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Eine Stimme aus dem Grabe

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Gleich darauf folgte ein kurzes Ringen, wobei, zwischen dem Fluchen der Räuber, der übermannte Brauer um Gnade flehte, bis er endlich mit dem Nothschrei: »o mein Gott, ich sterbe!» zu Boden stürzte.

Obgleich sinnlos vor Angst hörte Nikolaus noch deutlich, wie die Räuber, nachdem sie die Uhr und das Geld des Brauers an sich genommen, beschlossen, seine Leiche unter die Brücke in das Flüßchen zu werfen, sie mit Steinen zu beschweren und mit Wasserkräutern reichlich zu bedecken. Sie würde so lange genug verborgen bleiben, daß sie Zeit fänden, aus der Gegend zu entkommen und dem Arme der Gerechtigkeit zu entfliehen.

Sie führten ihr Vorhaben aus und verschwanden dann in der Richtung nach Meerhout. —

Nikolaus blieb mehr als eine halbe Stunde in dem Gehölz liegen, ohne zu wagen sich zu bewegen. Endlich kroch er zitternd bis an das Ufer des kleinen Flusses, sah nach allen Seiten um sich, horchte selbst auf das Rauschen der Blätter bis er fest überzeugt war, daß die tiefste Einsamkeit ihn umgab.

Er stand auf, und lief dann ohne Aufhalten bis hinter das Haus des Schulmeisters; hier kroch er durch die Hecke, kletterte durch's Fenster und erreichte sein Kämmerchen, wo er sich, behend und seufzend, auf den Rand seiner Bettstelle niedersetzte.

Welch' gräulichem Ereigniß hatte er beigewohnt, welch schreckliches Geheimniß ruhte in seiner Brust! Der Brauer, der beste Freund des alten Pastors, durch Räuber ermordet! Seine Leiche ohne kirchliches Begräbniß in den Fluß geworfen! Der unglückliche Vater mußte zweifelsohne auf dem Wege nach Meerhout gewesen sein, um seinen Sohn aus dem Bunten Ochsen abzuholen, so trug die falsche Magdalena theilweise die Schuld an dem elenden Tode des Brauers!

Aber weiter, was sollte der entsetzte Nikolaus nun beginnen? Den Mord beim Bürgermeister zur Anzeige bringen? Dann würde der Pastor erfahren, daß er bis beinah Mitternacht im »Bunten Ochsen« gewesen« und mit der zukünftig gehofften Anstellung wäre es dann auf immer vorbei, ja seine jetzige Stelle müßte er am Ende gar verlieren, und Existenz – und Brodlosigkeit wäre die nächste Folge. Auch der Gedanke an die gerichtliche Untersuchung erfüllte ihn mit Schrecken; er als Zeuge vor dem Tribunal! schauderhafte Vorstellung! und die ganze Welt würde seine Schande kennen, ihn verachten und verhöhnen! Nein, nein, einem solchen Schicksal konnte er nicht entgegentreten, er würde sterben vor Scham. War er doch vollkommen unschuldig an dem entsetzlichen Vorfall, weßhalb sollte er da so bitter büßen? Dem armen Brauer würde durch sein Bekenntniß das Leben doch nicht zurückgegeben . . . Er wolle deßhalb schweigen und das schreckliche Geheimniß für immer tief in der Brust verborgen tragen.

Diese Erwägungen gaben ihm theilweise die Ruhe zurück, dennoch war er blaß und der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn . . . War es nicht etwa in den Augen Gottes eine nach Vergeltung rufende Missethat, einen Christenmenschen ohne Begräbniß und fern von der geweihten Kirchhofserde wie ein todtes Thier im Wasser liegen zu lassen? Das war ein Gedanke, der ihn immer von neuem quälte. Hundertmal legte er sich selbst die Frage vor, ob es nicht um Besten sei, dem Bürgermeister und dem Herrn Pastor alles zu offenbaren, aber gleich schreckte er wieder zurück vor der Strafe, die ihn erwartete, vor dem Spott der Leute und vor der Schande Angesichts der ganzen Welt. Lange suchte er hin und her nach einem Mittel, die Anzeige zu machen, ohne daß man vermuthen könne, von wem sie käme, aber wie er auch sein armes Gehirn foltern mochte, kein Ausweg stellte sich seiner schwachen Erfindungskraft zu Gebote.

Abgemattet, verwirrt und beschwert durch dies angestrengte Denken, legte er sich zu Bette und schloß die Augen, aber Ruhe fand er dennoch nimmer, denn wenn der Schlummer sich über ihn erbarmte, so schreckte er alsbald unter dem Einfluß gefährlicher Träume wieder auf.

Zuweilen sah er noch einmal der Ermordung des Brauers zu mit all’ ihren schrecklichen Einzelheiten; dann wieder fühlte er ein eiskaltes Messer in die eigne Brust dringen. Endlich stand die Leiche des Brauers vor seinem Bette und rief ihm flehend zu: »Ach vergönne mir einen Platz auf dem Kirchhof! Um Gotteswillen, ein Grab, ein Grab!« —

Als Nikolaus am Morgen nach unten kam, um sich am Schulunterricht zu betheiligen, war sein Gesicht blaß und entstellt vom Schrecken der vergangenen Nacht, so daß der Lehrer mitleidig zu ihm sagte:

»Nun« nun« mein armer Claas, wie elend und krank Sie aussehen; Sie haben das Fieber, glauben Sie mir!«

»Ja, ich habe Fieber,« stammelte der Hilfslehrer, »aber es schadet nichts, es wird schon vorübergehn.«

»Nein so nicht« Sie müssen wieder zurück in ihre Kammer und sich zu Bette legen, meine Frau soll Ihnen warmen Thee aufgießen, damit sie in Schweiß kommen, dann sind sie heute Nachmittag hergestellt. Essen dürfen Sie gar nichts, das schadet einem fieberhaften Magen.«

Nikolaus mußte wieder nach oben, und wie er sich auch weigern mochte, man zwang ihn fast, einen halben Topf von dem bittern Thee zu verschlingen.

Erst am Abend getraute er sich noch einmal, seine Stube zu verlassen, er behauptete, genesen zu sein, doch war sein Gesicht noch eben so bleich, glücklicher Weise möchte man sagen, denn nun sprach alle Welt von dem Verschwinden des Brauers, und wenn nicht seine Wangen völlig farblos gewesen wären, so müßte seine plötzliche Bestürzung doppelt aufgefallen sein.

Das ganze Dorf stände auf dem Kopf, sagte der Hauptlehrer; der Brauer, sonst der solidste und pünktlichste Mann, hatte die vergangene Nacht nicht in seinem Hause geschlafen und war den ganzen Tag nicht sichtbar geworden. Seine Familie schwebte in der tödtlichsten Angst, man hatte in allen angrenzenden Gemeinden, in der ganzen Umgegend nach ihm gesucht, ja selbst bis Diest die Nachforschungen ausgedehnt, doch nirgends eine Spur von ihm entdeckt.

Nikolaus schwieg und hielt die Augen zur Erde gerichtet, indem er nur hier und da ein undeutliches Wort stammelte. Der Schulmeister sagte darauf, daß er noch krank sei und früh zu Bette gehen müsse.

So blieb er die nächsten Tage leidend und kränkelnd meist in seiner Stube, um den Unterhaltungen der Leute zu entgehen, die mit steigender Angst von nichts Anderem mehr sprachen, als von dem unbegreiflichen Verschwinden des Brauers, und von der endlosen Verzweiflung seines Sohnes Isidor.

Die Bewohner des Dorfes waren der Ansicht, daß der arme Vater, durch den Kummer von Sinnen gebracht, seinem Leben ein Ende gemacht haben könne, und Isidor mußte gleichfalls von diesem bittern Gedanken gepeinigt und verfolgt werden; denn gestern noch war er nach Meerhout gelaufen, hatte in einem Anfall von Raserei die leichtsinnige Magdalena mißhandelt und sie vermaledeiet, als die Schuld an dem Tode seines Vaters und seinem ewigen Unglück.

Der alte Pastor, untröstlich über den Tod seines besten Freundes, des gottesfürchtigsten Mannes aus der Gemeinde, weinte wie ein Kind und man fürchtete allgemein, daß das entsetzliche Unglück einen nachhaltigen Einfluß auf seine Gesundheit ausüben würde. Mochte es doch in der ganzen Welt kaum zwei Menschen gehen, die einander mit mehr Achtung und Zuneigung anhingen, als der Pastor und Herr Spoormans.

Alle diese Einzelheiten, die ihm durch den Lehrer oder dessen Frau mitgetheilt wurden, waren nicht geeignet, die Muthlosigkeit und Geistesverwirrung des leidenden Nikolaus zu ermäßigen. Es nagte ein rastloser Wurm an seinem Gewissen, und er wurde in diesen wenigen Tagen so mager, daß er kaum noch zu kennen war.

Bis dahin hatte ihn eine Hoffnung aufgehalten; er hatte geglaubt, die Leiche des Brauers unter der Brücke würde bald durch Vorübergehende entdeckt werden und man sich beeilen, den Todten auf dem Kirchhof zu begraben. Dadurch wäre dann ein gewichtiger Stein vom Herzen des Hilfslehrers fortgehoben; aber die erleichternde Nachricht von dieser Entdeckung ließ vergebens auf sich warten und wer weiß, vielleicht sollte die Leiche für immer im Wasser verborgen bleiben.

Dennoch mußte endlich in der Gemüthsstimmung des Hilfslehrers eine wesentliche Veränderung vorgegangen sein, denn er erschien am Freitag Morgen mit einem Lächeln im Gesicht bei den Hausgenossen, und versicherte zur wahren Freude derselben, daß er sich gänzlich genesen fühle und von jetzt an seinen Dienst in Kirche und Schule wieder versehen wolle.

Und wirklich« er kam seinen Pflichten mit Fleiß und Pünktlichkeit nach. Er erschien selbst fröhlicher und aufgeweckter als vorher, so daß der Schulmeister bemerkte, ein von schwerer Krankheit genesener Mensch sehe das Leben immer mit neuer Frische und verjüngter Hoffnung an.