Brot des Lebens

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Was wir damals nicht lernten

Das waren etwa die Kreativität, die Messe lebendig, je nach Anlass und Zusammensetzung der Gemeinde zu gestalten. Wir lernten kaum, die Gemeinde anzusprechen und in das heilige Geschehen mit einzubeziehen. Wir bekamen zu wenig Anregung, wie man die Mitfeiernden dem Geheimnis der Messe innerlich näherbringen könnte, sodass sie dem Herrn im heiligen Mahl persönlich begegnen. Dazu hilft kein seelenloses Protokoll. So feierte ich vor dem Konzil täglich die Messe, durchaus andächtig, für die Kirche und für die Gemeinde, oft aber nicht wirklich mit ihr. Was Jesus zu seinem Gedächtnis als Mahl eingesetzt hatte, war wohl anders gedacht.

Das eine Opfer und die vielen Messen

Karl Rahner SJ hatte sich schon 1949 in einem Artikel in der Zeitschrift für katholische Theologie mit dem Problem der vielen „privat“ gefeierten Messen kritisch auseinandergesetzt. Damit löste er eine heftige Diskussion aus. Viele stimmten ihm zu, andere widersprachen ihm. Nach mehreren Artikeln, die seine theologische Position verteidigten, gab er schließlich 1966 zusammen mit P. Angelus Häussling, Benediktiner in Maria Laach, eine Quaestio disputata (Nummer 31) unter dem Titel „Die vielen Messen und das eine Opfer“ heraus. Diese Publikation ist später fast legendär geworden. Als Priester erlebte ich hautnah die von Rahner kritisierte Situation, aber auch die Hinwendung der Gesamtkirche zu seiner Option.

Der willkommene Ausweg durch die Erlaubnis zur Konzelebration

Vor dem Konzil gab es die Konzelebration mehrerer Priester nur bei der Priesterweihe und da in reduzierter Form. Sonst feierte jeder Priester, auch wenn viele an einem Ort waren, allein die Messe. Ihnen die Gelegenheit dazu zu geben, wurde immer schwerer, wenn die Zahl der Priester sehr groß war. Ein Beispiel war der Massenandrang von Priestern beim Jubiläum von Lourdes 1958. Das führte dazu, dass schon an die Vor-Vorbereitungskommission des Konzils (die antepraeparatoria, wie diese Kommission genannt wurde) das Anliegen herangetragen wurde, am Konzil die Erlaubnis zur Konzelebration auszuweiten. Übrigens hat auch Kardinal König dies in der Vorbereitung auf das Konzil angeregt. Am 20. November 1963 wurde dann das zweite Kapitel der Liturgiekonstitution mit großer Mehrheit angenommen (2057 gegen 123 Stimmen), in dem in den Artikeln 57 und 58 dem Ortsbischof die Vollmacht zugesprochen wurde, die Konzelebration in vielen Fällen zu gestatten. Es sollte damit die Einheit des Priestertums zum Ausdruck kommen, die Eucharistie als Sakrament der Einheit sichtbar werden, aber auch ein befremdendes Bild aus den Kirchen und den Mönchsgemeinschaften entfernt werden, wenn viele Priester in verschiedenen Ecken an kleinen Seitenaltären mehr oder weniger gleichzeitig zelebrierten. Freilich verbot das Konzil nicht, einzeln zu zelebrieren, dann „aber nicht zur selben Zeit in derselben Kirche, während einer Konzelebration und nicht am Gründonnerstag“ (SC a. 57, n. 2)

Die vielen Messen in „Ecken der Kirche“

Ich habe das noch jahrelang erlebt. Als ich 1956 Kardinal König als Zeremoniär zugeteilt wurde, feierte ich vor Beginn des gemeinsamen Arbeitstages im Dom von St. Stephan an irgendeinem Seitenaltar allein die Messe. Weil nicht einmal ein Ministrant anwesend war, bat ich einen bekannten Kaplan, der in seiner Pfarre eine starke Ministrantengruppe aufgebaut hatte, mir täglich einen zu schicken, was er auch tat. Auch die Kanoniker von St. Stephan „lasen“ zuerst an einem Seitenaltar die Messe, bevor sie sich zum gemeinsamen Chorgebet versammelten. Und während einer dann die Konventmesse las, wohnten die anderen nur bei, meditierten oder lasen die noch übrigen Teile des Stundengebetes für sich.

Von 1960 bis 1963 wohnte ich während meines Romstudiums im deutschsprachigen Priesterkolleg Anima. Dort waren in Nischen acht Seitenaltäre. Wir waren 24 Priesterstudenten und bildeten Zweierschaften, wo einer zelebrierte, der andere ihm ministrierte, und dann gleich umgekehrt. Ein stolzer Römer namens Salvatore half uns beim Ministrieren. Er stand an einem strategisch günstigen Punkt, sodass er drei, vier Messen zugleich „beobachten“ konnte und die notwendigen lateinischen Antworten in die Kirche rief. Nur zur Gabenbereitung schritt er an den Altar. Da lehrte er uns, wie persönlich Fürbitten sein können. Er sagte gerne: „Faccia una preghiera per mia moglie, per le gambe di mia moglie!“ Also: Beten Sie für meine Frau und ihre schlechten Beine!

Als 1962 das Konzil begann, wohnte auch Joseph Ratzinger, der Kardinal Frings aus Köln theologisch beriet, in der Anima. Auch er zelebrierte und ministrierte an einem der Seitenaltäre.

In Klöstern feierte jeder Mönch zuerst privat die Messe, um dann pflichtgemäß an der Konventmesse teilzunehmen.

All das hat den Eindruck erweckt, als würden viele einzeln gefeierte Messen mehr Gnade vermitteln, als wenn Priester gemeinsam zelebrieren.

Ist eine Messe für Verstorbene zu wenig?

In Rom erlebte ich auch, was ich sonst nur aus liturgischen Büchern kannte, die sogenannten „Beimessen“ für Verstorbene. Wohlhabende Römer suchten sich für das Requiem ihrer Angehörigen einen Bischof, was bei der großen Zahl in Rom nicht schwer war. Dazu „mieteten“ sie mehrere Priester, die gleichzeitig mit dem Bischof Messe hielten. Einmal war ich auch dabei. Wir zogen uns gemeinsam in der Sakristei an. Dann formierte sich der Zug der Priester, am Schluss der Bischof. Dieser ging zum Hochaltar, wir zu einem der Seitenaltäre und feierten nun „synchron“, aber natürlich jeder für sich ganz privat, die heilige Messe, eine „Beimesse“, wie der Fachausdruck hieß. Wurden dadurch dem Verstorbenen mehr Gnaden vermittelt, weitete sich die Barmherzigkeit Gottes durch die Vielzahl der „Messopfer“? Die Volksfrömmigkeit glaubte das. Wir Priester aber und liturgische Riten wie die der Beimessen stärkten noch diesen Aberglauben.

„Jedem Priester bleibt die Freiheit, einzeln zu zelebrieren“

Darauf hat das Konzil über die Konzelebration hinaus ausdrücklich hingewiesen. Was kann einen Priester motivieren, sich diese „Freiheit“ zu nehmen? Die Vermutung, dass, wenn er allein zelebriert, die Frucht der Gnade doch größer ist, als wenn er konzelebriert?

Auch heute gibt es bei Priestertagen noch immer Mitbrüder, die lieber allein die Messe „lesen“, als zu konzelebrieren. Denken sie nicht daran, dass durch die Konzelebration die Einheit des Priestertums in Erscheinung tritt, wie es das Konzil ja ausdrücklich sagte? (SC 57 § 1)

3. Kapitel
Das Konzil lehrt uns die Messe neu sehen

Im Laufe meiner 60 Priesterjahre habe ich tiefgreifende Veränderungen in der Feier der Messe erlebt. Die Liturgische Bewegung in Österreich, in Deutschland und in Frankreich wurde schrittweise offiziell anerkannt. Als Papst Johannes XXIII. die Bischöfe der ganzen Welt fragte, welche Themen ihnen für das Konzil besonders wichtig erscheinen, nannten sehr viele „eine Erneuerung der Liturgie“. Es ging immer um die eine Messe, von Jesus eingesetzt und durch 2000 Jahre zunehmend in der ganzen Welt gefeiert. Aber das Konzil wollte das Wesen der Messe deutlicher zum Ausdruck bringen und zeigen, wie sie „Quelle und Höhepunkt“ christlichen Gemeindelebens ist. In verschiedener Weise hat uns das Konzil die Messe tatsächlich neu sehen gelehrt.

Statt Priesterliturgie Feier des ganzen Volkes

Das Konzil hat sich endlich zu dem bekannt, was die liturgischen Bewegungen seit den 1920er Jahren unverdrossen angemahnt und in kleinen Gemeinden auch schon „experimentiert“ hatten. Dazu waren aber vorbereitende Schritte notwendig.

Schon Pius XII. gibt den Anstoß zur Liturgiereform

Zwei Enzykliken von Pius XII. haben uns in unserer Jugend besonders begeistert. 1943 Mystici corporis, wo die Kirche von der Bibel her gesehen wird. Im Vordergrund steht nicht mehr ein einseitig juridisches Kirchenbild. Das hat uns im Krieg und in der Nazizeit neue Freude an der Kirche bereitet, einer Kirche, die wir durch die Taufe alle gemeinsam selber sind.

1947 schrieb Pius XII. Mediator Dei. Obwohl Rom der Liturgischen Bewegung immer kritisch gegenüberstand, regte nun der Papst selbst eine liturgische Erneuerung an. Es war wie ein Befreiungsschlag. Manches klingt schon an, was im Konzil dann noch deutlicher ausgesprochen wird. So heißt es dort: Die heilige Liturgie stellt die öffentliche Verehrung dar, „die unser Erlöser, das Haupt der Kirche, dem himmlischen Vater erweist“ zusammen mit allen Gläubigen, den Gliedern dieses Leibes. Demnach ist die Messe also keine Privatandacht des Priesters, wie wir sie oft erlebten. In manchen Passagen der Enzyklika scheint dies allerdings immer noch durch (vgl. oben S. 33).

Die Liturgische Bewegung fand sich durch diese Enzyklika bestätigt und konkrete Änderungen folgten. 1947 gab es schon ein zweisprachiges Rituale für Frankreich, 1950 auch für Deutschland. Ab 1951 begann Papst Pius XII. schrittweise die Osterliturgie zu erneuern. Bis dahin wurde die „Osternacht“ ja paradoxerweise am Karsamstag in aller Früh gefeiert mit zwölf endlosen Prophetien, die nur lateinisch vorgetragen wurden. Wir Ministranten langweilten uns furchtbar. Gemeinde war kaum anwesend, die feierte ja am Nachmittag in der „Auferstehungsprozession“ auf ihre Weise Ostern. Nun sollte die Ostervigil in der Nacht zum Sonntag oder zumindest am Abend vorher gefeiert werden. Die Prophetien wurden auf sieben vermindert und die Bedeutung der Osternacht für die Taufe betont. Dies geschieht heute durch die Taufwasserweihe, die Erneuerung des Taufgelübdes durch die Mitfeiernden und gelegentlich sogar durch eine Taufe selbst. Ich habe schon öfter in der Osternacht getauft. Dabei wurde den Gläubigen der Sinn der Osternachtsliturgie in eindrucksvoller Weise deutlich.

 

Ich erinnere mich noch, wie damals auch zum ersten Mal Abendmessen gestattet wurden. Früher gab es Messen ja nur in der Frühe. Das eucharistische Fasten – früher ab Mitternacht gefordert – wurde erleichtert. 1958 wurde in der Instructio de Musica sacra zur aktiven Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst ermutigt. Die Umsetzung war in den verschiedenen Teilen der Weltkirche unterschiedlich, aber wo die Liturgische Bewegung gewirkt hatte, fühlte man sich bestärkt und erwartete nun vom Konzil noch weitere Schritte. Die Kurie selbst aber schien eher zu bremsen.

Unmittelbare Vorbereitung auf das Konzil

An die Vorbereitungskommission wurden viele Wünsche herangetragen, die Liturgie weiter zu erneuern. In manchen römischen Kreisen schien dies Unruhe zu erzeugen. Jedenfalls wurden unerwartet rasch noch einige Verfügungen vorgenommen. 1960, also schon während der Vorbereitung auf das Konzil, wurde ein Codex rubricarum mit 530 Artikeln im Stile der bisherigen strengen Rubrizistik erstellt. 1961 wurden Änderungen im Brevier vorgenommen und 1962 ein neues Messbuch herausgegeben. Es ist dies das Missale, das heute die Grundlage für den sogenannten „außerordentlichen Ritus“ der Messe ist, welche oft fälschlich „tridentinische Messe“ genannt wird und sich heute erstaunlicherweise wachsender Beliebtheit erfreut. Verteidigend sagt man, es handle sich dabei gerade um den vom sonst so gelobten Papst Johannes XXIII. eingesetzten Ritus, nach dem auch die Konzilsväter zelebrierten. Zeitlich stimmt das, aber es ist trotzdem die vorkonziliare Messe, da tiefgreifende Erneuerungen ja erst beschlossen werden sollten.

1962 wurde der alte Ritus nur geringfügig verändert, die durchgehende Sprache, auch im Verkündigungsteil, war weiterhin Latein. Um das zu sichern, erschien am 22. Februar 1962 das Motu proprio Veterum sapientia, in dem die lateinische Sprache für den Unterricht in Rom erneut vorgeschrieben wurde, obwohl man an den meisten Universitäten längst auf lebende Sprachen übergegangen war. Dino Staffa, der Sekretär der Studienkongregation, meinte aber, Latein sei die „vollkommene Sprache für die Theologie, aber auch ein Konstitutivum für die Einheit der Kirche“.

Liturgiereform – ein Grundanliegen des Konzils

Am 16. Oktober 1962, also bereits fünf Tage nach der Eröffnung des Konzils, wurde völlig überraschend erklärt, die Beratungen werden mit dem Schema über die Liturgie beginnen, wie es auch am 22. Oktober geschah. Ob man durch diesen Überraschungseffekt eine intensivere Vorbereitung verhindern wollte? Andere meinten, man wollte eben mit einer „leichten Materie“ beginnen, um sich in das Konzilsgeschehen einzuüben. Schließlich aber wurde daraus ein deutliches Zeichen, dass die Liturgiekonstitution einen besonderen Vorrang hat, weil Liturgie das Wesen der Kirche ausmacht und sie beschreibt. Denn das Konzil hatte sich zum Ziel gesetzt, „das christliche Leben unter den Gläubigen mehr und mehr zu vertiefen“ (SC 1). Besonders in der Eucharistie vollzieht sich das Werk unserer Erlösung, „und so trägt sie in höchstem Maße dazu bei, dass das Leben der Gläubigen Ausdruck und Offenbarung des Mysteriums Christi und des eigentlichen Wesens der wahren Kirche wird“ (SC 2). Es ging also den Konzilsvätern nicht nur darum, einen alten Ritus so zu verändern, dass er dem modernen Menschen verständlicher wird, sondern Liturgie zum Ausdruck eines neuen Kirchenbildes zu machen.

Erneuerte Liturgie als Interpretation des neuen Kirchenbildes

Das alte Kirchenbild war einseitig hierarchisch, während das Konzil nun die Kirche als das Volk Gottes beschreibt. Der große Fortschritt am Konzil in Bezug auf die heilige Messe war deshalb, dass man von einer einseitigen Priesterliturgie wieder zur Feier des ganzen Gottesvolkes gefunden hat. Träger des Gottesdienstes ist der Priester Jesus Christus, aber der „ganze Christus“ aus Haupt und Gliedern, d. h. die ganze mit Christus vereinte Gemeinde (Kirche), wie es Theodor Schneider, ein Sakramententheologe, ausdrückte.

Daher wünscht die Kirche, „alle Gläubigen möchten zu der vollen, bewussten und tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern geführt werden, wie sie das Wesen der Liturgie selbst verlangt und zu der das christliche Volk kraft der Taufe berechtigt und verpflichtet ist“ (SC 14). Lateinisch heißt es sogar: „vi baptismatis ius habet et officium“. Damit ist die Gemeinde in ihr ursprüngliches Recht und Amt wieder eingesetzt, wie Schneider einmal meinte.

„Die liturgischen Handlungen sind nicht privater Natur, sondern Feiern der Kirche, die das ‚Sakrament der Einheit‘ ist; sie ist nämlich das heilige Volk“ (SC 26). Die Riten sind auf Grund ihrer Eigenart auf gemeinschaftliche Feier mit Beteiligung und tätiger Teilnahme der Gläubigen angelegt. Die verschiedenen „Rollenträger“ in der Liturgie vollziehen einen „wahrhaft liturgischen Dienst“ (ministerio liturgico funguntur). Die Gläubigen sollen nicht wie „Außenstehende oder stumme Zuschauer beiwohnen“ (SC 48), sondern die heiligen Handlungen „bewusst, fromm und tätig mitfeiern“. Hier geht es um die „tätige Teilnahme“, die „actuosa participatio“, wie im Dekret mehrfach wiederholt wird. Versteht sich doch die Kirche nun als das Gottesvolk, da alle durch die „Taufweihe“ gemeinsam am Priestertum Jesu Christi teilhaben.

Christus ist mehrfach gegenwärtig in der Eucharistie: in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht, in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein, im gemeinsam betenden Volk und im Wort, da der Herr selbst zu uns spricht. Nun wird die Verkündigung des Wortes aufgewertet, die früher eher als „Vormesse“ gering geachtet wurde. Das verlangt natürlich danach, die Verkündigungsteile in der jeweiligen Muttersprache vorzutragen.

Liturgieerneuerung und Kirchenerneuerung sind untrennbar

Die Liturgieerneuerung ist also Frucht des neuen Kirchenbildes und zugleich dessen Interpretation. Um sie in der Feier der Eucharistie umzusetzen, war wieder ein neues Messbuch notwendig. Papst Paul VI. hat das neue Missale am 1. April 1969 in diesem Geist in Kraft gesetzt, am Gründonnerstag 1970 wurde es vorgestellt, 1971 für Rom vorgeschrieben und in deutscher Übersetzung erschien es 1975. Das ist nun das für alle verpflichtende Messbuch, das im Geiste des Konzils erneuert worden ist.

Johannes Paul II. hat 25 Jahre nach Verabschiedung der Konstitution über die Liturgie zu Recht gesagt: „Es besteht in der Tat eine sehr enge organische Verbindung zwischen der Erneuerung der Liturgie und der Erneuerung des ganzen Lebens der Kirche.“ Das lässt aber befürchten, dass überall dort, wo man die Liturgieerneuerung stoppen will, auch der Wille zu noch notwendigen Erneuerungen der Kirche insgesamt fehlt. So gesehen ist es aber auch nicht gleichgültig, welchen Messritus man heute verwendet, den von 1962 oder den, der nach dem Konzil festgelegt wurde. Es sind nicht austauschbare Riten, sondern zwei verschiedene Kirchenbilder.

Die Messe feiern neu gelernt

Ich bin froh, dass ich nach dem Konzil „neu“ Messe feiern lernte, und das nicht an einem Seitenaltar in St. Stephan, sondern als Pfarrer in einer kleinen Stadt in Niederösterreich, in Laa an der Thaya. Und als ich das erste Mal mit dem Gesicht zum Volk zelebrierte, verstanden es die Leute, dass wir nun alle, sie und ich, um den Altar geschart auf Jesu Wort hören, ihn loben und preisen und uns in seinem Mahle stärken lassen. Aus der Priesterliturgie von früher ist die lebendige, beglückende Feier der Gemeinde geworden.

Eucharistie – mehr Opfer oder Mahl?

Katholischerseits spricht man häufig vom „Messopfer“, in der evangelischen Kirche eher vom „Abendmahl“. Das hat weitreichende Folgen für die eucharistische Frömmigkeit. Betont man das Opfer zu sehr, drängt sich der Gedanke auf, wir könnten Gott etwas anbieten, könnten durch ein Opfer seine Barmherzigkeit „erkaufen“. Wird der Mahlcharakter zu wenig gesehen, hat das Auswirkungen auf den Kommunionempfang. Tatsächlich war es ja über Jahrhunderte bei Katholiken üblich, nur selten zu kommunizieren. Man wohnte dem Opfer bei, das der Priester darbrachte, und verehrte die Eucharistie mehr im Anschauen als im Empfang.

Ist nun die Messe mehr Opfer oder mehr Mahl?

Für die Urkirche ist Eucharistie das „Herrenmahl“

Im Neuen Testament wird nie von einer Opferfeier geredet. Die Apostelgeschichte berichtet, wie die ersten Christen Tag für Tag in ihren Häusern das Brot brachen und in Freude und Einfalt des Herzens Mahl hielten (Apg 2,46). Dabei gedachten sie wohl des Todes Jesu, aber mehr noch erfüllte sie die Freude über die Auferstehung des Herrn.

Paulus rügt mit scharfen Worten Missstände beim „Herrenmahl“, das damals noch in Verbindung mit einem gemeinsamen Essen abgehalten wurde (1 Kor 11,17–34). Er mahnt auch, sich selbst zu prüfen, bevor man von dem Brot isst und aus dem Kelch trinkt. Denn sooft ihr dies tut, sagt Paulus, „verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1 Kor 11,26). Das Herrenmahl ist Gedächtnis an den Tod Jesu, drückt aber gleichzeitig auch die Sehnsucht nach seiner Wiederkunft aus. Die Emmausjünger erkennen die Gegenwart des Auferstandenen erst, als er mit ihnen das Brot bricht (Lk 24, 30).


Meister Nikolaus von Verdun „Das Opfer des Melchisedech“

Erstes Bild der 7. Reihe des sog. Verduner Altars; Emailarbeit, um 1181 Leopoldskapelle des Augustinerchorherrenstifts Klosterneuburg

„Melchisedech, der König von Salem, brachte Brot und Wein heraus.“

(Gen 14,18)

Ursprünglich diente der „Altar“ mit den 51 Emailbildern als Verkleidung einer Kanzel. Bilder vom „sich erfüllenden Erlösungswerk“ sind dabei in 30 Szenen aus dem Ersten Testament eingebettet. So befindet sich die Tafel des Abendmahls Jesu zwischen dem Opfer des Melchisedech und der Einsammlung des Manna in der Wüste. Melchisedech tritt in der Bibel als König des Friedens – Salem – auf und wird in Psalm 110 als Vorbild eines zukünftigen Priestertums genannt: Nicht blutige Tieropfer bringt er dar, sondern Brot und Wein. Im Ersten Hochgebet betet der Priester in der Messe, Gott möge die Gaben annehmen „wie die heilige Gabe, das reine Opfer deines Hohenpriesters Melchisedech“.

Das Zeichen des Mahles, das Jesus als Gedächtnis hinterlässt, ist auch im Zusammenhang mit den vielen Mählern zu sehen, zu denen Jesus im Laufe seines Lebens eingeladen hat. Schließlich verweist er auch auf das endgültige Mahl im Reiche des Vaters, wo er aufs Neue aus dem Kelch trinken wird, den er den Jüngern gereicht hat (vgl. Mt 26,29).

Wieso dann heute die Überbetonung des Opfers?

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