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Ein Ausflug in die Waldregion

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»Ha, ha, ha, ha!« ließ sich plötzlich eine gedehnt schreiende Stimme hören; ein Hirt trieb seine Heerde durch das kleine Gehölz; eine dunkelbraune Kuh mit scharfen kurzen Hörnern brach geräuschvoll durch das Gebüsch und blieb dann wie angewurzelt am Saume des Durchhaus stehen, mit großen, dunkeln Augen meinen vor mir hinlaufenden Hund anglotzend. Der Wind wehte mir den feinen scharfen Geruch verbrannten Holzes zu und weiße Rauchwölkchen wirbelten fern durch die hellblaue Luft des Waldes empor. Da brannte gewiß ein Bauer Kohlen für irgend eine Glashütte oder Fabrik. Je weiter wir vordrangen, desto dumpfer und stiller ward es um uns her. Im Nadelwalde ist es immer still, nur oben, hoch über unserm Haupte geht ein getragenes Murmeln und feierliches Rauschen durch die Wipfel . . . Man schreitet fort, immer weiter, und dieses ewige Murmeln des Waldes will nicht aufhören, und dem Herzen fängt’s ein wenig an bange zu werden, und der Mensch sehnt sich hinaus inʼs Freie, anʼs Licht, und wünscht einmal wieder aus voller Brust aufzuathmen nach diesem fast erstickenden Geruche der Fäulniß und Feuchtigkeit . . .

Etwa fünfthalb Stunden fuhren wir fast immer im Schritt; nur selten kamen die Pferde ein wenig in’s Laufen. Ich wollte noch vor Nacht das Dorf Sswjatoje erreichen, welches gerade in der Mitte des Waldes liegt. Ein paarmal begegneten uns Bauern, welche ihre Telega mit Lindenbast, oder langen Balken beladen hatte.

– Ist es noch weit bis Sswjatoje? fragte ich einen von ihnen.

– Nein, nicht weit.

– Wie weit denn ungefähr?

– Nun, ein Stündchen etwa.

Ueber anderthalb Stunden fuhren wir weiter, immer weiter, ohne ein Dorf zu gewahren. Da knarrte uns wieder eine beladene Telega entgegen. Der Bauer ging zu Fuß nebenher.

– Wie weit, Bruder, ist’s noch bis Sswjatoje?

– Bis wohin?

– Bis Sswjatoje.

– Nicht ganz dritthalb Stunden.

Die Sonne ging schon unter, als ich endlich aus der Waldung hinauskam und das kleine Dorf vor mir sah. Etwa zwanzig Gehöfte drängten sich um eine alte hölzerne Kirche mit einer einzigen grünen Knppel und kleinen verwitterten Fenstern, welche im Abendroth glüheten.

Das war Sswjatoje.

Ich fuhr auf einem Umwege hinein. Die heim- kehrende Heerde holte meinen Tarantaß ein und zog brüllend, grunzend und blöckend vorüber. Junge Mädchen und geschäftige alte Weiber gingen den ihnen gehörigen Vierfüßlern der Gemeindeheerde entgegen; weißköpfige Knaben jagten mit lästigem Geschrei hinter den ungehorsamen Ferkeln her; der Staub wirbelte die Straße entlang in leichten Wölkchen auf, die höher steigend sich roth färbten.

Ich stieg beim Starosta ab, einem schlauen und klugen »Wäldler» von der Gattung derjenigen Waldbewohner, welche für so gewitzt gelten, daß man von ihnen sagt, sie sehen zwei Ellen tief unter die Erde.

Am andern Morgen machte ich mich früh in einer mit zwei dickbäuchigen Bauernpferden bespannten Telega, begleitet von einem Sohne des Starosta und einem andern Bauern, Namens Jegor, auf den Weg, um Auerhühne und Haselhühner zu jagen. Der Wald umbaute, so weit das Auge reichte, den ganzen Himmelssaum in der Runde, nicht mehr als höchstens zehn Morgen Ackerland zogen sich um das Dorf Sswjatoje hin. Um an gute Plätze zu kommen, mußte man zwei Stunden weit fahren.

Der Sohn des Starosta, Konrad, war ein blonder, rothwangiger Bursche von sehr gutmüthigem Gesichtsausdruck, dienstfertig und geschwätzig. Er lenkte die Zügel, während Jegor mir zur Seite saß. Ueber diesen muß ich ein paar Worte sagen.

Er galt für den besten Jäger in der ganzen Umgegend, die er sieben Meilen in der Runde aus Schritt und Tritt kannte. Nur selten schoß er auf einen Vogel, weil es ihm an Pulver und Blei fehlte; er begnügte sich damit, die Haselhühner durch täuschende Töne an sich zu locken, den Ruf der Schnepfen nachzuahmen. Jegor stand im Rufe eines wahrheitsliebenden und schweigsamen Mannes. In der That sprach er nicht gernen und nie übertrieb er die Zahl des aufgefundenen Wildprets, ein Zug, der bei Jägern von Profession selten genug vorkommt. Er war von mittlerem Wuchs, mager, hatte ein langgezogenes, bleiches Gesicht und große, ehrliche Augen. Alle seine Züge, und besonders die regelmäßigen, immer unbeweglichen Lippen athmeten unerschütterliche Ruhe. Sprach er einmal ein Wort, so war dies von einem gleichsam innerlichen Lächeln begleitet – und dieses stille Lächeln stand ihm ausnehmend gut. Er trank keinen Wein und war ein fleißiger Arbeiter, allein er konnte auf keinen grünen Zweig kommen; seine Frau kränkelte fortwährend, seine Kinder starben; einmal inʼs Unglück hineingerathen, fand er keinen Ausweg mehr. Und dann ist unleugbar die Leidenschaft zur Jagd wenig passend für einen Bauern; wer mit dem Gewehre handthiert, pflegt ein schlechter Wirth zu sein. Vielleicht war es in Folge seines beständigen Lebens im Walde, Auge in Auge mit der melancholischen und strengen Natur jenes menschenscheuen Landes, vielleicht auch in Folge seiner eigenthümlichen Gemüthsanlage, daß alle seine Bewegungen einen gewissen zurückhaltenden Ernst offenbarten, wirklichen Ernst – kein träumerisches Wesen – den Ernst eines mächtigen Edelhirsches. Er hatte im Laufe seines Jägerlebens sieben Bären erlegt, auf dem Anstande »beim Hafer.« Das letzte Mal hatte er sich erst in der vierten Nacht entschlossen, sein Gewehr abzufeuern, da der Bär ihm niemals schußgerecht stand und er nur eine einzige Kugel besaß. Jegor erlegte ihn am Abend vor meiner Ankunft. Als Konrad mich zu ihm führte, fand ich ihn im Hinterhofe seines Hauses; auf den Fersen vor dem gewaltigen Thiere sitzend, war er eben beschäftigt, mit einem kurzen, stampfen Messer das Fett auszuschneiden.

– Wie hast du dies Unthier erlegt? fragte ich. Jegor erhob den Kopf, warf erst mir einen Blick zu – und betrachtete dann aufmerksam meinen Hund.

– Wenn Sie jagen wollen, in Moschnoi giebtʼs Auerhähne, drei Braten, und Haselhühner fünf Ketten – murmelte er, sich wieder an seine Arbeit machend.

Mit diesem Jegor und mit Konrad fuhr ich am andern Tage auf die Jagd. Rasch holperten wir über das Ackerland hin, welches Sswjatoje umspannt, als wir aber in den Wald einbogen, gings wieder langsamer vorwärts.

– Dort sitzt eine Holztaube, sagte plötzlich Konrad, sich zu mir wendend, – die wäre gut zu treffen!

Jegor sah nach der Richtung, wohin Konrad gezeigt hatte, und sagte nichts. Der Vogel saß über hundert Schritt von uns entfernt, aber schon auf vierzig Schritt wäre er nicht zu tödten gewesen, so stark ist sein Gefieder.

Der redselige Konrad machte noch einige Bemerkungen, aber bald beachte die Waldesruhe auch ihn zum Schweigen. Nur selten noch ein Wort wechselnd, vor uns hinspähend und das Keuchen und Schnauben der Pferde hörend, erreichten wir endlich Moschnoi. Dies war der Name eines dichten Kieferwaldes, hin und wieder von Tannengruppen unterbrochen.

Wir stiegen aus. Konrad suchte im Dickicht ein Obdach für die Pferde, um sie vor den Mückenschwärmen zu schützen. Jegor untersuchte den Hahn seiner Flinte und bekreuzigte sich; nie unternahm er etwas, ohne das Zeichen des Kreuzes zu machen.

Der Wald, in welchen wir eintraten, war uralt, Ich weiß nicht, ob ihn schon die Tataren durchzogen bei ihren Einfällen in Rußland, aber einheimische Räuber und litthauische Horden haben in den alten Zeiten der Kriege und des Aufruhrs sicher oft genug Unterkommen und Schutz in seinen Schlupfwinkeln gefunden.

In ehrerbietiger Entfernung von einander erhoben sich massenhaft gewaltige Kiefern, deren etwas gekrümmte Stämme hellgelb schimmerten; dazwischen drängten sich jüngere Bäume mit schlankem elastischen Schäften. Ein grünliches Moos, ganz mit abgefallenen Kiefernadeln durchsäet, bedeckte die Erde. In üppigster Fülle wucherte die Sumpfbeerstaude, deren starker Geruch, dem Bisam oder Moschus ähnlich, förmlich das Athmen erschwerte. Die Sonne vermochte das hohe, dichte Geflecht der Nadelzweige nicht zu durchdringen, trotzdem war es im Walde bei aller dumpfen Schwüle nicht dunkel. Wie dicke Schweißtropfen quoll durchsichtiges Harz aus der knorrigen Baumrinde langsam und schwerfällig hernieder. Die unbewegliche Luft, ohne Schatten und Licht, brannte im Gesichte. Tiefe Stille ringsum; selbst unsere Schritte waren nicht zu hören; wir gingen auf dem Moose wie auf einem Teppich; besonders Jegor bewegte sich geräuschlos wie ein Schatten; selbst das trockene Reisig und Laub unter seinen Füßen knisterte und raschelte nicht. Er schritt behende, ohne zu eilen, hin und wieder pfeifend, Vogelstimmen nachahmend. Alsbald gab ein Haselhuhn Antwort und tauchte vor meinen Augen in eine dichte Tanne nieder; allein vergebens machte mich Jegor darauf aufmerksam: wie sehr ich auch meine Augen anstrengte und spähete, ich konnte das Hahn nicht erblicken und Jegor selbst Mußte es schießen. Wir fanden auch ein paar Auerhahnbruten; aber die vorsichtigen Vögel flogen fern auf mit schwerem, lautem Getöse; es gelang uns nur drei Junge zu tödten. Bei einem Maidan (Platz im Walde, wo Theer bereitet wird) blieb Jegor plötzlich stehen und winkte mich zu sich.