Za darmo

Der kleine Ritter

Tekst
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Herr von Landskron, der zwar lange von ihm als von einem Meister aller Meister gehört, der ihn aber noch nicht in der Schlacht gesehen hatte, hörte auf zu kämpfen und schaute verwundert zu; er wollte seinen Augen nicht trauen, daß ein Mensch, sei er auch ein Meister, sei er auch berühmt als der beste Ritter, soviel wirken und schaffen könne. Er griff sich an die Stirn, und die Genossen um ihn her hörten, wie er beständig wiederholte: »Es war noch zu wenig, was ich gehört, bei Gott!« und andere schrieen: »Schaut hin, denn das seht ihr in der Welt nicht wieder!« Michael aber hieb fort und fort.

Jetzt hatte man die Janitscharen an den Fluß gedrängt, und sie stürmten in wilder Unordnung auf die Prahme. Da es an Prahmen nicht fehlte, und von der Besatzung weniger zurückkehrten, als gekommen waren, so fanden sie schnell und bequem Platz. Die schweren Ruder setzten sich bald in Bewegung; zwischen den Janitscharen und den Dragonern lag eine große Wasserfläche, die sich mit jedem Augenblick erweiterte. Von den Prahmen ertönten nun die Janitscharengewehre, und die Dragoner antworteten mit kräftigen Schüssen. Wie eine Wolke erhob sich der Rauch über dem Wasser, dann bildete er lange, schmale Streifen. Die Prahme mit den Janitscharen entfernte sich immer mehr. Die Dragoner, die das Feld behauptet hatten, erhoben einen furchtbaren Schrei und riefen, die Fäuste drohend erhoben, den Abfahrenden nach: »Schert euch, Hunde, schert euch!« Herr von Landskron nahm, obgleich die Kugeln noch fielen, Michael in seine Arme.

»Ich habe meinen Augen nicht getraut,« sagte er, »Wunderwerke sind das, lieber Freund, einer goldenen Feder würdig!«

Michael antwortete: »Angeborene Gewandtheit und Übung, nichts weiter; wieviel Kriege hat man nicht schon mitgemacht!« Damit erwiderte er die Umarmung des Herrn von Landskron, entzog sich seiner Freundlichkeit, blickte nach dem Ufer hin und rief:

»Seht dorthin, Ew. Liebden, so werdet Ihr eine neue Merkwürdigkeit erblicken.«

Der Kämmerer wandte sich um und sah einen Offizier, der am Ufer den Bogen spannte. Es war Muschalski.

Der berühmte Bogenschütze hatte bisher unter den anderen gekämpft und im Handgemenge den Feind niedergemacht. Jetzt, als die Janitscharen sich schon so weit entfernt hatten, daß die Kugeln sie nicht mehr erreichten, nahm er den Bogen von seiner Seite, suchte sich ein Plätzchen, wo das Ufer ein wenig erhöht war, versuchte mit den Fingern die Sehne, und als sie vernehmlich erklang, legte er den geflügelten Pfeil auf und zielte.

Gerade in diesem Augenblick sahen Michael und Herr von Landskron ihm zu. Ein wunderbares Bild! Der Bogenschütze saß zu Pferde; er hatte die linke Hand vor sich hingestreckt und hielt mit ihr den Bogen wie mit Klammern fest; die rechte zog er immer stärker bis in die Gegend der Brustwarze heran, daß ihm die Adern an der Stirn hervortraten, und zielte ruhig. In der Ferne sah man, in eine Rauchwolke gehüllt, zahlreiche Prahme, die den Fluß hinanglitten, der infolge der Schneeschmelzen in den Bergen angeschwollen war, und an diesem Tage so durchsichtig schimmerte, daß die Prahme und die Janitscharen-Besatzung sich in ihm widerspiegelten. Die Büchsen am Ufer waren verstummt, aller Augen waren auf Muschalski geheftet oder schauten nach der Richtung, die der tödliche Pfeil nehmen sollte. Da plötzlich ertönte laut die Sehne, und der geflügelte Todesbote schwirrte durch die Luft. Kein Auge konnte seinem Fluge folgen, aber alle bemerkten deutlich, wie der am Ruder stehende kräftige Janitschar plötzlich die Arme auseinanderstreckte, sich auf dem Flecke umdrehte, und platschend ins Wasser fiel. Die helle Flut spritzte unter seiner Last auf.

Muschalski aber sagte: »Für dich, Dydiuk!« Dann griff er nach einem anderen Pfeil. »Dem Herrn Hetman zu Ehren!« wandte er sich an die Genossen. Sie hielten den Atem inne, und wieder schwirrte es durch die Luft, und ein zweiter Janitschar stürzte auf den Boden des Prahms.

Auf allen Prahmen begannen nun die Ruder sich lebhafter zu bewegen, mächtig warfen sie die helle Woge zurück. Der unvergleichliche Bogenschütze aber wandte sich jetzt lächelnd an den kleinen Ritter:

»Zu Ehren der würdigen Gattin Euer Gnaden!«

Zum dritten Male zog er die Sehne an, zum dritten Male schoß er den bitteren Pfeil ab, und zum dritten Male senkte dieser sich tief in einen menschlichen Körper. Ein Triumphgeschrei ertönte am Ufer, ein Wutgeheul von den Prahmen; dann zog sich Muschalski zurück und hinter ihm die anderen Sieger des Tages – und eilten in die Stadt. Zufrieden schauten sie auf die Ernte des heutigen Tages zurück. Von der Horde waren nur wenige gefallen, denn sie hatten sich kaum einmal gehalten, – schnell aufgescheucht hatten sie sich schnell über den Fluß zurückgezogen; aber die Janitscharen lagen in großer Zahl auf dem Schlachtfelde wie schön zusammengebundene Garben. Manche zeigten noch Leben, aber alle waren bereits durch das Gesinde des Kämmerers ausgeplündert.

Michael betrachtete sie und sagte:

»Ein tüchtiges Fußvolk; das stürmt gegen das Feuer wie ein Wildschwein! – aber doch nicht halb so tüchtig wie die Schweden.«

»Und doch haben sie eine Salve abgefeuert, als ob es Nußknacken wäre,« versetzte der Kämmerer.

»Das geschah zufällig, nicht durch ihre Disziplin, denn in der Regel halten sie keine Übungen ab. Das war die Garde des Sultans, diese exerziert noch ein wenig; außer ihnen gibt es aber noch irreguläre Janitscharen, die sind weit schlimmer.«

»Wir haben ihnen ein pro memoria gegeben. Gelobt sei Gott, daß wir mit einem so schönen Siege diesen Krieg eröffnen!«

Aber der erfahrene Herr Michael war anderer Ansicht.

»Das ist ein unbedeutender Sieg, kein schöner,« antwortete er. »Gut ist er zur Hebung des Mutes bei den weniger erfahrenen Leuten und bei den Einwohnern, andere Folgen aber wird er nicht haben.«

»Glaubt Ihr nicht, daß dies den Mut der Heiden schwächen wird?«

»Nein,« sagte Michael.

Unter solchem Gespräche waren sie in die Stadt gelangt, wo ihnen die beiden gefangenen Janitscharen, die Michaels Schwert unter den Sonnenblumen zu entrinnen hofften, vorgeführt wurden. Der eine war leicht verwundet, der zweite ganz heiter und voll hohen Mutes. Der kleine Ritter befahl Makowiezki, ihn auszuforschen, denn obwohl er selbst das Türkische gut verstand, sprach er es doch nicht geläufig. Makowiezki befragte ihn also, ob der Sultan in eigener Person schon in Chozim sei, und in welcher Zeit er nach Kamieniez zu kommen gedenke.

Der Türke machte seine Aussagen klar, aber trotzig.

»Der Padischah ist in eigener Person da,« sagte er; »im Lager hieß es, die Paschas Halil und Murad sollen morgen mit den Mehentis ans andere Ufer übersetzen und sogleich Gräben ziehen; morgen oder übermorgen kommt über Euch das Verderben.«

Der Gefangene stemmte die Hände in die Seiten und brüstete sich mit der Macht des Sultans.

»Wahnsinnige Lechen, wie konntet ihr wagen, in unmittelbarer Nähe des Herrn seine Leute zu überfallen? Glaubt ihr, ihr werdet der furchtbaren Strafe entgehen? Soll dieses Schlößchen euch schützen? Was andere werdet ihr in wenigen Tagen sein, als Sklaven, – was seid ihr heute? – Hunde, die dem Herrn ins Angesicht kläffen.«

Makowiezki schrieb sorgfältig alles nieder; Michael aber, den die Kühnheit des Gefangenen reizte, schlug ihm bei den letzten Worten ins Gesicht. Der Türke war verdutzt und bekam Respekt vor dem kleinen Ritter; er begann auch bald sich ziemlicher auszudrücken. Als man ihn nach der Beendigung des Verhörs aus dem Saal führte, sagte Michael:

»Man muß die Gefangenen und ihre Aussagen unverzüglich nach Warschau senden, denn dort am Hofe des Königs glauben sie noch immer nicht an den Krieg.«

»Was sind diese Mehentis, mit welchen Halil und Murad übersetzen sollen?« fragte Herr von Landskron.

»Mehentis sind Ingenieure, welche die Verschanzungen und Aufschüttungen für die Kanonen vorbereiten,« versetzte Makowiezki.

»Und was denkt Ihr, Herren, hat dieser Gefangene die Wahrheit gesagt oder war alles erlogen?«

»Wenn's Euch beliebt,« antwortete Herr Michael, »kann man ihm die Fußsohlen einheizen; ich habe einen Wachtmeister, der an Asya eine Exekution vollzogen hat, und der in solchen Dingen vorzüglich ist. Aber nach meiner Ansicht spricht der Janitschar in allem die Wahrheit. Der Übergang über den Fluß wird sogleich beginnen, und wir könnten ihn nicht hinhalten, wenn wir auch hundertmal zahlreicher wären. Es bleibt uns nichts übrig, als uns aufzumachen und die Nachricht nach Kamieniez zu bringen.«

»Es ist mir so gut bei Swaniez ergangen, daß ich gern im Schlößchen bliebe,« sagte der Kämmerer, »wenn ich nur die Gewißheit hätte, daß Ihr mir von Zeit zu Zeit von Kamieniez her beispringt. Geschehe dann, was da wolle.«

»Sie haben zweihundert Kanonen,« antwortete Michael, »und wenn sie zwei schwere Geschütze herbeibringen, hält das Schlößchen nicht einen Tag aus. Ich wollte selbst drin bleiben, aber jetzt, wo ich es untersucht habe, sehe ich, daß es zwecklos ist.«

Die anderen schlossen sich der Ansicht des kleinen Ritters an. Herr von Landskron widersprach noch eine Weile; er wollte durchaus in Swaniez bleiben; aber er war doch schließlich ein allzu erfahrener Soldat, um Michael nicht recht zu geben. Da stürzte Herr Wasilkowski eilig ins Schloß und unterbrach alle seine Erwägungen.

»Meine Herren,« rief er, »man sieht den Fluß nicht mehr, der ganze Dniestr ist von Flößen bedeckt!«

»Setzen sie über?« fragten alle.

»Bei Gott, die Türken sind auf den Flößen, und die Tataren die Furten entlang.«

Herr von Landskron zögerte nicht mehr, sondern befahl sofort die alten Schloßhaubitzen einzuschmelzen; die übrigen Sachen ließ er, so gut es ging, verbergen oder nach Kamieniez bringen. Michael bestieg sein Pferd und ritt an der Spitze seiner Leute voraus, um von einer entfernten Anhöhe den Übergang zu beobachten.

 

Halil und Murad setzten wirklich über den Fluß; so weit das Auge reichte, sah man Prahme und Flöße, deren Ruder mit regelmäßigen Schlägen das helle Wasser zurückwarfen. Die Janitscharen und Spahis kamen gleich in großer Zahl an, denn die Kähne zum Übersetzen hatte man seit langer Zeit in Chozim ausgerüstet. Außerdem standen am Ufer in der Nähe ungeheure Heeresmassen. Michael vermutete, daß sie einen Brückenbau vornähmen, aber der Sultan hatte die Hauptmacht noch nicht in Bewegung gesetzt. Inzwischen war Herr von Landskron mit seinen Leuten herangekommen, und nun ritten beide nach Kamieniez. In der Stadt erwartete sie Potozki. In seinem Quartier waren die höheren Offiziere versammelt, vor dem Hause standen Haufen von Menschen beiderlei Geschlechts in Unruhe, Sorge und Neugier. »Der Feind setzt über den Fluß, und Swaniez ist genommen,« sagte der kleine Ritter.

»Die Arbeiten sind fertig, wir warten,« antwortete Potozki.

Die Nachricht ging durch die Menge, und sie begann zu wogen wie eine Wasserflut. »An die Tore, an die Tore!« schallte es durch die Stadt, »der Feind ist in Swaniez!«

Bürger und Bürgerinnen liefen zu den Festungstürmen, weil sie glaubten, von hier aus den Feind zu sehen, aber die Soldaten verwehrten ihnen den Zutritt zu den für den Kriegsdienst bestimmten Orten. »Geht in eure Häuser!« riefen sie der Menge zu; »wenn ihr unser Verteidigungswerk stören wollt, so werden eure Frauen gar bald die Türken aus nächster Nähe kennen lernen.«

Im übrigen herrschte keine Furcht in der Stadt, denn schon war die Kunde von dem heutigen Siege überall verbreitet und dieser natürlich vergrößert worden. Die Übertreibung war das Werk der Soldaten, die Wunderdinge von dem Treffen erzählten.

»Herr Michael hat die Janitscharen aufs Haupt geschlagen, – die Garde des Sultans!« wiederholte aller Mund. »Die Heiden können sich nicht messen mit Herrn Michael, den Pascha selbst hat er niedergehauen! Der Teufel ist nicht so schwarz, wie man ihn malt; sie haben doch unserem Heer nicht standhalten können. Recht so, euch Hundesöhnen! Ein Pereat euch und euerm Sultan!«

Noch einmal erschienen die Bürgersfrauen bei den Schanzen auf den Basteien und Türmchen, jetzt aber beladen mit Flaschen Weins, Branntwein und Met. Diesmal begrüßte man sie freudig, und die Soldaten ließen sich's wohlschmecken. Herr Potozki hatte nichts gegen ihre Fröhlichkeit, denn er wollte die Soldaten bei guter Laune erhalten, und da in der Stadt und auf dem Schlosse an Munition Überfluß war, gestattete er auch, Salven abzugeben, in der Hoffnung, daß ihr Schall den Feind nicht wenig verwirren werde, wenn er ihn überhaupt hörte.

Herr Michael, der das Herannahen des Abends im Quartier des Generals von Podolien erwartet hatte, bestieg nun ein Pferd und schlich sich in Begleitung eines Burschen nach dem Kloster, um so schnell als möglich seine Gattin zu begrüßen. Aber die List half nichts; man erkannte ihn, und sogleich umringten zahlreiche Haufen sein Pferd. Rufe und Vivats erschallten, die Mütter hoben ihre Kinder in die Höhe. »Seht, das ist er, seht und merkt es euch!« wiederholten viele Stimmen. Man bewunderte ihn außerordentlich; am meisten aber setzte die Leute, die des Krieges unkundig waren, seine winzige Gestalt in Erstaunen. Es wollte dem Völkchen nicht in den Kopf, wie ein so kleiner Mann mit so heiterem Gesicht der gefürchtetste Soldat der Republik sein könne, mit dem sich niemand zu messen wagte. Er aber ritt ruhig durch die Menge und verzog von Zeit zu Zeit lächelnd den Mund, denn es schmeichelte ihm doch. Endlich gelangte er ans Kloster und stürzte in Bärbchens geöffnete Arme.

Sie hatte schon von seinen heutigen Taten und von all' den Meisterhieben gehört, denn soeben war der Herr Kämmerer von Podolien bei ihr gewesen und hatte ihr als Augenzeuge ausführlichen Bericht erstattet. Bärbchen aber hatte gleich zu Beginn der Erzählung alle Frauen im Kloster zusammengerufen, die Fürstin Potozki, die Frauen Makowiezka, Humiezka, Christine Ketling, Chozimirska, Bogusch, und je weiter der Kämmerer in seiner Erzählung fortschritt, desto mehr brüstete sie sich vor ihnen. Michael kam gerade in dem Augenblick, da die Frauen sich getrennt hatten.

Nachdem sie sich lange genug umfangen gehalten, setzte sich der kleine Ritter abgemattet zur Abendmahlzeit nieder. Bärbchen rückte an seine Seite, legte ihm das Essen auf den Teller und goß ihm Bier in den Becher; er aß und trank eifrig, denn er hatte den ganzen Tag fast nichts genossen. Zwischendurch erzählte er auch ein wenig, und Bärbchen hörte mit funkelnden Augen zu, schüttelte nach ihrer Gewohnheit das Köpfchen und fragte wißbegierig:

»Aha! Und dann, und dann?«

»Es sind tüchtige Kerle unter ihnen, aber einen Türken, der fechten kann, trifft man kaum,« sagte der kleine Ritter.

»So könnte auch ich mich mit jedem messen?«

»Ei gewiß, aber du wirst dich nicht messen, denn ich nehme dich nicht mit!«

»Wenigstens mit einem im Leben! Weißt du, Michael, wenn du hinausgehst vor die Mauern, habe ich gar keine Furcht; ich weiß, daß dir niemand etwas anhaben kann …«

»Aber können sie mich nicht totschießen?«

»O, sprich nicht so, – lebt denn der liebe Gott nicht? Niederstechen wirst du dich nicht lassen, das ist die Hauptsache.«

»Wenn einer oder zweie kommen, gewiß nicht.«

»Auch dreie nicht, Michael, auch vier nicht.«

»Auch viertausend nicht,« sagte Sagloba ironisch. »Wenn du wüßtest, Michael, was sie angegeben hat während der ganzen Erzählung des Kämmerers. Ich habe geglaubt, ich müsse bersten vor Lachen. Wahrhaftig, mit der Nase arbeitete sie wie eine Ziege, und den Weibern sah sie ins Gesicht, einer nach der anderen, ob sie auch genügend entzückt seien.«

Der kleine Ritter streckte sich nach dem Essen ein wenig hin, denn er war übermüde. Plötzlich rief er seine Gattin zu sich und sagte:

»Meine Wohnung im Schloß ist schon hergerichtet, aber ich mag nicht gern dahin zurück … Bärbchen, ich bleibe lieber hier …«

»Wie es dir lieber ist, Michael,« antwortete Bärbchen und senkte die Augen zu Boden.

»Ha!« rief Sagloba, »mich hält man hier für einen Pilz, nicht für einen Mann, denn die Fürstin gestattet mir, im Kloster zu wohnen; aber sie wird's bedauern, meinen Kopf darauf! Habt Ihr gesehen, wie Frau Chozimirska mit mir liebäugelt?.. eine junge Witwe … das laß ich mir gefallen … na, ich will weiter nichts sagen!«

»Wahrhaftig, ich bleibe lieber,« sagte der kleine Ritter.

Bärbchen antwortete:

»Wenn du dich nur gut ausruhest.«

»Warum sollte er sich nicht gut ausruhen?« fragte Sagloba.

»Weil wir schwatzen werden, schwatzen, ohne Ende schwatzen!«

Sagloba suchte nach seiner Mütze herum, um sich auch zur Ruhe zu begeben; als er sie endlich fand, drückte er sie auf den Kopf und sagte:

»Ihr werdet nicht schwatzen, nicht schwatzen, nicht schwatzen!« und damit ging er.

22. Kapitel

Am anderen Morgen in der Dämmerung ritt der kleine Ritter nach Kniahin, wo er ein Treffen mit den Spahis hatte, und Bulik-Pascha, einen berühmten türkischen Krieger, gefangen nahm. Der ganze Tag ging ihm bei der Arbeit auf dem Schlachtfeld hin, ein Teil der Nacht im Kriegsrat bei Herrn Potozki, und erst, als die Hähne krähten, legte er sein Haupt zum Schlummer nieder. Aber kaum war er in Schlaf gesunken, als ihn der Donner der Geschütze weckte; gleichzeitig trat Pientka, ein Smudzer Knecht und treuer Diener Wolodyjowskis, in das Gemach. »Herr,« rief er, »der Feind ist vor der Stadt!«

Der Ritter sprang auf.

»Was für Geschütze sind das?«

»Die Unsrigen reizen die Heiden; ein bedeutender Vortrab ist da, der das Vieh auf den Feldern raubt.«

»Janitscharen oder Reiterei?«

»Reiterei, Herr, lauter Schwarze; sie scheuchen sie mit dem Kreuze fort, denn Gott weiß, ob es nicht Teufel sind.«

»Teufel oder nicht, wir müssen hin,« antwortete der kleine Ritter. »Du laufe zur Herrin und sage ihr, daß ich im Felde bin. Wenn sie aufs Schloß kommen will, um zuzusehen, so kann sie kommen, aber mit Herrn Sagloba, denn ich baue auf seine Klugheit.«

Eine halbe Stunde später machte Michael einen Ausfall an der Spitze der Dragoner und der adligen Freiwilligen, welche hofften, im Zweikampf Ruhm zu ernten. Vom alten Schlosse sah man ganz genau die Kavallerie. Es mochten zweitausend Mann sein, bestehend aus Spahis, in überwiegender Zahl aber aus der ägyptischen Garde des Sultans. In dieser letzteren dienten die reichen und tapferen Mamelucken vom Nil; ihre blinkenden, hell leuchtenden Rüstungen, die goldgestickten Kepis auf ihren Köpfen, die weißen Burnusse und die reich besetzte Waffe machten sie zur glänzendsten Reiterei der Welt. Sie führten Speere, deren Schaft aus Rohr bestand, krumme Damascener und Dolchmesser. Auf ihren Rossen, die wie auf Flügeln des Windes dahinzueilen schienen, flogen sie wie eine buntfarbige Wolke über das Feld, mit lautem Geheul, die mörderischen Spieße in der Hand drehend. Vom Schlosse aus konnte man sich gar nicht satt sehen an ihrem Anblick.

Herr Michael rückte ihnen mit seiner Reiterei entgegen. Indessen kam es zu keiner Schlacht mit blanker Waffe, denn die Schloßkanonen hielten die Türken zurück; sie waren zu groß an Zahl, als daß der kleine Ritter es hätte wagen dürfen, ihnen entgegenzusprengen, um sich mit ihnen außerhalb der Schußlinie seiner Kanonen auseinanderzusetzen. So blieben sie eine Zeitlang fern voneinander, indem sie die Waffe drohend erhoben und aus Leibeskräften schrieen. Endlich wurden die feurigen Söhne der Wüste der leeren Drohungen überdrüssig, einzelne Reiter rissen sich von der großen Masse los und näherten sich dem Feinde, indem sie ihn zum Kampfe aufriefen. Sie zerstreuten sich über das Feld und tauchten hier und da auf, wie Blumen, die der Wind nach allen Richtungen zerstreut hat.

Herr Michael sah sich nach seinen Getreuen um.

»Sie fordern uns heraus, meine Herren, wer versucht den Zweikampf?«

Da sprengte zuerst Herr Wasilkowski, ein feuriger Kavalier hervor, ihm folgte Muschalski, der unfehlbare Bogenschütze, der auch im Handgemenge ein trefflicher Kämpe war; dann folgten Miasga, vom Wappen Prus, der im schnellsten Ritt jeden Ring mit seinem Speere auffing, Theodor Paderewski, und noch viele andere treffliche Kämpfer, auch von den Dragonern ein Häuflein, denn die Hoffnung auf reiche Beute, und besonders die vorzüglichen Pferde der Araber lockten sie. An der Spitze der Dragoner ritt der furchtbare Luschnia; er kaute an seinen Bartenden und suchte sich schon aus der Ferne den Reichsten aus.

Der Tag war schön, und man konnte den Feind deutlich sehen. Die Kanonen auf den Wällen verstummten eine nach der anderen; endlich ward es ganz still, denn die Schützen fürchteten, einen der ihrigen zu verletzen. Sie wollten auch lieber der Schlacht zuschauen, als auf die zerstreuten Kämpfer schießen. Diese ritten nun schrittweise gegen einander los, dann schneller, aber nicht in grader Linie, sondern zerstreut, wie der Zufall es fügte. Endlich, da sie sich um ein bedeutendes genähert hatten, hielten sie die Pferde an und begannen aufeinander zu schimpfen, um Zorn und Mut in ihren Herzen zu wecken.

»Ihr sollt an uns nicht fett werden, Heidenhunde!« riefen die polnischen Kämpfer; »kommt nur heran, euer elender Prophet wird euch nicht schützen!«

Die von drüben schrieen auf türkisch oder arabisch; viele von den polnischen Reitern, die, wie der berühmte Bogenschütze, eine schwere Gefangenschaft durchgemacht hatten, verstanden beide Sprachen. Als nun die Heiden besonders schmachvoll die heilige Jungfrau lästerten, da sträubte sich das Haar auf den Köpfen der getreuen Diener Marias, und sie gaben den Pferden die Sporen, um die Schmach ihres Namens zu rächen.

Wer war es, der den ersten Feind fällte? Es war Muschalski, der den jungen Bey mit dem Purpurkepi und der silbernen Rüstung, die wie Mondschein erglänzte, mit dem Pfeile traf. Das schmerzbringende Geschoß haftete unter dem linken Auge und war bis zur Hälfte in den Kopf gedrungen. Er warf sein edles Haupt zurück, breitete die Arme aus und sank vom Pferde. Der Bogenschütze aber nahm den Bogen zur Seite, sprengte auf ihn zu und durchbohrte ihn noch mit dem Schwerte; dann nahm er ihm die treffliche Waffe, trieb das Pferd zu den Seinigen und sprach in arabischer Sprache:

»Wäre es des Sultans Sohn, er müßte hier faulen, ehe ihr ihm das letzte Geleit spielet!«

Als die Türken und Ägypter das hörten, waren sie außerordentlich gekränkt, und sogleich sprengten zwei Beys auf Muschalski zu. Luschnia vertrat ihnen von der Seite den Weg, einem Wolfe gleich an Blutgier, und traf einen von ihnen auf dem Flecke tödlich; erst hieb er ihm über die Hand, und als jener sich nach dem gekrümmten Säbel neigte, trennte er ihm mit einem gewaltigen Streich in den Nacken fast ganz den Kopf vom Rumpfe. Als der zweite das sah, wandte er sein schnelles Roß zur Flucht; inzwischen aber hatte Muschalski Zeit gehabt, seinen Bogen zu spannen und dem Fliehenden einen Pfeil nachzusenden. Er traf ihn im Laufe und fuhr ihm tief zwischen die Schulterblätter.

 

Der dritte, der seinen Gegner niederwarf, war Schmlud-Plozki, der ihm mit scharfer Schneide über das Visier fuhr; das Silber und der Sammet, von dem das Blech zusammengehalten wurde, lösten sich bei dem Streiche, und das Ende des Säbels fuhr so tief in die Knochen, daß Schmlud-Plozki es eine Zeitlang nicht herausziehen konnte. Andere kämpften mit wechselndem Glück, aber der Sieg war zum größten Teil auf der Seite des im Einzelkampf geübten Adels. Zwei Dragoner fielen von der Hand des mächtigen Hamdi-Bey, der dann Owsian mit dem krummen Damascener über das Maul hieb und zu Boden streckte. Der Fürst tränkte seinen Heimatsboden mit seinem Blut, Hamdi aber wandte sich Herrn Scheluta zu, dessen Pferd mit einem Fuße in einem Hamsterloche festsaß. Scheluta sah den unfehlbaren Tod vor Augen und sprang vom Pferde, um sich zu Fuß mit dem furchtbaren Reiter zu messen. Aber Hamdi warf ihn mit der Brust seines Pferdes nieder und traf den Sinkenden mit dem Ende seines Damasceners in den Arm. Die Hand erlahmte ihm; der Bey aber sprengte davon und suchte neue Gegner. Nur wenige hatten den Mut, sich ihm zu stellen, so sehr überragte er offenbar alle an Kraft. Der Wind hob seinen weißen Burnus und entfaltete ihn weit wie Flügel eines Raubvogels; seine goldige Rüstung warf einen prächtigen Abglanz auf sein fast völlig schwarzes Gesicht mit den wilden, leuchtenden Augen, der krumme Säbel blinkte über seinem Haupte, wie die Sichel des Mondes.

Der berühmte Bogenschütze hatte schon zwei Pfeile gegen ihn abgesandt, aber beide waren mit stöhnendem Klirren von der Rüstung abgeprallt und wirkungslos ins Gras gesunken. Muschalski erwog nun, ob er noch den dritten Pfeil auf den Hals seines Pferdes abschicken, oder ob er mit seinem Schwerte gegen den Bey losgehen solle. Aber während er darüber nachdachte, hatte ihn jener bemerkt und war zuerst mit seinem schwarzen Hengstfohlen auf ihn losgestürzt.

Sie trafen sich mitten im Felde; Muschalski wollte seine große Kraft zeigen und Hamdi lebendig einfangen. Er schlug von unten her mit einem mächtigen Streich den Damascener in die Höhe, ergriff ihn mit der einen Hand an der Kehle, mit der anderen am Visier und zog ihn mit voller Kraft an sich. Da sprang ihm der Riemen am Sattelholz auseinander, und der unvergleichliche Bogenschütze glitt mit ihm zusammen ab und stürzte zu Boden. Hamdi schlug mit dem Griffe seines Damasceners nach seinem Kopfe und betäubte ihn auf der Stelle. Die Spahis und Mamelucken schrieen vor Freude auf, denn sie waren schon in Sorge um Hamdi gewesen; die Polen aber empfanden tiefes Leid, und die Kämpfer sprengten in dichten Haufen gegeneinander los, die einen, um den Bogenschützen fortzuschleppen, die anderen, um wenigstens seine Leiche zu verteidigen.

Der kleine Ritter hatte bisher an den Einzelkämpfen keinen Anteil genommen; die Würde eines Kommandanten gestattete ihm dies nicht. Da er aber Muschalski unterliegen und Hamdi-Bey triumphieren sah, beschloß er, den Bogenschützen zu rächen und zugleich den Mut der Seinigen zu heben. Von diesem Gedanken belebt, gab er seinem Pferde die Sporen und schoß so schnell dahin, wie der Sperber auf eine Schar Kibitze, die im Roggenfelde nisten. Bärbchen hatte ihn durch das Glas bemerkt; sie stand auf den Zinnen des alten Schlosses und rief sogleich Sagloba, der neben ihr stand, zu:

»Michael, seht Michael!«

»Hier erkennst du ihn,« rief der alte Krieger. »Sieh' nur hin, wo er zuerst losschlägt; fürchte nichts.« Das Glas zitterte in Bärbchens Händen. Da auf dem Felde weder mit Bogen noch mit Büchsen geschossen wurde, sorgte sie selbst wenig um das Leben ihres Gatten, vielmehr hatte sie Eifer, Neugier und Unruhe ergriffen. Ihr Herz und ihre Seele flogen in diesem Augenblick ihrem Gatten zu, ihre Brust atmete schnell, helles Rot übergoß ihr Gesicht; einen Augenblick neigte sie sich über die Zinnen, so daß Sagloba sie um die Hüfte fassen mußte, damit sie nicht in den Graben falle, und schrie:

»Zweie kommen auf Michael los!«

»So gibt es zwei Menschenleben weniger,« sagte Sagloba trocken.

In der Tat, zwei hochgewachsene Spahis warfen sich auf den kleinen Ritter; aus seiner Tracht schlossen sie, daß es ein Mann von Rang sein müsse, und da sie die kleine Gestalt des Reiters sahen, hofften sie leichten Ruhm zu erwerben. Die Törichten! Sie ritten in den sicheren Tod, denn als sie in der Nähe der anderen Reiter sich aneinander schlossen, hielt der kleine Ritter nicht einmal sein Pferd zurück, sondern teilte wie beiläufig zwei Hiebe unter sie aus, scheinbar leichte, wie eine Mutter ihren Kindern so nebenher einen Schlag versetzt. Jene aber sanken zu Boden, krallten die Finger in die Schollen und bebten wie ein paar Luchse, die in demselben Augenblick von tödlichen Pfeilen erreicht werden. Der kleine Ritter aber stürmte vorwärts, den Reitern entgegen, die auf dem Felde tummelten, und richtete furchtbare Verheerungen an. Wie nach Beendigung der Messe der Knabe in die Kirche tritt und mit dem blechernen Hütchen ein Licht nach dem anderen vor dem Altar verlöscht und ihn in dichtes Dunkel hüllt – so verlöschte er rechts und links das Leben der glänzenden türkischen und ägyptischen Reiter und tauchte sie in die Dämmerung des Todes. Die Heiden erkannten den Meister aller Meister, und ihr Mut sank. Einer nach dem anderen warf sein Pferd zurück, um mit dem furchtbaren Manne nicht zusammenzutreffen; der kleine Ritter aber stürmte den Fliehenden nach wie eine wütige Hornisse und traf mit seinem Stachel immer wieder neue Reiter.

Die Soldaten an der Schloßkanone schrieen vor Freude auf, als sie das sahen, einige eilten zu Bärbchen hin und küßten in ihrer Begeisterung den Saum ihres Kleides; andere fluchten den Türken. »Bärbchen, mäßige dich!« rief Sagloba ein über das anderemal, und hielt sie fest; sie aber hatte Lust zu lachen und zu weinen, in die Hände zu klatschen und aufzuschreien, zuzusehen und ihrem Gatten nachzueilen in die Schlacht.

Dieser aber riß die Spahis und die ägyptischen Beys mit sich fort, als plötzlich der Ruf über das ganze Feld erscholl: »Hamdi!« Die Bekenner des Propheten riefen mit lauter Stimme den tüchtigsten ihrer Krieger heran, damit er sich endlich mit diesem furchtbaren kleinen Ritter messe, welcher der verkörperte Tod zu sein schien.

Hamdi hatte schon längst den kleinen Ritter bemerkt, aber da er seine Taten sah, erschrak er im ersten Augenblick. Er scheute sich, den großen Ruhm und das junge Leben gegen diesen Feind aufs Spiel zu setzen, und darum beachtete er ihn absichtlich nicht und ritt am anderen Ende des Feldes umher. Dort hatte er gerade Herrn Jalbrik und Herrn Kos ergriffen, als die verzweifelten Rufe »Hamdi, Hamdi!« an sein Ohr schlugen. Er sah ein, daß es unmöglich war, sich länger zu verbergen, daß er entweder unermeßlichen Ruhm zu gewinnen oder sein Leben zu verlieren habe, und er erhob einen so furchtbaren Schrei, daß alle Abhänge vom Echo widerhallten, und stürmte mit der Schnelligkeit des Windes gegen den kleinen Ritter los.

Wolodyjowski hatte ihn aus der Ferne bemerkt und gab seinem braunen Wallach die Sporen. Die anderen ließen die Waffen ruhen, und Bärbchen hinter den Zinnen des Schlosses ward, da sie alle Siege des furchtbaren Hamdi-Bey mit angesehen hatte, trotz des blinden Vertrauens in die unbesiegbare Kraft des kleinen Ritters ein wenig bleich. Sagloba aber war vollkommen ruhig.

»Ich möchte lieber der Erbe dieses Heiden sein, als er selber,« sagte er zu Bärbchen. Pientka, der getreue Smudzer, war seines Herrn so sicher, daß sein Antlitz auch nicht die geringste Sorge um ihn trübte. Ja, er summte, als er den heranstürmenden Hamdi erblickte, eine Volksweise vor sich hin: