Magie

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Heiß und kalt



Während der Champagner seine Wirkung entfaltet und ich ausgestreckt auf einem der Sofas liege, denke ich über die Verbindung zwischen diesem Abend und den anderen Abenden im Liliths oder Dark Light nach. Sind es die beteiligten Personen? Gil, Sophia und Ella waren bereits bei meiner ersten Bühnenerfahrung mit dabei gewesen Oder ist es das tabulose Ja zum Sex? Als ich zum ersten Mal bei einer Fetisch-Party erlebte, wie eine Frau einen Mann an der Bar des Dark Light mit einem Blowjob verwöhnte, war ich schockiert.



»Das kommt mir ziemlich gestellt vor«, sagte ich damals zu Ralf.



»Mir nicht«, antwortete er. »Sie hat eben Lust darauf, das ist alles.«



»Sie macht das bestimmt nicht freiwillig«, beharrte ich.



»Das interpretierst du hinein.«



»Ich sehe hier Männer, die sich nehmen, was sie wollen.«



»Dagegen lege ich Widerspruch ein. Hier beruht alles auf gegenseitigem Einverständnis. Wenn das so ist, geht es mich nichts an, was und wie die Gäste es treiben. Vielleicht fällst du mit deiner Ansicht auf das gesellschaftliche Narrativ herein, dass Frauen Sex nicht so genießen wie Männer.«



Heute kann ich zugeben, dass er recht hatte. Ich bin diejenige, die üben muss zu sagen, was ich will. Ich bin diejenige, die es genießt, Kontrolle abzugeben. Das hatte ich lange für mich behalten, aus Angst, dass ich dann nicht mehr als gleichwertige Partnerin gesehen werde.



Hängen die Abende über die Art, wie ich mich auf sie vorbereitet habe, nämlich mit Recherchen, zusammen?



Bei meinem Vorstellungsgespräch in Liliths Secret Theatre erzählte Ralf vom salonfähigen Sadomasochismus auf der Bühne. Ahnung hatte ich davon keine. Also zog ich los, um mir Anregungen zu holen. Erste Station war ein Sex-Shop in einer trostlosen Ecke der Stadt. Zwischen Plastik-Dildos, DVDs, billigen Dessous und schmierigen Kerlen fühlte ich mich äußerst unwohl. Die nächste Adresse war ein Fetisch-Kaufhaus, das in einer Nebenstraße zu einer Luxuseinkaufsmeile lag. Staunend und mit klopfendem Herzen stand ich zwischen Ständern voller erotischer Kleidung: Lack- und Lederkorsagen, Spitzenmieder, Röcke und O-Kleider. Mir fiel eine dunkelrote Satinkorsage auf. Ich hielt sie mir vor den Oberkörper und drehte mich vor dem Spiegel hin und her. Ein grauhaariger, hochgewachsener Mann, der selbst ein Unterbrustkorsett über einem weißen Hemd trug, sprach mich an.



»Gefällt Ihnen das? Welche Größe haben Sie da in der Hand?«



»Oh, das weiß ich gar nicht.«



»Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Korsage an Ihnen fantastisch aussieht. Möchten Sie das Teil gern anprobieren? Ich kann Ihnen behilflich sein.«



Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher. Sagen Sie, was versteht man unter softem SM?«



»Eine interessante Frage«, sagte er mit einem liebenswürdigen Lächeln, »auf die ich keine Antwort habe. Versuchen wir es mal anders: Suchen Sie etwas Extravagantes für einen Abend im Club zum Tanzen oder für die sexuelle Praxis?«



»Das weiß ich auch nicht so genau«, antwortete ich wahrheitsgetreu.



»Spielsachen und Bücher finden Sie im Obergeschoss, Schuhe im Zwischengeschoss und Latexkleider, Gummimasken und solche Sachen ein Stockwerk tiefer. Eher nicht soft. Wenn Sie hinunter möchten, schalte ich das Licht an.«



Ich wählte die Treppe ins Obergeschoss. Im vorderen Teil standen Vitrinen, in denen Spielzeuge für Erwachsene ausgestellt waren: mit einem glitzernden Kristall versehene Edelstahlplugs, schraubbare Brustklemmen, Knebel und Räder mit Nadelrollen. An der Wand hingen Spreizstange, Edelstahl- und Lederfesseln und eine breite Palette an Schlagwerkzeugen. Die Verkäuferin erklärte mir einfühlsam, wie all die Spielzeuge verwendet werden. Als sie merkte, dass ich hoffnungslos überfordert war, riet sie mir, mich in der Bücherecke einzulesen.



Ich blätterte durch Bildbände und war beeindruckt. Zu jedem Fetisch gab es passende Bücher: zu Korsetts, Nylons, High Heels, zu kunstvoll gefesselten, meist weiblichen Körpern, mit Tattoos und Piercings überzogenen, meist männlichen Körpern. Und immer wieder Latex-Fashion-Bondage-Inszenierungen. Meine Entdeckerlaune, die ich beim Betreten des Ladens gespürt hatte, sank beim Anblick der Bilder und der Vielzahl der Angebote. Das Satinkorsett, das ich kurz zuvor in der Hand gehalten hatte, erschien mir nun viel zu brav angesichts der kunstvollen und aufwendig gestylten Models. Es lagen Bände mit Fotos von harten Strafmaßnahmen, die mich erschreckten, neben denen, die mit Macht und Unterwerfung spielten, ohne allzu schmerzhaft zu wirken. Diese Szenen fand ich sofort erregend und entschied, dass sie »salonfähig« waren.



Ich suchte nach weiteren Antworten und blätterte in einem BDSM-Lexikon, das mich noch mehr einschüchterte. Unter dem Stichwort »salonfähig« war nichts zu finden. Ab und zu blickte ich verstohlen auf und beobachtete andere Kunden, die bei den Vitrinen standen, sich beraten ließen oder spielerisch eine der Peitschen schwangen. Sie sahen harmlos aus.



Um mich für die aufmerksame Beratung zu bedanken, wollte ich etwas kaufen und wählte aus einer Vitrine ein weiches Spitzenhalsband. An der Kasse entdeckte ich dann den Flyer des Clubs namens Dark Light. Der Name sagte mir damals nichts.



Heute weiß ich, dass sich der Club direkt unter dem Theatercafé befindet. Der Eingang liegt im Hinterhof des Theaters. Eine steile Treppe führt in den Garderoben- und Kassenraum hinunter. Von dort geht’s über eine schwankende Holzbrücke in die Clubräume. Auf dem Weg über die Brücke steigt die Spannung unwillkürlich. Die Backsteinwände des Gewölbekellers sind unverputzt. Ein Teil des Clubs ist als Bar eingerichtet. Der größte Teil ist jedoch als mittelalterliche Welt inszeniert.



Beim ersten Besuch ging ich mit aufmerksamen Augen durch die Clubräume. Dabei versuchte ich, die Ställe, die Ketten, den Pranger und andere Möbelstücke, die ich im schummrigen Licht erkannte, mit der Professionalität einer Forscherin wahrzunehmen. Irritiert musste ich zur Kenntnis nehmen, dass sich mein Geschlecht – meine Lady – mit heftiger Erregung meldete. Sie funkte ununterbrochen: »Das ist geil, ja, fesseln, ja, am Pranger stehen, ja, ja.« Einen noch größeren Konflikt zwischen Kopf und Körper erlebte ich, als ich die erste Schlag-Session beobachtete. Davor brachte ich Schläge mit frauenfeindlichen Reden und dem mit Gewalt verbundenen Sex in Verbindung. Ich brachte es mit meinem eigenen Ausleben von Selbsthass und mangelndem Selbstwertgefühl in Verbindung. Doch am Pranger stand keine Frau, sondern ein Mann, der sich schlagen ließ und dies genoss. Trotz dieser Widersprüche zuckte meine Lady und bescherte mir ein feuchtes Höschen. Im Laufe dieses Rundgangs begegnete ich auch Frauen, die Schläge empfingen, und sie dienten ihrem Vergnügen.



In den Monaten, die seit diesem Streifzug durch die Geschäfte und den ersten Erlebnissen im Club vergangen waren, entdeckte ich mit der Theater-Clique so viel Neues. Wie viel Vergnügen mir eine Augenbinde und Handfesseln bereiten, wie ich Federn für sanfte Streicheleinheiten und die Klatsche für leichte Schläge genieße und wie lustvoll es sein kann, dabei fixiert zu sein und nicht zu wissen, was als Nächstes geschieht.



Ohne Ralfs und Gils liebevolle Unterstützung hätte ich nie gewagt, ihnen die hässliche Geschichte von Alexanders Abschiedsfick zu erzählen oder den Tisch beim Roten Mond Salon zu betreuen. Die Angst, dass sie mich dann nicht mehr lieben, empfinde ich bei ihnen nicht. Ralf fand Alexanders Verhalten abscheulich, Gil war voller Mitgefühl und gleichzeitig aufgebracht.



»Ich behaupte mal, dass das häufig vorkommt«, sagte sie damals. »Diese ungeklärten Vorfälle zwischen Beziehungspartnern, die der Mann als leidenschaftlichen Fick deutet und die Frau bestenfalls als Missverständnis. Du machst dir vor, dass dies noch einmal ein Akt nach Alexanders Regeln war. Er nimmt sich das, was er will, und das ist okay für ihn, weil er ein Mann ist. Du lässt es zu, weil du noch seine Frau bist. Doch diese Pflichterfüllung dem Mann gegenüber existiert nicht mehr. Heute gibt es sexuelle Selbstbestimmung und den Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe. Du kannst Alexander anzeigen. Willkommen im 21. Jahrhundert.«



Ich erinnerte sie an meine Herren der Hölle, mit denen ich mir ausgefeilte Szenarien von erzwungenem Sex vorstelle.



Doch das ließ Gil nicht gelten. »Ja, das hätten die Männer wohl gerne, eine simple Rechtfertigung für ihre sexuellen Übergriffe. Doch nur weil die Mehrheit aller Frauen immer noch Fantasien darüber haben, wie sie zum Sex gezwungen werden, darf man es nicht tun.« Sie sprühte vor Verachtung. »So einfach darf man es sich nicht machen. Überwältigungs-Fantasien sagen nichts darüber aus, was Frauen tatsächlich erleben möchten. Die Vorstellungen sind davon geprägt, welche schmerzhaften Erfahrungen Frauen gemacht haben. Fantasien helfen, sie in lustvolle umzuwandeln, Konflikte zu bewältigen, an Tabus zu rühren. Es sind komplexe Prozesse des Gehirns. Egal, wie extrem deine Fantasien sind, sie rechtfertigen keine Misshandlungen. Deine Fantasien haben ein Skript. Du wählst den Mitspieler, kontrollierst die Dosis des Schmerzes und der Demütigung. Und, das ist das Entscheidende, sie lassen sich sofort von dir stoppen. Es sind deine Regeln, und es dient deiner Lust.«



Nun könnte ich vor Vergnügen jauchzen, wie gut unser erster

Roter Mond Salon

 geklappt hat.



»Und?«, fragt Gil und lässt sich zu mir aufs Sofa fallen. Der Champagner in ihrem Glas schwappt über.



»Ich fühle mich wie ein Pferd in der Wildnis. Befreit. Erleichtert. Glücklich.«



Gil trinkt einen Schluck Champagner und stellt ihr Glas auf den Boden. »Mir geht es ähnlich. Zu aufgekratzt, um nach Hause zu gehen.«

 



Sie schiebt die Ärmel ihrer weißen Bluse hoch und legt den Arm um mich. Auf ihrem Unterarm ist

Forget the rules

 eintätowiert. Gil ist ein unruhiger Geist, verfügt über eine unerschöpfliche Energie, arbeitet viel und geht meistens spät ins Bett.



»Du strahlst so was Erwartungsvolles aus. Hast du noch was vor?«



»Stimmt«, kichert sie und dehnt sich genüsslich. »Du, die Bühne ist noch nicht umgebaut. Die gesamte Ausstattung der Samstagsaufführung steht uns beiden jetzt allein zur Verfügung.« Sie öffnet den Verschluss ihrer Halskette mit dem Anhänger aus zwei silbernen Kugeln und lässt ihn in ihre Hand rutschen. »Liebeskugeln für die Lady«, grinst sie.



Bevor ich die Kugeln ganz genau betrachten kann, bewegt sie diese schon auf meinem Venushügel hin und her. »Was meinst du? Hast du Lust, sie zu tragen?«



Als ich nicke, schiebt sie die Kugeln in ihren Mund, öffnet den Reißverschluss meiner Jeans, lässt ihre Hand mit den nun befeuchteten Kugeln in meinen Slip gleiten. Die Objekte rollen die Vulvalippen entlang. Sie sind erstaunlich schwer. Ein leichter Druck, und schon verschwinden sie mühelos nacheinander in mir. »Oh«, murmelt sie. »So bereit?«



Sie beugt sich zu mir herunter und küsst mich auf den Bauch. Langsam und behutsam schließt sie den Reißverschluss.



»Ich habe noch nie solche Kugeln getragen«, gestehe ich. »Was muss ich tun?«



»Nichts«, gluckst sie. »Genieße! Komm!«



Sie streckt mir die Hand hin. Gespannt richte ich mich auf. Die Objekte sind kaum zu spüren. Erst als ich loslaufe, schwingen sie leicht in mir und massieren mich.



Sie stellt eine volle Champagnerflasche in den Kühler und kippt eine Ladung Eiswürfel dazu. Gemeinsam gehen wir zur Künstlergarderobe hinüber.



»Zieh dich um. Die Rollen sind klar, oder?«, fragt Gil. »Ich bin die Baronin.«



Heiß fährt mir ihre Ansage unter die Haut. Will sie eine Szene aus dem Stück

Revenge

 nachspielen? Wenn ja, welche? Und wenn sie die Baronin ist, dann bin ich sicher eine der drei jungen Frauen, die der Baronin zu Diensten sind. Was sie wohl von mir erwartet? Ich bin keine Schauspielerin.



In der Garderobe hängen die Kostüme auf Kleiderständern, alle mit den Namen der Schauspielerinnen versehen. Eine der Frauen hat ungefähr meine Größe. An ihrem Ständer bediene ich mich. Da beim Umkleiden für den Auftritt meist Eile geboten ist, ist das Korsett bereits vorgeschnürt, sodass ich es mühelos allein schließen kann. Mit dem raffinierten Slip Ouvert, den schlichten halterlosen Strümpfen und den rot bemalten Lippen habe ich doch eine überraschende Ähnlichkeit mit der Nichte der Baronin. Die mit Rüschen versehene, kurze Schürze verdeckt, was der Slip sichtbar lässt: Mein feinsäuberlich gestutztes Haar auf dem Venushügel, mein Piercing, die rasierten Lippen. Der Stoff der Jeans, der den Kugeln bisher Halt gegeben hatte, fehlt. Um sie nicht zu verlieren, spanne ich die Beckenbodenmuskulatur an. Als ich versuche, nun auch noch auf High Heels zu gehen, werden die Kugeln zur Herausforderung. Die hohen Absätze verändern die Stellung meines Beckens. Um bei dieser Höhe elegant zu laufen, schwinge ich bei jedem Schritt die Hüften. Der Hüftschwung verstärkt die innere Massage und lässt die Kugeln tiefer sacken. Hoffentlich erreiche ich die Bühne, ohne sie zu verlieren.



Das Bühnenbild des Pariser Salons ist in sanftes Licht getaucht. Der dunkle Zuschauerraum ist kaum wahrnehmbar. Gil sitzt mit übereinandergeschlagenen Beinen in einem roten Samtsessel. Sie hat sich nicht umgezogen. Muss sie gar nicht. Sie sieht auch so aus wie eine Baronin. Allerdings hat sie während meiner kurzen Abwesenheit den Lippenstift nachgezogen und die Augen mit Kajal umrandet. Um sie herum ein Lichtermeer: Kerzen brennen in silbernen Leuchtern, auf Tabletts sind unzählige Teelichter arrangiert. Sie spielt mit ihrem Zigarettenetui, öffnet es und holt eine Zigarette heraus. Die legt sie jedoch neben das Feuerzeug. Das Spiel beginnt.



»Möchten Sie rauchen? Darf ich Ihnen Feuer geben?«, hauche ich mit einem leichten Zittern in der Stimme.



»Besser nicht, sonst sind die Rauchmelder wahrlich überlastet.«



»Darf ich Ihnen, Frau Baronin, dann etwas zu trinken einschenken? Champagner vielleicht? Gekühlt. Wie Sie ihn lieben.«



»Bitte.« Mit einer Geste weist sie auf die Flasche im Kühler auf dem Tisch direkt neben ihr. Ein Paar Fußfesseln in rot-schwarzem Leder und ein schwarzes Paddel mit drei eingearbeiteten roten Herzen liegen daneben. Die Gläser stehen auf einem weiter entfernten Tisch. Ich unterstelle ihr Absicht. Als ich dorthin stöckele, bemüht, die Liebeskugeln nicht zu verlieren, kann ich ihren Blick spüren.



Das Glas balanciere ich auf einem kleinen Tablett zurück. Sie nickt hoheitsvoll und trinkt genüsslich, ohne mich weiter zu beachten. Was für eine köstliche erotische Qual!



»Du bist für die nächste Stunde mein Dienstmädchen«, stellt sie mit sanfter Stimme klar. »Das heißt, du bist mir zu Diensten!«



»Auch das, wenn Ihr es wünscht, Frau Baronin.«



»Dann komm doch bitte ein wenig näher. Lass mich fühlen, wie gut dich mein Geschenk vorbereitet hat.«



Mit dem nächsten Schritt stehe ich vor ihrem Sessel. Sie fährt mit ihren Fingern unter die Schürze, streicht über meine Vulva bis zu meiner Spalte, schiebt zwei Finger hinein und lacht, weil es offensichtlich ist, wie bereit ich bin. Mit betonter Langsamkeit spielt sie mit den Kugeln. Ich beherrsche mein Verlangen, mein Geschlecht gegen ihre Hand zu pressen und laut aufzustöhnen.



Sie fischt einen Eiswürfel aus dem Kühler heraus und reibt ihn auf meinem Geschlecht bedächtig hin und her, bis das Schmelzwasser meine Oberschenkel hinunter rinnt.



»Tut das gut?«



Ich nicke.



»Hole dir einen Stuhl, liebste Nichte, leiste mir Gesellschaft.«



Unter großer Mühe, die Kugeln und meine Beherrschung zu behalten, stelle ich ihn gegenüber ihrem Sessel ab. Derweilen nippt sie am Champagner.



»Setz dich.«



Vorsichtig lasse ich mich nieder.



Sie wirft mir die Fußfesseln zu und befiehlt: »Fixiere dich.«



Ich bücke mich, richte mich auf, bücke mich noch mal. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ich meine Fußgelenke an die Beine des Stuhls gefesselt habe. Feucht klebt die Haut meiner Oberschenkel auf dem Sitz.



Sie mustert mich eine Weile. »Du siehst sehr schön aus.« Sie trinkt das Glas in einem Zug aus. »Zu blöd allerdings, dass ich nun meinen Champagner selbst nachschenken muss.«



Ich beobachte sie dabei, auch wie sie einen Eiswürfel in ihren Mund gleiten lässt.



»Hol ihn dir«, fordert sie.



Ich beuge mich vor. Gil weicht leicht zurück, zeigt mir den Eiswürfel auf ihrer Zunge. Als ich endlich nah genug bin, fasse ich ihn mit den Zähnen. Mir ist klar, was sie mit diesen Spielchen bezweckt, denn ich spüre wie die Kugeln bei jeder Bewegung ihre Massagearbeit verrichten.



»Noch mehr?«



Ich schüttle den Kopf. Sie lacht.



Ihre Augen funkeln. »Zeit für ein weiteres feines Hilfsmittel, deine Lust noch mehr anzufachen.«



Sie greift nach dem Paddel und zeigt mir, dass es eine gepolsterte und eine harte Seite hat. Mit der weichen streichelt sie meine Wange. Meine Spannung wächst. Wird sie mich schlagen? Erinnert sie sich daran, dass ich zwar harte Schläge ausprobiert habe, sie aber nicht noch mal spüren möchte?



Ohne Hast streicht sie über die andere Wange, dann den Hals hinunter, den Brustansatz entlang und schonungslos gemächlich zurück.



»Möchtest du noch einen Eiswürfel?« Schon legt sie sich einen weiteren auf die Zunge, und ich beuge mich vor. Als mein Gesicht ihrem ganz nah ist, fasst sie mich abrupt am Kinn. »Sag es, sag, dass du heute mir gehörst!«



Ich fixiere ihre Augen, halte ihren Blick für Sekunden fest, dann senke ich meinen. »Ja, ich gehöre Ihnen, Frau Baronin.«



Zufrieden lässt sie los, schiebt mir den Eiswürfel in den Mund, zwei Finger in die Vagina und setzt ihr Spiel mit dem Paddel fort. Das Streicheln geht in leichte Schläge über. »Das ist die Belohnung für deine Gefügigkeit.«



Mein Geschlecht zuckt bei jedem Schlag.



»Das gefällt mir.« Sie spreizt die Finger. »Aber du darfst nicht kommen. Hast du mich verstanden?« Dabei zieht sie mich auf dem Stuhl hin und her.



Ich keuche auf. Wie soll ich mich bei diesem Spiel beherrschen?



»Und? Wirst du wohl warten?«



Ich will protestieren. Doch hatte ich nicht Gehorsam gelobt? Außerdem konzentriere ich mich darauf, nicht zum Orgasmus zu kommen, was mich ebenfalls hindert, sofort zu antworten.



»Du antwortest nicht?«, fragt sie mit leicht erstauntem Unterton, zieht abrupt ihre Finger aus mir und lehnt sich im Sessel zurück. Enttäuscht heule ich auf.



»Ich bitte um Ihre Erlaubnis, gnädige Frau.«



Sie nimmt einen Schluck aus ihrem Champagnerglas.



»Nein!« Ein Lächeln spielt um ihre Lippen. »Ich habe etwas anderes im Sinn.«



Sie ergreift meine Hände, die unablässig den gestärkten Stoff der Schürze geknetet haben, und dreht sie so, dass die Innenseiten der Unterarme nach oben zeigen. Sie greift nach einem Teelicht, betrachtet das flüssige Wachs. Langsam neigt sie den Behälter. Warm ergießt sich das Wachs auf die empfindliche Haut meines Unterarms und löst eine Welle von Schmerz aus. Überrascht beiße ich mir auf die Zunge. Nach ein paar Sekunden muss ich mir eingestehen, dass das hier ziemlich aufregend ist. Das Flackern der Kerze. Der gleichmäßige Rhythmus, in dem Gil das Wachs über meine Haut gießt und wieder innehält. Wie sie den Abstand variiert. Die latente Gefahr, dass Wachs könnte zu heiß sein. Ihre Augen, die noch dunkler als sonst schimmern, verraten, wie sehr sie genießt, was sie tut. Dies alles lässt meine Lust und meinen Schmerz ineinanderfließen. Ein Teelicht nach dem anderen erlischt. Gil betrachtet das Wachs, es bildet eine dicke Schicht auf meiner Haut – ein Kunstwerk. Sie leckt mir die Lippen, saugt sich mit ihren an mir fest, löst sich wieder und steht auf. Sie biegt meine Arme zurück, bis sich mein Brustkorb nach vorne wölbt. Mit der Hand fährt sie zwischen Satin und Haut, hebt die Brüste an, die vor Erregung angeschwollen sind.



»Ja, so ist es schön.«



Sie zieht eine Brust nach der anderen an der Knospe aus dem Stoff und greift nach einer Kerze aus dem Leuchter.



»Dein Busen sieht verführerisch aus.«



Sie will doch nicht etwa …? Mein Atem stockt. Die Vorstellung ist beunruhigend und gleichzeitig faszinierend. Die Kerze schwebt hoch über mir. Ja, ich fürchte und sehne es gleichzeitig herbei. Gil neigt sie leicht. Die Tropfen fallen warm auf meine Brüste.



Ich erschaudere.



»Angenehm?«



»Ja.«



»Verträgst du es wärmer?«



Stumm nicke ich. Sie senkt ihren Arm. Das Feuer kommt näher. Wieder neigt sie die Kerze. Heiß trifft das Wachs auf meinen Busen. Tropfen für Tropfen.



»Feuer und Eis – so heißt das Spiel.«



Gil greift einen weiteren Eiswürfel aus dem Champagnerkübel, malt mit ihm Kreise um meine Knospen, die sich nach wenigen Sekunden wie festgefroren anfühlen. Im Wechsel dazu rinnt das Wachs wie Lava darüber. Die Extreme sind kaum mehr zu unterscheiden. Mein Körper spannt und streckt sich unter der Wärme ebenso wie unter der Kälte. Die Beine zittern, die fixierten Knöchel halten sie unter Kontrolle. Mein Oberkörper wölbt sich ihr entgegen, mein Kopf fällt zurück.



Mit der freien Hand knöpft sie ihre Bluse auf. Was für eine makellose Haut sie hat, wie sie im Kerzenlicht schimmert. Die Aquamarine, am Ende der Metallstäbe, die sich durch Gils Nippel schieben, funkeln jedes Mal, auch wenn sie sich nur leicht vornüberbeugt. Ich recke mich, um ihre Knospe zu erreichen, küsse, lecke sie, sauge an ihr. Beiße mich fest an ihr, füge ihr den sanften Schmerz zu, den ich so liebe. Der Stab klackert an meinen Zähnen. Da neigt sie die Kerze dicht über meinen Brüsten.



Ein Schrei öffnet meinen Mund. Sie richtet sich auf, stellt die Kerze weg.



In meinem Kopf ist nur ein Gedanke. »Fass mich an, berühre mich.«



Da setzt sie sich zurück in den Sessel und erfüllt mir meinen sehnlichsten Wunsch.



»Du bist so feucht. Es ist wunderbar, wie viel Lust dir unser Spiel bereitet.«



Bevor ich ihre Finger richtig genießen kann, entzieht sie diese schon wieder. Dafür greift sie nach dem Paddel. Spreizt mit ihm meine Beine noch weiter.



»Du wirst für mich das Spiel in dir fortsetzen. Du darfst gern mit Hilfe deiner Finger kommen.«



Sie nimmt meine Hand und legt sie mir auf meine pochende Lady. Ich gleite mit meinen Fingern in mich, fühle die glitschigen Kugeln und streichele mich selbst.

 



Sie schlägt in kurzen Abständen mit dem Paddel auf meine Brüste, den Hals, auf die Unterarme, bis sich das erkaltete Wachs löst. Meine Finger gleiten und drängen, lassen die Säfte mehr und mehr fließen und entlocken mir einen wohligen Singsang. Immer wieder stöhne ich Gils Namen. Alles dreht sich. Die Flammen der Kerzen wirbeln vor meinen Augen, lecken wie tausend Zungen an mir und endlich sinke ich erlöst nach vorn.



Gil stützt mich. Sie sieht höchst befriedigt aus.



»Du hast mich wirklich überrascht. I

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