Jack London – Gesammelte Werke

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II



Die Ent­schei­dung nä­her­te sich. Ob es zum Auf­stand kom­men soll­te oder nicht, hing von der Jun­ta ab, aber die Jun­ta be­fand sich in großer Ver­le­gen­heit. Der Geld­be­darf war grö­ßer als je, und da­bei wur­de es im­mer schwe­rer, Geld zu be­schaf­fen. Die Pa­trio­ten hat­ten ih­ren letz­ten Cent her­ge­ge­ben und be­sa­ßen nichts mehr. Die in der Ver­ban­nung le­ben­den Ar­bei­ter ga­ben die Hälf­te ih­res kar­gen Loh­nes ab. Aber man brauch­te mehr. Die jah­re­lan­ge, an­stren­gen­de Ar­beit der Re­vo­lu­tio­näre soll­te bald Früch­te tra­gen. Die Zeit war ge­kom­men. Noch ein Stoß, noch eine letz­te, hel­den­mü­ti­ge An­stren­gung, und der Sieg war si­cher. Sie kann­ten ihr Me­xi­ko. Ein­mal in Gang ge­bracht, nahm die Re­vo­lu­ti­on von sel­ber ih­ren Lauf. Die Grenz­ge­bie­te wa­ren zum Auf­stand be­reit. Ein Ame­ri­ka­ner war­te­te mit hun­dert Mann auf ein Wort, um die Gren­ze zu über­schrei­ten. Aber er brauch­te Ge­weh­re. Im gan­zen Lan­de bis zum At­lan­ti­schen Ozean un­ter­hielt die Jun­ta Ver­bin­dun­gen, und alle brauch­ten sie Ge­weh­re: Aben­teu­rer, Glücks­rit­ter, Ban­di­ten, ent­täusch­te ame­ri­ka­ni­sche Unio­nis­ten und die vie­len me­xi­ka­ni­schen Ver­bann­ten, der Skla­ve­rei ent­flo­he­ne Peo­nen, Mi­nen­ar­bei­ter, die man in den Ge­fäng­nis­sen von Coeur d’Ale­ne und Ko­lo­ra­do aus­ge­peitscht hat­te und die des­halb be­son­ders rach­gie­rig und kampf­lus­tig wa­ren – Wracks und Strand­gut wir­rer Geis­ter aus der toll ge­wor­de­nen Welt. Ge­weh­re und Mu­ni­ti­on! Ge­weh­re und Mu­ni­ti­on! Da­nach rie­fen sie alle un­auf­hör­lich.



Wur­de die­se bank­rot­te, rach­gie­ri­ge Ban­de über die Gren­ze ge­wor­fen, war die Re­vo­lu­ti­on so­fort im Gan­ge. Die Zol­läm­ter, die nörd­li­chen Ein­fuhr­hä­fen wur­den er­obert. Diaz muss­te die Haupt­macht sei­nes Hee­res im Sü­den des Lan­des hal­ten, denn auch im Sü­den wür­de der Aufruhr be­gin­nen. Stadt auf Stadt muss­te sich er­ge­ben, Staat auf Staat wan­ken und zu­sam­men­stür­zen. Und zu­letzt kam der Marsch der sieg­rei­chen Re­vo­lu­ti­on nach der Haupt­stadt Me­xi­ko. Aber das Geld! Die Män­ner hat­ten sie, und die war­te­ten un­ge­dul­dig auf die Ge­weh­re. Sie kann­ten die Händ­ler, die ih­nen die Ge­weh­re ver­kau­fen und lie­fern soll­ten. Aber die Jun­ta hat­te ihre Kräf­te er­schöpft. Der letz­te Dol­lar war aus­ge­ge­ben, die letz­te Hilfs­quel­le, der letz­te hun­gern­de Pa­tri­ot aus­ge­so­gen, und die große Sa­che schweb­te im­mer noch zit­ternd auf der Waag­scha­le der Ent­schei­dung. Ge­weh­re und Mu­ni­ti­on! Die zer­lump­ten Ba­tail­lo­ne muss­ten be­waff­net wer­den. Aber wie? Ra­mos weh­klag­te über sein kon­fis­zier­tes Ei­gen­tum. Ar­rel­la­no be­jam­mer­te die Ver­schwen­dung, die er in sei­ner Ju­gend be­trie­ben hat­te. May Seth­by grü­bel­te, ob nicht al­les bes­ser ge­gan­gen wäre, wenn die Mit­glie­der der Jun­ta frü­her spar­sa­mer ge­we­sen wä­ren.



»Der Ge­dan­ke macht mich wahn­sin­nig, dass die Frei­heit Me­xi­kos mit ein paar Tau­send elen­den Dol­lars ste­hen und fal­len soll!« sag­te Pau­li­no Vera.



Die Ge­sich­ter al­ler drück­ten Verzweif­lung aus. José Ama­ril­lo, ihre letz­te Hoff­nung, ein erst jüngst Be­kehr­ter, der ih­nen Geld ver­spro­chen hat­te, war auf sei­ner Ha­zi­en­da in Chi­hua­hua er­grif­fen und an sei­ner ei­ge­nen Stall­mau­er er­schos­sen wor­den. Die Nach­richt war ge­ra­de ge­kom­men.



Ri­ve­ra, der auf den Kni­en lag und den Fuß­bo­den scheu­er­te, blick­te auf, den Scheu­er­lap­pen in der Hand und die blo­ßen, von schmut­zi­gem Sei­fen­was­ser be­spritz­ten Arme aus­ge­streckt.



»Wür­den fünf­tau­send ge­nü­gen?« frag­te er.



Sie starr­ten ihn an. Vera nick­te und schluck­te. Er konn­te kein Wort her­vor­brin­gen, aber eine neue Hoff­nung be­leb­te ihn.



»Be­stel­len Sie die Ge­weh­re«, sag­te Ri­ve­ra, und dann leis­te­te er sich die längs­te Rede, die sie je von ihm ge­hört hat­ten. »Es ist nicht viel Zeit. In drei Wo­chen brin­ge ich euch die fünf­tau­send. Das ist früh ge­nug. Dann ist es wär­mer für die, wel­che kämp­fen sol­len. Und schnel­ler kann ich es auch nicht ma­chen.«



Vera kämpf­te mit sich selbst. All­zu vie­le Hoff­nun­gen wa­ren schon zer­schellt, seit er da­bei war, aber er glaub­te an die­sen ab­ge­ris­se­nen Scheu­er­jun­gen der Re­vo­lu­ti­on und wag­te es doch nicht, an ihn zu glau­ben.



»Du bist ver­rückt«, sag­te er.



»In drei Wo­chen«, sag­te Ri­ve­ra. »Be­stellt die Ge­weh­re.«



Er stand auf, krem­pel­te sich die Hemds­är­mel her­un­ter und zog sich die Ja­cke an.



»Be­stellt die Ge­weh­re«, sag­te er. »Ich gehe jetzt.«




III



Nach vie­lem Hin und Her, zahl­lo­sen Te­le­fon­ge­sprä­chen und un­end­li­cher Schimp­fe­rei wur­de eine Nacht­sit­zung in Kel­lys Kon­tor ab­ge­hal­ten. Kel­ly steck­te bis über die Ohren in Ge­schäf­ten, und über­dies hat­te er Pech. Er hat­te sich Dan­ny Ward aus New York ver­schrie­ben und einen Box­kampf zwi­schen ihm und Bil­ly Car­they ar­ran­giert, der in drei Wo­chen statt­fin­den soll­te, und jetzt muss­te Car­they seit zwei Ta­gen, sorg­sam ver­steckt vor den Sportre­por­tern, we­gen ei­ner ar­gen Ver­let­zung das Bett hü­ten. Es gab kei­nen an­de­ren, der für ihn ein­tre­ten konn­te. Kel­ly hat­te wie ver­rückt nach je­dem an­nehm­ba­ren Bo­xer der Leicht­ge­wichts­klas­se im Os­ten te­le­gra­fiert, aber alle wa­ren durch Ver­ein­ba­run­gen und Kon­trak­te ge­bun­den. Aber jetzt hat­te er eine Hoff­nung, wenn auch nur eine schwa­che.



»Sie ha­ben viel Mut!« sag­te Kel­ly zu Ri­ve­ra.



In Ri­ver­as Au­gen blitz­te es bos­haft auf, aber das Ge­sicht be­wahr­te sei­nen un­er­schüt­ter­li­chen, kal­ten Aus­druck.



»Ich kann Ward er­le­di­gen«, war al­les, was er sag­te.



»Wie kön­nen Sie das wis­sen? Ha­ben Sie ihn je bo­xen se­hen?«



Ri­ve­ra schüt­tel­te den Kopf.



»Mit ei­ner Hand und mit ge­schlos­se­nen Au­gen macht er Quetsch­kar­tof­feln aus Ih­nen.«



Ri­ve­ra zuck­te die Ach­seln.



»Ha­ben Sie nichts dazu zu sa­gen?« knurr­te der Ver­an­stal­ter.



»Ich kann ihn er­le­di­gen.«



»Ha­ben Sie über­haupt je ge­kämpft?« frag­te Mi­cha­el Kel­ly. Mi­cha­el war der Bru­der des Ver­an­stal­ters, be­trieb das Yel­low­sto­ne-Wett­bü­ro und ver­dien­te viel Geld an den Box­kämp­fen.



Ri­ve­ra knurr­te ihn grim­mig an.



Der Se­kre­tär, ein jun­ger Mann von aus­ge­präg­tem Sport­ler­typ, räus­per­te sich höh­nisch.



»Nun, Sie ken­nen ja Ro­berts«, brach Kel­ly das pein­li­che Schwei­gen. »Er hät­te schon hier sein kön­nen. Aber set­zen Sie sich und war­ten Sie, wenn Sie auch Ihrem Aus­se­hen nach nicht vie­le Chan­cen ha­ben. Ich kann dem Pub­li­kum kei­nen fau­len Kampf bie­ten. Die Plät­ze vorn am Ring wer­den mit fünf­zehn Dol­lar be­zahlt, wie Sie viel­leicht wis­sen.«



Als Ro­berts kam, war er of­fen­sicht­lich an­ge­säu­selt. Er war ein großer, schlan­ker, schlott­ri­ger Mensch, und sein Gang war wie sei­ne Rede, ru­hig und schlep­pend.



Kel­ly ging gleich auf den Kern der Sa­che los.



»Sa­gen Sie mal, Ro­berts, Sie ha­ben doch mit der Ent­de­ckung die­ses klei­nen Me­xi­ka­ners ge­prahlt. Wie Sie wis­sen, hat Car­they sich den Arm ge­bro­chen. Und nun hat die­ser klei­ne gel­be Bur­sche die Dreis­tig­keit, heut her­zu­kom­men und zu sa­gen, dass er für Car­they in den Ring ge­hen will. Was mei­nen Sie dazu?«



»Schon in Ord­nung, Kel­ly«, lau­te­te die schlep­pen­de Ant­wort. »Er kann bo­xen.«



»Sie wol­len mir doch nicht ein­re­den, dass er mit Ward fer­tig wer­den kann«, sag­te Kel­ly bis­sig.



Ro­berts dach­te nach.



»Nein, das will ich nicht be­haup­ten. Ward ist über­haupt nicht zu schla­gen. Aber er wird auch nicht im Handum­dre­hen mit Ri­ve­ra fer­tig. Ich ken­ne Ri­ve­ra. Er gibt sich nie eine Blö­ße, ich hab’s je­den­falls noch nicht ge­se­hen. Und er boxt mit bei­den Hän­den gleich gut. In je­der Stel­lung kann er be­täu­ben­de Schlä­ge aus­tei­len.«



»Na schön. Aber wel­che Chan­ce hat er? Sie ha­ben Ihr gan­zes Le­ben lang Bo­xer trai­niert. Ich zie­he mei­nen Hut vor ih­rer Sach­kennt­nis. Kann er dem Pub­li­kum et­was fürs Geld ge­ben?«



»Das kann er be­stimmt, und dazu wird er Ward tüch­tig zu schaf­fen ma­chen. Sie ken­nen den Jun­gen nicht, aber ich ken­ne ihn. Ich habe ihn ent­deckt. Er hat kei­ne schwa­che Stel­le. Er ist der rei­ne Teu­fel. Wenn je­mand Sie fragt, kön­nen Sie sa­gen, dass er ein He­xen­meis­ter ist. Ward und euch al­len wer­den die Au­gen über­ge­hen. Ich will nicht be­haup­ten, dass er Ward be­siegt, aber auf alle Fäl­le wird er et­was leis­ten, dass ihr alle den neu­en Mann in ihm seht.«



»Schön.« Kel­ly wand­te sich an sei­nen Se­kre­tär. »Ru­fen Sie Ward an. Ich hab’ es ihm ver­spro­chen, wenn ich es der Mühe wert hiel­te. Er ist ge­ra­de ge­gen­über im Yel­low­sto­ne-Büro und setzt wie ge­wöhn­lich.« Kel­ly wand­te sich wie­der an Ro­berts.



»Was trin­ken?«



Ro­berts nipp­te an sei­nem Glas und schüt­te­te sein Herz aus. »Ich hab’ Ih­nen noch gar nicht er­zählt, wie ich den klei­nen Bur­schen ent­deckt habe. Vor ein paar Jah­ren tauch­te er im Quar­tier auf. Ich trai­nier­te ge­ra­de Pray­ne für sei­nen Kampf mit De­la­ney. Pray­ne ist ein schlech­ter Kerl. Es steckt nicht ein Fun­ken Mit­leid in ihm. Er hat­te sei­nen Part­ner furcht­bar zu­ge­rich­tet, und ich konn­te kei­nen fin­den, der Lust hat­te, mit ihm zu trai­nie­ren. Da be­merk­te ich die­sen klei­nen, aus­ge­hun­ger­ten Me­xi­ka­ner, der im­mer her­um­schlich und zu­sah. Ich war ver­zwei­felt und wuss­te nicht, was ich tun soll­te. Da hol­te ich ihn mir, zog ihm die Hand­schu­he an und puff­te ihn hin­ein. Er war zä­her als un­ge­gerb­tes Le­der, aber schwach. Und da­bei kann­te er nicht einen Buch­sta­ben vom Al­pha­bet der Box­kunst. Pray­ne mach­te Ap­fel­mus aus ihm. Aber er hielt doch zwei Run­den durch, ehe er schlapp mach­te. Es war aus­schließ­lich der Hun­ger. Ob er zer­schla­gen war? Sie hät­ten ihn nicht wie­der­er­kannt. Ich gab ihm einen hal­b­en Dol­lar und was Or­dent­li­ches zu es­sen. Sie hät­ten sei­nen Wolfs­hun­ger se­hen sol­len, als er es ver­schlang. Er hat­te seit Ta­gen kei­nen Bis­sen in den Leib ge­kriegt. Jetzt hat er ge­nug da­von, dach­te ich. Aber am nächs­ten Tage kam er wie­der, steif und wund, aber dar­auf ver­ses­sen, sich wie­der einen hal­b­en Dol­lar und ein gu­tes Mit­ta­ges­sen zu ver­die­nen. Und mit der Zeit wur­de er im­mer tüch­ti­ger. Er ist der ge­bo­re­ne Bo­xer und un­glaub­lich zäh. Er hat kein Herz. Er ist der rei­ne Eis­zap­fen. Und in der gan­zen Zeit, die ich ihn jetzt ken­ne, hat er kei­ne zehn zu­sam­men­hän­gen­den Wor­te ge­spro­chen. Er schwatzt nicht, aber er tut sei­ne Ar­beit.«

 



»Ich hab’ ihn ge­se­hen«, sag­te der Se­kre­tär. »Er hat ziem­lich viel für Sie ge­ar­bei­tet.«



»All die großen Bür­sch­lein ha­ben es mit ihm ver­sucht«, ant­wor­te­te Ro­berts. »Und er hat von ih­nen ge­lernt. Ich hab’ man­ches lie­be Mal ge­se­hen, wie er sie ver­to­bak­te. Aber er hat nie sei­ne gan­ze See­le hin­ein­ge­legt. Ich glau­be, er hat das Spiel nie so recht ge­liebt. Es sieht je­den­falls so aus.«



»Er hat in den letz­ten Mo­na­ten ziem­lich viel in den klei­nen Klubs ge­kämpft.«



»Das stimmt. Ich weiß gar nicht, was in ihn ge­fah­ren ist. Plötz­lich hat er sein Herz da­für ent­deckt. Er ging mäch­tig drauf­los und schlug sämt­li­che lo­ka­le Grö­ßen. Schi­en Geld zu brau­chen und ge­wann auch eine gan­ze Men­ge, wenn man es sei­ner Klei­dung auch nicht an­se­hen kann. Ein merk­wür­di­ger Mensch! Nie­mand weiß, was er treibt. Nie­mand weiß, wo er sei­ne Zeit ver­bringt. Mit­ten in der Ar­beit läuft er plötz­lich weg und ver­schwin­det für den Rest des Ta­ges. Manch­mal bleibt er wo­chen­lang weg. Aber man kann sa­gen, was man will, er hört nicht dar­auf. Ein Ver­mö­gen war­tet auf den Mann, der ihn rich­tig zu­recht­stutzt, aber er will sich nichts sa­gen las­sen.



Ach­ten Sie mal be­son­ders dar­auf, wie sehr er auf das Geld aus ist, wenn Sie die Be­din­gun­gen mit ihm ab­ma­chen.«



So­weit war die Un­ter­hal­tung ge­die­hen, als Dan­ny Ward ein­trat. Jetzt war es eine gan­ze Ge­sell­schaft. Sein Ma­na­ger und sein Trai­ner wa­ren mit ihm ge­kom­men, und über­strö­mend lie­bens­wür­dig, gut­her­zig und ge­win­nend, wie er war, brach­te er einen fri­schen Hauch mit her­ein. Dan­ny be­grüß­te alle, hat­te für je­den einen Scherz, eine wit­zi­ge Ant­wort, ein Lä­cheln oder ein La­chen. Das war nun ein­mal sei­ne Art und Wei­se, aber sie war nicht ganz echt. Er war ein gu­ter Schau­spie­ler, und er hat­te ent­deckt, dass Lie­bens­wür­dig­keit nicht zu ver­ach­ten ist, wenn man in die­ser Welt wei­ter­kom­men will. Aber auf dem Grun­de sei­ner See­le war er ein nüch­ter­ner, kalt­blü­ti­ger Rauf­bru­der und Ge­schäfts­mann. Al­les an­de­re war Mas­ke. Wer ihn kann­te oder Ge­schäf­te mit ihm ge­macht hat­te, sag­te, dass Dan­ny sich nichts vor­ma­chen lie­ße, wenn es dar­auf an­käme. Er war un­wei­ger­lich bei al­len ge­schäft­li­chen Un­ter­re­dun­gen da­bei, und man­che be­haup­te­ten, dass sein Ma­na­ger nur ein Stroh­mann wäre, des­sen Auf­ga­be es sei, als Sprach­rohr zu die­nen.



Ri­ve­ra war ganz an­ders. In sei­nen Adern floss das Blut von In­dia­nern und von Spa­ni­ern. Er saß stumm und un­be­weg­lich in ei­ner Ecke im Hin­ter­grund, und nur sei­ne Au­gen glit­ten von Ge­sicht zu Ge­sicht und be­ob­ach­te­ten al­les.



»Das ist also das Jün­gel­chen«, sag­te Dan­ny und ließ sei­nen Blick ab­schät­zend über sei­nen künf­ti­gen Geg­ner schwei­fen. »Wie geht’s, Al­ter­chen?«



Ri­ver­as Au­gen fun­kel­ten bos­haft, aber er rühr­te sich nicht. Er konn­te kei­nen Grin­go lei­den, aber die­sen Grin­go hass­te er so un­mit­tel­bar, wie es selbst bei ihm un­ge­wöhn­lich war.



»Mein Gott!« pro­tes­tier­te Dan­ny lus­tig, an Kel­ly ge­wandt. »Sie wol­len mich doch nicht mit ei­nem Taub­stum­men kämp­fen las­sen.« Als das Ge­läch­ter sich ge­legt hat­te, mach­te er einen neu­en Aus­fall. »Mit Los An­ge­les muss es schlecht ste­hen, wenn das das Bes­te ist, was ihr auf­zu­wei­sen habt. Aus was für ei­nem Kin­der­gar­ten habt ihr ihn auf­ge­le­sen?«



»Er ist ein bra­ver klei­ner Jun­ge, Dan­ny, ver­lass dich drauf«, sag­te Ro­berts. »Nicht so leicht mit ihm fer­tig zu wer­den, wie es aus­sieht.«



»Und das Haus ist schon halb aus­ver­kauft«, sag­te Kel­ly ein­dring­lich. »Du wirst es mit ihm ver­su­chen müs­sen, Dan­ny. Wir kön­nen nicht mehr tun.«



Dan­ny warf aber­mals einen nach­läs­si­gen und nicht ge­ra­de schmei­chel­haf­ten Blick auf Ri­ve­ra und seufz­te. »Ich muss ein biss­chen vor­sich­tig mit ihm um­ge­hen, glau­be ich. Wenn er nur nicht ganz ka­putt da­bei geht.«



Ro­berts lach­te laut.



»Du musst dich in acht neh­men«, warn­te Dan­nys Ma­na­ger. »Man kann bei so ’nem Neu­ling nie wis­sen, was er auf der Pfan­ne hat.«



»Oh, ich wer­de mich schon in acht neh­men«, lä­chel­te Dan­ny. »Ich wer­de mich sei­ner gleich rich­tig an­neh­men, dass das lie­be Pub­li­kum was da­von hat. Was meinst du zu fünf­zehn Run­den, Kel­ly – und ich will ihn schon tum­meln.«



»Das ge­nügt«, lau­te­te die Ant­wort. »Du musst es nur ein biss­chen rea­lis­tisch ma­chen.«



»Also dann wol­len wir das Ge­schäft­li­che be­spre­chen.«



Dan­ny hielt inne und rech­ne­te nach. »Selbst­ver­ständ­lich fünf­und­sech­zig Pro­zent wie ge­gen Car­they. Aber an­de­re Ver­tei­lung. Acht­zig Pro­zent für mich – so wird’s in Ord­nung sein.« Und zu sei­nem Ma­na­ger ge­wandt: »Ist’s nicht so?« – Der nick­te.



»Sie da, ha­ben Sie ver­stan­den?« frag­te Kel­ly Ri­ve­ra. Ri­ve­ra schüt­tel­te den Kopf.



»Also die Sa­che ist so«, er­klär­te Kel­ly. »Die Kampf­bör­se be­trägt fünf­und­sech­zig Pro­zent von der Brut­to­ein­nah­me. Sie sind ein Neu­ling und ganz un­be­kannt. Sie und Dan­ny tei­len, zwan­zig Pro­zent krie­gen Sie und acht­zig Dan­ny. Das ist doch ge­recht, nicht wahr, Ro­berts?«



»Das ge­nügt«, lau­te­te die Ant­wort. »Sie müs­sen es«, räum­te Ro­berts ein. »Sie ha­ben ja noch kei­nen Na­men, wis­sen Sie.«



»Wie viel kom­men bei fünf­und­sech­zig Pro­zent von der Ein­nah­me her­aus?« frag­te Ri­ve­ra.



»Na, viel­leicht fünf­tau­send, viel­leicht so­gar acht«, warf Dan­ny ein. »So un­ge­fähr wohl. Ihr An­teil wird etwa tau­send bis sech­zehn­hun­dert be­tra­gen. Ganz net­te Be­zah­lung für eine Tracht Prü­gel von ei­nem Mann wie mir. Was mei­nen Sie dazu?«



Ri­ver­as Ant­wort ließ die an­de­ren nach Luft schnap­pen. »Der Sie­ger be­kommt al­les«, sag­te er ent­schie­den. Es wur­de to­ten­still.



»Das ist ja, wie wenn man ei­nem Kind einen Bon­bon weg­neh­men woll­te«, er­klär­te Dan­nys Ma­na­ger.



Dan­ny schüt­tel­te den Kopf. »Ich bin zu lan­ge beim Bau«, mein­te er. »Ich will we­der den Schieds­rich­ter noch die An­we­sen­den ir­gend­wie ver­däch­ti­gen. Ich will nicht von Buch­ma­chern spre­chen und von ge­wis­sen Din­gen, die hin und wie­der vor­kom­men. Aber ich darf wohl sa­gen, dass es ein schlech­tes Ge­schäft für einen Bo­xer wie mich ist. Ich weiß, dass ich sie­ge. Da­ran ist gar kein Zwei­fel. Aber ich kann mir den Arm bre­chen, nicht wahr? Oder ir­gend­ein Tau­ge­nichts lässt mich in Wa­gen­schmie­re aus­glei­ten?« Er schüt­tel­te fei­er­lich den Kopf. »Ob ich ge­win­ne oder ver­lie­re – ich krie­ge acht­zig Pro­zent. Wie steht’s, Me­xi­ka­ner?«



Ri­ve­ra schüt­tel­te den Kopf.



Dan­ny ex­plo­dier­te – jetzt wur­de es ihm zu viel.



»Was, du dre­cki­ger klei­ner Schmutz­fink! Ich hät­te Lust, dir gleich jetzt den Hin­tern