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Ein Briefwechsel

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»In fernhin wirbelnder Wolke
»Steigt auf der Staub vor mir.
»Ist‘s Wanderer oder Reiter,
»Der sich verhüllt in ihr?
»Doch siehe, auf flüchtigem Rosse
»Sprengt Jemand des Weges dahin . . .
»O Freund, mein Freund in der Ferne,
»Bleib‘ mein mit liebendem Sinn!«
 

Sie schwiegen . . . Wir fuhren Alle auf, als ob ein Hauch der Liebe unsere Herzen berührt hätte, und Jeder von uns – ich bin dessen gewiß – richtete unwillkürlich den Blick in die Ferne, in jene ungekannte Ferne, von der aus die Fata Morgana der Glückseligkeit aus dem Nebel erglänzt. Und doch, begreifen Sie diesen Widerspruch? Was hatten wir in der Ferne zu suchen? Waren wir denn nicht in einander verliebt? War denn das Glück uns nicht »so nah, so möglich?«1 Und weßhalb betraten wir das ersehnte Ufer nicht? – Weil die Lüge Hand in Hand mit uns ging, weil sie unsere besten Gefühle vergiftete, weil Alles in uns Kunst und Verstellung war, weil wir einander gar nicht liebten, uns nur zu lieben zwangen und einbildeten . . .

Doch genug, genug! Wozu alte Wunden aufreißen? Es ist ja doch Alles unwiederbringlich verloren. Was in unserer Vergangenheit Gutes war – die Erinnerung daran hat mich tief aufgeregt und mit dieser nehme ich heute Abschied von Ihnen. Es ist ohnehin Zeit, diesen langen Brief zu schließen. Ich will gehen, die Maienluft einathmen, die man hier zu Lande wie einen, die Trockenheit und Strenge des Winters durchbrechenden, feuchtwarmen Hauch des Frühlings empfindet. Leben Sie wohl!

Ihr A. S.

VII.
Maria Alexandrowna an Alexei Petrowitsch

Dorf . . . , den 20. Mai 1840.

Ihren Brief, Alexei Petrowitsch, habe ich erhalten, und wissen Sie, welches Gefühl er in mir erregte? – Unwillen! . . . ja! geradezu Unwillen! . . . und ich will Ihnen auch gleich erklären, weßhalb eben dieses Gefühl. Nur Eines ist schade dabei: ich bin nicht geübt in der Feder, habe selten geschrieben und verstehe es nicht, meine Gedanken treffend und in wenig Worten auszudrücken. Sie werden aber, hoffe ich, mir dabei zu Hilfe kommen. Sie werden mich zu verstehen suchen, wenn auch nur, um zu erfahren, weßhalb ich Ihnen zürne.

Sagen Sie mir – Sie sind ja ein verständiger Mann – haben Sie sich jemals gefragt, was eine russische Frau ist, welches ihr Schicksal, ihres Stellung in der Welt – mit einem Worte, welches ihr Leben ist? Ich weiß nicht, ob Sie Zeit gehabt haben, sich diese Frage vorzulegen, und kann mir nicht vorstellen, wie Sie sie beantwortet haben mögen . . . Vielleicht wäre ich im Stande, Ihnen mündlich meine Gedanken darüber mitzutheilen, auf dem Papiere aber werde ich es kaum vermögen. Doch, gleichviel! Sie werden mir gewiß zugeben, daß wir Frauen, wenigstens diejenigen unter uns, welche nicht in die alltäglichen Sorgen des häuslichen Lebens aufgehen, ihre allendliche Bildung von Ihnen – den Männern – erhalten; Sie üben einen starken, mächtigen Einfluß auf uns. Was aber machen Sie aus uns? Ich spreche zunächst von den jungen Mädchen, namentlich von denjenigen, welche, wie ich, in ländlicher Abgeschiedenheit leben, und deren giebt es viele in Rußland. Ja, die Andern kenne ich überhaupt nicht und kann daher über sie nicht urtheilen. Stellen Sie sich ein solches Mädchen vor; seine Erziehung ist vollendet, es beginnt zu leben, sich zu amüsiren; das Vergnügen allein aber genügt ihm nicht, es verlangt mehr vom Leben; es liest, phantasirt . . . über die Liebe – immer nur über die Liebe allein, werden Sie sagen . . . Angenommen, dem sei so . . . Dieses Wort hat aber für die Jungfrau eine große Bedeutung. (Ich wiederhole, daß ich nicht von einer solchen spreche, die überhaupt zum Denken faul oder unfähig ist.) Sie blickt verlangend in‘s Leben hinein, auf ihn harrend, nach dem ihre Seele sich sehnt . . . endlich erscheint er, sie ist ganz Hingebung, sie ist in seinen Händen wie weiches Wachs. Alles – Glück, Liebe und Gedanke – Alles stellt sich mit ihm zugleich ein; alle Bangigkeit ist dahin, alle Zweifel sind durch ihn gehoben; aus seinem Munde scheint die Wahrheit selbst zu reden. Sie empfindet Ehrfurcht vor ihm, schämt sich ihres Glückes, lernt von ihm, liebt ihn. Seine Macht über sie ist grenzenlos! . . . Wäre er ein Held, er könnte sie zur Begeisterung entflammen , er könnte sie bereden , sich selbst zu opfern, und jedes Opfer würde sie freudig bringen! Aber unsere Zeit bringt keine Helden hervor . . . Dennoch aber lenkt er sie, wohin es ihm gefällt; sie hat Interesse nur für das, was ihn beschäftigt, jedes seiner Worte trifft ihre Seele; sie weiß ja noch nicht, wie nichtig, leer und falsch ein Wort sein kann, wie wenig es Demjenigen kostet, der es ausspricht, und wie geringen Glauben es verdient. Nach diesen ersten Stunden von Glückseligkeit und Hoffnung folgt nur zu häufig in Folge der Verhältnisse (die Verhältnisse tragen immer die Schuld) – die Trennung. Es soll Beispiele gegeben haben, daß zwei verwandte Seelen, nachdem sie sich gefunden, sich sogleich unzertrennlich mit einander verbanden; daraus soll aber auch nicht immer Glück erwachsen sein . . . so hörte ich, indeß – was ich nicht selbst erlebt habe, darüber rede ich nicht. Daß aber die kleinlichste Berechnung und das glühendste Entzücken vereint in einem jungen Herzen leben können – das habe ich leider selbst erfahren. – Also, sagte ich, es erfolgt eine Trennung. . . Glücklich dann das Mädchen, welches sogleich erfährt, daß Alles vorbei ist, das sich nicht in Träumen der Erwartung wiegt! Aber Ihr, starke, gerechte Männer, Ihr habt in der Regel nicht das Herz, ja , nicht einmal den Wunsch , uns die Wahrheit zu sagen . . . Euch ist es bequemer, uns zu betrügen . . . obgleich ich allenfalls auch glauben will, daß Ihr zugleich mit uns Euch selbst beträgt . . . Also eine Trennung! Diese zu ertragen, kann schwer oder auch leicht sein. Wäre der Glaube an ihn, den man liebt, fest und unerschütterlich, so würde die Seele den Schmerz der Trennung bewältigen . . . ja, ich möchte sagen: erst jetzt, in ihrer Verlassenheit, würde sie die Wonne der Einsamkeit erkennen, einer Einsamkeit, aus deren Schooß Erinnerungen und Gedanken emporsteigen; erst jetzt würde sie sich selbst erkennen, sich sammeln, erstarken . . . in den Briefen des fernen Freundes eine Stütze finden, in den eigenen, vielleicht zum ersten Male, sich ganz aussprechen . . . Wie aber zwei Menschen, welche von der Quelle eines Flusses an den verschiedenen Ufern desselben fortschreiten, sich anfangs noch die Hand entgegenstrecken, dann sich nur noch mit der Stimme erreichen können und sich endlich ganz aus den Augen verlieren, so werden auch zwei Wesen oft durch die Trennung ganz von einander gerissen. Sie werden mir einwenden: Was weiter! es war eben nicht ihre Bestimmung, zusammen zu gehen. . . Ja! für den Mann ist es ein Leichtes, ein neues Leben zu beginnen, die ganze Vergangenheit von sich abzuschütteln, die Frau kann das nicht. Nein, sie vermag nicht ihr ganzes vergangenes Leben von sich zu werfen, sich nicht von der Scholle, auf der sie Wurzel faßte, loszureißen – nein, tausend Mal nein! Und welches ist das bejammernswerthe Ende dieses Drama‘s? Allmälig die Hoffnung und den Glauben an sich selbst verlierend – wie schwer das aber ist, können Sie nicht ermessen – vergeht und welkt sie einsam dahin, sich nur noch krampfhaft an ihre Erinnerungen anklammernd und sich von Allem, was die Gegenwart ihr bietet, abwendend . . . Und er? . . . Sehet doch zu, wohin er unterdeß gerathen ist! Hielt er es wohl der Mühe werth, auch nur einmal stehen zu bleiben und einen Blick rückwärts zu thun? Was hinter ihm liegt, ist für ihn abgethan!i Bisweilen zwar regt sich in ihm plötzlich der Wunsch, dem früheren Gegenstande seiner Liebe wieder zu begegnen, er sucht ihn vielleicht gar absichtlich auf . . . Aber, mein Gott, aus welch‘ kleinlichen Motiven! Aus seinem höflichen Mitleiden, aus seinen angeblich freundschaftlichen Rathschlägen, aus seiner herablassenden Erklärung des Vergangenen hört man immer nur das Bewußtsein seiner Ueberlegenheit heraus. Es ist ihm so angenehm und erfreulich, sich jeden Augenblick selbst einzugestehen, wie klug und gut er sei! Und wie wenig begreift er, was er gethan! Wie meisterhaft versteht er es, nicht zu begreifen, was in dem Herzen der Frau vorgeht, und in wie beleidigender Weise bemitleidet er sie, wenn er es begreift. . . Woher nun soll sie die Kraft nehmen, das Alles zu er tragen? Bedenken Sie noch, daß ein Mädchen, bei dem sich zu ihrem Unglück die Gedanken im Kopf zu regen beginnen, wenn es anfängt zu lieben und dem Einflusse eines Mannes unterliegt, sich meistens unwillkürlich seiner Familie, seinen Bekannten entfremdet. Zwar fand es auch früher in dem Zusammensein mit ihnen keine volle Befriedigung, aber es lebte in gewohntem Geleise fort und verbarg in seiner Seele alle seine unantastbaren Geheimnisse. Nun aber wird der Bruch bemerkbar . . . Sie hören auf, die Jungfrau zu verstehen und sind bereit, alle ihre Handlungen zu beargwöhnen. Anfänglich wird sie davon gar nicht berührt, später aber, später, wenn sie wieder allein dasteht, wenn das, was sie erstrebt und wofür sie Alles geopfert hat, wenn ihr ganzer Himmel ihr verloren und alles Nahe, fast schon Erreichte in weite Ferne entrückt ist, – was bleibt ihr dann noch, woran sie sich aufrecht erhalten könnte? – Spott, Anspielungen, den faden Triumph eines groben, sogenannten gesunden Menschenverstandes erträgt sie allenfalls noch . . . was soll sie aber anfangen, wohin ihre Zuflucht nehmen, wenn die eigene innere Stimme ihr zuzuflüstern beginnt, daß jene Alle Recht hatten, daß sie allein sich geirrt, daß ein Leben in der Wirklichkeit, es sei, wie es wolle, immer noch besser ist, als eine Welt der Phantasie, wie Gesundheit besser als Krankheit . . . wenn die Lieblingsbeschäftigungen, die Lieblingsbücher sie anwidern, Bücher, aus denen sich, kein Glück herauslesen läßt – was, glauben Sie, was kann sie dann noch aufrecht erhalten? Wie soll man in einem solchem Kampfe nicht unterliegen? wie leben und zu leben fortfahren in solcher Oede? Sich besiegt geben und wie ein Bettler den Fremden, Gleichgültigen die Hand entgegenstrecken, flehend, daß wenigstens sie Einem diejenige Theilnahme schenken möchten, welche entbehren zu können das stolze Herz sich einstmals einbildete . . . Das« Alles ließe sich noch ertragen, aber sich selbst lächerlich finden in demselben Augenblick, in welchem man heiße, heiße Thränen vergießt. . . ach, davor bewahre Gott Jeden! . . . Meine Hände zittern und ich fiebere. . . mein Gesicht glüht. . . Es ist Zeit zu schließen . . . Ich sende diesen Brief so schnell als möglich ab, so lange ich mich meiner Schwachheit noch nicht schäme. Aber um Gottes Willen, in Ihrer Antwort nicht ein Wort, hören Sie, nicht ein Wort des Mitleids, sonst schreibe ich Ihnen nie wieder. Verstehen Sie mich: ich möchte nicht, daß Sie diesen Brief für den Erguß einer unverstandenen Seele hielten, welche sich beklagt . . . Ach! mir ist Alles gleicht Leben Sie wohl.

 
M.
1Ein den russischen Lesern sehr geläufiges Citat aus Puschkin’s »Onegin«.