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Drei Portraits

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– Liebe Mutter! ließ sich Wassili‘s metallne Stimme hören. – Sie haben mir das Versprechen gegeben, sie nicht unfreundlich zu behandeln.

– Ich fordere . . . so bekenne denn . . . bekenne . . . ist es wahr? wahr?

– Mutter . . . bedenken Sie doch . . . erinnern Sie sich, brachte Wassili langsam hervor,

Dieß eine Wort erschütterte heftig Anna Pawlowna. Sie fiel in den Sessel zurück und brach in Thränen aus.

Olga Iwanowna erhob langsam den Kopf und wollte sich der Alten zu Füßen werfen, Wassili jedoch hielt sie zurück, hob sie vom Boden auf und ließ sie auf einen anderen Stuhl niedersitzen. Anna Pawlowna fuhr fort zu weinen und unverständliche Worte vor sich hin zu murmeln . . .

– Hören Sie doch, liebe Mutter-« fuhr Wassili fort. Sie nehmen sich‘s gar zu sehr zu Herzen; das Unglück läßt sich noch gut machen . . . Wenn Rogatschèw . . .

Olga Iwanowna fuhr zusammen und richtete sich empor.

– Wenn – fuhr Wassili mit einem bedeutungsvollen Blick auf Olga Iwanowna fort: – wenn Rogatschèw glaubt, er könne ungestraft Schande über eine ehrliche Familie bringen . . .

Olga Iwanowna wurde von Schauder ergriffen.

– In meinem Hause! stöhnte Anna Pawlowna.

– Beruhigen Sie sich, liebe Mutter. Er hat ihre Unerfahrenheit, ihre Jugend sich zu Nutzen gemacht . . . Sie wollen Etwas sagen? warf er dazwischen, als er bemerkte, daß Olga sich zu ihm wandte . . .

Olga Iwanowna fiel in ihren Sessel zurück.

– Ich fahre sogleich zu Rogatschèw. Ich werde ihn zwingen, heute noch zu heirathen. Seien Sie versichert, ich werde nicht zugeben, daß wir durch ihn zum Gespötte werden . . .

– Aber . . . Wassili Iwanowitsch . . . Sie . . . flüsterte Olga.

Er sah sie lange und kalt an. Sie verstummte abermals.

– Liebe Mutter, geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie bis zu meiner Rückkehr sie nicht beunruhigen werden. Werfen Sie einen Blick auf sie – sie ist halbtodt. Und auch Sie bedürfen der Ruhe. Verlassen Sie sich auf mich; ich stehe für Alles; auf jeden Fall warten Sie meine Rückkehr ab. Ich sage es Ihnen noch ein Mal – machen Sie sich nicht, machen Sie ihr nicht das Herz schwer – und vertrauen Sie auf mich.

Er näherte sich der Thür und blieb stehen.

– Mutter, sagte er: – kommen Sie mit mir, lassen Sie sie allein, ich bitte Sie, Anna Pawlowna stand auf, trat vor das Heiligenbild, that eine Knieebeugung und folgte still ihrem Sohne. Schweigend und regungslos folgte ihr Olga Iwanowna mit dem Blicke. Wassili kehrte rasch um, faßte sie bei der Hand, flüsterte ihr in‘s Ohr: »hoffen Sie auf mich und verrathen Sie uns nicht,« und entfernte sich eilig . . .

– Boursier! rief er, die Treppe behend hinabsteigend. – Boursier!

Eine Viertelstunde darauf saß er bereits mit seinem Diener in der Calesche.

Der alte Rogatschèw war an jenem Tage nicht zu Hause. Er war in die Kreisstadt gefahren, um Stoffe zur Bekleidung seines Hausgesindes einzukaufen. Pawel Afanasjewitsch saß in seinem Cabinete und betrachtete eine Sammlung verschossener Schmetterlinge. Mit hinaufgezogenen Augenbrauen und vorgestreckten Lippen arbeitete er vorsichtig mit einer Stecknudel an den zerbrechlichen Flügeln eines »Nachtfalters« als er plötzlich auf seiner Schulter eine nicht große, aber schwere Hand spürte. Er sah sich um – vor ihm stand Wassili.

– Guten Tag, Wassili Iwanowitsch, sagte er, nicht ohne einiges Befremden.

Wassili blickte ihn an und setzte sich vor ihm auf einen Stuhl.

Pawel Afanasjewitsch wollte lächeln . . . als er jedoch einen Blick auf Wassili warf, verlor er den Muth, blieb mit offenem Munde sitzen und faltete die Hände.

– Sagen Sie doch, Pawel Afanasjewitsch, redete ihn plötzlich Wassili an: – gedenken Sie bald Ihre Hochzeit zu feiern?

– Ich? . . . bald . . . freilich . . . ich, von meiner Seite . . . übrigens, wie Sie und Ihre Schwester . . . ich meinerseits bin bereit, schon morgen.

– Vortrefflich, vortrefflich. Sie sind sehr eilig, Pawel Afanasjewitsch.

– Wie das?

– Hören Sie, fuhr Wassili Iwanowitsch sich erhebend fort: – ich weiß Alles; Sie verstehen mich, und ich befehle Ihnen, ohne Verzug Olga zu heirathen.

– Erlauben Sie, erlauben Sie, das ist aber – entgegnete Rogatschèw, ohne von seinem Stuhle aufzustehen: – Sie befehlen mir? ich habe selbst um Olga Iwanowna‘s Hand angehalten, und man braucht mir nichts zu befehlen . . . ich gestehe, Wassili Iwanowitsch. ich verstehe Sie nicht recht.

–– Du verstehst mich nicht?

– Nein, wahrhaftig, ich verstehe Sie nicht.

– Gibst Du mir Dein Wort, sie morgen zu heirathen?

– Aber ich bitte Sie, Wassili Iwanowitsch . . . waren Sie es denn nicht, der schon mehrmals unsere Hochzeit aufgeschoben hat? Ohne Sie hätte die Hochzeit schon längst stattgefunden. Auch jetzt fällt es mir gar nicht ein, mein Wort zurückzunehmen. Was bedeuten also Ihre Drohungen, Ihre dringenden Forderungen?

Pawel Afanasjewitsch wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn.

– Giebst Du mir Dein Wort? sprich: ja oder nein? wiederholte Wassili gedehnt.

– Recht gern gebe ich es . . . aber . . .

– Gut. Denke daran . . . Sie hat Alles eingestanden.

– Wer hat eingestanden?

– Olga Iwanowna.

– Was hat sie denn eingestanden?

– Warum wollen Sie sieh denn vor mir verstellen, Pawel Afanasjewitsch! Ich bin ja doch kein Fremder für Sie.

– Worin verstelle ich mich denn? ich verstehe Sie nicht, verstehe Sie nicht, verstehe Sie ganz und gar nicht. Was hat denn Olga Iwanowna gestehen können?

– Was? Sie werden mir langweilig! Das wissen Sie schon.

– Gott nehme mir das Leben . . .

– Nein, ich werde es Dir nehmen – wenn Du sie nicht heirathest . . . hast Du verstanden?

– Wie! . . . Pawel Afanasjewitsch sprang auf und blieb vor Wassili stehen. – Olga Iwanowna . . . sagen Sie . . .

– Du hast es hinter den Ohren, mein Bester, das muß ich gestehen; – Wassili klopfte ihm auf die Schulter: – und still wie das Wasser . . .

– Mein Gott, mein Gott! Sie machen mich verrückt . . . Was wollen Sie sagen, erklären Sie sich, um des Himmelswillen!

Wassili beugte sich zu ihm und rannte ihm Etwas in‘s Ohr.

Rogatschèw schrie auf: Was? . . . ich? . . .

Wassili stampfte mit dem Fuße.

– Olga Iwanowna? Olga? . . .

– Ja nun . . . Ihre Braut . . .

– Meine Braut . . . Wassili Iwanowitsch . . . sie . . . sie . . . Nichts will ich wissen von ihr, schrie Pawel Afanasjewitsch. – Das fehlte noch! für wen halten Sie mich denn? Mich betrügen – mich betrügen . . . Olga Iwanowna. . . fürchtet sie denn Gott nicht? schämt sie sich denn nicht? . . . (Thränen entströmten seinen Augen). – Danke Ihnen, Wassili Iwanowitsch, danke Ihnen . . . Ich aber will nunmehr nichts von ihr wissen! Nichts! Nichts! und sagen Sie mir kein Wort . . . Ach, du lieber Himmel – wie konnte ich so etwas erwarten! . . . Gut, oh sehr gut!

– Hören Sie doch auf, Unsinn zu schwatzen, warf Wassili Iwanowitsch kaltblütig ein. – Denken Sie daran, Sie haben mir Ihr Wort gegeben: morgen die Hochzeit.

– Nein, das wird nicht sein! Lassen Sie mich, Wassili Iwanowitsch, ich muß Ihnen nochmals sagen —für wen halten Sie mich? viel Ehre: unseren unterthänigsten Dank. Nehmen Sie mir’s nicht übel.

– Nach Belieben! erwiederte Wassili. – Holen Sie Ihren Degen.

– Wie, meinen Degen . . . warum einen Degen?

– Warum? Da, sehen Sie, warum.

Wassili zog seinen feinen, elastischen, französischen Degen aus der Scheide und bog ihn leicht gegen den Boden.

– Sie wollen sich . . . mit mir . . . schlagen . . .

– Ganz recht.

– Aber, Wassili Iwanowitsch, bedenken Sie doch, versetzen Sie sich in meine Lage. Wie kann ich denn, urtheilen Sie selbst, nach dem, was Sie mir mitgetheilt haben . . . ich bin ein Mann von Ehre, Wassili Iwanowitsch, ich bin Edelmann.

– Sie sind Edelmann, sind Ehrenmann – gut, ich fordere Sie heraus.

– Wassili Iwanowitsch!

– Sie haben Furcht, wie mir däucht, Herr Rogatschèw?

– Ich habe keine Furcht, Wassili Iwanowitsch. Sie glaubten mich einzuschüchtern, Wassili Iwanowitsch. Na, ich will ihm die Hölle heiß machen, dachten Sie, dann bekommt er gleich Angst und geht auf Alles ein . . . Nein. Wassili Iwanowitsch, ich bin Edelmann, wie Sie obgleich ich nicht in einer Hauptstadt erzogen worden bin, das ist wahr, und es wird Ihnen nicht gelingen, mir Furcht einzujagen, nehmen Sie mir‘s nicht übel.

– Sehr wohl, entgegnete Wassili, wo ist denn Ihr Degen?

– Jeroschka! rief Pawel Afanasjewitsch.

Ein Diener trat ein.

– Hol’ meinen Degen – er liegt dort – Du weißt, unter dem Dache . . . schnell . . .

Jeroschka ging hinaus, Pawel Afanasjewitsch wurde plötzlich sehr bleich, warf seinen Schlafrock ab, zog einen Rock von bräunlich-rother Farbe mit großen Glasknöpfen an, und band ein Halstuch um . . . Wassili sah ihm zu und knackte mit den Fingern der rechten Hand.

– Nun, wie steht‘s? schlagen wir uns, Pawel Afanasjewitsch?

– Soll es sein, so mag es sein, entgegnete Rogatschèw und knöpfte seine Weste eilig zu.

– He, Pawel Afanasjewitsch, folge meinem Rathe: heirathe . . . heirathe . . . was schiert Dich . . . Ich, glaube mir‘s, ich . . .

– Nein, Wassili Iwanowitsch, fiel Rogatschèw ihm in‘s Wort. – Ich weiß, entweder stoßen Sie mich nieder, oder Sie machen mich zum Krüppel, meine Ehre soll aber unangetastet bleiben, lieber todt!

Jeroschka trat herein und überreichte Rogatschèw zitternd einen alten, elenden Degen in einer ganz schadhaften, ledernen Scheide. Zu jener Zeit trugen alle Edelleute, wenn sie gepudert waren, den Degen; Landedelleute puderten sich aber höchstens ein paar Male im Jahre. Jeroschka zog sich nach der Thür zurück und begann zu weinen, Pawel Afanasjewitsch stieß ihn zum Zimmer hinaus.

– Es ist nun Alles gut, Wassili Iwanowitsch, bemerkte Rogatschèw mit einiger Verwirrung: – ich kann mich aber nicht auf der Stelle mit Ihnen schlagen; erlauben Sie, unser Duell auf morgen zu verschieben; mein Vater ist nicht zu Hause, und auf alle Fälle könnte es nicht schaden, wenn ich meine Angelegenheiten vorher in Ordnung brächte.

 

– Sie riechen wieder Lauten, wie ich bemerke, mein lieber Herr.

– Oh nein, nein, Wassili Iwanowitsch; urtheilen Sie aber selbst . . .

– Hören Sie, schrie Lutschinow ihn an: – Sie bringen mich um die Geduld . . . Entweder geben Sie mir Ihr Wort, daß Sie auf der Stelle heirathen, oder wir schlagen uns . . . oder ich walke Sie, wie eine feige Memme, mit dem Stocke durch, verstanden?

– Kommen Sie in den Garten, murmelte Rogatschèw.

Plötzlich flog die Thür auf und Jefimowna, die alte Amme, stürzte verstört in‘s Zimmer, fiel Rogatschèw zu Füßen und umfaßte mit beiden Armen seine Kniee . . .

– Ach Du mein Väterchen! jammerte sie: – Du mein Herzblut . . . was hast Du da vor? richte uns armes Volk nicht zu Grunde, mein Väterchen! Er macht Dich gewiß mausetodt, meine Seele! Befiehl Du nur, wir wollen mit dem Raufbold schon fertig werden . . . Pawel Afanasjewitsch, Du mein Herzblatt, denke doch an den lieben Gott!

An der Schwelle zeigte sich ein Haufen bleicher und besorgter Gesichter . . . auch der rothe Bart des Dorfältesten wurde sichtbar . . .

– Laß mich, Jefimowna, laß mich, stöhnte Rogatschèw.

– Ich lasse Dich nicht, mein Herzchen, ich lasse Dich nicht. Woran denkst Du, mein Väterchen, woran denkst Du? Und was würde Afanasy Lukitsch dazu sagen? Er würde uns Allen den Garaus machen . . . Was steht Ihr denn, Ihr da? Packt den ungebetenen Gast und werft ihn zum Hause hinaus, daß keine Spur von ihm hier bleibt . . .

– Rogatschèw! schrie Wassili Iwanowitsch drohend.

– Du bist von Sinnen, Jefimowna, Du thust mir Schimpf an, bedenke doch . . . sagte Pawel Afanasjewitsch.

– Geh nur, geh mit Gott, und Ihr, geht auch fort, habt Ihr gehört? Wassili Iwanowitsch trat rasch an das geöffnete Fenster, zog eine kleine silberne Pfeife hervor, und that einen schwachen Pfiff . . . Boursier erwiederte denselben in der Nähe. Dann wandte sich Lutschinow zu Pawel Afanasjewitsch mit den Worten: – Was soll denn das Ende dieser Comödie sein?

– Wassili Iwanowitsch, ich werde mich morgen bei Ihnen einfinden – was soll ich mit diesem verrückten Weibe jetzt anfangen . . .

– Ha! ich sehe, mit Ihnen muß man es anders machen, sagte Wassili und erhob rasch den Stock . . . Pawel Afanasjewitsch riß sich los, stieß Jefimowna von sich, ergriff den Degen und schoß durch eine andere Thür in den Garten hinaus. Wassili lief ihm nach. Beide richteten ihren Lauf nach einem, in chinesischem Geschmacke gemalten Gartenhäuschen, verschlossen sich in demselben und zogen die Degen. Rogatschèw hatte vor Zeiten Unterricht im Fechten genommen; jetzt aber konnte er kaum noch die Auslage. Es kreuzten sich die Klingen. Offenbar trieb Wassili sein Spiel mit Rogatschèws Degen. Pawel Afanasjewitsch keuchte, troff vor Schweiß und blickte Lutschinow bestürzt in’s Gesicht. Inzwischen ließ sich Geschrei im Garten hören; ein Haufen Volkes rannte auf das Gartenhäuschen zu. Plötzlich glaubte Rogatschèw das herzzerreißende Jammern einer ältlichen Stimme zu vernehmen . . . er erkannte die seines Vaters. Afanasy Lukitsch lief den Anderen voran, ohne Mütze, mit flatterndem Haare und machte verzweifelte Zeichen mit den Händen . . . Mit einer kräftigen und unerwarteten Schwenkung der Klinge entwand Wassili den Degen Pawel Afanasjewitsch‘s Hand.