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Eine Stimme aus dem Grabe

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II

Es mochte gegen Uhr Abends sein«,als Nikolaus Bol mehr als eine Stunde von seinem Hause entfernt, durch die immer dichter werdende Dämmerung lief, gleich einem Verbrecher, dem man auf den Fersen ist.

Er mußte also endlich doch in dem Streit unterlegen sein, denn er befand sich auf dem Wege nach Meerhout, und sollte eben in einen dichten Tannenwald eintreten. Die tiefe Dunkelheit, die im Schooße des Waldes herrschte, erschreckte ihn, und er blieb zögernd und beinah zitternd einen Augenblick steh’n.

Seit einiger Zeit hatte man nämlich viel von fremden Verbrechern sprechen hören, die in der Umgegend ihr Wesen trieben. Noch nicht acht Tage waren vergangen, da war einem Kaufmann in der Nähe von Oostham durch Strauchdiebe alles Geld geraubt worden. Nikolaus Bol zählte außerdem nicht zu den hochgelehrten Philosophen, und da er sich schuldig fühlte, empfand er eine geheime Angst vor unnatürlichen, überirdischen Wesen, die, wie man sagt, als Werkzeuge des göttlichen Zornes den Sünder verfolgen und strafen.

Aber hier stehen bleiben, beinah am Ende seiner Reise wollte er auch nicht, nachdem er stundenlang mit sich selbst gekämpft; die Liebe zu Magdalena, die wieder mit neuer Macht in seinem Herzen erwacht war, trieb ihn weiter. Einen tiefen Seufzer ausstoßend, beugte er den Kopf schloß fest die Augen und rannte in den dunkeln Weg hinein, der in dem Walde verschwand.

Ohne daß ihm etwas zugestoßen wäre, langte er kurz vor zehn Uhr in Meerhout an. Die meisten Kirmeßgäste waren schon nach Haus zurückgekehrt, nur hier und da begegneten ihm ein paar junge Bauernburschen, die halb im Taumel durch die Finsterniß daherschwankten, und ihm selbst undeutliche Worte nachriefen.

Er achtete nicht darauf, denn seine Seele war ganz in einen einzigen Gedanken versunken. Magdalena sollte er sehn! Sie sollte ihn wieder so lieblich anlächeln, und ihm neue Beweise geben von der Aufrichtigkeit ihrer Freundschaft und von der Ungerechtigkeit ihrer Verläumder. Er würde dann den Pastor um Verzeihung bitten, wegen seines Ungehorsams und gebrochenen Gelübdes, würde ihn überzeugen von der Unschuld und Reinheit des Mädchens, und dann, wenn der liebe Gott ihm wirklich so großes Glück vergönnen wolle, dann sollte Magdalena seine Braut werden, bis es ihm gelänge, irgendwo eine Stelle als Hauptküster und Lehrer zu finden . . .

Voll von diesen schönen Träumen öffnete er jetzt die Thür vom »Bunten Ochsen« und trat ein. Halbbeschämt, weil er so viele Leute dort fand, schritt er auf eine Ecke zu und nahm Platz an dem dort stehenden Tisch.

Von den zehn oder zwölf Gästen, die in der Kammer am trinken waren, kannte er nur einen, das war Isidor, der Sohn des Brauers von Tessenderloo; er saß nicht weit vom Schänktisch hinter einigen leeren Weingläsern.

Wo war Magdalena? . . . Sieh, da kommt sie aus einer Hinterthür, eine Weinflasche in der Hand. Sie bemerkt den Hilfslehrer, lacht ihn an, und sobald sie dem Sohne des Brauers eingeschenkt, nähert sie sich dem Nikolaus, reicht ihm die Hand, setzt sich neben ihn, und sagt mit dem hellen Strahl der Liebe in den Augen:

»O wie ich mich freue, daß Sie Wort halten Herr Bol, die ganze Zeit habe ich an Sie gedacht! Und wie hübsch Sie heute aussehen, wie stattlich das seidene Halstuch Sie kleidet! Dazu das prachtvolle Haar, es ist wie Goldfaden . . .«

Der glückliche Unterlehrer lauschte entzückt den Worten ihres Mundes, sein Herz-klopfte rasch, er hatte die ganze Welt vergessen und konnte als Antwort nur ein gerührtes Stottern herausbringen.

Jetzt aber rief Isidor, in beinah befehlendem Ton:

»Magdalena« komm einmal her, ich habe Dir Etwas zu sagen!«

Das Mädchen stand auf, warf dem Nikolaus noch einen Blick der Verständigung zu, und ging dann zu Isidor, der ihr einen Stuhl anwies. Sie setzte sich neben ihn und begann leise und angelegentlich zu sprechen.

Dem Hilfslehrer schien es, als wenn sie von ihm redeten, und war das wirklich der Fall, so mußten sie seiner spotten, denn sie sahen ihn zuweilen von der Seite an, und lachten dann laut auf.

Dieser quälende Gedanke drang ihm wie ein Dolchstich in’s Herz. Sollte man also doch dem Pastor die Wahrheit von Magdalena berichtet haben, und war er wirklich der Spielball eines gefühllosen Frauenzimmers.

Von Schrecken und Widerwillen getrieben, schickte er sich an, das Haus sofort wieder zu verlassen, doch mußte Magdalena ohne Zweifel sein Mißvergnügen bemerkt haben, denn schon kam sie, setzte sich neben ihn und erzählte ihm lachend, was für komische Studentenstreiche der junge Brauer ihr eben mitgetheilt; der leichtgläubige Nikolaus war, nach einer Fluth von liebenden Worten, alsbald wieder in ihren Netzen.

Kurz darauf wurde sie durch einen anderen Gast fortgerufen, und entschuldigte sich, daß sie nicht über sich verfügen könne, sondern allen Besuchern ihres Onkels Rede stehen müsse.

Er sah sie dann neben einem dicken Bauer sitzen, darauf neben einem Mann, der wie ein Bürger gekleidet war, etwas später neben einem andern mit einer grünen Brille, dann wieder bei Isidor, und endlich kehrte sie zu dem Hilfslehrer zurück.

So ging Magdalena von Einem zum Andern, immer gleich lebhaft und heiter lachend, und wie es schien, mit Allen gut Freund, obgleich es nicht zu verkennen war, daß der Sohn des Brauers hier das große Wort führte und vor den Andern Vieles voraus hatte.

Nach und nach leerte sich die Herberge, die meisten Gäste kehrten heim. Nikolaus aber blieb noch in seiner Ecke sitzen.

Es war ihm nicht wohl zu Muthe, ein schmerzliches Licht ging ihm auf, seine eigne innere Ueberzeugung neigte sich immer mehr aus die Seite des Pastors, – doch dann zog ein Lächeln oder ein bezauberndes Wort Magdalenas ihn immer wieder die Binde vor die Augen, wenigstens ausreichend um ihn im Zweifel zu halten.

Mehr als einmal hatte man ihn aufgefordert. Wein zu trinken aus der Flasche des Brauers, doch blieb er bei seinem einzigen Glase Bier, da ihm das Bezahlen des Weines zu großen Schrecken einflößte; Magdalena schien von diesem Beweis der Armuth oder übertriebenen Sparsamkeit durchaus nicht erbaut zu sein.

So war es beinah elf Uhr geworden, der junge Brauer, welcher wahrscheinlich durch anhaltendes Trinken zu Scherz und Uebermuth sich angeregt fühlte, begann allmählich den wehrlosen Hilfslehrer mit Neckereien aufzuziehen, er nannte ihn Rothkopf, und dergleichen Spottnamen mehr, ohne deßhalb die Absicht zu haben, ihn zu kränken.

Magdalena, die neben Isidor saß, nahm sich scheinbar des armen Nikolaus an, doch war es gerade die Art und Weise in der sie ihn vertheidigte, welche die Zuhörer zum Lachen brachte und den Zustand des Unterlehrers immer unerträglicher machte.

Lange hielt er es aus, bis ihm endlich auch nicht der mindeste Zweifel mehr bleiben konnte, daß er ein Gegenstand des Spottes, sowohl für Magdalena, wie für die Uebrigen war.

So stand er auf, und wünschte mit gedrückter Stimme gute Nacht; man that als oh man ihn zurückhalten wolle, er aber verließ die Herberge, das Herz voll Verdruß und Reue.

Vor der Thür hielt ihn Isidor noch einmal an, und ersuchte ihn um das Versprechen, Niemanden zu sagen, daß er ihn in Meerhout gesehn; da sein Vater glaube, er sei nach Diest gegangen. Nikolaus gab ihm die Versicherung, strenges Stillschweigen bewahren zu wollen, unter der Bedingung, daß auch Isidor des Hilfslehrers Anwesenheit im »Bunten Ochsen« geheim halten würde.

Dann schritt er eiligst durch das Dorf, um den Weg nach Tessenderloo einzuschlagen.

So lange er sich zwischen den Häusern befand, dachte er an nichts als die Niederlage die er erlitten, an seine Strafbarkeit und an den gerechten Unwillen seines guten Pfarrherrn, falls ihm die Sache zu Ohren käme; sobald aber das Dorf hinter ihm lag, starrte die düstere Einsamkeit ihm entgegen! Anderthalb Stunden wenigstens sollte er nun mitten in der Nacht, allein durch Wälder, Haiden und Felder gehen, jetzt da nicht mehr wie auf dem Heimwege die Liebe, noch auch die Stimme der Verführung, ihn vorwärts trieb.

Wenn er nun wirklich von Strauchdieben, von Mördern angefallen würde! Vor Mitternacht konnte er Tessenderloo unmöglich erreichen, schreckliche Stunde das, für ein nagendes Gewissen!

Stichdunkel war es zwar nicht, aber in diesem undurchdringlichen Grau, das ihn wie ein grenzenloses Meer umgab, erschienen die Bäume und alle sonstigen Gegenstände so undeutlich und verschwommen, daß eine aufgeregte Phantasie Alles, was sie wollte, daraus bilden konnte.

Dennoch schritt er hastig weiter, das Loos war geworfen, er mußte nach Haus und wenn er durch’s Feuer laufen sollte. Das Gefühl der Nothwendigkeit verlieh ihm einige Kraft und er begann selbst Muth zu schöpfen . . . doch plötzlich blieb er mit einem dumpfen Angstschrei wie angewurzelt stehn.

Der kalte Schweiß brach ihm aus, und er wäre ohne Zweifel zurückgerannt, wenn seine bebenden Kniee ihm nicht den Dienst versagt hätten.

Dort vor ihm aus dem Wege stand ein großer schwarzer Mann, mit langen Hörnern – seine Augen täuschten ihn nicht, die Gestalt bewegte sich sichtbar!

Mehr todt als lebendig schlug er ein Kreuz; jetzt aber stieß die Erscheinung einen langen, tiefere Ton aus, der klagend in der Ferne verhallte.

Schamröthe färbte trotz der Dunkelheit des Jünglings Stirn.

»Dummkopf» flüsterte er« »aber Gott sei gelobt, besser tausend Kühe als ein . . . «

Er schöpfte tief Athem, trieb mit dem Spazierstock die Kuh auf ihre Weide zurück« und setzte dann seinen Weg fort, allerdings noch aufgeregt durch den ausgestandenen Schrecken, doch nach und nach zu einer ruhigeren Gemüthsverfassung übergehend.

Eine glücklich durchgekämpfte Gefahr stärkt den Menschen gegen neue Schrecken, diese Erfahrung machte auch unser Hilfslehrer, und da er sich seinem Bestimmungsorte bis auf eine halbe Stunde genähert, ohne daß etwas Drohendes ihm entgegengetreten war, begann er innerlich über seine Zaghaftigkeit zu lachen.

 

Er befand sich jetzt nicht mehr in dem Schooß dunkler Büsche, sein Weg war nur an einer Seite von einem Eichengehölz begrenzt; noch ein paar hundert Schritte, dann mußte er die hölzerne Brücke erreichen, wo die falsche Magdalena ihn mit ihren Augen verzaubert hatte.

Das rief ihm noch einmal alle ihre süßen Worte in’s Gedächtniß zurück, und wieder sah er die schwarzen Giftperlen und ihr ganzes verlockendes Wesen im Geiste vor sich, wie sie ihn anlächelte, ihm aus der Ferne noch zugewinkt und versichert hatte, daß sie nur an ihn noch denken könne . . .Aber was war das? wie gewaltsam wurde er plötzlich aus diesen Träumereien aufgeschreckt; Ein schrilles, unheilverkündendes Pfeifen klang ihm in’s Ohr und o Schrecken! aus der Tiefe des Gehölzes antworteten zwei gleiche Töne dem geheimnißvollen Ruf.

Das waren Räuber« ohne allen Zweifel! Sie wollten ihn überfallen und ihm mit dem Messer an der Kehle, die Börse oder das Leben abfordern.

Diesmal konnte Nikolaus laufen, er nahm alle Kraft zusammen und floh vorwärts, doch da er eben im Begriff war, den Fuß auf die hölzerne Brücke zu setzen, gewahrte er an der gegenüberliegenden Seite im Wege eine menschliche Gestalt, die ihm entgegen kam.

Außer sich vor Entsetzen sprang er zurück, kroch auf Händen und Füßen einige Schritte in das Gehölz und sank dort zur Erde. Kaum wagte er Athem zu holen, er machte sich so klein als möglich und rührte kein Glied mehr, obwohl er mit klopfendem Herzen scharf aufhorchte, auf die Schritte seiner schrecklichen Feinde.

Da vernahm er von der Brücke her hohle Stimmen, die Jemanden zuriefen: »Das Geld oder das Leben!« Eine andere schwere Stimme antwortete darauf, weigernd und selbst drohend. Diese letzte Stimme glaubte Nikolaus zu erkennen, es war die von Herr Spoormans, dem alten Brauer von Tessenderloo!