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Engelhart Ratgeber

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Seine Tage, in halber Untätigkeit verbracht, füllten ihn mit der unbestimmten und brennenden Empfindung einer Schuld. Die andauernde Absonderung von den Menschen gewährte keinerlei Befriedigung, sie gab nur Unruhe und einen dünkelhaften Schmerz. Die Träume des Schlafs wucherten gleichsam nach außen, und er sah Erscheinungen am hellichten Tage, hörte Stimmen, die ihn ermunterten, und hatte Augenblicke einer sonderbaren tiefen Verlorenheit, wo Angst und Freude beinahe gleichzeitig sein Herz zusammendrückten. Er fand ein Vergnügen daran, vor dem Spiegel sein eignes Gesicht so lange zu betrachten, bis er in eine Art von Verliebtheit geriet. Wie ein aus dem Erdreich gerissener Baum samt Wurzeln und Blattwerk schwamm er auf einer trüben Flut ins Ungewisse hinaus, und an den Ufern standen viele Zuschauer feindselig schweigend. Häufiger als jemals, auch in dem Traumtreiben, tauchte die Gestalt des Vaters auf, niemals wohlwollend, sondern ärgerlich, mürrisch, schimpfend, unzufrieden und hart; Engelhart aber nahm eine vorwurfsvolle, ja fast frohlockende Haltung an, als wolle er sagen: So weit hast du es kommen lassen. Ferner sah er den Vater, wie er gierig beim Mittagessen die Suppe hinablöffelte, und das erweckte seinen Widerwillen, oder wie er vor sich hinschmunzelte, wenn ihm endlich einmal ein Geschäft geglückt war. Engelhart erinnerte sich, wie der Vater einst mit nervös zuckendem Gesicht von dem Verlust einiger Groschen gesprochen hatte; irgendeine Spesenrechnung war von der Direktion nicht anerkannt worden, und Engelhart sah, wie der Vater dastand, den Hut etwas schief auf dem Kopf und den einen Arm auf den Regenschirm gestützt, und während er beleidigt und empört den Hergang erzählte, rieb er den Zeigefinger unablässig und mit krankhafter Schnelligkeit an dem silbernen Ring des Schirmstocks. Dies hatte Engelhart damals unangenehm und peinlich berührt, es war ihm niedrig erschienen, sich einiger Pfennige wegen so zu erhitzen, auch jetzt dachte er ohne Wohlwollen daran, dennoch lag in dem Vorgang etwas Schweres und Bedeutungsvolles, ja Rätselhaftes.

Eines Abends verließ der Einsame, Ruhelose kurz vor Mitternacht seine Behausung, in welcher ihn mit der vorrückenden Stunde eine immer größere Bangigkeit gequält hatte. Nach mancherlei Herumirren geriet er in ein verödetes Café, und während er mit dem Eifer, den Leerheit und Rastlosigkeit erzeugen, die Zeitungen las, setzte sich ein Mann an denselben Tisch, wo er saß, trotzdem die meisten Tische rings frei waren. Der Mann hatte ein ziemlich gewöhnliches Gesicht; er hatte einen rötlich braunen Vollbart und trug eine goldene Brille. In seiner Scheu vor Menschen vermied es Engelhart, sein Gegenüber anzuschauen, plötzlich spürte er jedoch, daß der andre mit unverschämter Beharrlichkeit seine Blicke auf ihn gerichtet hielt. Dies wurde lästig, er stand auf, holte eine andre Zeitung und setzte sich an einen andern Tisch. Es dauerte nicht lange, so stand der Fremde gleichfalls auf und setzte sich Engelhart neuerdings gegenüber. Dieser hob erblassend den Kopf und erschrak vor dem verschwommenen, flüchtigen und zugleich klammernden Blick des Mannes. Der Unbekannte hatte den Hut aufbehalten, und er löffelte mit tückischem Lächeln in einem Wasserglas, in das er Zucker geworfen hatte. Es ist ein Detektiv, ein Spion, fuhr es Engelhart durch den Sinn; es war ihm nicht anders, als habe er ein großes Verbrechen begangen und man sei ihm auf der Spur. Er fühlte sein Blut eiskalt werden und überlegte, wie er sich aus der entsetzlichen Lage befreien könne; das Beste schien, mit dem unheimlichen Menschen, ohne Befangenheit zu zeigen, anzuknüpfen, er äußerte also irgendeine Redensart über das Wetter. Der Mann antwortete nicht, sondern zog statt dessen ein kleines Notizbuch aus der Tasche und blätterte darin, wobei ein kaltes spitzes Lächeln seinen Mund bewegte. Tief erregt im Innern, doch in sein Gesicht einen heuchlerisch-interessierten Ausdruck zwingend, beobachtete Engelhart dies und ließ keine Bewegung des Menschen außer acht, als müsse er einem Überfall zuvorkommen. Um seinen Aufbruch vorzubereiten und den andern über den Grund zu täuschen, stellte er sich müde und verschlafen und guckte gähnend nach der Wanduhr, aber das Antlitz seines Gegenübers wurde immer feierlicher und haßerfüllter, plötzlich warf Engelhart seine Zeche auf den Tisch, packte seinen Mantel und verließ beinahe laufend den Raum. Ohne den Mantel zuzuknöpfen, rannte er auf der dunkeln Hälfte der mondbeschienenen Straße hin. Da hörte er Schritte hinter sich, er duckte den Kopf und verdoppelte seine Eile. Um den Verfolger irrezuführen, schlug er eine falsche Richtung ein und beschrieb einen ungeheuren Kreis, bevor er es wagte, dem Haus, in welchem er wohnte, zu nahen. Schweißnaß und atemlos kam er heim, und erst als der Morgen graute, verlöschte er die Lampe und schlief ein. Diesmal hatte er keinen Traum von bestimmtem Umriß; es sickerte nur durch seinen Schlaf das Bewußtsein von der Lächerlichkeit seines Tuns und der Unmännlichkeit seiner Haltung. Dann wuchs eine graue Wand aus einem Abgrund empor, und es rief eine Stimme:

 
»Und an die Wand, und an die Wand
Da malt des Schicksals Schattenhand
Die Zeichen des Verderbens hin.«
 

Darauf erblickte er sich selbst, über einen Brief gebeugt, der an Michael Herz gerichtet war, und er sah die Worte: »Ich bin kein Kaufmann, ich bin Bergmann, ich bin Arzt,« und diese Begriffe: Bergmann, Arzt schienen ihm bedeutend und beweiskräftig. Mit brennendem Durst erwachte er jählings und richtete sich auf. Trotzdem es Tag war, war das Zimmer düster vom Nebel, der draußen lag. Das Verlangen nach Licht mischte sich in seinem Gehirn seltsam mit der Begierde nach Wasser; er nahm Sturz und Zylinder von der Lampe, schraubte die Krone ab, ergriff nun aber das ölgefüllte Gefäß und setzte es an die Lippen, um zu trinken. Der Petroleumgeruch brachte ihn zur Besinnung, er schlug die Hände zusammen, warf sich wieder aufs Bett und fing an zu weinen.

So war es nun mit seinem Leben beschaffen.

Da geschah es um die Dämmerungsstunde dieses Tages, daß ihn ein Ungefähr in die Nähe der väterlichen Wohnung brachte. Eine Weile schlich er scheu und verdrossen vor dem Tor im nassen Nebel herum, endlich nahm er sich zusammen und stieg die Treppen empor. Er glaubte seinen Vater zu riechen, jene merkwürdige Mischung von Zigarren- und Schreibstubengeruch, die ihm seit der Kindheit vertraut war. Weil auf sein wiederholtes Läuten niemand erschien, ging er erleichtert wieder davon und glaubte eine Pflicht erfüllt zu haben. Doch am folgenden Tag trieb es ihn abermals hin. Diesmal war Frau Ratgeber zu Hause; sie empfing ihn nicht freundlich, nicht unfreundlich, lud ihn ins Wohnzimmer und erzählte ihm, daß der Vater sich auf einem Erholungsurlaub im Gebirge befinde; der Arzt habe ihn hingeschickt, denn er leide an einer frühzeitigen Verkalkung der Gefäße. Frau Ratgeber war redseliger als sonst, offenbar suchte sie sich über ihre Besorgnis hinwegzuplaudern. Sie setzte ihrem Gast sogar ein Gläschen Likör vor und nahm das Glas von dem feinen Service, das seit Jahrzehnten unberührt im Schranke stand. Engelhart, ziemlich betroffen über die Ehre, die ihm widerfuhr, fragte, wie lange der Vater schon abwesend sei. Nicht länger als eine Woche, war die Antwort, aber er befinde sich so wohl dort, daß er ganz überschwengliche Briefe schreibe. ›Das hat er immer gekonnt,‹ dachte Engelhart, und sein Gesicht verdüsterte sich, ›überschwengliche Briefe, das war seine Stärke.‹

Er kam öfter. Das Eigentümliche war nun, daß ihm die Frau nach dem Mund redete, und da er den Zweck, den sie verfolgte, nicht sehen konnte, wurde ihm bisweilen unheimlich. Sie beklagte ihr Leben und das des Vaters, aber sie stellte sich dabei doch ins Licht und den Mann in den Schatten: er habe sich nie etwas versagt, er sei doch immer mit allem fertig geworden, er selbst war doch immer die Hauptperson. »Ich, ich, das ist das Ratgebersche Wort,« zischte sie mit schlecht verborgenem Haß. Engelhart graute es bei dem Gedanken, daß der Vater in einer solchen Luft von Lieblosigkeit atmete, doch dachte er: ›Sie muß ihn am besten kennen, da sie dreizehn Jahre mit ihm gelebt.‹ Eines Tages erschien während seiner Anwesenheit ein Fremder, ein netter junger Mann, der in dem Alpenkurort mit Herrn Ratgeber beisammen gewesen war und einige Aufträge von ihm überbrachte – aus bloßer Sympathie und Gefälligkeit. Dünkte es Engelhart schon verwunderlich, daß irgendein Mensch in selbstloser Zuneigung etwas für seinen Vater unternahm, für diesen Mann der Geldsucht und der scheuen Abkehr von allen freien menschlichen Beziehungen, so erstaunte er noch weit mehr über die Erzählungen des Besuchers. Mit liebenswürdigem Pathos berichtete der junge Mann, daß Herr Ratgeber ganz benommen sei von der Schönheit der Landschaft und daß er mit einem Gesicht durch die Wälder streife, als hätte er Bäume nie zuvor erblickt; daß er stillvergnügt an seinem Plätzchen sitze, wenn die Kurkapelle ihre Stücke aufspiele, und daß er sogar eines Abends im Hotel eine ältere Dame zum Tanz aufgefordert habe. Alles erscheine ihm schön, mit allem sei er zufrieden und über alles Ungewohnte sei er erstaunt wie ein Kind.

Frau Ratgeber hörte mit sauersüßem Lächeln zu und sagte: »Ich glaube, ich glaube, so eine Erholung täte mir auch gut.« Kaum war der Fremde fort, so kam ein Brief vom Vater, in dem er seine morgige Ankunft meldete; die Direktion habe die Verlängerung des Urlaubs nicht gestattet, außerdem sei ihm nicht ganz wohl und er fürchte den Gedanken, sich vielleicht fern vom Hause krank hinlegen zu müssen. Dann kam ein wehmütig-zurückschauendes Lob der Gegend, der Ruhe, der Sonne.

Den nächsten und den übernächsten Tag ging Engelhart wieder seine einsamen Wege; war es Trotz oder Scham oder Stolz, er brachte es nicht zu dem Entschluß, sich dem Vater zu zeigen. Am Morgen des dritten Tages, während er noch im Bette lag, ward an seine Tür gepocht, er schlüpfte rasch in die Kleider, öffnete, das verzerrte Gesicht eines Weibes streckte sich ihm entgegen, kreischte: »Ihr Vater! Ihr Vater!« und verschwand wieder. Eine Viertelstunde später war er dort im Haus, schritt mit bleiernen Füßen durch den Korridor und die Küche in das erste Zimmer, wo, aschfahl anzusehen, Frau Ratgeber stand und mit starrer Bewegung auf das Bett wies. Engelhart erblickte ein großes blutbeflecktes Leintuch, welches eine menschliche Gestalt bedeckte. Er hob das Tuch an einem Ende auf und zog es weg, und es lag ein aufgeschwemmter Körper da, ein Mann mit nahezu unkenntlichem Gesicht, den Mund, der nie hatte sprechen können, verdeckt unter eisgrauem Schnurrbart und unabgewischtem Todesschaum, die Stirn gleichsam zerschmettert, die Fäuste geballt, die Füße krampfhaft an das untere Brett der Lagerstatt gedrängt – nie vergaß Engelhart dies furchtbare Bild einer letzten Energie, eines letzten verzweifelten Schrittfassenwollens.

 

Während Engelhart dastand und sich wunderte, während ihm graute und während er im Innern weinte, ohne sich zu verhehlen, daß sein Anrecht auf edle Tränen noch verwirkt war, sah er plötzlich den Vater in der stillen Alpenlandschaft wandeln, so wie es jener zugereiste Mensch geschildert hatte. Er sah ihn mit all seinen Gebärden, etwas bedrückt von ungewohntem Alleinsein, doch befremdet und feierlich gestimmt durch den Anblick der Natur und durch das Gefühl der ruhenden Stunden. War es denn nicht seine erste Rast im Leben? War ihm denn nicht jeder grünende Zweig etwas Niegesehenes? Mußte er nicht mit dem Erstaunen eines Kindes Zeuge sein von dem Verschwinden der Sonne hinter Schneegipfeln und dem Aufbrennen der Sterne? Sicherlich hatte sich der Vater bei alledem ein bißchen geschämt und hatte seine Freude für sich behalten aus lauter Angst, daß man Zweifel in seine Bildung setzen möchte. Engelhart begriff dies auf einmal mit einer unerwarteten Schärfe. Immer wieder sah er die untersetzte, tripplig gehende Gestalt über eine Wiese schreiten und mit eigentümlicher Verlegenheit und wachsam verschlossenem Staunen vor sich hin blicken. Dadurch wurde seine Rührung erweckt und seine Tränen konnten fließen. Er erinnerte sich nach und nach an zahlreiche sympathische Züge im Wesen des Vaters, an Dinge, denen er nie zuvor Bedeutung zugemessen hatte, die sich aber jetzt zum eindringlichen Bilde formten und die Ursache waren, daß der Schmerz wie in sichtbaren Flammen um ihn schlug. Er erinnerte sich zum Beispiel, daß er vor Jahren in Würzburg mit dem Vater spazieren gegangen war, daß sie von der Höhe eines Hügels aus den Tönen eines Posthorns gelauscht hatten und daß des Vaters Gesicht plötzlich einen unendlich traurigen Ausdruck gezeigt hatte und daß er rasch die Augen niederschlug, als Engelhart ihn anschaute. Ferner erinnerte er sich, daß der Vater einst zu einem Geschäftsfreund gekommen und daß er vor Entzücken sich kaum fassen konnte, als ein kleiner Hund ihn wiedererkannte und freudig bellend an ihm emporsprang.

Aber all dies war nur eine harmlose Kleinmalerei seiner wachsenden Reue und Schuld. Ein paar Tage später schrieb er an Justin Schildknecht die Nachricht von seines Vaters Tod. »Es kam zu früh,« schrieb er, »nicht allein für ihn, den Frühgealterten, der ein abgehetztes, kleines, elendes, finsteres und unverstandenes Dasein wie durch eignen Entschluß endete, sondern auch zu früh für mich. Ich hatte mich stets höhnisch gewehrt gegen seine Forderung der Dankbarkeit, aber ach, er wollte ja nur in kleiner Münze bezahlt haben, nur almosengleich zurückbekommen, was er mir, ein unermeßliches Kapital, das Leben selbst, geschenkt. Und er meinte ja gar nicht Dankbarkeit, er meinte Liebe. Wenn er ›Dankbarkeit‹ sagte, so meinte er damit seinen Stolz und seine Scham zu schonen, denn er wollte natürlich lieber Gläubiger als Bettler sein. Freund, ich finde mich in unerhörtem Maße schuldig; ich finde mich so vieler Versäumnisse schuldig, als es Stunden, ja als es Gedanken der Vergangenheit gibt, und wenn viele den Tod als Gleichmacher und Stummacher preisen, so finde ich, er ist ein furchtbarer Unterscheider und gewaltiger Rechner. Trägheit ist meine Schuld, Trägheit hat meine Brust vernietet, und diese aufs Enge und Niedrige gestellte Existenz meines Vaters erscheint mir jetzt inniger an die göttlichen Mächte gekettet als die meine, die anmaßend zu einer eiteln Verkündigung strebt. Wer in der Tiefe seine Unschuld wahrt, ist der nicht größer zu achten als der, der sie in den Höhen verliert? Und das ist es, er hatte Unschuld, alles Üble an ihm, sein kleinmütiges Streben, seine Pfennigangst, sein armer Geiz und Ehrgeiz, es waren nur die Zeichen und Merkmale seiner Unschuld, und ich, wie ich bin und stehe, ich bin der Verräter an dieser Unschuld. Wozu denn alle Hoheit der Empfindung, alle Gaben des Gesichts, da die dunkle Kreatur, aus der ich Wurzel geschlagen, unerkannt neben mir verschmachten mußte? Sühnen will ich, und Gott gebe mir Entsühnungskraft und lasse mich den Weg zu den Menschen finden, den ich schon verloren habe. Vielleicht ist dies meine Bestimmung, den gemordeten Seelen Liebe zu weihen und aus ihnen etwas wie Astralkörperchen zu formen, welche man in jener frostigen Halle aufstellt, in der die Menschheit ihren vielfältigen Geschäftigkeiten frönt. Ich will mich unter sie schleichen und still meine Arbeit suchen.«

Als er diesen Brief geschrieben, verließ Engelhart die Stadt und wanderte weit in die südlich gelegenen Wälder und Hügel. Er dachte während dieses Marsches viel an seine Kindheit und Jugend, und ein seltsamer Reigen bunter Figuren erhob sich, flatterte tänzerisch leicht an seinem inneren Auge vorbei, und er spürte bei ihrem Anblick etwas wie bittersüße Reife. Schließlich setzte er sich ans Flußufer und malte mit dem Stock einige Zeilen in den feuchten Sand:

 
»Es ist noch dieselbe Sonne,
Die derselben Erde lacht;
Aus demselben Schleim und Blute
Sind Gott, Mann und Kind gemacht.
Nichts geblieben, nichts geschwunden,
Alles jung und alles alt,
Tod und Leben sind verbunden,
Zum Symbol wird die Gestalt.«
 

Bewegten Herzens machte er sich auf den Heimweg, und je mehr er sich wieder der Stadt näherte, je trüber umschleierte sich sein Auge, als ahne er das not- und mühevolle Dasein, dem er zuschritt und das ihm ein nicht weniger strenges Antlitz zeigte, seit er den Preis kannte, um den es seine höchsten Kränze bot. Noch einmal hielt er inne und schaute zurück: der Strom krümmte sich in goldener Flut aus dem Hügelgelände hervor, ein paar schwarze Vögel geleiteten ihn, langsam fliegend, und Mond und Sonne standen zu gleicher Zeit am Himmel.