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Der Bahnwärter

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Der Schließer ergriff ihren Arm, und während er versuchte sie fortzubringen, flüsterte er dem Bahnwärter in’s Ohr:

»Seien Sie vernünftig und helfen mir, es läßt sich nichts daran machen, meine Vorschrift befiehlt es so.«

Johann Verhelft stieß einen dumpfen Schrei aus und ließ das Haupt wie vernichtet auf die Brust sinken. Gewalt brauchen, um seine unglückliche Frau zu entfernen, ach, dazu hatte er keine Kraft!

Marianne leistete noch eine kurze Zeit dem Schließer Widerstand; auf die flehentlichen Bitten ihres Mannes aber gab sie nach, brach in Thränen aus und schluchzte:

»Ich will gehn« mich fortführen lassen, Alles ist mir gleichgültig.«

Zu Alter Erstaunen erschien jetzt plötzlich in der Thür des Gefängnisses ein Herr; entsetzt bebte Marianne zurück, während sie ausrief:

»Friedrich, unser Verfolger, unser Feind!«

Der junge Herr Vereichen trat näher, wandte sich zu dem Gefangenen und sagte mit tiefer Rührung:

»Verhelft, Sie haben ein Recht, mich zu hassen, ich habe Ihnen viel Leid zugefügt, das weiß ich. Aber verzeihen Sie mir, denn jetzt bringe ich Ihnen Glück, Ehre und Freiheit zurück!

Der Bahnwärter und seine Frau sahen ihn ungläubig an, doch zitterten beide und waren erblaßt in ängstlicher Erwartung.

»Mein Vater wird genesen,« fuhr Friedrich fort. »Er hat heute Morgen zuerst wieder gesprochen und Ihre Unschuld erklärt, unser Kutscher hatte, gegen den Willen meines Vaters, die Barrieren geöffnet. Der Stellvertreter des Staatsanwalts ist bereits zum Untersuchungsrichter geeilt, um Ihre Freilassung zu bewirken. Zweifeln Sie nicht länger, heute noch verlassen Sie das Gefängniß!«

Da erst fielen der Bahnwärter und seine Frau mit namenloser Freude sich in die Arme, und priesen danke baten Herzens den Namen Gottes, der in seiner Güte sich ihrer erbarmt hatte, in einem Augenblick, da alle Hoffnung sie zu verlassen schien.

»Bitte, hören Sie mir jetzt zu,« sagte der junge Herr Vereichen. »Daß Ihnen Ehre und Freiheit zurückgegeben wird, erscheint Ihnen als das höchste Glück, mir aber genügt das nicht. Ich habe schlecht an Ihnen gehandelt, weil ich Sie schuldig wähnte, nun, aber will ich, so viel als irgend möglich, das Unrecht und den Schaden ersetzen, den Sie durch mich erlitten. Sorgen Sie nicht für ihre Zukunft, ich bin schon zum Director der Eisenbahn gewesen, um Sie in Ihre Stelle zu Bolderhout wieder einsetzen zu lassen. Unglücklicher Weise traf ich den Direktor nicht zu Haus, ich werde ihn aber jedenfalls heute noch sprechen. Und was auch immer geschehen mag, ich will Ihnen helfen, für Sie sorgen, Ihnen beistehen, bis Sie selbst mir sagen werden: »wir sind entschädigt.« Für die Zukunft Ihres guten Sohnes Alexander mache ich mich verantwortlich, und wenn die andern Kinder jemals Etwas nöthig haben, so werde ich mein ganzes Leben hindurch bereit sein, ihnen meine Schuld gegen ihren braven Vater zu vergüten. In Ihrem Wärterhäuschen wohnt einstweilen noch der neue Beamte, ich bringe Sie deßhalb heute, sobald wir Ihre Freilassung in Händen haben mit Ihrer Familie zu einer guten Herberge in der Stadt, und dort bleiben Sie, bis ich in Bolderhout eine Wohnung für Sie bereitet.«

Johann Verhelft und Marianne hielten sich fest umschlungen, Worte der Dankbarkeit flüsternd.

»Ach, wie bald kann das Schicksal der Menschen sich wenden,« sagte die Frau, »vor wenig Augenblicken noch wollte mir das Herz brechen, ich beweinte Dich und unsere Kinder . . . und jetzt sind wir nun Alle wieder glücklich, wie die Engel im Himmel!«

»Nun, Verhelft, wollen Sie mir Ihre Verzeihung schenken?« fragte der junge Herr Vereichen.

»Ich habe sie niemals in meinem Herzen angeklagt, Herr Friedrich,« sagte der Bahnwärter, »im Gegentheil, mich dauerte nur Ihr großer Kummer, das kann meine Frau bezeugen.«

»So ist es, Herr Vereichen,« bestätigte Marianne, »ich habe Sie der Rachsucht und Bosheit beschuldigt und war, Ihnen gram, er aber hat Sie stets vertheidigt, und jetzt sehe ich nun auch, wie sehr ich mich getäuscht. O Sie sind uns eben so gut, wie zuvor!«

»Dank, tausend Dank,« sagte Friedrich voller Rührung. »Geben Sie mir beide die Hand, Sie guten Leute. Ihr Loos muß verbessert werden, Johann Verhelft, sprechens Sie mir nur Ihre Wünsche aus!«

»Ach, vor Allem verlange ich nur nach Freiheit.«

»Natürlich, aber das wollte ich nicht damit sagen.«

»Nun, dann möchte ich meinen Posten in Bolderhout wieder haben und mit meiner Frau und meinen Kindern zurückkehren zu meinem-Gärtchen, meinem Land.«

»Ich zweifle nicht, daß ich im Stande sein werde,« Ihnen diesen nur zu bescheidenen Wunsch zu erfüllen,« sagte Friedrich, »und was die Freiheit betrifft, die wird Ihnen baldigst durch den Vertreter des . . . «

Verworrene Stimmen ließen sich jetzt hinten im Gange vernehmen.

»O Gott, was höre ich?« rief der Bahnwärter, »meine Kinder? Meine Mutter?«

Und kaum noch hatte er die Worte ausgesprochen, da stürmten sie heran, jubelnd, frohlockend füllten sie die enge Zelle.

»Vater, lieber Vater! Frei, frei!« das war alles, was er hörte, während ihn die Liebkosungen seiner beiden Knaben, die ausgelassen vor Freude ihm aus Arme und Schultern kletterten, beinah erdrückten. Bald war die ganze Familie, die Großmutter nicht ausgenommen, in fester Umarmung, wie von einem Bande umschlungen. Der Vertreter des Staatsanwalts, welcher die Kinder und die Blinde hergebracht hatte, zeigte jetzt ein Papier vor und sagte:

Johann Verhelft, sehn Sie hier Ihre Freilassung. Ich schätze mich glücklich, daß ich Etwas dazu beitragen konnte, die Unschuld eines ehrlichen, braven Mannes an den Tag zu bringen.«

Marianne riß sich los aus der allgemeinen Umarmung und kniete vor ihm nieder.

Sie, Herr, Sie sind unser Retter!« rief sie aus. »O gewiß, Gott wird Ihnen einst einen sanften, seligen Tod schenken, denn wir und unsere Kinder wollen für Sie beten alle Tage unseres Lebens.«

Jetzt trat auch die Großmutter vor und sagte umhertastend mit zitternder Stimme:

»Ach, Herr, ich bin blind, meine Augen können Sie nicht sehn, aber lassen Sie mich doch nur ein Mal die Hände des edlen Mannes fühlen, der uns armen elenden Leuten wie ein Bruder zur Seite gestanden hat!«

Der Staatsanwaltsgehilfe reichte ihr die Hand; sie ergriff dieselbe mit fieberhafter Freude und drückte sie an ihre Lippen. Aus ihren leblosen Augen fiel eine Thräne, die als Perle der Dankbarkeit an seinen Fingern glänzte.

»Sie sind frei,« sagte er jetzt, »Sie können sofort das Gefängniß verlassen, Niemand wird Sie hindern. Ich habe hier noch Etwas zu besorgen und wünsche Ihnen Allen ein herzliches Lebewohl.«

Damit wandte er sich der Thür zu, als ob er Eile hätte, den Dankesergüssen der guten Leute zu entgehn.

»Jetzt kommen Sie mit mir zu der Herberge,« sagte Friedrich. »Dort erwartet Sie eine gute Mahlzeit und seine Flasche Wein, um ihre Erlösung aus der traurigen Haft zu feiern.«

Alle folgten ihm.

Als das große Thor des Gefangenenhauses für sie geöffnet wurde, sprang Johann Verhelft hinaus; umringt von seiner jauchzenden Familie holte er einige Male in tiefen Zügen Athem, als ob er seine Brust mit der süßen Luft der Freiheit füllen wollte. Dann hob er Augen und Hände zum Himmel, flüsterte ein Gebet und rief endlich laut:

»Ich bin frei, ich bin frei! Hurrah! Hurrah!«

»Hurrah, Hurrah! Der Vater ist frei!« wiederholten seine Kinder, indem sie ihm nachsprangen; und jubelnd schwenkten sie ihre Mützen in der Luft.

Schluß

Am folgenden Tage, in der Morgenzeit, schien es in Bolderhout Kirmeß zu sein. Die Dorfbewohner in ihrem Sonntagsstaat, zogen festlich über den Markt und die Hauptstraße. Aus den Fenstern vieler Häuser wehten Fahnen und der Weg zu den Barrieren der Eisenbahn war an beiden Seiten von hohen grünbekränzten Stangen eingefaßt, die durch Laub- und Blumenguirlanden mit einander verbunden waren.

Am Ausgange des Dorfes, nach der Stadt zu, stand eine Windmühle auf einem Hügel. Dort oben sah man den Feldwächter umherschreiten, eine brennende Lunte in der Hand, während am Fuße des Mühlenberges die Mitglieder der Musikbande mit ihren Instrumenten aufgestellt waren, jeden Augenblick bereit, ein fröhliches Stückchen zu spielen.

Ferner bemerkte man einen Mann, der hin und hertrabte, von einer Gruppe zur andern, und überall Verhaltungsmaßregeln zu geben schien, als ob er hier der Anführer wäre. Dies war Wispel, der Schreiber des Notars. Eben lief er wieder wie von Ungeduld getrieben, den Hügel hinan, wechselte eilig einige Worte mit dem Feldwächter und blickte dann über den Weg in’s Feld hinein.

Wenige Augenblicke nur hatte er dort gestanden und seiner Ungeduld durch Brummen Luft gemacht, als er plötzlich ausrief:

»Männer, Freunde, aufgepaßt! Hurrah da sind sie.

Der Feldwächter blies auf seine Lunte, die Musikanten brachten ihre Instrumente an die Lippen.

Wem galt denn der Empfang? Wer war es, der hier erwartet Wurde? Etwa ein neuer Bürgermeister? Der Oberpräsident? »der gar der König?

In der Ferne sah man einen groben, offnen Wagen, mit zwei Pferden bespannt, im langsamen Trabe herankommen. So viel sich unterscheiden ließ, saßen zwei Männer, zwei Frauen und einige Kinder darin.

Ohne Zweifel waren dieses die Erwarteten, denn die dichte Menge begann sich am Eingang des Dorfes anzusammeln und die Luft mit freudigen Zurufen zu erfüllen.

Die Kutsche näherte sich.

Da donnerten plötzlich auf dem Mühlenberge dreimal die Kanonen und gleichzeitig fiel die Musik ein mit den heiteren Klängen des Liedes:

»Wo kann man besser sein,

Als in der Freunde Mitte.«

Rund um den Wagen drängten sich hunderte von Menschen, mit den Händen grüßend oder die Hüte schwingend, während die Luft erdröhnte von den Rufen: »

 

Hoch lebe Johann Verhelft! Willkommen, willkommen, Hurrah, Hurrah!

Wie sehr Friedrich Vereichen auch versuchte, den Bahnwärter in dem Wagen zurückzuhalten, – dieser konnte nicht länger bleiben. Hatte er doch seinen Freund Wispel bemerkt, und etwas weiter den Schullehrer. Sein Herz trieb ihn diesen im Leid bewährten Freunden entgegen, er mußte ihnen danken, sein Glück mit ihnen theilen. Auch Marianne, die Großmutter und die Kinder stiegen jetzt ans dem Wagen und waren bald von allen Seiten umringt. Jeder wollte ihnen die Hand drücken, Jeder seine Freude und Theilnahme an den Tag legen und diejenigen, welche damals am meisten gegen sie erbittert waren, bezeugten jetzt am lautesten ihren Jubel.

Die Rufe: »Vivat Johann Verhelft! Vivat Marianne!« erklangen immer wieder von Neuem; und wo nur der größte der Knaben sich blicken ließ, riefen seine Schulkameraden:

»Alexander soll leben! Hurrah, Hurrah!«

Der Bahnwärter war durch die ihm erwiesene Ehre, und durch all die Beweise der Freundschaft, womit man ihn und seine Familie überhäufte, so ergriffen, daß er kaum noch sprechen konnte und daß er auf den Füßen wankte.

Jetzt schlug er nun den Weg zu seinen Barrieren ein. Wie gewaltig ihm da das Herz klopfte! Friedrich Vereichen hatte ihm in der Stadt schon die frohe Kunde gebracht, daß seine alte Stelle ihm zurückgegeben sei. Er sollte also wieder in dem Waggon wohnen, in seinem lieben Gärtchen spazieren, und auf seinem Streifen Landes arbeiten! Nichts war verändert in seinem Leben, als daß die Zukunft seiner Kinder gesichert war und er keine Schicksalsschläge mehr zu befürchten hatte.

Die Musik spielte einen fröhlichen Marsch, dennoch bewegte man sich nur langsam weiter.

Noch einmal donnerten drei Kanonenschüsse, als Johann Verhelft, von Friedrich und dem Schullehrer geführt, vor dem Waggon ankam.

Der Anblick seiner bescheidenen Wohnung mußte das Gemüth des Bahnwärters mächtig ergreifen, denn während die Musik wieder in die Melodie des Liedes: »Wo kann man besser sein,« überging und aus hundert und abermals hundert Kehlen der Zuruft »Hoch lebe Johann Verhelft! Hurrah, Hurrah!« erscholl, wollte er den Fuß auf die Stufen setzen, sank aber wie betäubt in die Kniee und rief mit zum Himmel erhabenen Händen:

»Dank, o Dank Dir, gnädiger Gott, für so viel Glück!«

– E n d e -