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Klara Militsch

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XVIII

Als Platonida Iwanowna am nächsten Morgen zu ihm in die Stube trat, befand er sich noch in der nächtlichen Lage, aber die Schwäche war nicht vergangen – und er zog es vor im Bett zu bleiben. Es war besondere die Blässe seines Gesichts, welche Platonida Iwanowna mißfiel. – Was ist das nur, um Gottes Willen dachte sie; – keinen Tropfen Blut hat er im Gesicht, er mag keine Fleischbrühe, liegt da lächelt blos und versichert, darüber ganz gesund sei! Auch das Frühstück verschmähte er. – »Was ist nur mit Dir, Jascha?« – fragte sie ihn, – »hast Du wirklich die Absicht, den ganzen Tag so liegen zu bleiben?« – Nun, und wenn es so wäre?« – antwortete Aratow freundlich. Selbst diese Freundlichkeit gefiel Platonida Iwanowna nicht. Aratow hatte das Aussehen eines Menschen, der ein großes, für ihn äußerst angenehmes Geheimnis erfahren hat, und es eifersüchtig hütet. Die nächste Nacht erwartete er mit ebenso viel Ungeduld wie Neugier. – Was nun weiter? – fragte er sich; – was wird nun geschehen? – Er hatte aufgehört zu staunen und sich zu wundern; er zweifelte nicht, das er mit Klara in Berührung getreten sei. Auch nicht daran, daß sie sich gegenseitig lieben. Aber wohin führt denn solche Liebe? Er erinnerte sich jenes Kusses – und ein süßer, wunderbarer Schauer durchzog seine Glieder. – »Solch‘ einen Kuß« dachte er, »haben selbst Romeo und Julie nicht gewechselt! Ein ander Mal aber werde ich mich besser halten! . . . Ich werde mich ihrer bemächtigen . . . Sie kommt wieder, . . . mit dem Kranze aus kleinen Rosen auf ihren schwarzen Locken . . . «

– Und was weiter? Leben können wir doch nicht zusammen! – Also werde ich sterben müssen, um mit ihr vereint zu sein! Kam sie deshalb zu mir? und will sie mich aus diese Weise nehmen?

– Nun, . . . was wäre dabei? Wenn es gestorben sein muß, so stirbt man eben! . . . Der Tod schreckt mich nicht im Geringsten. Vernichten kann er mich ja doch nicht! Im Gegentheil, ich kann nur so, nur dort glücklich werden . . . so glücklich, wie ich ich nie im Leben war – und sie auch nicht. Beide sind wir ja »unberührt!« – Oh, dieser Kuß!

Platonida Iwanowna kam häufig zu Aratow in‘s Zimmer; sie beunruhigte ihn nicht mit Fragen, – sie blickte ihn blos an, flüsterte, seufzte – und ging wieder. Er wies sogar auch das Mittagsessen ab . . . Das war schon bedenklich . . . Die Alte wandte sich an den ihr bekannten Bezirksarzt, zu dem sie deshalb ein besonderes Vertrauen gefaßt hatte, weil er dem Tranke nicht ergeben war – und weil er eine Deutsche geheirathet hatte. Aratow staunte, als Platonida Iwanowna ihn hereinführte: aber sie bat so unermüdlich ihren Jaschenka, sich von Paramon Paramonytsch (so hieß der Arzt) untersuchen zu lassen, – nur um ihretwillen, – daß Aratow endlich einwilligte. Paramon Paramonytsch fühlte seinen Puls, betrachtete die Zunge, fragte nach Diesem und Jenem – und erklärte endlich, daß ein Auskurieren nothwendig sei. Aratow war in einer so gutmüthigen Stimmung, darüber auch darauf einging. Der Arzt entblößte vorsichtig seine Brust, klopfte behutsam und horchte: brummte etwas, verschrieb Tropfen und Mixtur, – hauptsächlich aber empfahl er Ruhe und Beseitigung heftiger Eindrücke. – »Das also ist‘s,« – dachte Aratow. – »Nun, Brüderchen, dazu ist‘s jetzt zu spät!« – Was mag nur mit Jascha sein? – fragte Platonida Iwanowna den Arzt, indem sie ihm beim Verlassen der Wohnung einen Drei-Rubelzettel einhändigte. Der Bezirksarzt, welcher, wie alle jüngeren Aerzte, besonders solche, welche Uniform tragen, mit gelehrten Terminas zu kokettieren liebte, erklärte, dass ihr Neffe alle dioptrischen Symtome einer nervösen Cardialgie, sowie auch sebris habe. – «Bitte, Väterchen, sprich einfach und deutlich,« sagte Platonida Iwanowna ohne Umstände, – »verschone mich mit Deinem Latein, Du bist nicht in der Apotheke!« – »Das Herz ist nicht in Ordnung,« erklärte der Arzt, »auch ein kleines Fieberchen ist vorhanden,« . . . und er wiederholte seinen Rath betreffs der Ruhe und Enthaltsamkeit. »Es ist doch keine Gefahr vorhanden?« – fragte Platonida Iwanowna streng (fange nur nicht wieder mit Deinem Latein an!). – »Vorläufig ist nichts zu befürchten!«

Der Arzt ging – und Platonida Iwanowna wurde trübsinnig, . . . schickte jedoch in die Apotheke um die Arznei holen zu lassen, welche aber Aratow, trotz ihrer Bitten, nicht einnahm. Er wies sogar ihren Brustthee von sich. – Was beunruhigen Sie sich nur so, mein Täubchen, sagte er ihr: – Ich versicherte Sie, ich bin jetzt der gesündeste und glücklichste Mensch auf der Welt! Platonida Iwanowna schüttelte den Kopf. Gegen Abend trat Fieberhitze ein; aber er bestand darauf, daß sie nicht bei ihm bleiben, sondern in ihr Schlafzimmer gehen solle. Platonida Iwanowna gehorchte, – entkleidete sich aber nicht und legte sich auch nicht hin: sie setzte sich in ihren Sessel, horchte nur immer und flüsterte ihr Gebet!

Eben war sie im Einschlummern begriffen, als plötzlich ein fürchterlicher, durchdringender Schrei sie erweckte. Sie sprang auf, eilte in Aratow‘s Stube, – und fand ihn, wie gestern, auf der Diele liegend.

Diesmal aber kam er nicht wieder, wie gestern, zu sich. Noch in derselben Nacht brach ein Nervenfieber aus, welches durch eine Herzentzündung verschlimmert wurde.

Nach wenigen Tagen starb er.

Seine zweite Ohnmacht war von einem sonderbaren Umstand begleitet. Als man ihn aufgehoben und zu Bette gebracht hatte, fand man in seiner zusammengeballten, rechten Hand – ein Büschelchen schwarzer Frauenhaare. Woher waren diese Haare gekommen? Anna Ssemjonowna hatte solch‘ einen Büschel von Klaras Haaren; zu welchem Zwecke aber hätte sie wohl Aratow ein ihr so theueres Andenken geben sollen? – Oder hatte sie es vielleicht in das Tagebuch gelegt und es dann vergessen?

Während der Fieberphantasien, die seinem Tode vorangingen, nannte er sich einen »Romeo nach der Vergiftung;« sprach von geschlossener und vollzogener Ehe; sagte, darüber jetzt wisse, was Wonne sei. Für Platoscha war der Moment am Schrecklichsten, als Aratow, zum Bewusstsein zurückgekehrt, ihr sagte: »Tantchen, weshalb weinst Du? . . . Weinst Du, weil ich sterben muß? Weist Du denn nicht, dass die Liebe stärker ist als der Tod? . . . Tod! Tod, wo ist dein Stachel!? . . . Nicht weinen, – freuen müssen Sie sich, – so wie ich mich freue!«

Und auf dem Antlitze des Sterbenden erglänzte wieder dasselbe selige Lächeln, welches der armen Alten schon soviel Schmerz verursacht hatte.

Bougival, Oktober 1882.