Jack London – Gesammelte Werke

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»Er­zäh­len Sie mir noch et­was«, drang sie in ihn. »Noch et­was über Ihre Ge­füh­le beim Kämp­fen.«

Und da setz­te Pat sei­nen Ma­na­ger, Fräu­lein Sangs­ter und sich selbst in Er­stau­nen, in­dem er her­aus­spru­del­te:

»Mir scheint, ich habe kei­ne Lust mehr, mit Ih­nen über die­se Din­ge zu re­den. Mich dünkt, es gibt et­was Wich­ti­ge­res für uns bei­de zu re­den. Ich –«

Er brach plötz­lich ab, da er ge­wahr wur­de, was er sag­te, ohne ei­gent­lich zu wis­sen, warum er es tat.

»Ja«, rief sie eif­rig, »Sie ha­ben recht. Da­rauf kommt es an, wenn man ein gu­tes In­ter­view ha­ben will – auf das rein Per­sön­li­che, wis­sen Sie.«

Aber Pat blieb stumm, und Stu­be­ner be­gann Maße und Ge­wicht sei­nes Meis­ter­bo­xers mit de­nen San­dows, des furcht­ba­ren Tür­ken, Jeffries’ und der an­de­ren star­ken Män­ner der Ge­gen­wart zu ver­glei­chen.

Das in­ter­es­sier­te Maud Sangs­ter nur we­nig, und sie zeig­te deut­lich, dass sie sich lang­weil­te. Ihr Blick fiel zu­fäl­lig auf die So­net­te. Sie nahm das Buch vom Tisch und sah Stu­be­ner fra­gend an.

»Es ge­hört Pat«, sag­te er. »Er in­ter­es­siert sich für das Zeug, auch für Far­ben­fo­to­gra­fie, für Kunstaus­stel­lun­gen und der­glei­chen. Aber um Got­tes wil­len, schrei­ben Sie nichts dar­über. Das wür­de sei­nen Ruf ein­fach ver­nich­ten.«

Sie blick­te Glen­don ta­delnd an, der so­gleich ver­le­gen wur­de. Das freu­te sie. Die­ser ver­le­ge­ne jun­ge Mann mit dem Kör­per ei­nes Rie­sen, ein Kö­nig der Bo­xer, las Ge­dich­te, be­such­te Kunstaus­stel­lun­gen und be­schäf­tig­te sich mit Far­ben­fo­to­gra­fie. So­viel war si­cher: Es war nichts von ei­nem Höl­len­biest an ihm. Jetzt emp­fand sie, dass sei­ne Zu­rück­hal­tung Emp­find­lich­keit und nicht Dumm­heit war. Die Sha­ke­s­pea­re­schen So­net­te! Ei­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter er­öff­ne­te sie ganz un­be­wusst den Haupt­an­griff.

Die star­ke An­zie­hung, die sie gleich am An­fang ge­fühlt hat­te, mel­de­te sich jetzt, da sie die So­net­te ent­deckt hat­te, von neu­em. Sei­ne pracht­vol­le Ge­stalt, sein hüb­sches Ge­sicht, die rei­nen Li­ni­en, die kla­ren Au­gen, die fei­ne, von dem kurz­ge­schnit­te­nen Haar nicht be­deck­te Stirn, der Duft von kör­per­li­chem Wohl­be­fin­den und von Sau­ber­keit, der ihn zu um­we­hen schi­en – das al­les wirk­te auf sie, wie nie ein Mann auf sie ge­wirkt hat­te.

Und doch spuk­te in ih­rem Kopf im­mer noch ein häss­li­ches Gerücht, das sie ges­tern in der Re­dak­ti­on des »Ku­ri­er-Jour­nal« ge­hört hat­te.

»Sie ha­ben recht«, sag­te sie. »Es gibt Wich­ti­ge­res, über das wir re­den kön­nen. Et­was, das mir am Her­zen liegt, und das ich Sie bit­ten möch­te, mir zu sa­gen. Ha­ben Sie et­was da­ge­gen?«

Pat schüt­tel­te den Kopf.

»Darf ich auf­rich­tig sein – un­an­ge­nehm auf­rich­tig? Ich habe die Leu­te manch­mal von ei­gen­tüm­li­chen Kämp­fen und Wet­ten re­den ge­hört, und wenn ich da­mals auch nicht be­son­ders dar­auf ach­te­te, so schi­en es mir doch, und es wur­de mir ganz be­stimmt ver­si­chert, dass mit dem Sport ein gut Teil Schwin­del und Be­trug ver­bun­den wäre.

Wenn ich Sie aber jetzt sehe, so kann ich schwer be­grei­fen, dass Sie sol­che Schie­bun­gen mit­ma­chen kön­nen. Ich ver­ste­he Ihre Lie­be zum Sport und ver­ste­he auch, dass das Geld, wel­ches er Ih­nen ein­bringt, viel für Sie be­deu­tet, was ich aber nicht ver­ste­hen kann, ist –«

»Da gibt es nichts zu ver­ste­hen«, be­eil­te sich Stu­be­ner ein­zu­wer­fen, wäh­rend Pats Lip­pen sich zu ei­nem sanf­ten, nach­sich­ti­gen Lä­cheln kräu­sel­ten. »Das sind al­les Mär­chen, die­se Ge­schich­ten von Ver­stel­lung, von ver­ab­re­de­ten Kämp­fen und sol­chen Schie­bun­gen. Es ist nichts Wah­res dar­an, gnä­di­ges Fräu­lein, das kann ich Ih­nen ver­si­chern.

Und jetzt las­sen Sie mich Ih­nen er­zäh­len, wie ich Herrn Glen­don ent­deck­te. Ich be­kam einen Brief von sei­nem Va­ter –«

Aber Maud Sangs­ter woll­te sich nicht ab­len­ken las­sen, und sie wand­te sich an Pat selbst.

»Hö­ren Sie. Ich ent­sin­ne mich na­ment­lich ei­nes Fal­les. Es war ein Kampf, der vor ei­ni­gen Mo­na­ten statt­fand, ich weiß nicht mehr, zwi­schen wem. Ei­ner der Re­dak­teu­re des Ku­ri­er-Jour­nal sag­te mir, dass er viel da­bei ge­win­nen wol­le. Er sag­te nicht ›hof­fe‹, er sag­te ›wol­le‹. Er sag­te, dass er zu den Ein­ge­weih­ten ge­hö­re und dass er auf die Zahl der Run­den wet­te. Er sag­te vor­aus, dass der Kampf in der neun­zehn­ten Run­de en­den wür­de.

Es war am Abend vor dem Kampf, und am nächs­ten Tage mach­te er mich tri­um­phie­rend dar­auf auf­merk­sam, dass der Kampf eben in der neun­zehn­ten Run­de be­en­det wor­den war.

Ich habe da­mals nicht wei­ter über die Sa­che nach­ge­dacht, ich in­ter­es­sier­te mich ja nicht für Bo­xen. Aber jetzt tue ich es. Da­mals kam mir die Sa­che ganz na­tür­lich vor, so we­nig ver­stand ich da­von.

Aber sa­gen Sie, das sind doch al­les Mär­chen, nicht wahr?«

»Ich weiß, wel­chen Kampf Sie mei­nen«, sag­te Glen­don. »Es war der zwi­schen Owen und Murg­wea­ther. Und es stimmt, dass er in der neun­zehn­ten Run­de en­de­te, Sam. Und jetzt hö­ren Sie, dass Fräu­lein Sangs­ter das schon am Tage vor­her wuss­te – wie kön­nen Sie das er­klä­ren, Sam?«

»Wie soll man er­klä­ren, dass je­mand in der Lot­te­rie ein Ge­winn­los zieht?« sag­te der Ma­na­ger aus­wei­chend, wäh­rend er sich den Kopf zer­brach, wie er ant­wor­ten soll­te. »Die Sa­che ist so: Leu­te, die die Form der Bo­xer, die Se­kun­dan­ten und die Re­geln sehr ge­nau stu­die­ren, kön­nen oft die Zahl der Run­den, die ein Kampf dau­ern wird, rich­tig vor­aus­sa­gen, ge­nau wie man in ei­nem Ren­nen ge­ra­de auf das rich­ti­ge Pferd un­ter hun­dert tip­pen kann.

Und ver­ges­sen Sie ei­nes nicht: Auf je­den, der ge­winnt, kommt ein an­de­rer, der ver­liert – ein an­de­rer, der nicht die rich­ti­ge Num­mer ge­zo­gen hat. Gnä­di­ges Fräu­lein, ich ver­si­che­re Ih­nen auf Ehre, dass es Schwin­del und Schie­bun­gen im Box­sport ein­fach – ein­fach nicht gibt.«

»Und wie ist Ihre Mei­nung, Herr Glen­don?« frag­te sie.

»Genau wie mei­ne«, kam Stu­be­ner ihm mit der Ant­wort zu­vor. »Er weiß, dass ich die Wahr­heit spre­che – Wort für Wort. Er hat im­mer nur ehr­lich ge­kämpft. Stimmt das nicht, Pat?«

»Ja, das stimmt«, ver­si­cher­te Pat, und am son­der­bars­ten er­schi­en es Maud Sangs­ter, dass sie von der Wahr­heit sei­ner Wor­te über­zeugt war.

Sie strich sich mit der Hand über die Stirn, als wol­le sie die Ver­wir­rung ver­scheu­chen, die ihr Ge­hirn be­schat­te­te.

»Hö­ren Sie«, sag­te sie. »Der­sel­be Re­dak­teur er­zähl­te mir ges­tern Abend auch, Ihr be­vor­ste­hen­der Kampf wäre in al­len Ein­zel­hei­ten so gut ar­ran­giert, dass so­gar die Run­de fest­stün­de, in der er en­den sol­le.«

Stu­be­ner wuss­te vor Schre­cken nicht, was er sa­gen soll­te, aber Pat ent­hob ihn ei­ner Ant­wort.

»Dann lügt der Re­dak­teur«, sag­te er und hob zum ers­ten Male die Stim­me.

»Das wäre das ers­te Mal. Bei den an­de­ren Kämp­fen stimm­te es, was er sag­te«, ant­wor­te­te sie her­aus­for­dernd.

»In wel­cher Run­de, sag­te er, wür­de mein Kampf mit Nat Po­wers en­den?«

Ehe Maud Sangs­ter ant­wor­ten konn­te, er­griff Stu­be­ner wie­der das Wort.

»Ach, küm­mern Sie sich nicht dar­um, Pat!« rief er. »Das ist ja nur das üb­li­che Ge­re­de. Las­sen Sie uns wei­ter­ma­chen mit dem In­ter­view!«

Aber Glen­don be­ach­te­te ihn nicht. Sei­ne Au­gen, die in die ih­ren blick­ten, wa­ren nicht mehr von ei­nem sanf­ten Blau, son­dern hart und ge­bie­te­risch.

Jetzt war sie si­cher, auf et­was Be­deu­tungs­vol­les ge­sto­ßen zu sein, auf et­was, das al­les, was sie ver­wirr­te, er­klä­ren wür­de. Gleich­zei­tig durch­schau­er­te sie die Kraft sei­ner Stim­me und sei­nes Blicks.

Hier vor ihr stand ein Mann, der das Le­ben pa­cken und aus ihm her­aus­schüt­teln konn­te, was er woll­te. »Wel­che Run­de sag­te der Re­dak­teur?« wie­der­hol­te Glen­don.

»Zum Don­ner­wet­ter, Pat, so hö­ren Sie doch auf mit dem Un­sinn«, misch­te Stu­be­ner sich wie­der ein.

»Ich wünsch­te, Sie gä­ben mir eine Mög­lich­keit zu ant­wor­ten«, sag­te Maud Sangs­ter.

»Ich glau­be wirk­lich, dass ich im­stan­de bin, mit Fräu­lein Sangs­ter zu re­den«, füg­te Glen­don hin­zu. »Ge­hen Sie nur, Sam. Ge­hen Sie und neh­men Sie sich des Fo­to­gra­fen an.«

Sie blick­ten sich einen Au­gen­blick schwei­gend an, dann ging der Ma­na­ger zö­gernd zur Tür und öff­ne­te sie. Er wand­te den Kopf, um bes­ser zu hö­ren.

»Und jetzt sa­gen Sie bit­te: wel­che Run­de nann­te er?«

»Ich hof­fe, dass ich nicht irre«, sag­te sie un­si­cher, »aber ich glau­be be­stimmt, dass er die sech­zehn­te Run­de sag­te.«

Sie sah, wie sich plötz­lich Über­ra­schung und Zorn in Glen­d­ons Ge­sicht zeig­ten, und Zorn und An­kla­ge gal­ten sei­nem Ma­na­ger. Jetzt wuss­te sie, dass ihr Schlag ge­trof­fen hat­te.

Und sein Zorn war auch be­grün­det. Er hat­te den Kampf mit Stu­be­ner be­spro­chen, und sie hat­ten sich da­hin ge­ei­nigt, dass sie den Zuschau­ern et­was für ihr Geld ge­ben woll­ten, ohne doch den Kampf all­zu­sehr in die Län­ge zu zie­hen. Des­halb soll­te er in der sech­zehn­ten Run­de en­den. Und nun kam eine Dame von der Zei­tungs­re­dak­ti­on und nann­te eben die­se Run­de.

Stu­be­ner stand blass und ver­le­gen in der Tür.

»Mit Ih­nen rede ich spä­ter«, sag­te Pat zu ihm. »Ma­chen Sie die Tür hin­ter sich zu.«

Die Tür wur­de ge­schlos­sen, und jetzt wa­ren sie al­lein.

Glen­don sag­te nichts. Sei­ne Mie­ne drück­te deut­lich Un­ru­he und Er­stau­nen aus.

 

»Nun?« frag­te sie.

Sie hoch über­ra­gend stand er da. Dann setz­te er sich wie­der und be­feuch­te­te sich die Lip­pen mit der Zun­ge.

»Ich will Ih­nen et­was sa­gen«, mein­te er schließ­lich. »Der Kampf wird nicht in der sech­zehn­ten Run­de en­den.«

Sie sag­te nichts, aber ihr un­gläu­bi­ges, spöt­ti­sches Lä­cheln ver­letz­te ihn.

»War­ten Sie ab, Fräu­lein Sangs­ter, und Sie wer­den se­hen, dass der Re­dak­teur sich irrt.«

»Sie mei­nen, das Pro­gramm wird ge­än­dert?« frag­te sie dreist.

Er zuck­te un­ter die­sen schar­fen Wor­ten zu­sam­men.

»Ich pfle­ge nicht zu lü­gen«, sag­te er steif, »vor al­lem nicht Frau­en ge­gen­über.«

»Das tun Sie ja auch gar nicht. Sie leug­nen nicht ein­mal, dass das Pro­gramm ge­än­dert wird. Ich bin viel­leicht ein biss­chen schwer von Be­griff, Herr Glen­don, aber ich kann nicht ein­se­hen, wel­chen Un­ter­schied es aus­macht, in wel­cher Run­de der Kampf en­det, wenn es doch vor­aus­be­stimmt und be­kannt ist.«

»Ich will Ih­nen die Run­de nen­nen, und kei­ne an­de­re Men­schen­see­le soll es wis­sen.«

Sie zuck­te die Ach­seln und lä­chel­te.

»Das klingt ja fast wie ein Renn­tipp. Die wer­den im­mer so ge­ge­ben, wie ich weiß. Ganz so dumm bin ich nun doch nicht, und ich weiß, dass hier et­was nicht stimmt. Wa­rum wur­den Sie böse, als ich die Run­de nann­te? Wa­rum wa­ren Sie auf Ihren Ma­na­ger böse? Wa­rum ha­ben Sie ihn fort­ge­schickt?«

Statt zu ant­wor­ten trat Glen­don ans Fens­ter, als wol­le er hin­aus­schau­en.

Dann än­der­te er plötz­lich sei­nen Ent­schluss und wand­te sich halb zu ihr um, und ohne dass sie es sah, wuss­te sie, dass er jetzt ihr Ge­sicht be­trach­te­te. Dann ging er wie­der auf sei­nen Platz zu­rück und setz­te sich.

»Sie sa­gen, ich hät­te Sie nicht be­lo­gen, Fräu­lein Sangs­ter, und Sie ha­ben recht. Ich habe es nicht ge­tan.«

Er mach­te eine Pau­se, in der er krampf­haft nach Wor­ten such­te.

»Wol­len Sie nicht ver­su­chen zu glau­ben, was ich Ih­nen jetzt sa­gen wer­de? Wol­len Sie sich auf das Wort ei­nes – Bo­xers ver­las­sen?«

Sie nick­te ernst und sah ihm in die Au­gen, über­zeugt, dass er jetzt die Wahr­heit sa­gen wür­de.

»Ich habe im­mer ehr­lich und an­stän­dig ge­kämpft. Ich habe nie im Le­ben un­sau­be­res Geld an­ge­rührt, nie einen un­sau­be­ren Trick aus­ge­übt.

Das möch­te ich zu­nächst fest­stel­len.

Sie ha­ben mir durch das, was Sie er­zähl­ten, einen ge­hö­ri­gen Schre­cken ein­ge­jagt. Ich weiß gar nicht, was ich da­von hal­ten soll. Aber es sieht sehr ver­däch­tig aus. Das ist es, was mich quält. Denn se­hen Sie, Stu­be­ner und ich ha­ben den Kampf be­spro­chen, dass ich in der sech­zehn­ten Run­de Schluss ma­chen soll.

Und jetzt kom­men Sie und er­zäh­len es mir. Wo­her wuss­te der Re­dak­teur es? Von mir nicht. Stu­be­ner muss es sich ha­ben ent­schlüp­fen las­sen … es sei denn …«

Er schwieg einen Au­gen­blick, um nach­zu­den­ken. »Es sei denn, der Re­dak­teur hät­te es zu­fäl­lig ge­ra­ten. Ich kann nicht klug dar­aus wer­den. Da ist nichts zu ma­chen, als die Au­gen of­fen­zu­hal­ten und ab­zu­war­ten. Je­des Wort, das ich Ih­nen ge­sagt habe, ist wahr. Hier mei­ne Hand dar­auf!«

Wie­der stand er auf, dass er sie in sei­ner vol­len Grö­ße über­rag­te.

Ihre klei­ne Hand wur­de von sei­ner großen, der sie auf hal­b­em Wege ent­ge­gen­kam, er­grif­fen, und nach­dem sie sich of­fen und ehr­lich in die Au­gen ge­blickt hat­ten, sa­hen bei­de un­be­wusst auf die ein­an­der um­schlie­ßen­den Hän­de nie­der.

Sie fühl­te, dass sie sich ih­rer Weib­lich­keit noch nie so be­wusst ge­we­sen war wie in die­sem Au­gen­blick. Die­se Er­kennt­nis kam ihr in der­sel­ben Se­kun­de, in der ihre wei­che, zar­te Hand den Druck sei­ner kräf­ti­gen, männ­li­chen spür­te.

Glen­don brach das Schwei­gen zu­erst.

»Wie leicht könn­te ich sie zer­bre­chen«, sag­te er, und im sel­ben Au­gen­blick fühl­te sie, wie sein har­ter Griff sich lo­cker­te und fast lieb­ko­send sanft wur­de.

Sie er­in­ner­te sich der Vor­lie­be ei­nes al­ten preu­ßi­schen Kö­nigs für Rie­sen und lach­te über die­se un­ge­reim­te Ge­dan­ken­ver­bin­dung, wäh­rend sie ihm die Hand ent­zog.

»Ich freue mich, dass Sie heu­te ka­men«, sag­te er.

Dann wur­de er ver­le­gen und sag­te schnell – und sei­ne Wor­te wi­der­spra­chen der war­men Be­wun­de­rung, die aus sei­nen Au­gen leuch­te­te:

»Ich mei­ne, weil Sie mir viel­leicht die Au­gen ge­öff­net ha­ben.«

»Sie ha­ben mich wirk­lich über­rascht«, be­haup­te­te sie. »Sie müs­sen ganz an­ders als an­de­re Bo­xer sein.«

Er nick­te.

»Es war nicht schwer, mich an der Nase her­um­zu­füh­ren. Das heißt, es soll sich erst zei­gen, ob man das ge­tan hat. Jetzt will ich es näm­lich selbst her­aus­krie­gen, wis­sen Sie.«

»Und es än­dern?« frag­te sie fast ton­los, völ­lig über­zeugt, dass er im­stan­de war, al­les zu tun, was er sich vor­nahm.

»Nein, Schluss ma­chen«, ant­wor­te­te er. »Wenn es kein ehr­li­ches Spiel ist, will ich nichts mehr da­mit zu tun ha­ben.

Und so­viel ist si­cher: Die­ser Kampf mit Nat Power wird nicht in der sech­zehn­ten Run­de en­den. Wenn die Äu­ße­rung des Re­dak­teurs wirk­lich be­grün­det ist, dann sol­len sie dies­mal alle an­ge­führt wer­den. Das wer­den Sie se­hen.«

»Und ich darf dem Re­dak­teur nichts da­von er­zäh­len?«

Sie war auf­ge­stan­den und schick­te sich zum Ge­hen an.

»Auf kei­nen Fall! Wenn er nur ge­ra­ten hat, so las­sen Sie ihm sei­ne Chan­ce. Wenn was faul an der Ge­schich­te ist, dann ver­dient er es, sei­ne Wet­te zu ver­lie­ren.

Es soll ein klei­nes Ge­heim­nis zwi­schen uns bei­den sein. Ich will Ih­nen sa­gen, was ich tue: Ich las­se den Kampf nicht bis zur zwan­zigs­ten Run­de dau­ern, son­dern er­le­di­ge Nat Po­wers in der acht­zehn­ten.«

»Und ich wer­de kei­nem et­was da­von ver­ra­ten«, ver­si­cher­te sie ihm.

»Ich möch­te Sie um einen Ge­fal­len bit­ten«, sag­te er zö­gernd. »Vi­el­leicht ist es ein großer Ge­fal­len, den Sie mir er­wei­sen kön­nen.«

Ihre Mie­ne drück­te eine Füg­sam­keit aus, als hät­te sie schon al­les be­wil­ligt, und er fuhr fort:

»Ich bin selbst­ver­ständ­lich über­zeugt, dass Sie in Ihrem In­ter­view nichts von un­se­rer Verab­re­dung er­wäh­nen wer­den. Aber ich gehe noch wei­ter. Ich möch­te, dass Sie über­haupt nicht schrei­ben.«

Sie sah ihn mit ei­nem for­schen­den Blick ih­rer grau­en Au­gen an und war bei­na­he selbst er­staunt über die Ant­wort, die sie ihm gab.

»Ge­wiss«, sag­te sie. »Es wird nichts ver­öf­fent­licht. Ich wer­de nicht eine Zei­le dar­über schrei­ben.«

»Das wuss­te ich«, sag­te er ein­fach.

Ei­nen Au­gen­blick war sie ent­täuscht, dass sie kei­nen Dank emp­fing, gleich dar­auf aber freu­te sie sich dar­über, dass er ihr nicht ge­dankt hat­te.

Sie fühl­te, dass er sich in die­ser Stun­de, die er mit ihr ver­brach­te, eine ganz neue Grund­la­ge schuf, und es dräng­te sie, al­les zu er­fah­ren.

»Wie konn­ten Sie das wis­sen?« frag­te sie.

»Das weiß ich nicht.« Er schüt­tel­te den Kopf. »Er­klä­ren kann ich es nicht. Aber mir ist, als wüss­te ich vie­les über Sie und mich.«

»Aber warum soll ich das In­ter­view nicht ver­öf­fent­li­chen? Wie Ihr Ma­na­ger sagt, ist es doch eine gute Re­kla­me?«

»Das weiß ich«, ant­wor­te­te er lang­sam. »Aber ich möch­te Sie nicht auf die­se Wei­se ken­nen. Ich glau­be, es wür­de mir weh tun, wenn Sie es ver­öf­fent­lich­ten. Ich möch­te Sie nicht von der ge­schäft­li­chen Sei­te ken­nen­ler­nen. Ich möch­te mich an die­se Un­ter­re­dung am liebs­ten er­in­nern als an eine Un­ter­re­dung zwi­schen ei­nem Mann und ei­ner Frau. Ich weiß nicht, ob Sie ver­ste­hen, was ich mei­ne. Aber so füh­le ich nun ein­mal. Ich möch­te es in der Erin­ne­rung be­hal­ten als et­was, das zwi­schen Mann und Frau vor­ging.«

Und wäh­rend er sprach, lag in sei­nen Au­gen al­les, was ein Mann aus­zu­drücken ver­mag, wenn er eine Frau an­blickt.

Sie fühl­te sei­ne Kraft und sei­nen Wil­len und merk­te, dass sie nichts sa­gen konn­te. Sie war ver­le­gen vor die­sem Man­ne, von dem sie ge­hört hat­te, dass er schweig­sam und ver­le­gen sei. Wenn ein Mann über­zeu­gend zu re­den ver­stand, so war er es.

Er be­glei­te­te sie zu ih­rem Wa­gen, und es durch­zuck­te sie noch ein­mal, als er sich ver­ab­schie­de­te. Ihre Hän­de tra­fen sich, und er sag­te:

»Ei­nes Ta­ges sehe ich Sie wohl wie­der. Ich möch­te Sie wie­der­se­hen. Ir­gend­wie habe ich das Ge­fühl, dass das letz­te Wort zwi­schen uns noch nicht ge­fal­len ist.«

Und als der Wa­gen fort­roll­te, be­merk­te sie bei sich sel­ber ein ähn­li­ches Ge­fühl. Sie hat­te die­sen sehr be­un­ru­hi­gen­den Pat Glen­don, den Kö­nig der Bo­xer, nicht zum letz­ten­mal ge­se­hen.

Als Glen­don wie­der den Trai­nings­raum be­trat, stieß er auf sei­nen be­stürz­ten Ma­na­ger.

»Wa­rum ha­ben Sie mich hin­aus­ge­wor­fen?« frag­te Stu­be­ner. »Wir sind fer­tig mit­ein­an­der. Sie ha­ben was Schö­nes an­ge­rich­tet. Sie sind noch nie mit ei­nem Re­por­ter al­lein ge­we­sen, und jetzt wer­den Sie ja se­hen, was her­aus­kommt.«

Glen­don, der ihn kühl, aber be­lus­tigt be­trach­tet hat­te, mach­te Mie­ne, ihn ste­hen­zu­las­sen, dann aber än­der­te er sei­nen Ent­schluss und sag­te:

»Gar nichts kommt da­bei her­aus.«

Stu­be­ner sah ihn scharf an.

»Ich bat sie, nichts zu schrei­ben«, er­klär­te Glen­don.

Da konn­te Stu­be­ner sich nicht län­ger be­herr­schen.

»Als ob sie sich einen sol­chen Bis­sen ent­ge­hen lie­ße!«

Glen­don wur­de noch käl­ter, und sei­ne Stim­me klang hart und schnei­dend.

»Es wird nichts ver­öf­fent­licht. Das hat sie ge­sagt. Und dar­an zu zwei­feln, hie­ße sie zur Lüg­ne­rin stem­peln.«

Die iri­sche Flam­me lo­der­te in sei­nen Au­gen, und Stu­be­ner, der es sah und der auch be­merk­te, wie bei­de Fäus­te sich vor Zorn ball­ten, Stu­be­ner, der die Kraft die­ser Fäus­te und auch den Mann, der ihm ge­gen­über­stand, kann­te, wag­te nicht mehr zu zwei­feln.

VII

Stu­be­ner brauch­te nicht lan­ge, um her­aus­zu­fin­den, dass Glen­don die Ab­sicht hat­te, die Ent­schei­dung des Kamp­fes hin­aus­zu­schie­ben, wenn er auch trotz al­len Ver­su­chen nicht die Zahl der Run­den fest­stel­len konn­te.

Er ver­lor je­doch kei­ne Zeit, son­dern traf ent­spre­chen­de Verab­re­dun­gen mit Nat Po­wers und des­sen Ma­na­ger. Po­wers hat­te ein treu­es Ge­fol­ge von Wet­ten­den, und die­ses Wett­syn­di­kat durf­te nicht um sei­ne Ern­te ge­bracht wer­den.

Kaum hat­te Maud Sangs­ter Platz ge­nom­men, als to­sen­der Bei­fall den Ein­tritt Nat Po­wers ver­kün­de­te. Er kam zwi­schen sei­nen Se­kun­dan­ten durch den Mit­tel­gang, und sie er­schrak bei­na­he über sei­nen mäch­ti­gen Kör­per­bau. Aber er sprang so leicht wie ein Mann, der nur halb so viel wog, über die Sei­le und lach­te zu­frie­den, als das Haus ihn ge­räusch­voll be­grüß­te.

Er war nicht schön. Sei­ne Blu­men­kohl­oh­ren zeug­ten deut­lich von sei­nem Be­ruf und des­sen Bru­ta­li­tät, und sei­ne Nase war so oft ge­bro­chen und breit­ge­quetscht, so­dass sie schließ­lich al­len Be­mü­hun­gen der Ärz­te trotz­te, ihre ur­sprüng­li­che Form wie­der­her­zu­stel­len.

Ein neu­es To­sen be­grüß­te die An­kunft Glen­d­ons, und sie be­trach­te­te ihn ge­nau, als er durch die Sei­le klet­ter­te und sich in sei­ne Ecke des Rin­ges be­gab.

Aber erst als die lang­wei­li­ge Vor­stel­lung und die Be­kannt­ga­be der Kampfre­geln so­wie der Her­aus­for­de­rung vor­über war, war­fen bei­de Män­ner ihre Män­tel ab und stan­den ein­an­der fast nackt ge­gen­über.

Von oben wur­de jetzt der schar­fe, wei­ße Schein vie­ler elek­tri­scher Lam­pen auf sie ge­rich­tet, um die Film­auf­nah­men zu er­mög­li­chen. Und als sie jetzt die zwei so ver­schie­den­ar­ti­gen Män­ner be­trach­te­te, fühl­te sie, dass von den bei­den Glen­don der Mensch, Po­wers aber das Höl­len­tier war.

Je­der war auf sei­ne Art eine auf­fal­len­de Er­schei­nung, Glen­don rein von Ge­stalt und Zü­gen, har­mo­nisch und von kraft­vol­ler Schön­heit. Po­wers un­sym­me­trisch, derb ge­baut und stark be­haart.

Als sie ihre Stel­lun­gen vor den Auf­nah­me­ap­pa­ra­ten ein­nah­men, schweif­te Glen­d­ons Blick über den Ring hin­aus und blieb auf ih­rem Ge­sicht haf­ten, und wenn er sich auch nichts mer­ken ließ, so wuss­te sie doch, dass er sie er­kannt hat­te.

 

Im nächs­ten Au­gen­blick er­tön­te der Gong, der An­sa­ger rief »Los!« und der Kampf hat­te be­gon­nen.

Es war ein schö­ner Kampf. Es floss kein Blut, al­les ging glatt, und bei­de Bo­xer er­wie­sen sich als sehr tüch­tig. Die ers­te Hälf­te der ers­ten Run­de be­nutz­te je­der, um die Tak­tik des an­de­ren her­aus­zu­fin­den, aber für Maud Sangs­ter wa­ren die­se Fin­ten und die lei­sen Berüh­run­gen der Box­hand­schu­he in ho­hem Maße ner­ven­er­re­gend.

Po­wers kämpf­te leicht und sau­ber, wie es sich für den Hel­den zahl­rei­cher Kämp­fe ge­hör­te, und im­mer wie­der ern­te­te sei­ne Ge­wandt­heit den Bei­fall der be­wun­dern­den Zuschau­er.

Den­noch ent­fal­te­te er sei­ne vol­le Kraft nur, wenn er sich hin und wie­der in der Klem­me be­fand, und dann sprang das Pub­li­kum auf in der ir­ri­gen An­nah­me, dass er jetzt sei­nen Geg­ner er­le­di­gen wür­de.

In ei­nem sol­chen Au­gen­blick – ihr un­ge­üb­tes Auge konn­te nicht er­ken­nen, dass Glen­don in Wirk­lich­keit je­dem ernst­haf­ten Tref­fer aus­wich – wand­te sich der Re­dak­teur zu ihr und sag­te:

»Der jun­ge Pat wird schon sie­gen. Er ist der kom­men­de Mann und nicht auf­zu­hal­ten. Aber er wird in der sech­zehn­ten Run­de sie­gen, nicht eher.«

»Oder spä­ter?« frag­te sie.

Sie hät­te fast dar­über ge­lacht, wie si­cher ihr Beglei­ter in sei­nem Irr­tum war. Sie wuss­te es bes­ser.

Po­wers war da­für be­kannt, dass er sei­nen Geg­ner Run­de auf Run­de durch den Ring jag­te, und Glen­don ging wil­lig dar­auf ein.

Er ver­tei­dig­te sich be­wun­derns­wert, und er war ge­ra­de an­griffs­lus­tig ge­nug, um das In­ter­es­se des Pub­li­kums für den Kampf zu stei­gern.

Ob­wohl Po­wers wuss­te, dass er dazu be­stimmt war, zu ver­lie­ren, hat­te er doch eine zu große Er­fah­rung im Ring, als dass er ge­zö­gert hät­te, sei­nen Geg­ner zu wer­fen, wenn sich die Ge­le­gen­heit ge­bo­ten hät­te. Durch Be­ste­chun­gen nach bei­den Sei­ten war er so oft an­ge­führt wor­den, dass er kei­ne Rück­sicht kann­te. Wenn er die Mög­lich­keit hat­te, woll­te er sie­gen, und wenn das gan­ze Syn­di­kat auf­flog.

Dank ei­ner ge­schick­ten Pro­pa­gan­da in der Pres­se war die An­schau­ung ver­brei­tet wor­den, dass der jun­ge Pat Glen­don jetzt end­lich sei­nen Meis­ter ge­fun­den hät­te. Aber Po­wers wuss­te sel­ber gut, dass er ei­nem Bes­se­ren ge­gen­über­stand. Mehr als ein­mal fühl­te er im In­figh­ting, dass sein Geg­ner weit grö­ße­re Kraft in die Schlä­ge le­gen konn­te, wenn er nur woll­te.

Für Glen­don sei­ner­seits gab es man­chen Au­gen­blick, da ein Aus­glei­ten oder eine falsche Ab­schät­zung ihn ei­nem der Schmie­de­ham­mer­schlä­ge des an­de­ren aus­ge­setzt ha­ben wür­de, der den Kampf ent­schie­den hät­te.

Aber er be­saß die fast wun­der­ba­re Fä­hig­keit, Zeit und Ent­fer­nung stets rich­tig zu be­ur­tei­len, und sein Selbst­ver­trau­en wur­de selbst in den ge­fahr­volls­ten Au­gen­bli­cken nicht er­schüt­tert. Er war noch nie be­siegt, noch nie für die Zeit auf die Bret­ter ge­schickt wor­den und war sei­nem Geg­ner im­mer so ent­schie­den über­le­gen ge­we­sen, dass er sich die Mög­lich­keit ei­ner Nie­der­la­ge gar nicht vor­stel­len konn­te.

Am Ende der fünf­zehn­ten Run­de wa­ren bei­de Kämp­fen­den im­mer noch frisch, aber Po­wers at­me­te doch ein biss­chen schwer, und es gab schon Leu­te in den vor­ders­ten Rei­hen, die Wet­ten dar­auf an­bo­ten, dass er bald aus­ge­pumpt sein wür­de.

Kurz be­vor aber der Gong die sech­zehn­te Run­de ver­kün­de­te, beug­te sich Stu­be­ner auf sei­nem Platz an der Ecke Glen­d­ons vor und flüs­ter­te:

»Wer­den Sie ihn jetzt er­le­di­gen?«

Glen­don warf den Kopf in den Na­cken, schüt­tel­te den Kopf und lach­te sei­nem Ma­na­ger spöt­tisch in das er­schro­cke­ne Ge­sicht.

*

Glen­don sah zu sei­nem Er­stau­nen, wie Po­wers im sel­ben Au­gen­blick, als der Gong er­tön­te, auf ihn los­fuhr.

Von der ers­ten Se­kun­de an war der Kampf ein Or­kan, und Glen­don hat­te Mühe zu ver­mei­den, dass er ernst­lich ge­trof­fen wur­de. Er block­te, clinch­te, duck­te sich und tanz­te seit­wärts, wur­de rück­wärts ge­gen die Sei­le ge­sto­ßen und be­geg­ne­te, als er wie­der vor­rück­te, neu­en wil­den At­ta­cken.

Mehr als ein­mal sah er, dass Po­wers sich eine Blö­ße gab, aber er un­ter­ließ es, den Blitz zu schleu­dern, der sei­nen Geg­ner nie­der­ge­streckt hät­te. Er hielt den Schlag zu­rück in der Ab­sicht, ihn erst zwei Run­den spä­ter aus­zu­tei­len. Wäh­rend des gan­zen Kamp­fes hat­te er noch nicht ein ein­zi­ges Mal ge­zeigt, was er konn­te, oder mit sei­ner gan­zen Kraft ge­schla­gen.

Zwei Mi­nu­ten lang ließ Po­wers un­auf­hör­lich sei­ne Schmie­de­ham­mer­fäus­te auf ihn nie­der­pras­seln. Noch eine Mi­nu­te, und das Wett­syn­di­kat hat­te eine emp­find­li­che Nie­der­la­ge er­lit­ten!

Aber der Kampf soll­te nicht bis zum Ende die­ser Mi­nu­te dau­ern.

Sie stan­den mit­ten im Ring, in ei­nem ganz ge­wöhn­li­chen Clinch, nur dass Po­wers im­mer noch auf sei­ne bru­ta­le Art und Wei­se auf ihn los­schlug. Glen­don führ­te einen leich­ten Schlag mit dem ge­beug­ten lin­ken Arm seit­wärts ge­gen das Ge­sicht sei­nes Geg­ners, einen Schlag, wie er ihn ähn­lich schon mehr­mals im Lau­fe des Kamp­fes er­teilt hat­te.

Da merk­te er zu sei­nem Er­stau­nen, dass Po­wers in sei­nen Ar­men er­schlaff­te. Die Bei­ne ver­moch­ten das Ge­wicht des Man­nes nicht mehr zu tra­gen, und er sank, wie von ei­ner schwe­ren Last nie­der­ge­drückt, zu Bo­den.

Er fiel schwer auf den Bo­den, roll­te halb auf die Sei­te und blieb un­be­weg­lich und mit ge­schlos­se­nen Au­gen lie­gen.

Der Schieds­rich­ter beug­te sich über ihn und zähl­te. Bei »neun« durch­fuhr ein Zit­tern den Kör­per Po­wers, und es hat­te den An­schein, als ver­su­che er ver­ge­bens, wie­der auf die Füße zu kom­men. »Zehn – aus!« rief der Schieds­rich­ter.

Er er­griff die Hand Glen­d­ons und hob sie hoch, um dem to­sen­den Pub­li­kum zu zei­gen, dass er der Sie­ger war.

Zum ers­ten Mal in sei­nem Le­ben stand Glen­don ganz be­täubt im Ring.

Es war kein ent­schei­den­der Schlag ge­we­sen, dar­auf hät­te er sei­nen Kopf set­zen kön­nen. Der Schlag hat­te nicht ein­mal das Kinn, son­dern nur die Ba­cke ge­trof­fen, er konn­te ge­nau die Stel­le an­ge­ben. Und doch war der Mann er­le­digt.

Er hat­te eine schänd­li­che Ko­mö­die auf­ge­führt und war aus­ge­zählt wor­den. Wie er zu Bo­den ge­gan­gen war, das hat­te er meis­ter­haft und über­zeu­gend ge­macht. Für das Pub­li­kum gab es kei­nen Zwei­fel, dass es ein rich­ti­ger Knock­out ge­we­sen war, und die Film­ka­me­ra wür­de die Lüge fort­füh­ren. Der Re­dak­teur hat­te also den Schwin­del vor­aus­ge­sagt, und ein ge­mei­ner Schwin­del war es wahr­haf­tig.

Glen­don warf einen schnel­len Blick über die Sei­le hin­weg auf das Ge­sicht Maud Sangs­ters. Sie sah ihn ge­ra­de an, aber ihr Blick war kalt und hart, ver­riet kein Wie­de­rer­ken­nen und war völ­lig aus­drucks­los. Wäh­rend er sie noch an­sah, wand­te sie sich zu ih­rem Nach­barn und sag­te et­was zu ihm.

Po­wers wur­de von sei­nen Se­kun­dan­ten in sei­ne Rin­ge­cke ge­tra­gen, schein­bar das kraft­lo­se Wrack ei­nes Men­schen.

Glen­d­ons Se­kun­dan­ten ka­men, um ihn zu be­glück­wün­schen und ihm die Hand­schu­he aus­zu­zie­hen. Aber Stu­be­ner kam ih­nen zu­vor. Sein Ge­sicht strahl­te, als er Glen­d­ons Rech­te mit sei­nen bei­den Hän­den um­schloss und rief:

»Sie sind ein Pracht­jun­ge, Pat! Ich wuss­te ja, dass Sie es tun wür­den.«

Glen­don zog die Hand im Hand­schuh zu­rück. Und zum ers­ten Mal in all den Jah­ren, die er ihn kann­te, hör­te sein Ma­na­ger ihn flu­chen.

»Gehn Sie zum Teu­fel!« sag­te er, kehr­te ihm den Rücken und hielt sei­nen Se­kun­dan­ten die Hän­de hin, um sich die Hand­schu­he aus­zie­hen zu las­sen.