Za darmo

Don Juan

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„Wie, du herrliche, wundervolle Frau – du – du solltest mich kennen?”

„Ging nicht der zauberische Wahnsinn ewig sehnender Liebe in der Rolle der *** in deiner neuesten Oper aus deinem Innern hervor? – Ich habe dich verstanden: dein Gemüt hat sich im Gesange mir aufgeschlossen! – Ja, (hier nannte sie meinen Vornamen) ich habe dich gesungen, so wie deine Melodien ich sind.” —

Die Theaterglocke läutete: eine schnelle Blässe entfärbte Donna Annas ungeschminktes Gesicht; sie fuhr mit der Hand nach dem Herzen, als empfände sie einen plötzlichen Schmerz, und indem sie leise sagte: „Unglückliche Anna, jetzt kommen deine fürchterlichsten Momente” – war sie aus der Loge verschwunden. —

Der erste Akt hatte mich entzückt, aber nach dem wunderbaren Ereignis wirkte jetzt die Musik auf eine ganz andere, seltsame Weise. Es war, als ginge eine lang verheißene Erfüllung der schönsten Träume aus einer andern Welt wirklich in das Leben ein; als würden die geheimsten Ahnungen der entzückten Seele in Tönen fest gebannt und müßten sich zur wunderbarsten Erkenntnis seltsamlich gestalten. – In Donna Annas Szene fühlte ich mich von einem sanften, warmen Hauch, der über mich hinwegglitt, in trunkener Wollust erbeben; unwillkürlich schlossen sich meine Augen und ein glühender Kuß schien auf meinen Lippen zu brennen; aber der Kuß war ein, wie von ewig dürstender Sehnsucht lang ausgehaltener Ton.

Das Finale war in frevelnder Lustigkeit angegangen: „Gia la mensa è preparata!” – Don Juan saß kosend zwischen zwei Mädchen und lüftete einen Kork nach dem andern, um den brausenden Geistern, die hermetisch verschlossen, freie Herrschaft über sich zu verstatten. Es war ein kurzes Zimmer mit einem großen, gotischen Fenster im Hintergrunde, durch das man in die Nacht hinaussah. Schon während Elvira den Ungetreuen an alle Schwüre erinnert, sah man es oft durch das Fenster blitzen und hörte das dumpfe Murmeln des herannahenden Gewitters. Endlich das gewaltige Pochen. Elvira, die Mädchen entfliehen, und unter den entsetzlichen Akkorden der unterirdischen Geisterwelt tritt der gewaltige Marmorkoloß, gegen den Don Juan pygmäisch dasteht, ein. Der Boden erbebt unter des Riesen donnerndem Fußtritt. – Don Juan ruft durch den Sturm, durch den Donner, durch das Geheul der Dämonen, sein fürchterliches: „No!” die Stunde des Untergangs ist da. Die Statue verschwindet, dicker Qualm erfüllt das Zimmer, aus ihm entwickeln sich fürchterliche Larven. In Qualen der Hölle windet sich Don Juan, den man dann und wann unter den Dämonen erblickt. Eine Explosion, wie, wenn tausend Blitze einschlügen —: Don Juan, die Dämonen, sind verschwunden, man weiß nicht wie! Leporello liegt ohnmächtig in der Ecke des Zimmers. – Wie wohltätig wirkt nun die Erscheinung der übrigen Personen, die den Juan, der von unterirdischen Mächten irdischer Rache entzogen, vergebens suchen. Es ist, als wäre man nun erst dem furchtbaren Kreise der höllischen Geister entronnen. – Donna Anna erschien ganz verändert: eine Totenblässe überzog ihr Gesicht, das Auge war erloschen, die Stimme zitternd und ungleich: aber eben dadurch, in dem kleinen Duett mit dem süßen Bräutigam, der nun, nachdem ihn der Himmel des gefährlichen Rächeramts glücklich überhoben hat, gleich Hochzeit machen will, von herzzerreißender Wirkung.

Der fugierte Chor hatte das Werk herrlich zu einem Ganzen geründet, und ich eilte, in der exaltiertesten Stimmung, in der ich mich je befunden, in mein Zimmer. Der Kellner rief mich zur Wirtstafel, und ich folgte ihm mechanisch. – Die Gesellschaft war, der Messe wegen, glänzend, und die heutige Darstellung des Don Juan der Gegenstand des Gesprächs. Man pries im Allgemeinen die Italiener und das Eingreifende ihres Spiels: doch zeigten kleine Bemerkungen, die hier und da ganz schalkhaft hingeworfen wurden, daß wohl keiner die tiefere Bedeutung der Oper aller Opern auch nur ahnte. – Don Ottavio hatte sehr gefallen. Donna Anna war einem zu leidenschaftlich gewesen. Man müsse, meinte er, auf dem Theater sich hübsch mäßigen und das zu sehr Angreifende vermeiden. Die Erzählung des Überfalls habe ihn ordentlich konsterniert. Hier nahm er eine Prise Tabak und schaute ganz unbeschreiblich dummklug seinen Nachbar an, welcher behauptete: die Italienerin sei aber übrigens eine recht schöne Frau, nur zu besorgt um Kleidung und Putz; eben in jener Szene sei ihr eine Haarlocke aufgegangen, und habe das Demi-Profil des Gesichts beschattet! Jetzt fing ein anderer ganz leise zu intonieren an: „Fin ch’han dal vino” – worauf eine Dame bemerkte: am wenigsten sei sie mit dem Don Juan zufrieden: der Italiener sei viel zu finster, viel zu ernst gewesen, und habe überhaupt den frivolen, lustigen Charakter nicht leicht genug genommen. – Die letzte Explosion wurde sehr gerühmt. – Des Gewäsches satt eilte ich in mein Zimmer.

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