird, καὶ λαλήσει Θεῷ ὡς πατρί. Hiermit ist nach TL 4, 2 Levi gemeint, der vor Gott in seinem kultischen Dienst als Sohn steht.40 Kap 18,1 schließt an 17,1-9 an und markiert in diesem Zusammenhang die letzte, erneute Heilszuwendung Gottes,41 die zugleich die Heilsbedeutung des Leviamtes in ihrer ganzen kultisch-kosmischen Gestaltungskraft sichtbar machen wird. Die eschatologische Wende markiert ein Ende des bisherigen, trotz allen Amtsanspruches, missratenen Priestertums. Es geht um eine eschatologische Neustiftung, die offenbar jenseits der Kontinuität des Jerusalemer Kultbetriebes steht, in Kontinuität allenfalls steht zur Urgestalt des Priesteramtes bei Levi (und Aaron).

Den eschatologischen Hohenpriester wird Gott ‚erwecken‘. In diesem Ausdruck liegt eine ähnliche Doppeldeutigkeit wie im ἀνιστάναι in Apg 3,22.26 mit Bezug auf das Auftreten Jesu: Das endzeitliche Auftreten der Heilsgestalt setzt voraus, dass diese nicht einfach aus der geschichtlichen Kontinuität der alten Schöpfung ersteht, sondern zur eschatologischen Neuschöpfung gehört, also gehalten ist durch ein pneumatisch-taufsakramentales Auferstehen aus den Toten.

Der eschatologische Hohepriester ist Offenbarungsmittler, dem alle Worte des Herrn offenbart werden. Wir stoßen auf eine eschatologische Überhöhung des mit dem Levi-Amt verbundenen Anspruches nach ApocrL 83-95: Er ist Geliebter, Freund Gottes, der als solcher Worte an seine Söhne weitergibt, die Wahrheit, Gerechtigkeit und Weisheit bedeuten. TL 2,10 zeigt, dass durch des Levi Stehen vor dem Thron Gottes er zum Offenbarungsmittler wird. Er bringt Offenbarung, die sich erstreckt auf den Bereich der eschatologischen Erlösung Israels. Verwandt ist ebenfalls TR 6,8: Levi wird Kenntnis des Gesetzes Gottes haben und Anweisung geben εἰς κρίσιν.42 TL 18,2 ist diese Aufgabe des eschatologischen Hohenpriesters auf die ganze Erde ausgedehnt.

Hierzu und zu der in TL 18,3f., verwendeten Astralsymbolik ist neben 14,3 vor allem zu vergleichen 1QSbIV,24-28: Nach dem auf den משכיל bezogenen Segensspruch ist das engelgleiche Stehen in der himmlischen Wohnung Grund für die Anteilhabe am Los, am Rat und am Gericht der Himmlischen. Daraus ersteht dem משכיל die Würde einer besonderen Heiligkeit unter dem Volk und die Leuchtkraft eines Offenbarers, der den Erdkreis mit Erkenntnis versieht.43

V.3 insgesamt als christlichen Einschub zu bezeichnen, ist also unter traditionsgeschichtlichem Gesichtspunkt wohl nicht berechtigt.44

Dass der eschatologische Hohepriester nach V. 4 εἰρήνη für die ganze Erde gibt, wird zu verstehen sein als universale Ausweitung des priesterlichen שלום-Dienstes nach Mal 2,5f. Da Krieg Kennzeichen der dämonischen Unterjochung der Schöpfung ist, wird Frieden eines der Hauptkennzeichen der kultischen Neuordnung der Schöpfung, Kennzeichen ihrer Befreiung von Dämonen. 18,4 weist so auf 18,12 voraus.

Die Himmlischen werden sich über den eschatologischen Hohenpriester freuen: Dies hat darin seinen Grund, dass auch sie auf die eschatologische Vereinigung der getrennten Schöpfungsräume warten, in welcher auch für sie erst die Schöpfungsordnung ihr Ziel erreicht.45 Gehörte es zum Dienst des Levi-Amtes in der Geschichte, die getrennten Schöpfungsräume mehr schlecht als recht aufeinander in segnender Weise zu beziehen, so wird mit dem Amtsantritt des eschatologischen Hohenpriesters die Rückkehr zur paradiesischen Herrlichkeit Adams eingeleitet.

18,6f. bilden den Schwerpunkt in der exegetischen Auseinandersetzung um dieses Kap. Gegen die zuletzt von Becker durchgeführte Auslegung von Mk 1,9-11 par. her46 spricht, dass Wortwahl und Ausformung der Motive nirgends christlichen Einfluss zeigen:47

- die Öffnung der Himmel als Eröffnung des Zugangs zum himmlischen Tempel entspricht TL 2,5ff.; 5,1: Der Hohepriester amtet vor dem Hintergrund des himmlischen Tempels, der ihm offensteht. Ein Einfluss der Sprache von Mk 1,9f. lässt sich nicht feststellen. Die Bindung der Vision Jesu an die Taufe ist wohl eher so zu deuten, dass Mk 1,9-11 par. die Tradition vom hochpriesterlichen Sohn, der als Gereinigter visionär mit dem himmlischen Tempel in Verbindung steht, voraussetzt.

- Dass ἁγίασμα über den eschatologischen Hohenpriester kommt, kann ebenfalls nicht aus der nt-lichen Tradition abgeleitet sein, entspricht vielmehr dem traditionellen priesterlichen Anspruch auf Heiligung, die der Heiligkeit des himmlisch-irdischen Kultbereiches entspricht. Hinzuweisen ist auf TL 5,1; 8,4f.; T Dan 5,13 und ApocrL 17f. Biblisch vorgegeben ist die Aufschrift auf dem Diadem des Hohenpriesters קדוש ליהוה (Ex 28,36; 39,30).

- Dass die φωνὴ πατρική bloße Aufnahme der Tradition von Mk 1,11 par. sein soll, ist durch den Zusatz ‚wie von Abraham zu Isaak‘ sehr unwahrscheinlich. Viel einfacher wäre ein Hinweis auf Ps 2,7 unterzubringen gewesen. Die Begründung ‚wie von Abraham zu Isaak‘ zeigt vielmehr, dass dem Verfasser von TL 18 ein eigener traditionsgeschichtlicher Zusammenhang vor Augen stand, der durch Mk 1 nicht ausreichend abgedeckt ist: Die עקידה ist für das TL Urmodell kultischen Geschehens und der heilsgeschichtliche Haftpunkt, vom dem her die Priesterlehre aus dem Munde Isaaks an Levi ergeht.48 In der עקידה ist u. a. auch festgelegt, dass die den Kultus regelnde Priesterlehre vom (Ur-)Vater an den Sohn weitergegeben wird. Hinter dem Ur-Vater steht jedoch als letzte väterliche Autorität der Spruch des himmlischen Vaters. Durch dieses Traditionsmerkmal der עקידה kommt der eschatologische Hohepriester in ein Verhältnis der Sohnschaft zum himmlischen Vater, der ihm die eschatologische Kultordnung und damit die Bestimmungen der eschatologischen Kultverortung der Schöpfung mitteilt. Die ‚väterliche Stimme‘ meint weniger die Qualifizierung des priesterlichen Dienstes im Sinne des Selbstopfers, sondern vielmehr die eschatologische Überhöhung der Autoritäts- und Offenbarungsstruktur, welche die priesterliche Bewahrung der Schöpfung seit der עקידה kennzeichnet.

 

- Dass der Geist der Einsicht und der Heiligung ‚im Wasser‘ auf dem eschatologischen Hohenpriester zur Ruhe kommen soll, ist angesichts der Bedeutung von Waschungen und Tauchungen in TL nicht auffällig: Zs Hs e (zu TL 2,3) 1f. bezeugt die Kenntnis eines Taufritus, der auf die Erlangung reinen Geistes und auf die Befreiung vom Satan hinzielt. Nach ApocrL 19-21.26 gehört die Waschung als Zeichen priesterlicher Reinigung zur Priesterlehre Isaaks. Dem eschatologischen Hohenpriester ist in überbietendem Sinne eine solche Heiligung gewährt, die in der Gestalt der Wasserreinigung zu einer Erschließung unmittelbarer Pneuma-Gemeinschaft mit der Heiligkeit und Herrlichkeit Gottes hinführt.

- Das Argument Beckers, TL 18,6f. zeige eine Anlehnung an Mk 1,9-11 in der Abfolge der Motive ‚Himmelsöffnung‘, ‚Geistgabe‘, ‚Himmelsstimme‘, ist fragwürdig. Grundlage für TL 18,6f. ist erkennbar das Berufungsschema, welches auch TL 2,3ff. zu Grunde liegt: Levi bekommt als pneumatisch Gereinigter Zutritt zum himmlischen Heiligtum und wird zum Sohn, der vor Gott steht. TL 18,6f. bringen dieses visionäre Schema in einen Zusammenhang mythologscher Objektivität und gehen darin doch entschieden weiter als Mk 1,9-11 par., wo der Zusammenhang noch als Vision Jesu gerahmt bleibt. Wahrscheinlicher ist, dass TL 18,6f. und Mk 1,9-11 von einem ähnlichen, priesterlichen Berufungsverständnis ausgehen, wie er TL 2ff. zu Tage tritt. Beide Traditionen bemühen sich um eine eschatologische Übersteigerung und Objektivierung dieses ihnen vorgegebenen Zusammenhangs, ohne direkt miteinander verbunden zu sein.

Der gemäß 18,2-7 für sein eschatologisches Amt ausgerüstete Hohepriester führt in eine Zeit der Verklärung hinein (8-14). Die hier verwendete mythologische Sprache hat keine deutlichen Anhaltspunkte mehr in Mk 1,9-13. Der Rücknahme der diastatischen Trennung der Schöpfungsräume Himmel und Erde in eine neue Harmonie entspricht die Rückkehr der irdischen Geschichte in die Langfristigkeit eschatologischer Heilsordnung und eschatologischen Lebens. Der eschatologische Hohepriester hat keinen Nachfolger. Der universale Charakter seines eschatologischen Amtes spricht daraus, dass die Segenskraft seines Amtes die ganze Schöpfung durchströmt. Die μεγαλοσύνη Κυρίου gibt er seinen Söhnen in Wahrheit bis in Ewigkeit; d. h. Israel wird als ein priesterliches Volk im Zentrum, als ein innerer Kreis der eschatologischen Schöpfungsordnung gesehen und hat unmittelbar an der Segenskraft des eschatologischen Hochpriestertums Anteil. Aber auch die Völker werden als ein zweiter, weiterer Kreis Erkenntnis bekommen und erleuchtet werden, so dass die ganze Schöpfung z. Zt. des neuen Hohenpriesters eschatologisch geheiligt, d. h. eschatologisch-kultisch geordnet wird.49

Zur kultischen Neuordnung der eschatologischen Schöpfung gehört traditionell die endgültige Beseitigung der Negativ-Kräfte, gegen die der Kultus geschichtlich immer nur defensiv angehen konnte: Sünde, Gesetzlosigkeit, Beliar und seine bösen Geister werden vernichtet.

Es scheint kaum berechtigt zu sein, den Zusammenhang an feststehenden Kategorien ‚(irdischer) Messias‘ und ‚Steigerung ins Übermenschliche‘ zu messen, um dann einen messianischen Teil von einem apokalyptisch-mythologischen abzuheben.50 Der Begriff ‚messianisch‘, wenn man ihn lediglich auf eine irdische Gestalt anwendet, ist für den gesamten Zusammenhang TL 18 untauglich. Das Wirken des eschatologischen Hohenpriesters ist vielmehr unmittelbar verbunden mit der eschatologischen Verklärung der Schöpfung, d. h. grundsätzlich auch mit dem Aufhören der die alte Schöpfung kennzeichnenden zeitlichen und örtlichen Abgrenzungen. Hintergrund ist eine Verklärungseschatologie, die auch unmessianisch entfaltet werden könnte. Wenn hier dennoch die Gestalt des eschatologischen Priester-Erlösers in den Mittelpunkt rückt, so ist damit gegeben, dass er Teil der mythologischen Verklärungswelt bei der kultischen Neuordnung von Himmel und Erde in der Endzeit ist. Die Steigerung ins Übermenschliche51 markiert keinen Bruch ab 18,10ff., sondern bestimmt den Zusammenhang ab 18,2. Die ab V. 9 genannten negativen Kräfte dürfen nicht auseinanderdividiert werden, sondern bilden einen charakteristischen Verbund.52

Da der Zusammenhang ab 18,2 in eine mythologisch-eschatologische Sprache umschlägt, ist es konsequent, wenn ab 10ff. die Gewährung der eschatologischen Heilsgüter nicht deutlich entweder dem Hohenpriester oder Gott als handelndem Subjekt zugeschrieben wird. Der ‚Sohn‘ ist Bevollmächtigter des ‚Vaters‘, beide handeln in Einheit miteinander. Auch ist ja auf dem verklärten Zion53 unmittelbar das Paradies gegenwärtig, so dass der Hohepriester als Herr des himmlisch-irdischen Kultraumes Zugang zum Baum des Lebens hat und verschaffen kann. Auch die Bindung Beliars entspricht seiner Aufgabe, die Sünde und Dämonen bezwingende Kraft des Versöhnungstages54 zu einer letzten eschatologischen Steigerung zu bringen. Auch entspricht es seiner Stellung im Mittelpunkt der eschatologischen Schöpfungsordnung, Gemeinschaft mit den Heiligen, Engeln und verstorbenen Gerechten herbeizuführen.

Die eschatologische Auszeichnung der heilsgeschichtlichen Bedeutung des Levi-Amtes in Kap. 18 drückt sich also in einer eschatologischen Mythologie aus, die nicht mehr vollgültig mit dem Begriff des ‚Messianischen‘ umschrieben werden kann. Vergleichbar ist am ehesten 11 QMelch: Melchisedek tritt mit dem am Beginn des eschatologischen Erlassjahres stattfindenden eschatologischen Versöhnungstag seine himmlisch-irdische Herrschaft an. Er bindet die Macht Beliars und führt Israel aus dem Exil der Sünde zum verklärten Zion. Ebenso bedeutet der Amtsantritt des eschatologischen Hohenpriesters einen sofortigen Umschlag in eine die neue Schöpfung umschreibende und eröffnende Verklärungseschatologie. In diesem kultapokalyptischen Aufriss können nur himmlische Engel oder den Himmlischen angenäherte Menschen als Erlöser auftreten, weil die rein menschliche Ebene die überirdischen Hintergründe des Missstandes der Schöpfung nicht erreichen kann. TL 18 setzt offenbar die Einsetzung des eschatologischen Hohenpriesters mit seiner Angelisierung gleich. Sie drückt sich in der Symbolik der Taufe aus, verstanden als Heiligung und pneumatische Neuschöpfung.

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