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Die Schaffnerin; Die Mächtigen: Novellen

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Die Landstraße erstreckte sich drüben, ein ein graues, dünnes Band, und jetzt sah der Leutnant eine feindliche Patrouille sich auf das ferne Dorf zu bewegen. »Wir müssen in die Schonung hinein,« sagte er mit leiser Stimme und deutete mit der Hand auf einen kleinen Fichtenhain, der sich hinter einer hügeligen Erhebung der nahen Wiesen ausbreitete. Wieder sah er dem Soldaten starr ins Gesicht, und diesmal zuckte er zusammen und drehte krampfhaft an seinem dünnen Bart. Frank folgte ihm: Vergangene Jahre blühten plötzlich auf in seiner Phantasie, das Liebesglück stiller Jugendzeit und das Glück, das selbst im Abschied lag, und seine Augen wurden nun groß; gleichsam verlangend sah er in die Nacht, voll Rachedurst und voll Durst nach Freiheit, die er so lange entbehrt hatte und deren Entbehrung ihm erst jetzt bewußt wurde. Er heftete den Blick, von Haß und Wildheit erfüllt auf den jungen Offizier, der es immer stärker empfand, welche Gefahr ihm drohte, als hätte der tiefe Friede und die lautlose Nacht seine Nerven bis ins feinste verschärft.

Sie standen unter den Bäumen des finsteren Wäldchens. Die Stille war hier noch bedrückender, die Luft noch schwüler. »Herr Leutnant,« sagte Frank Aschenbrenner. – Der Offizier wandte sich um. »Nun?« – »Die Veni war mein Schatz.« – Der Leutnant begann zu zittern. Er wußte nicht zu antworten. Nach einer Weile befahl er mit heiserer Stimme: »Sie haben sich ruhig zu verhalten. Was wollen Sie?« – »Du bist ein Hund,« sagte Frank mit einer Bestimmtheit, die ihm selbst unerwartet erschien. »Du bist ein Hund,« wiederholte er, als der Leutnant schwieg. – »Gewehr und Seitengewehr ablegen!« schrie der Leutnant gleichsam mit einem letzten Kraftaufwand und ging entschlossen auf den Soldaten zu, der da stand ohne eine Hand zu rühren. Doch plötzlich sprang er wie ein wildes Tier auf seinen Offizier los.

Der Morgen naht: auf die Fluren legt sich ein silberner Nebel und der Himmel erblaßt im Osten. Es ist die fahle Stirn des Tages, die langsam emportaucht; erschrocken ziehen weißliche Wolken eilig gegen Westen und weit in der Ferne ertönt das Kleingewehrfeuer der manövrierenden Brigaden. Frank Aschenbrenner sitzt an der Leiche des Offiziers, dem er den Waffenrock vom Leib gerissen hat und starrt fortwährend nieder in das vom Morgenschein immer bleicher werdende Gesicht des Toten. Jetzt, da er nicht mehr den bunten Rock mit den Epauletten am Körper des jungen Leutnants erblickte, war es auch nicht mehr der Vorgesetzte, den er getötet, sondern es war ein Mensch gleich ihm. Er hatte seine Ehre verteidigt und seine Pflicht erfüllt, indem er sich gerächt hatte. Er sitzt da und starrt und bereut nichts; er fühlt sich seltsam zufrieden durch das, was er gethan. Ob man ihn suchen würde? Es kümmert ihn nicht.

Endlich erhebt er sich, – längst schon war das Signal zum Sammeln ertönt, – ordnet seinen Anzug, nimmt das Gewehr über und schreitet langsam über die Äcker, als ob nichts geschehen wäre. Leicht und heiter ist ihm zu Mut, mit glänzenden Augen schaut er in den heller werdenden Himmel und nie hat er das Leben so golden vor sich liegen gesehen als gerade jetzt, da er doch eigentlich mit dem Leben abgeschlossen haben sollte. Ja, er beginnt leise vor sich hinzusummen und gut gelaunt stößt er die Steine fort, die in seinem Weg liegen. Auf einmal bleibt er stehen. Er dachte daran, daß er arm sei, und daß er noch nie einen überflüssigen Pfennig besessen hatte. Ein Offizier hat doch immer viel Geld, dachte er, und es that ihm sehr leid, daß er nicht einmal die Kleider des toten Leutnants untersucht hatte. Dann wuchs die Vorstellung von dem Reichtum des Offiziers so sehr in seiner Phantasie, daß er umkehrte und mit hastigen Schritten den Schauplatz seiner nächtlichen That wieder aufsuchte. Bald stand er wieder unter den niedern Bäumen des Wäldchens. Er durchsuchte mit zitternden Händen alle Taschen, aber er fand nichts, als einen Geldbeutel mit einem Inhalt von wenig mehr als sieben Mark. Das machte ihn bestürzt und erschütterte ihn. Daß ein Leutnant arm sein sollte, ärmer als er selbst, konnte er nicht fassen und versetzte ihn in einen kindischen Schrecken.

Und Frank Aschenbrenner steckte das gefundene Geld zu sich und ging. Sein Gesicht war bleich und auf einmal empfand er Furcht. Das Geld in seiner Tasche bedrückte ihn, es schien den ganzen Körper niederzuziehen in eine Schlucht oder in das Ackerfeld da neben ihm. Alle Heiterkeit und alle Befriedigung war mit einemmal fort und er stierte in die Ebene hinaus, ob man ihn nicht verfolge. Er glaubte Schreie zu hören, er glaubte, der Tote sei aufgewacht und springe hinter ihm her, und die Mutter des Todten sah er, die ihm zurief .... Er nahm das Geld und warf es weit von sich, aber da half nichts, die heiße Angst in seiner Seele wurde unerträglicher, und plötzlich sah er eine militärische Patrouille am Horizont auftauchen. Da warf er das Gewehr von sich und begann zu laufen, aber ein seltsamer Wahnsinn ließ ihn gerade auf die Patrouille zulaufen, – er stöhnte in seinem tollen Lauf, Geld, Geld rollte in hunderttausend Plättchen um ihn her und als die Sonne heraufstieg, war ihm, als sähe er ein großes glänzendes Geldstück vor sich, das langsam auf ihn zukam, um ihn zu zermalmen. Dann kamen mehrere; sie liefen viel schneller als er vermochte, stürzten sich über ihn, schienen seinen Körper zu durchschneiden wie Messer und wie ein unvertilgbarer Jammer kam die Erkenntnis über ihn, wodurch er unterlegen war und was jene Mächtigen dort über ihm so mächtig werden ließ: jenes gute Gesetz, das jeden ihrer Pfennige schützt und das höhnisch und unnahbar jedes verzweifelte Aufraffen der Schwachen und Reinen tötet.

Bald hatte ihn eine militärische Eskorte aufgegriffen.

Mit Zintara und Bumtara marschiert die Brigade ins Quartier. Ein bißchen Blechmusik und die Kraft der erschöpften Armeen belebt sich wieder. Aller Groll ist vergessen, die Gewehre und die Degen der Offiziere blitzen im Sonnenschein. Nichts erinnert an die Qualen des nächtlichen Marsches; der Geist der Ordnung und der Disciplin ist wieder eingekehrt, und als die Musik schweigt, erschallt das kecke Soldatenlied von tausend Kehlen:

 
Der Feind, der kommt von Frankreich her,
Zu Fuß und auch zu Pferd.