Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

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Abkürzungsverzeichnis


a.A.anderer Auffassung
a.E.am Ende
a.F.alter Fassung
Abs.Absatz
AentGArbeitnehmerentsendegesetz
AfPZeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht
AiBArbeitsrecht im Betrieb
AktuellArbRArbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift)
AktuellArbRBArbeitsrechts-Berater (Zeitschrift)
Anm.Anmerkung
APArbeitsrechtliche Praxis
ArbGArbeitsgericht
ArbGGArbeitsgerichtsgesetz
ArbRArbeitsrecht
ArbSchGArbeitsschutzgesetz
ArbStättVVerordnung über Arbeitsstätten
ArbZGArbeitszeitgesetz
AuAArbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift)
Aufl.Auflage
AÜGArbeitnehmerüberlassungsgesetz
AuRArbeit und Recht (Zeitschrift)
BAGBundesarbeitsgericht
BAGEEntscheidungssammlung des Bundesarbeitsgerichts
BAPBundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister
BBBetriebs-Berater (Zeitschrift)
BeckRSBeck online Rechtsprechung
BEEGBundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
Begr.Begründer
BetrSichVBetriebssicherheitsverordnung
BetrVGBetriebsverfassungsgesetz
BGBBürgerliches Gesetzbuch
BGBl.Bundesgesetzblatt
BildscharbVBildschirmarbeitsplatzverordnung
BMASBundesministerium für Arbeit und Soziales
BPersVGBundespersonalvertretungsgesetz
BR-Drs.Bundesrats-Drucksache
BSGBundesozialgericht
bspw.beispielsweise
BT-Drs.Bundestags-Drucksache
BVerfGBundesverfassungsgericht
BVerwGBundesverwaltungsgericht
bzgl.bezüglich
bzw.beziehungsweise
CuAComputer und Arbeit (Zeitschrift)
d.h.das heißt
DBDer Betrieb (Zeitschrift)
DGBDeutscher Gewerkschaftsbund
e.V.eingetragener Verein
EFZGEntgeltfortzahlungsgesetz
ELErgänzungslieferung
ErwGErwägungsgrund
etc.et cetera
EuGHEuropäischer Gerichtshof
evtl.eventuell
EzAEntscheidungssammlung für Arbeitsrecht
EzAÜGEntscheidungssammlung zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und zum sonstigen drittbezogenen Personaleinsatz
f./ff.(fort-)folgende
FD-ArbRFachdienst Arbeitsrecht
Fn.Fußnote
GBRGesamtbetriebsrat
GewOGewerbeordnung
GGGrundgesetz
ggf.Gegebenenfalls
GK-BetrVGGemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz
GSGroßer Senat
h.M.herrschende Meinung
Hrsg.Herausgeber
Hs.Halbsatz
i.d.R.in der Regel
i.H.v.in Höhe von
i.S.d.im Sinne des/der
i.S.v.im Sinne von
i.V.m.in Verbindung mit
iGZInteressenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen
jurisPR-ArbRjuris PraxisReport Arbeitsrecht (Zeitschrift)
KBRKonzernbetriebsrat
KSchGKündigungsschutzgesetz
LAGLandesarbeitsgericht
lit.litera
LKVLandes- und Kommunalverwaltung
m.E.meines Erachtens
m.w.N.mit weiteren Nachweisen
MDRMonatsschrift für Deutsches Recht
MiLoAufzVMindestlohnaufzeichnungsverordnung
MiLoGMindestlohngesetz
Mio.Millionen
MitbestGMitbestimmungsgesetz
MTVManteltarifvertrag
MuSchGMutterschutzgesetz
n.F.neue Fassung
n.v.nicht veröffentlicht
NJOZNeue Juristische Online Zeitschrift
NJWNeue Juristische Wochenschrift
Nr.Nummer
NZANeue Zeitschrift für Arbeitsrecht
NZA-RRNeue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report
NZSNeue Zeitschrift für Sozialrecht
o.a.oben angegebenen
o.ä.oder ähnliches
RdARecht der Arbeit (Zeitschrift)
Rn.Randnummer
Rspr.Rechtsprechung
S.Seite
SGBSozialgesetzbuch
st. Rspr.ständige Rechtsprechung
TVöDTarifvertrag für den öffentlichen Dienst
TzBfGTeilzeit- und Befristungsgesetz
u.E.unseres Erachtens
u.U.unter Umständen
usf.und so fort
vgl.vergleiche
z.B.zum Beispiel
z.T.zum Teil
Ziff.Ziffer
zit.zitiert
ZPOZivilprozessordnung
ZTRZeitschrift für Tarifrecht
zzgl.zuzüglich

Einführungen

I. Sozialpläne – ein teures Vergnügen? Üblichkeit von Sozialplanabfindungen aus Sicht des Arbeitgebers
1. Einleitung

1

Immer dann, wenn bei Betriebsänderungen oder Betriebsschließungen Sozialpläne beschlossen werden, verhandeln Betriebsräte und Arbeitgeber insbesondere auch über Abfindungen. Auf die Zahlung der Abfindung haben Arbeitnehmer dann – anders als bei sonstigen Abfindungen – einen einklagbaren Anspruch.

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Nun wird im Sozialplan regelmäßig kein fester Betrag von die betroffene Arbeitnehmer vereinbart, sondern die Höhe der Sozialplanabfindung wird normalerweise anhand einer Abfindungsformel berechnet. Die Abfindungsformel berücksichtigt bestimmte Faktoren, wie etwa das Alter des Arbeitnehmers, die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit oder das Gehalt. Daneben werden meist noch diverse Zuschläge oder Sonderleistungen vereinbart.

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Sinn und Zweck der Sozialplanabfindung – wie auch bei individuell ausgehandelten Abfindungen – ist es, den betroffenen Arbeitnehmern eine finanzielle Überbrückungshilfe zu bieten, damit diese die laufenden Kosten für Miete, Unterhalt oder Versicherungen weiter abdecken können.

4

Was ist aber eigentlich „üblich“ im Zusammenhang mit Sozialplanabfindung? Meist wird der Arbeitgeber dies anders als der Betriebsrat oder die Arbeitnehmer beurteilen, allerdings dürfte wohl allen Beteiligten klar sein, dass die in § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG vorgesehene Abfindung von „0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses“, wenn überhaupt, nur einen Anhaltspunkt für etwaige Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen darstellen kann – der allgemein als „Regelabfindung“ bekannte Faktor ist schon lange nicht mehr maßgeblich.

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Um herauszufinden, was Unternehmen in der Regel im Rahmen von Sozialplänen bezahlten bzw. für angemessen halten, hat die Kanzlei Eversheds Sutherland im Frühjahr 2019 bundesweit eine Umfrage zu Sozialplänen durchgeführt, deren Ergebnis sich interessanterweise kurz wie folgt zusammenfassen lässt: „Sozialpläne kosten Geld, führen aber in der Regel zur Zufriedenheit aller Beteiligten.“ Teilgenommen haben mehr als 100 Entscheidungsträger aus Unternehmen von unterschiedlichster Größe, aus verschiedenen Regionen Deutschlands und unterschiedlichen Branchen.

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Es kommt auch meist keine späte Reue auf: Rückblickend würden mehr als drei Viertel der Teilnehmer den Sozialplan genauso wieder abschließen. Dies wohl deshalb, weil die betroffenen Mitarbeiter sich mit den angebotenen Leistungen überwiegend zufriedengeben, d.h. vor allem oftmals nur wenige Kündigungsschutzklagen eingereicht werden.

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Häufig spielt dabei auch das Thema Zeit eine Rolle im Hinblick auf das Ergebnis – jeder zusätzliche Monat, in dem die Maßnahme nicht umgesetzt werden kann, kostet Geld, das man ggf. auch in die Abfindungen investieren kann, um die Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen; vor allem, wenn diese innerhalb eines Konzernes in verschiedenen Ländern zeitgleich umgesetzt werden sollen. Die Umfrage ergab in diesem Zusammenhang, dass der Sozialplan in mehr als 80 % aller Fälle spätestes nach einem halben Jahr abgeschlossen war. In knapp der Hälfte der Fälle war er sogar schon nach einem Vierteljahr unterzeichnet. Die Verfahrensdauer steht jedoch durchaus im Zusammenhang mit der Komplexität der anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen sowie der Betriebsgröße.

 

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Einfluss auf die Sozialplanleistungen hat aber natürlich auch der Grund für die Betriebsänderung; der Sozialplan ist heutzutage nicht immer im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu sehen. Ganz im Gegenteil: In der Umfrage bestand tatsächlich nur äußerst selten die Gefahr einer Insolvenz. Der Sozialplan wird vielmehr vor allem als Begleitmaßnahme für Neuausrichtungen in den Unternehmen eingesetzt; neben Effizienzsteigerungen war auch die Anpassung an die Anforderungen einer sich durch Digitalisierung und Automatisierung stark wandelnden Arbeitswelt der Grund für den Abschluss.

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Da die Betriebsparteien grundsätzlich große Freiräume bei der Gestaltung der Sozialpläne haben, ist das Ergebnis deshalb immer sehr individuell auf das Unternehmen bzw. den Betrieb anzupassen. Zusätzlich zu häufig wesentlich höheren Grundabfindungen als die vorstehend erwähnte „Regelabfindung“ werden oft noch diverse individuelle Zusatzleistungen (vor allem für Beschäftigte mit Kindern bzw. mit einer Behinderung) und Sonderregelungen für Härtefälle vorgesehen.

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Andere attraktive und äußerst sozialverträgliche Gestaltungsmöglichkeiten wurde dagegen nur vereinzelt eingesetzt. Eine Outplacement-Beratung, die Beschäftigten eine neue berufliche Perspektive aufzeigt und damit die Zustimmungsbereitschaft zu einem Aufhebungsvertrag beträchtlich erhöht, wurde beispielsweise nur in einem Drittel aller Fälle in Erwägung gezogen.

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Auch Transfergesellschaften scheinen eher ein Schattendasein zu führen. Auf sie wurde in weniger als einem Fünftel der Fälle zurückgegriffen. Dies ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass die Gründung von Transfergesellschaften sich vermeintlich nur für Großbetriebe mit einer Vielzahl von betroffenen Mitarbeitern anbietet. Dabei bietet sie den Betroffenen durch eine verlängerte Kündigungsfrist sowie das enthaltene Jobfindungsprogramm eine echte Alternative, um nahtlos in einen neuen Job zu wechseln.

2. Anlass für den Abschluss des Sozialplans

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Wie bereits vorstehend erwähnt ist deshalb zur Einschätzung der Angemessenheit etwaiger Kosten im Zusammenhang mit einem Sozialplan regelmäßig darauf abzustellen, warum dieser abzuschließen ist.

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Der Sozialplan ist eine Betriebsvereinbarung besonderer Art, mit der die zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile, die den Mitarbeitern infolge einer Betriebsänderung entstehen, ausgeglichen oder gemildert werden sollen (§ 112 Abs. 1 BetrVG). Eine Betriebsänderung liegt insbesondere bei einer grundlegenden Neuausrichtung, Einschränkung oder Schließung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile, aber auch bei der Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren, wie beispielsweise der Digitalisierung von Arbeitsschritten, vor.

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Der Arbeitgeber ist bei Betriebsänderungen verpflichtet, den Betriebsrat „rechtzeitig und umfassend“ in Kenntnis zu setzen, damit entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter ergriffen werden können und damit auch über einen Sozialplan abstimmt werden kann. Dabei muss der Arbeitgeber nicht nur die geplanten Änderungen, sondern vielmehr die wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Mitarbeiter offenlegen. Ist eine Einigung zwischen den Betriebsparteien nicht möglich, so kann der Abschluss eines Sozialplans über eine Einigungsstelle erzwungen werden.

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Im Rahmen der Umfrage von Eversheds Sutherland stellte sich heraus, dass die Verhandlungen ab Bekanntgabe gegenüber dem Betriebsrat in der Regel ein bis drei Monate angedauert haben. Bei ca. 40 % der befragten Unternehmen waren es drei bis sechs Monate, wohingegen nur bei ca. 15 % diese sogar länger als sechs Monate andauerten. Die Verhandlungsdauer hängt natürlich auch sehr von dem Umfang der geplanten Änderungen, der Betriebsgröße sowie der Anzahl der hiervon betroffenen Mitarbeiter ab.

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Eine bemerkenswert hohe Anzahl der Umfrageteilnehmer, und zwar 92 % der Befragten, haben im Übrigen Sozialpläne ohne die Anrufung einer Einigungsstelle abgeschlossen. Soweit eine solche aber einberufen werden sollte, musste sie in zwei von drei Fällen gerichtlich festgesetzt werden.

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Betriebsänderungen sind im Übrigen nicht nur finanziell motiviert. Anlass für Betriebsänderungen können Reaktionen auf außerbetriebliche Ereignisse sein, wie beispielsweise ein Auftrags- bzw. Umsatzrückgang. Aber auch innerbetriebliche Gründe wie Umstrukturierungen und Effizienzsteigerungen können ausschlaggebend sein.

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Im allgemeinen Verständnis werden Sozialpläne häufig abgeschlossen, um eine wirtschaftliche Schieflage zu überbrücken und damit die Gefahr einer Insolvenz des Unternehmens abzuwenden. Die Umfrage ergab jedoch, dass dies tatsächlich bei weniger als 22 % der befragten Unternehmen der Fall war. Damit zeigt sich, dass ein Sozialplan bei weitem nicht bedeuten muss, dass schwierige Zeiten bevorstehen.

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Vielmehr lassen die voranschreitende Digitalisierung und technologische Automatisierung auch die Arbeitswelt und die Arbeitsorganisation nicht unberührt. Die Folgen der Veränderung der Arbeitsorganisation durch die Arbeitswelt 4.0 lassen sich derzeit kaum abschätzen.

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Durch automatisierte Systeme und Prozesse werden Produktionsschritte effizienter gestaltet, sodass immer weniger menschliche Arbeitskraft vonnöten sein wird. Die moderne Forschung wird es sogar in einigen Bereichen ermöglichen, die menschliche Intelligenz in der Zukunft weitgehend durch Künstliche Intelligenz (KI oder auch AI, nach engl. Artificial Intelligence), die Probleme eigenständig bearbeiten kann, zu ersetzen. Bislang notwendige, essenzielle Qualifikationen von Mitarbeitern können bereits durch eine digitalisierte Arbeitsorganisation ihre Bedeutung verlieren; dies kann dazu führen, dass diese nunmehr anderen Anforderungen gerecht werden müssen.

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Es überrascht daher wenig, dass ein wesentlicher Anteil – immerhin gut 17 % der befragten Unternehmen – angab, dass die Sozialpläne durch die Veränderung der Arbeitswelt infolge von Digitalisierung und Automation veranlasst waren.

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Daneben war bei mehr als 15 % der Fälle die Gewinnmaximierung maßgeblich für Betriebsänderungen, bei denen ein Sozialplan erforderlich wurde. Schließlich waren auch Maßnahmen zur effizienten Gestaltung der Arbeitsplätze oder deren Outsourcing ausschlaggebend.

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Anlass und wirtschaftliche Situation (unter Umständen auch von etwaigen verbundenen Konzerngesellschaften) haben somit einen wesentlichen Einfluss auf den Dotierungsrahmen eines Sozialplans.

3. Leistungen im Sozialplan

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Der Sozialplan ist eine auf den Einzelfall anzupassende Vereinbarung. Im Folgenden werden in Kürze die Leistungen zusammengefasst, auf die am häufigsten zurückgegriffen wird und was in diesem Zusammenhang üblicherweise bezahlt wird:

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Der wichtigste Bestandteil des Sozialplans ist regelmäßig die Zahlung einer Abfindung, welche die Mitarbeiter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes und den damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten erhalten.

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Was viele nicht wissen: Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Mitarbeitern grundsätzlich eine Abfindung zusteht. Einen solchen Abfindungsanspruch gibt es im deutschen Recht gerade nicht. Geht es um individuelle Kündigungen, ist die Zahlung einer Abfindung vielmehr Verhandlungssache. Im Rahmen einer Betriebsänderung wird eine solche Abfindung aber meist zum Nachteilsausgleich erforderlich sein.

a) Abfindungen in Sozialplänen

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Die oftmals als „Regelabfindung“ bezeichnete Formel von 0,5 Bruttomonatsgehältern für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit, welche an den gesetzlich geregelten Abfindungsanspruch bei einer betriebsbedingten Kündigung unter Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage in § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG angelehnt ist, dient allenfalls als Anhaltspunkt und ist bei betriebsbedingten Kündigungen und Haustarifen längst überholt. Dies gilt auch insbesondere im Rahmen von gerichtlichen Vergleichsverhandlungen.

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Die Betriebsparteien haben bei der Aufstellung eines Sozialplans einen Spielraum für die Bestimmung einer angemessene Abfindungshöhe.

b) Berechnungsfaktoren

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Die Betriebsparteien müssen dabei zwar vorrangig die Interessen der betroffenen Mitarbeiter beachten, jedoch weiterhin auch die Unternehmensinteressen im Hinblick auf die verbleibenden Arbeitsplätze abwägen. In der Praxis zeigt sich, dass sich bestimmte Berechnungsmodelle zur Ermittlung der Abfindungshöhe durchgesetzt haben. In den meisten Fällen setzt sich die Formel aus der Dauer der Beschäftigung und dem entsprechenden Bruttomonatsentgelt zusammen.

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Eine häufige Berechnungsmethode lautet wie folgt:

Abfindung = Beschäftigungsdauer × Bruttomonatsgehalt × Faktor

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Der Faktor schwankt laut Umfrage stark in einer Größenordnung von 0,45 bis zu 2,0. Teilweise wurde er fest für alle Betroffenen vorgegeben, teilweise altersabhängig oder abhängig von der „Geschwindigkeit“ der Mitarbeiter gestaltet, mit der diese das Angebot annehmen. Der Durchschnittswert beträgt 0,97 und weicht damit vom gesetzlichen Richtwert aus § 1a Abs. 2 KSchG deutlich nach oben ab. Mitunter wird auf die Abfindung noch ein zusätzlicher Betrag aufgeschlagen, der von Einkommensgruppen oder unterhaltsberechtigten Angehörigen abhängt. Auch pauschale Zuschläge waren vertreten.

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Vereinzelt fand sich auch eine Divisionsformel mit stark schwankendem Divisor zur Berechnung:

Abfindung = (Beschäftigungsdauer × Bruttomonatsgehalt × Alter) ÷ Divisor

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Je kleiner der Divisor, desto höher die Abfindung und damit das Sozialplanvolumen; im Regelfall liegt der Divisor je nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Unternehmens zwischen 50 und 100. Auch hier gab es mitunter noch Zuschläge, die z.B. von Unterhaltsverpflichtungen abhingen.

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Zu beachten ist hier allerdings, dass durch diese Berechnungsmethode die Abfindung mit steigendem Alter ansteigt, sodass jüngere Beschäftigte unmittelbar wegen ihres Alters diskriminiert werden. Zusätzlich liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, weil die Höhe der Abfindung von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt und davon ausgegangen werden muss, dass ältere Beschäftigte in der Regel auch eine längere Betriebszugehörigkeit vorweisen können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien aber eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Auch die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit der Frage der Altersdifferenzierung, insbesondere der Unterscheidung von „rentennahen“ und „rentenfernen“ Beschäftigten, in Sozialplänen auseinandergesetzt und die Zulässigkeit von Altersstufen für die Bemessung der Abfindungshöhe im Sozialplan anerkannt.1 In jedem Fall kann dies aber zu Unzufriedenheit bei jüngeren Betroffenen führen.

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Einige Unternehmen entschieden sich für höchst individuelle Berechnungsmethoden, die aber auch auf altbekannte Faktoren wie Unternehmenszugehörigkeit und Bruttoverdienste abstellten.

c) Sockel-, Mindest- und Höchstbeträge

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In gut einem Drittel der Fälle in der Umfrage wurde sog. Sockelbeträge für Abfindungen vereinbart, d.h. die betroffenen Arbeitnehmer erhielten eine Grundbetrag, der dann durch die per Abfindungsformel berechnete individuelle Abfindung noch erhöht wird. Diese Sockelbeträge hingen teils vom Bruttogehalt und der Unternehmenszugehörigkeit ab, waren größtenteils aber als feste Summen ausgewiesen. Die Beträge schwankten stark zwischen 4.000 EUR brutto und 20.000 EUR brutto, bei einem Durchschnittswert von knapp 8.300 EUR brutto.

 

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60 % der befragten Unternehmen gaben außerdem an, in ihren Sozialplänen Mindest- und/oder Höchstabfindungsbeträge vorgesehen zu haben. Die Summen setzten sich jeweils unterschiedlich zusammen. Teils handelte es sich um solche, die abhängig vom jeweiligen Bruttogehalt waren. Teils wurden Fixbeträge vorgesehen.

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Die Fixbeträge der Mindestabfindung schwankten unter den Befragten zwischen 2.000 EUR brutto und 20.000 EUR brutto und lagen damit bei einem Durchschnittswert von 9.650 EUR brutto. Entsprechend fiel auch die Höchstabfindungssumme unterschiedlich aus. Sie reichte von 15.000 EUR brutto bis 250.000 EUR brutto, bei einem Durchschnitt von über 137.000 EUR brutto.

d) Zuschläge

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In den Sozialplänen werden neben den Abfindungszahlungen auch oftmals weitere Zusatzleistungen angeboten. Dazu zählen insbesondere Zuschläge, Härtefallfonds, Halteprämien – sog. Retention Boni – und ein Freiwilligenprogramm. Diese können einzeln, aber auch nebeneinander im Sozialplan aufgeführt werden.

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Bei den Zuschlägen war auffällig, dass sie überwiegend Mitarbeitern aufgrund des Vorliegens einer Behinderung und/oder mit unterhaltsberechtigten Kindern gewährt wurden.

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Sofern denn Zuschläge an Mitarbeiter mit Behinderungen gezahlt wurden, so fielen diese unterschiedlich aus: Es gab hierbei sowohl starre als auch variable Vergütungen. Die Fixbeträge bewegten sich zwischen wenigen hundert Euro und einigen tausend Euro. Sofern die Beträge variabel ausgestaltet waren, hingen sie vom Grad der Behinderung (GdB) ab; entweder gab es ab einem bestimmten GdB einen höheren Zuschlag oder der GdB wurde mit einem Zuschlagsfaktor multipliziert.

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Die Höhe der Zuschläge für Kinder wurde meist pro unterhaltspflichtigem Kind berechnet. In einem Fall wurde die Summe für Vollzeitkräfte ausgelobt und für Teilzeitkräfte anteilig reduziert. Einige Unternehmen zahlten zusätzlich Zuschläge für Alleinerziehende.

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Höhe der Zuschläge:

 – für Behinderung: ø 3.480 EUR brutto;

 – für Kinder ø 3.200 EUR brutto;

 – für Alleinerziehende ø 3.625 EUR brutto.