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Die lebende Mumie

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»Und Du liegst beständig so?« fragte ich weiter.

»Das siebente Jahr bereits, Herr; im Sommer hier in diesem Verschlag, und wenn es kalt wird, so trägt man mich in das Vorgemach der Badstube; dann lieg’ ich dort.«

»Wer sieht denn aber nach Dir, wer pflegt Dich?«

»Ach, es giebt auch hier viele gute Leute. Man verläßt mich nicht. Ich bedarf auch keiner großen Pflege. Was das Essen betrifft, so genieße ich ja fast gar nichts mehr, Wasser aber – das steht dort in jenem Kruge; immer ist es frisch und gerade aus der Quelle. Und den Krug, o, den erreiche ich schon selbst, meine eine Hand kann ich noch etwas gebrauchen. Nun und sonst ist da ein kleines Mädchen, die von Zeit zu Zeit nach mir sieht. Sie war eben noch da . . . sind Sie ihr nicht begegnet? . . . Eine hübsche kleine Dirne. Die bringt mir auch Blumen, ich bin nämlich eine große Blumenfreundin. Gartenblumen haben wir hier nicht – es waren früher welche da, die sind aber ausgegangen. Es giebt ja übrigens auch so schöne Feldblumen; die riechen fast noch schöner als die Gartenblumen. Giebt es wohl etwas Schöneres als »eine Maiblume?«

»Und hast Du nicht oft Langeweile, ist Dir nicht oft traurig zu Muth, meine arme Lukéria?«

»Was läßt sich dagegen thun? anfangs war ich sehr, sehr betrübt, dann habe ich mich gewöhnt, mich geduldig gefügt und – gottlob, jetzt geht’s; geht’s doch Manchem noch schlimmer!«

»Wie so das?«

»Ei Herr, dem, der keine Heimatsstätte hat, dem Obdachlosen! Dann – dem Blinden oder Tauben! Ich, gottlob, ich sehe vortrefflich und höre Alles, Alles! Wenn der Maulwurf unter der Erde wühlt und gräbt, ich höre ihn gewiß. Noch empfinde ich jeden Geruch, selbst den feinsten. Wenn der Buchweizen im Felde blüht, oder die Linde im Garten – mir braucht man das nicht zu sagen: ich bin die erste, die es nach dem Geruche weiß, sobald nur ein Wind von dorther weht. Nein, ich kann mich noch nicht zu sehr beklagen – es giebt viele, denen es schlimmer geht als mir. – Wie leicht sündigt ferner nicht ein gesunder Mensch; welche Gelegenheit hätte aber wohl ich zur Sünde? Vor einiger Zeit ertheilte mir der Vater Alexej, unser Priester, das Abendmahl und sagte: Deine Beichte zu hören, wird wohl kaum der Mühe werth sein; in dem Zustande, in welchem Du Dich befindest, kann man wohl kaum sündigen. – Ich erwiderte ihm darauf: aber die Sünde durch böse Gedanken, Vater? Nun, meinte er und lachte dabei, die werde wohl nicht so groß sein.«

»Ja,« fuhr Lukéria nach einer kurzen Pause fort, »auch diese Sünde kann ich mir nicht sehr vorwerfen, denn ich habe mich daran gewöhnt, fast gar nicht zu denken und was am wichtigsten – nicht an die Vergangenheit! Die Zeit vergeht so schneller.«

Ich war, ich muß es gestehen, im höchsten Grade erstaunt. »Du bist stets allein, und allein Lukéria; wie kannst Du es verhindern, daß Dir nicht unwillkürlich trübe Gedanken aufsteigen. Oder schläfst Du vielleicht immer?«

»O nein, Herr! Nicht immer kann ich schlafen. Obgleich ich eben keine großen Schmerzen mehr habe, so nagt es mir doch tief im Innern, selbst in den Knochen und läßt mich nicht ordentlich schlafen. Nein, ich liege und liege, ohne an etwas zu denken; fühle, daß ich noch lebe, athme – und das ist Alles. Ich sehe, höre. Die Bienen in ihren Körben summen und schwärmen; die Taube auf dem Dache sitzt da und girrt, die Bruthenne kommt glucksend mit ihren Kücklein zu mir herein und pickt ihnen Krumen und Würmer; oft auch kommt ein Sperling hereingeflogen, oder gar ein bunter Schmetterling – und das ist mir sehr angenehm. Im vorvergangenen Jahre habe ich sogar den Besuch eines Schwalbenpaares gehabt, die sich hier ihr Nest gebaut und Junge ausgebrütet haben. Ach, wie unterhaltend das war! Die Eine kommt hereingeflogen, hängt sich an’s Nest, füttert die Jungen und – husch, ist sie wieder hinaus. Ehe man sich’s versieht, ist auch schon die Andere da. Zuweilen fliegt sie nicht einmal hinein, sondern nur bei der offenen Thür vorbei, die Jungen aber – wie sie gleich kreischen und die Schnäbel aufreißen! . . . Mit Ungeduld habe ich sie im folgenden Jahre wieder erwartet, aber ein Jäger aus der Gegend, sagt man, soll sie weggeschossen haben? Wie konnte er nur so grausam und so gierig sein? Solch’ ein Vögelchen ist ja so klein, so unbedeutend, und – so unschuldig! . . . Ach, Ihr Herren Jäger, wie böse Ihr doch seid!«

»Ich schieße keine Schwalben, Lukéria,« bemerkte ich ihr.

»Ein anderes Mal, ach, wie drollig das war! kam ein Hase hereingelaufen. – ein Hund hatte ihn vielleicht gejagt – wie besessen kam er hereingeflogen! . . . dann setzte er sich ganz in meiner Nähe hin – und saß lange so, – immer bewegte er bald die Nase bald die Ohren hierhin und dorthin, sogar den Schnurrbart putzte er sich – ganz wie ein Officier. Nun betrachtete er mich neugierig. O, er begriff sicher, daß ich ihm nicht gefährlich. Endlich stand er auf, ein, zwei Sprünge und er war an der Thür, blickte sich noch einmal um und – weg war er! Ach, wie drollig der war, können Sie sich kaum denken.«

Lukéria blickte mich an als ob sie sagen wollte: »Nicht wahr, das war drollig?« – Ich that ihr den Gefallen, so schwer mir auch um’s Herz war, und lachte. Sie biß sich auf die ausgetrockneten Lippen.

»Nun, im Winter, freilich, da hab’ ich’s nicht so gut, da bin ich übler d’ran; weil es da – so dunkel ist. Ein Licht anzuzünden, wäre Verschwendung, und wozu auch? Bücher giebt es hier keine, ja, und wenn es deren gäbe, kann ich sie ja doch nicht halten. Vater Alexej hatte mir zur Unterhaltung zwar einen Kalender gebracht, da er mir aber von keinem Nutzen war, so hat er ihn wieder mitgenommen. Wenn es nun aber gleich dunkel bei mir ist, so giebt es für mich doch Manches zu hören? eine Grille zirpt, die Todtenuhr pickt in der Wand, oder eine Maus nagt irgendwo. – Da ist es oft gut, gar nicht zu denken.«

»Oftmals sage ich auch ein Gebet her,« fuhr Lukéria, nachdem sie sich etwas ausgeruht hatte, fort. »Leider weiß ich aber nur wenige auswendig. Und warum soll ich dem lieben Herrgott viel beschwerlich fallen? Um was ihn bitten? Er weiß allein am besten, was mir noth thut. Hat er mir dies Kreuz auferlegt – so sehe ich, daß er mich lieb hat. So ist uns befohlen, dies anzusehen. So bete ich denn mein Vaterunser, das Gebet zur Mutter Gottes, den Akathift für alle, so sich in Trübsal befinden – und liege wieder, ohne weiter an etwas zu denken. Und so erträgt sich’s.«

Ein paar Minuten vergingen in tiefem Schweigen. Ich unterbrach es nicht und rührte mich nicht auf dem kleinen Zuber, der mir als Sitz diente. Die fürchterliche, steinerne Unbeweglichkeit des vor mir daliegenden, lebenden, unglücklichen Wesens hatte sich auch mir mitgetheilt: auch ich fühlte mich wie gefesselt, versteinert.

»Höre mich an, Lukéria,« hub ich endlich an.

»Höre, welch’ einen Vorschlag ich Dir zu machen habe. Ich werde, wenn Du einwilligst, Vorkehrungen treffen, daß Du in ein Krankenhaus aufgenommen wirst, in ein gutes städtisches Krankenhaus. Wer weiß, vielleicht kannst Du doch noch geheilt werden; Du bist ja noch nicht alt; jedenfalls wirst Du bessere Pflege haben und nicht allein sein . . «