Fälle zum Recht der Leistungsstörungen

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C. Begrenzung der Herausgabepflicht beim rechtsgeschäftlichen Surrogat auf den Sachwert?

Darüber hinaus ist fraglich, ob der Anspruch aus § 285 I BGB auch insoweit besteht, als der erzielte Erlös den Wert des veräußerten Gegenstandes übersteigt. Dann würde nämlich der Gläubiger der unmöglich gewordenen Leistung mittels § 285 I BGB besserstehen, als er stünde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.

Eine etwaige Besserstellung des Gläubigers dürfte jedoch einer Anwendung des § 285 I BGB schon deshalb nicht entgegenstehen, weil es sich bei der Vorschrift gerade nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt und das im Schadensrecht verankerte Bereicherungsverbot mithin nicht greift. Im Gegenteil ist der Schuldner nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 285 I BGB gerade verpflichtet, das „Empfangene”, also dasjenige, was er tatsächlich erlangt hat, herauszugeben.[46]

K kann mithin insgesamt 300 Euro von V herausverlangen.

Alternativlösung und Exkurs: Ein anderes Ergebnis ließe sich indessen ebenfalls auf den Wortlaut der Norm stützen: So ließe sich argumentieren, dass die Wendung „Ersatz“ darauf hindeutet, dass das Erlangte nur insoweit herauszugeben ist, als es die Sache selbst „ersetzt“. Ein über den objektiven Wert der Sache hinausgehender Betrag wäre dann eben gerade nicht mehr von dem Begriff „Ersatz“ gedeckt. K könnte hiernach die Differenz des zwischen dem von V erzielten Erlöses und dem Wert der Vase von 100 Euro, nicht hingegen den über den Wert der Vase hinausgehenden Betrag von 200 Euro von V herausverlangen.

Stellt man hingegen – wie hier – auf das „Empfangene“ ab, so kann sich noch folgendes Problem ergeben: Der von einem Veräußerer erzielte Erlös kann freilich auch kleiner sein als der objektive Wert der Sache.[47] Macht der Gläubiger in einem derartigen Fall dennoch das Surrogat geltend, so mindert sich seine dann gemäß § 326 III 1 BGB fortbestehende Gegenleistungspflicht gemäß § 326 III 2 BGB nach Maßgabe des § 441 III BGB insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt. Der Gläubiger kann den in der Differenz zwischen Erlös und Sachwert zu erblickenden Schaden unter den Voraussetzungen der §§ 285 II, 280, 283 BGB gegen den Schuldner geltend machen. § 285 II BGB ist auch dann einschlägig, wenn das Surrogat zwar dem objektiven Wert der Sache entspricht, der Gläubiger aber infolge der Unmöglichkeit einen darüberhinausgehenden Schaden (z.B. entgangenes Gewinngeschäft) erlitten hat.

Abwandlung 3 (Variante 1)

V könnte gegen K einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises gemäß § 433 II BGB haben.

A.

Ein Kaufvertrag ist zwischen K und V wirksam zustande gekommen (s.o.).

B. § 326 I 1 BGB?

Der Anspruch könnte jedoch gemäß § 326 I 1 BGB wieder erloschen sein.

Hierzu müsste V von seiner Leistungspflicht gemäß § 275 BGB befreit sein. Da die Sache bereits dem K übergeben wurde, ist auf die Nacherfüllungspflicht des V aus § 437 Nr. 1, 439 I BGB abzustellen. In Betracht kommt eine Unmöglichkeit der Nacherfüllung in qualitativer Hinsicht. Dies ist anzunehmen, wenn die Nacherfüllung zwar möglich, aber nicht in der geschuldeten Güte erbringbar ist.

Eine Nacherfüllung kommt hier nur in Form der Nachbesserung gemäß § 439 I Var. 1 BGB in Betracht (Stückschuld) und eine solche kann nicht ohne merkantilen Minderwert durchgeführt werden. Ein Fall der qualitativen Unmöglichkeit liegt mithin vor.

C. § 326 I 2 BGB

Derartige Konstellationen fallen indes nicht unter § 326 I 1 BGB, sondern sind von § 326 I 2 BGB erfasst, wonach die Gegenleistungspflicht des Gläubigers nicht ipso iure (teilweise) entfällt, sondern diesem vielmehr gemäß § 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 326 V, 441 I, III BGB ein Wahlrecht zukommt: Er kann sich entscheiden, ob er seine Gegenleistung mindern oder vom Vertrag zurücktreten will.

Hinsichtlich des Rechts des K zum Rücktritt ist vorliegend jedoch fraglich, ob die hierzu gemäß §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323 V 2 BGB erforderliche Erheblichkeit der Pflichtverletzung, die anhand einer umfassenden Interessensabwägung festzustellen ist,[48] bejaht werden kann (zur Erheblichkeit s. zudem Fall 6 Abw. 2 zu § 281 I 3 BGB sowie Fall 8 zu § 323 V 2 BGB).

Jedenfalls auf den ersten Blick ließe sich vertreten, ein Rücktrittsrecht im vorliegenden Fall wegen Unerheblichkeit zu verneinen, weil die Gebrauchstauglichkeit der Vase (als Wohnaccessoire/Anschauungsobjekt) nach deren Reparatur unberührt bliebe, K also nach Instandsetzung lediglich einen merkantilen, also rein kaufmännischen Minderwert hinnehmen müsste. Dieser Umstand kann indessen schon durch das Recht zur Minderung ausgeglichen werden und bedarf daher, auch wegen des Vorrangs der Vertragserfüllung (pacta sunt servanda), an sich keines Rücktritts vom ganzen Vertrag.[49]

Allerdings ließe ein solches Verständnis den Sinn und Zweck des § 323 V 2 BGB außer Acht, der lediglich verhindern soll, dass sich der Gläubiger schon wegen kleinster Bagatellschäden (z.B. merkantiler Minderwert von 1 % des Kaufpreises[50]) vom Vertrag zu lösen vermag.[51] Im Übrigen wäre der Käufer bei unbehebbaren Mängeln ansonsten stets gezwungen, den Kaufpreis zu reduzieren und mit dem Mangel zu leben, wenn nur die Gebrauchstauglichkeit nicht beeinträchtig ist. Auch dies spricht gegen einen Vorrang der Minderung.

D. Ergebnis

V kann nach alldem zunächst Zahlung verlangen, K vermag jedoch gemäß § 326 I 2 i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 326 V, 323 BGB vom (gesamten) Vertrag zurückzutreten (dann freilich keine Zahlungspflicht des K) oder gemäß § 326 I 2 i.V.m. §§ 437 Nr. 2, 441 I, III BGB den Kaufpreis zu mindern, und zwar auf 450 Euro (Berechnung: wirklicher Wert × ursprünglicher Kaufpreis ÷ Wert in mangelfreiem Zustand[52]).

Systematik: In den Konstellationen einer Teilunmöglichkeit (s. hierzu Alternativlösung zu Fall 4, Ausgangsfall) und – wie hier – einer qualitativen Unmöglichkeit führt der Verweis des § 326 V BGB auf § 323 BGB zur Möglichkeit sowohl des Teil- als auch des Totalrücktritts, letzteres jedoch nur, soweit die Voraussetzungen des § 323 V BGB vorliegen (Kein Interesse an der Teilleistung; Erheblichkeit der Schlechtleistung). Der Verweis auf § 323 BGB umfasst auch die Regelung in § 323 VI BGB, wonach der Rücktritt des Gläubigers unter den dort genannten Umständen (Allein- oder überwiegende Alleinverantwortlichkeit des Gläubigers; Gläubigerverzug) ausgeschlossen wird. Ohne die Regelung in § 323 VI BGB könnte derjenige Gläubiger, der trotz Unmöglichkeit der Leistungspflicht die Gegenleistung wegen § 326 II BGB weiter erbringen muss, die von ihm selbst verschuldete Nichterfüllung seitens des Schuldners als Grund für einen Rücktritt vom Vertrag gemäß § 326 V BGB nehmen und so seine an sich fortbestehende Gegenleistungspflicht (§ 326 II BGB) zum Erlöschen bringen[53] (hierzu Abw. 3 Var. 2 sowie Fall 2).

Abwandlung 3 (Variante 2)
A. Zahlung von 150 Euro
I. § 439 II BGB

K könnte einen Anspruch gegen V auf Zahlung der 150 Euro aus § 437 Nr. 1, 439 II, I BGB haben.

1. Anspruchsqualität des § 439 II BGB?

Fraglich ist jedoch zunächst, ob es sich bei der Bestimmung des § 439 II BGB, wonach der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen „zu tragen“ hat, überhaupt um eine eigenständige Anspruchsgrundlage des Käufers für von diesem im Zusammenhang mit der Nacherfüllung getätigte Aufwendungen handelt.

Dagegen könnte der Normwortlaut sprechen, der aus Sicht des (Nacherfüllungs-)Schuldners formuliert ist („der Verkäufer hat die Kosten zu tragen“), wohingegen Ansprüche regelmäßig aus Sicht des Gläubigers abgefasst sind (z.B. „kann verlangen“).

Bei § 439 II BGB könnte es sich mithin um eine bloße Kostenzuweisungsvorschrift handeln, die sich aufgrund ihrer systematischen Stellung allein auf die Nachfüllungshandlungen des Verkäufers gemäß § 439 I BGB bezieht. Nach dieser Lesart wären von § 439 II BGB mithin nur solche Aufwendungen erfasst, die der Verkäufer unmittelbar im Rahmen der von ihm selbst durchgeführten Nacherfüllung selbst verursacht. Zugleich wäre hiermit die verschuldensunabhängige Ausgestaltung des § 439 II BGB zu rechtfertigen, da es der Verkäufer schließlich selbst in der Hand hat, die Kosten der von ihm eigens durchgeführten Nacherfüllung gering zu halten.

Ein solches Normverständnis würde jedoch den offenkundigen Sinn und Zweck des § 439 II BGB unbeachtet lassen, wonach dem Käufer aufgrund der Mangelhaftigkeit der Sache keinerlei zusätzliche Kosten entstehen sollen. Obgleich die Vorschrift verschuldensunabhängig ausgestaltet ist, so ist der Verkäufer doch hinreichend geschützt, da nur solche Kosten erstattungsfähig sind, die zum Zwecke der Nacherfüllung „erforderlich“ sind. Eine derartige Begrenzung auf die notwendigen Aufwendungen würde auch gar keinen Sinn ergeben, wenn hiervon nur die vom Verkäufer selbst verursachten Kosten erfasst wären, da Aufwendungen, die für die Nacherfüllung nicht erforderlich sind, freilich ohnehin nicht dem Käufer in Rechnung gestellt werden dürfen.

Weil zudem der Wortlaut des § 439 II BGB („Verkäufer hat die erforderlichen Aufwendungen zu tragen“) nicht zwingend gegen die Anspruchsqualität der Vorschrift spricht, muss der Käufer daher zumindest solche Kosten gemäß § 439 II BGB ersetzt verlangen können, die anfallen, um die Nacherfüllung durch den Verkäufer überhaupt zu ermöglichen.[54] Jedenfalls insoweit muss es sich bei § 439 II BGB mithin um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handeln.

 

Alternativlösung: Lehnt man die Anspruchsqualität des § 439 II BGB ab, so wären Aufwendungen, die nicht unmittelbar dem Verkäufer bei der Vornahme seiner Nacherfüllungshandlungen, sondern zunächst dem Käufer anfallen, etwa weil Letzterer die Sache auf eigene Kosten zum Zwecke der Reparatur zum Nacherfüllungsort (§ 269 I BGB) transportiert, allein unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzes gemäß § 437 Nr. 3 BGB zu erstatten, mithin bei Verschulden des Verkäufers.[55] Ein solches ist hier indessen wegen fehlender Kenntnis des V vom Mangel nicht anzunehmen (s.u.).

2. Kosten einer Selbstvornahme von § 439 II BGB nicht erfasst

Allerdings können die Kosten einer vom Käufer veranlassten Selbstvornahme nicht von § 439 II erfasst sein. Zwar hat der Verkäufer gemäß § 439 II BGB grundsätzlich sämtliche Aufwendungen zum Zwecke der Nacherfüllung zu tragen. Zudem erfolgt eine Selbstvornahme zur „Beseitigung des Mangels“ i.S.v. § 439 I BGB. Die mit einer Selbstvornahme einhergehenden Kosten können jedoch allenfalls dann für die Nacherfüllung als „erforderlich“ angesehen werden, wenn der Verkäufer seiner Nacherfüllungspflicht selbst nach Anzeige des Mangels und Bestimmung einer angemessenen Frist nicht nachkommt (hierzu Fall 6, Abw. 2 Var. 3). Dann greift aber ein entsprechender Ersatzanspruch des Käufers allein nach den spezielleren §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB, wonach der Verkäufer das Nichterbringen der Nacherfüllung zu vertreten haben muss (hierzu Fall 6, Abw. 2 Var. 3).

Dass die Kosten einer Selbstvornahme nicht von § 439 II BGB erfasst sein können, bestätigt darüber hinaus ein Vergleich mit dem in großen Teilen parallel ausgestalteten Gewährleistungsregime des Werkvertragsrechts. Denn der in § 439 II BGB geregelte Anspruch des Käufers existiert in identischer Weise für den Werkbesteller in § 635 II BGB. Letzterem kommt aber gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 BGB ein ausdrücklich geregeltes (fristgebundenes) Selbstvornahmerecht zu. Wären die Kosten einer Selbstvornahme jedoch bereits von § 635 II BGB (und damit auch vom identisch ausgestalteten § 439 II BGB) gedeckt, so bedürfte es der Regelung des § 637 BGB gar nicht.

II. §§ 437 Nr. 2, 441 I, IV, 346 BGB

K könnte gegen V einen Anspruch i.H.v. 150 Euro gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 I, IV, 346 BGB haben.

In dem Zahlungsverlangen könnte jedenfalls im Wege der Auslegung auch eine Minderungserklärung in entsprechender Höhe gesehen werden.

Dem K müsste darüber hinaus, entsprechend der Wendung des § 441 I BGB („anstatt zurückzutreten“) ein Rücktrittsrecht zustehen. In Betracht kommt § 437 Nr. 2 i.V.m. § 323 oder § 326 V BGB.

Entscheidend ist, ob die Nacherfüllung für V noch möglich ist (§ 323 BGB) oder nicht (§ 326 V BGB). Da W den Mangel bereits durch die Reparatur der Maschine beseitigt hat und der Zweck der Nacherfüllung dadurch entfallen bzw. erreicht worden ist, kann V diese nicht (noch einmal) erbringen. Die Nacherfüllung ist mithin wegen Zweckerreichung unmöglich geworden, so dass ein Rücktrittsrecht des K allein nach §§ 437 Nr. 2, 326 V BGB in Betracht kommt.

Allerdings ist ein solches gemäß §§ 326 V Hs. 2, 323 VI Var. 1 BGB ausgeschlossen, weil K als Gläubiger des Nacherfüllungsanspruchs für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde (Unmöglichkeit der Reparatur durch Selbstvornahme), allein verantwortlich ist, da er die Selbstvornahme veranlasste, ohne V zuvor durch Mangelanzeige und Fristsetzung die Möglichkeit einzuräumen, die Reparatur selbst vorzunehmen.

Eine Minderung des Kaufpreises kommt mithin nicht in Betracht.

Hinweis: Dessen ungeachtet ist wohl kaum anzunehmen, dass sich die von W in Rechnung gestellten Reparaturkosten von 150 Euro der Höhe nach mit dem um den Minderungsbetrag zu viel entrichteten Teils des Kaufpreises deckt.

III. §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB

Ebenso wenig kann K von V Schadensersatz verlangen, da Letzterer den Umstand, der zur Unmöglichkeit führte, jedenfalls nicht zu vertreten hat. V befand sich vielmehr schuldlos in Unkenntnis vom Mangel und kann sich mithin gemäß § 280 I 2 BGB ohne Weiteres exkulpieren.

IV. § 637 BGB analog

Auch eine analoge Anwendung des § 637 BGB scheidet offenkundig aus. Denn eine solche scheitert bereits daran, dass K dem V nicht die hierfür notwendige Frist gesetzt hat und das Fristerfordernis auch – oder erst recht – bei einer entsprechenden Anwendung des § 637 BGB zur Anspruchsbegründung zwingend erforderlich wäre.

Darüber hinaus ist der Umstand, dass dem Käufer gemäß § 437 BGB kein Selbstvornahmerecht zusteht, nicht auf ein Versehen, sondern auf eine ganz bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zurückzuführen, weshalb es an einer planwidrigen Regelungslücke und damit an einer wesentlichen Voraussetzung für eine Analogie fehlt (zu den Voraussetzungen einer Analogie im Einzelnen vgl. etwa Fall 3, Fall 4 Abw. 3, Var. 1 und Fall 5). Denn der Gesetzgeber hat sowohl im Werkvertragsrecht gemäß § 637 BGB als auch im Mietrecht gemäß § 536a II BGB ein Recht zur Selbstvornahme ausdrücklich normiert und war sich dieser Problematik mithin offenkundig bewusst. Da § 437 BGB mit Ausnahme des dort ungeregelten Selbstvornahmerechts (anders: § 634 Nr. 2 BGB) mit § 634 BGB übereinstimmt, erscheint es praktisch ausgeschlossen, dass ein entsprechendes Recht des Käufers versehentlich nicht bedacht wurde.

K kann nach alldem von V nicht Zahlung der an W gezahlten 150 Euro verlangen.

Klausurtipp: Die Analogievoraussetzungen sollten hier nicht breit im Gutachtenstil geprüft werden, weil eine entsprechende Anwendung des § 637 BGB offensichtlich schon mangels Fristsetzung ausscheidet und es auf die Frage, ob eine analoge Anwendung der werkvertragsrechtlichen Norm i.R.d. §§ 437 ff. BGB möglich ist, mithin gar nicht ankommt. Die Ausführungen hätten daher durchaus noch kürzer ausfallen können (Schwerpunktsetzung).

B. Zahlung von 80 Euro: § 326 II 2 BGB i.V.m. §§ 326 IV, 346 I BGB?

Dem K könnte jedoch ein Anspruch gegen V jedenfalls hinsichtlich der dem V durch die Selbstvornahme ersparten Aufwendungen i.H.v. 80 Euro gemäß § 326 II 2 BGB i.V.m. §§ 326 IV, 346 I BGB zustehen.

Es erscheint zwar zunächst unbillig, dass der Käufer dann gegenüber dem Werkbesteller zumindest insoweit bessergestellt wäre, als Letzterer vor Durchführung einer Selbstvornahme gemäß § 637 BGB zur Fristsetzung verpflichtet wäre, während § 326 II 2 BGB eine solche freilich nicht vorsieht. Auf den ersten Blick bestünde mithin die Gefahr, das im Kaufrecht in §§ 437 Nr. 2 und 3 BGB zum Ausdruck gebrachte Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung zu untergraben, weil der Käufer ohne Bestimmung einer Nachfrist sofort mit der Selbstvornahme beginnen könnte.[56]

Bei genauerem Hinsehen trifft dies indes nicht zu. Denn bei § 326 II 2 BGB geht es in Wahrheit gar nicht um die (von §§ 637, 536a II BGB erfassten) Kosten der Selbstvornahme selbst, sondern allein um die dem Verkäufer ohnehin zugewiesenen Nacherfüllungsaufwendungen gemäß § 439 II BGB. Diese dürfen ihm aber wegen § 439 II BGB keinesfalls verleiben, sondern sind stets vom Verkäufer „zu tragen“. Das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung ist insoweit nicht betroffen, als der Verkäufer die von § 326 II 2 BGB erfassten ersparten Aufwendungen auch dann hätte aufbringen müssen, wenn ihm die Möglichkeit zur Nacherfüllung eingeräumt worden wäre.[57]

K kann mithin jedenfalls die dem V ersparten Aufwendungen von 80 Euro verlangen.

Alternativlösung: Verneint man § 326 II 2 BGB (ggf. in analoger Anwendung[58]), so kommt noch eine (analoge) Heranziehung des § 285 BGB in Betracht. Hier geht es insbesondere um die Frage, ob die Ersparnis, die V aufgrund der Selbstvornahme des K i.H.v. 80 Euro gemacht hat, einen „Ersatz“ darstellt, den V „infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 BGB nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand“ erlangt hat.

Da der Begriff der Ersparnis nicht unmittelbar unter das Tatbestandsmerkmal „Ersatz“ zu subsumieren ist, ist allenfalls eine analoge Anwendung des § 285 BGB möglich. Die Ersparnis erlangte V jedenfalls „infolge des Umstands, auf Grund dessen er die (Nacherfüllungs-)Leistung nach § 275 BGB nicht zu erbringen braucht“, nämlich infolge der Selbstvornahme die zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung führte (Zweckerreichung). Das Tatbestandsmerkmal „für den geschuldeten Gegenstand“ dürfte ebenfalls zu bejahen sein, da die Ersparnis auf die Selbstvornahme des K zurückzuführen ist und diese die von V eigentlich geschuldete Nacherfüllung ersetzte.

In Höhe der ersparten Aufwendungen bestehen im Übrigen – entsprechend der Begründung zu § 326 II 2 BGB – keine Bedenken gegen eine entsprechende Heranziehung des § 285 BGB auf die Selbstvornahme des Käufers, da diese Kosten dem Verkäufer über § 439 II BGB ohnehin zugewiesen sind. Auch hier ist die vergleichbare Interessenslage zu bejahen, weil § 285 BGB in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich auch zur Geltung gelangt, wenn der Gläubiger die Unmöglichkeit (allein) zu vertreten hat.[59]

Abwandlung 4
A. § 311a II BGB i.H.v. 100 Euro?

K könnte gegen V einen Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 100 Euro aus § 311a II BGB haben.

I. Wirksamer Kaufertrag

Zwischen K und V ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen. Insbesondere steht es gemäß § 311a I BGB der Wirksamkeit eines Vertrags nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 BGB nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.

II. Ausschluss der Leistungspflicht des Schuldners (V) gemäß § 275 BGB

Die Leistungspflicht des V ist gemäß § 275 I BGB ausgeschlossen. Es liegt tatsächliche subjektive Unmöglichkeit vor, weil V keine der drei Vasen übereignen kann und die Gattungsschuld des V nach der Vereinbarung mit K von vornherein auf die drei gestohlenen Vasen beschränkte. Die Erfüllung einer Gattungsschuld gemäß § 275 I BGB ist nicht nur nach Konkretisierung gemäß § 243 II BGB ausgeschlossen, sondern auch dann, wenn die Leistung aus der gesamten Gattung nicht mehr möglich ist, etwa weil diese – wie hier – insgesamt untergegangen oder abhandengekommen ist.

Klausurtipp: Der Schwerpunkt des Falles liegt hier offenkundig nicht bei der Frage, ob Unmöglichkeit eingetreten ist. Daher sollten die Ausführungen knapp und im Urteils- oder Feststellungstil erfolgen (Schwerpunktsetzung).

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